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Wehr und Wucher - Welcker-online.de

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Kaffee Weißbrot mit Biskuit, mittags ... « Wer? Die Affen, »unsere tragikomischen<br />

Karikaturisten«, wie Müller sie nennt. Allerdings sei das bei jenen, bei<br />

<strong>de</strong>n Affen, nur im Frie<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Fall gewesen ... Wie nun das Wort vom Frie<strong>de</strong>n<br />

fällt, erhebt sich Müllers — hoffentlich unerwi<strong>de</strong>rte — Tierliebe auf jene höhere<br />

Warte, auf <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Dichter stehen soll, wenn er nicht gera<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>m König<br />

geht, in welchem Falle er bekanntlich auf <strong>de</strong>r Menschheit Höhn wohnt. An<br />

<strong>de</strong>n Tieren, bei <strong>de</strong>nen »die Ewigkeit rauscht, <strong>de</strong>r Brunnen <strong>de</strong>s Morgigen«, sollen<br />

sich die Menschen ein Beispiel nehmen, was ohne Zweifel eine vernünftige<br />

For<strong>de</strong>rung ist, weil die Menschen so etwas noch immer fressen, während<br />

doch je<strong>de</strong>r bessere malaiische Bär <strong>de</strong>n philosophischen Zucker verschmäht<br />

hätte, <strong>de</strong>n ihm ein Feuilletonist durch die Spalten reicht, <strong>und</strong> kein Panther,<br />

<strong>de</strong>r auf sich hält, in mondheller Nacht über die Gemeinplätze <strong>de</strong>s Hans Müller<br />

jagen wür<strong>de</strong>. Tiere sind keine Schmöcke. Die Sehnsucht »nach <strong>de</strong>r gemeinsamen<br />

Heimat aller Lebendigen«, als die dieser hier <strong>de</strong>n nächtlichen Schrei <strong>de</strong>r<br />

Tiere <strong>de</strong>utet, mögen sie wohl empfin<strong>de</strong>n, aber sicherlich nur mit Ausschluß<br />

von Kriegsliteraten, die in dienstfreien St<strong>und</strong>en das Weltall umarmen. Der<br />

Hans Müller, das weiß je<strong>de</strong>s Elephantenbaby, ist <strong>de</strong>r erfolgreichste Autor <strong>de</strong>r<br />

patriotischen Saison <strong>und</strong> i<strong>de</strong>ntisch mit jenem Hans Müller, <strong>de</strong>r öffentlich behauptet<br />

hat, daß ihn <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utsche Kaiser in <strong>de</strong>r Wiener Hofburg empfangen<br />

habe. Da aber <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utsche Kaiser einen Dichter, <strong>de</strong>r nicht im Feld war, nicht<br />

empfangen wür<strong>de</strong>, <strong>und</strong> einen, <strong>de</strong>r es fälschlich behauptet, schon gar nicht, so<br />

dürfte <strong>de</strong>r Hans Müller so wenig in <strong>de</strong>r Hofburg gewesen sein wie im Feld,<br />

während es durchaus glaubhaft ist, daß er in Schönbrunn war.<br />

Glossen<br />

SIEG DER WIENER MODE<br />

»Die Wienerin« hat bekanntlich »in Zürich eine Schlacht geschlagen<br />

<strong>und</strong> einen glänzen<strong>de</strong>n Sieg errungen«. Unblutig. Bloß durch Anmut. Sieg <strong>de</strong>r<br />

Wiener Mo<strong>de</strong>, wollen nicht mehr Joch <strong>de</strong>r Pariser Mo<strong>de</strong>, weiß schon. Gedanke<br />

taucht auf, in Zürich Wiener Mo<strong>de</strong>schau. Schau schau, da da. Paris vor Eifersucht<br />

ganz aus <strong>de</strong>m Häusl. Fürchten »siegreiche Frühjahrsoffensive <strong>de</strong>r Wienerin«.<br />

Arras ein Tineff, Gefahr <strong>de</strong>s Durchbruchs <strong>de</strong>r Wiener Werkstätte. Paris<br />

legt energisches Veto ein, Repressalien. Fürchten selbstre<strong>de</strong>nd Wiener<br />

Einfluß. Man prophezeite Fiasko, aber es kam an<strong>de</strong>rs. »Und als auf dieser<br />

Bühne die erste Wienerin erschien, Sonnenschirm <strong>und</strong> Handschuhe in <strong>de</strong>r<br />

Hand, da war auch <strong>de</strong>r Sieg entschie<strong>de</strong>n.« Alle Herzen gewonnen. Durch Mollertheit<br />

<strong>und</strong> wurletes Temperament. Nicht nur Schick, son<strong>de</strong>rn auch Schan<br />

wird allenthalben zugegeben. Unter Leitung <strong>de</strong>s Kapellmeisters Wacek alles<br />

gewonnen. Zürcher Sachverständige zwar »meinten, diese Wiener Mo<strong>de</strong> biete<br />

doch eigentlich nichts Neues <strong>und</strong> wäre von <strong>de</strong>r jüngsten Pariser Mo<strong>de</strong> längst<br />

überholt.« Nörgler verstummen. Erkannten, »daß es in Wien vor allem Maler<br />

sind, die <strong>de</strong>n Geschmack <strong>de</strong>r Frauenmo<strong>de</strong> bestimmen.« Glanzpunkt <strong>de</strong>r Entwicklung.<br />

»Das war <strong>de</strong>r Fall zur Zeit <strong>de</strong>r Renaissance, das ist <strong>de</strong>r Fall im heutigen<br />

Wien.« Ein Ah <strong>de</strong>s Staunens: ja, jetzt erkannten sie Krenes. »Den<br />

großen Sieg, <strong>de</strong>n die Wienerin heute in Zürich über die Pariserin errang, verdankt<br />

sie ihren treuen Fre<strong>und</strong>en, <strong>de</strong>n Wiener Malern.« Alles im Bann <strong>de</strong>r Wienerin.<br />

Offene Feindschaft verwan<strong>de</strong>lt sich in Begeisterung. Von nichts an<strong>de</strong>rm<br />

mehr gere<strong>de</strong>t. Gesteckt voll. Eidgenossen wollen sich einen beschei<strong>de</strong>nen<br />

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