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Der Vorsatz des Versichrungsnehmers bei der Herbeiführung des ...

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Kapitel 2: <strong>Vorsatz</strong> 35<br />

B. <strong>Vorsatz</strong><br />

Bei dem Begriff „<strong>Vorsatz</strong>“ handelt sich um einen in <strong>der</strong> Rechtssprache und in<br />

einer Vielzahl von Gesetzen 238 gebräuchlichen Begriff. Das VVG – alte wie neue<br />

Fassung – definiert ihn nicht son<strong>der</strong>n setzt ihn als bekannt voraus. 239<strong>Der</strong> <strong>Vorsatz</strong><br />

geht juristisch auf eine Unterscheidung <strong>der</strong> leges duodecim tabularum240 zur<br />

Brandstiftung auf Tabula VIII, 10 zurück:<br />

„qui ae<strong>des</strong> acervumve frumenti iuxta domum positium combusserit, vinctus verberatus<br />

igni necari iubetur, si modo sciens prudensque id combusserit, si vero casu, id est negligentia,<br />

aut noxiam sarcire iubetur, aut, si minus idoneus sit, levius castigatur.“ 241<br />

Dort wurde von sciens prudensque – mithin von Wissen und Absicht – die Rede ist.<br />

Dort wird zum ersten Mal <strong>der</strong> <strong>Vorsatz</strong> von <strong>der</strong> fahrlässigen Tat unterschieden.<br />

Die Entwicklung und Erörterung einer einheitlichen <strong>Vorsatz</strong>lehre war in neuerer<br />

Zeit jedoch im Strafrecht dominierend. Dies ist nicht nur <strong>der</strong> größeren Rolle <strong>des</strong><br />

<strong>Vorsatz</strong>es im Bezug auf Häufigkeit und Folge im Strafrecht geschuldet, son<strong>der</strong>n<br />

auch <strong>der</strong> Möglichkeit, aus § 59 StGB (strafrechtlich beachtlicher Irrtum) Schlüsse<br />

zu ziehen. Da <strong>der</strong> Hauptanwendungsbereich <strong>des</strong> <strong>Vorsatz</strong>begriffes im Zivilrecht im<br />

Recht <strong>der</strong> unerlaubten Handlungen liegt, war es nicht abwegig für Praxis und Wissenschaft,<br />

sich auch im Zivilrecht den Erkenntnissen <strong>des</strong> Strafrechts anzuschließen.<br />

242<br />

Das Reichsgericht definierte in Anlehnung an die strafrechtliche Rechtsprechung<br />

den <strong>Vorsatz</strong> im Zivilrecht als ein gewolltes Verhalten mit dem Bewusstsein <strong>der</strong><br />

damit verbundenen, einen an<strong>der</strong>en schädigenden Folgen. 243 Die Bedeutung <strong>des</strong><br />

<strong>Vorsatz</strong>es im Zivilrecht ist nicht mit <strong>der</strong> im Strafrecht zu vergleichen. <strong>Der</strong> Verkehrsschutz-<br />

und <strong>der</strong> Vertrauensgesichtspunkt sind oft bereits <strong>bei</strong> einfacher Fahrlässigkeit<br />

o<strong>der</strong> gar unabhängig vom Verschulden berührt. <strong>Der</strong> <strong>Vorsatz</strong> bildet nämlich<br />

im Zivilrecht nur eine Schuldform, während er nach h.M. im Strafrecht Teil<br />

238 z. B. §§ 276, 823 BGB, § 223 StGB u.v.a.<br />

239 Vgl. statt vieler: H. C. Nipperdey, in: Enneccerus, Lehrbuch <strong>des</strong> Bürgerlichen Rechts, Erster Band, S. 654.<br />

240 Zwölf-Tafel-Gesetz: um 450 v. Chr. in Rom entstandene Gesetzessammlung.<br />

241 „Wer ein Haus o<strong>der</strong> einen neben das Haus gesetzten Getreidehaufen nie<strong>der</strong>brannte, soll, wenn er wissentlich<br />

und absichtlich gehandelt hat, in Ketten gelegt, verprügelt o<strong>der</strong> gegeißelt und durchs Feuer hingerichtet<br />

werden. Geschah die Tat aber mehr zufällig, d.h. infolge Fahrlässigkeit, so soll <strong>der</strong> Täter entwe<strong>der</strong> den<br />

Schaden wie<strong>der</strong>gutmachen o<strong>der</strong>, wenn er weniger leistungsfähig ist, leichter bestraft werden.“<br />

242 M. Friedrich, Die vorsätzliche Her<strong>bei</strong>führung <strong>des</strong> Schadenfalles in <strong>der</strong> Haftpflichtversicherung, in: VersR<br />

1951, S. 95 (108).<br />

243 RGZ 57, S. 239 (241).

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