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Wehr und Wucher - Welcker-online.de

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... Am 28. Dezember sei <strong>de</strong>r Auftrag gekommen, eine Rohbilanz<br />

aufzustellen, in die auch das Metageschäft einbezogen wer<strong>de</strong>n<br />

sollte.<br />

Vors.: Hat Sie das nicht gew<strong>und</strong>ert, daß um diese Zeit eine Bilanz<br />

verlangt wur<strong>de</strong>? — Der Zeuge schweigt. — Vors.: Wir wissen, daß<br />

Ihnen die Aufstellung dieser Bilanz große Schwierigkeiten gemacht<br />

hat.<br />

Nun aber, beginnt er zu re<strong>de</strong>n:<br />

Ja, weil ich nicht wußte, was ich mit <strong>de</strong>m Conte a metà beginnen<br />

soll. Auf diesem Konto waren Biereinkäufe verbucht, <strong>de</strong>ren Verkäufe<br />

von <strong>de</strong>r Warenabteilung <strong>de</strong>r Depositenbank besorgt wur<strong>de</strong>n<br />

<strong>und</strong> daher auf <strong>de</strong>m entsprechen<strong>de</strong>n Konto vorkamen. In dieser Situation<br />

wußte ich mir nicht zu helfen. Ich verlangte bestimmte<br />

Weisungen <strong>und</strong> es hieß, daß in <strong>de</strong>r Bilanz nur die 5prozentige<br />

Kommission <strong>de</strong>r Bierstelle vorkommen sollte. Ich bat <strong>de</strong>n Prokuristen<br />

Kohn um Rat, <strong>de</strong>r meinte, ich sollte Konsignationen machen<br />

<strong>und</strong> mit ihnen die Verbindung zwischen <strong>de</strong>m Bierkonto <strong>und</strong> <strong>de</strong>m<br />

Konto <strong>de</strong>r Warenabteilung herstellen. Ich fertigte auch — die Konsignationen<br />

A, B, C aus. Auf weiteres Befragen <strong>de</strong>s Vorsitzen<strong>de</strong>n<br />

erklärte <strong>de</strong>r Zeuge, daß das A metà—Konto einen Approximativgewinn<br />

von 318.000 Kronen ausgewiesen habe.<br />

Ist das nicht das En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Seins? Nicht, weil es geschah. Son<strong>de</strong>rn daß<br />

es das gibt <strong>und</strong> daß mit solchem Rotwelsch die elen<strong>de</strong> Beziehung zwischen<br />

Geld <strong>und</strong> Ware zu einem Mysterium <strong>de</strong>s Rebbachs herumgedreht wird. Das<br />

gibt es, das mußte man eine Woche lang anhören. Kein Mensch weiß, was dahintersteckt,<br />

je<strong>de</strong>r weiß, daß es die Technik <strong>de</strong>s Nehmens betrifft. Ein Grauen<br />

erfaßt einen vor dieser Kabbala <strong>de</strong>s Saldo, durch die die Welt zwar zu Scha<strong>de</strong>n<br />

kommt, aber nie zu <strong>de</strong>m Wissen, wie groß er sei.<br />

*<br />

Die Technik <strong>de</strong>s Nehmens ist unentwirrbar. Die Technik <strong>de</strong>s Verteidigens<br />

ist die Ablenkung von <strong>de</strong>r tödlichen Hauptsache durch eine auffallen<strong>de</strong><br />

Nebensache. Der Justizminister hat, um die Laokoongruppe ahnungsloser<br />

Kriegsgewaltiger von einem Hydra—Syndikat zu befreien <strong>und</strong> dieses selbst<br />

<strong>de</strong>m Ver<strong>de</strong>rben zu überliefern, einen äußerlich verfehlten, in einer geordneten<br />

Sphäre verpönten Eingriff vornehmen müssen. Er hat mit einem Gewaltakt<br />

einen Gewaltakt durch einen Akt ersetzt. Das gibt ein wirksames<br />

»Aha!« <strong>de</strong>r Verteidigung, davon lebt ein <strong>de</strong>mokratisches Gefühl, das <strong>Wucher</strong>er<br />

verteidigt, einen Tag, bis <strong>de</strong>r Zeuge sich ruhig zu <strong>de</strong>r eigenen Tat bekennt.<br />

Man könnte sofort die Lynchung eines Anklägers durch <strong>de</strong>n Pöbel<br />

durchsetzen, wenn man im richtigen Moment <strong>de</strong>ssen Aufmerksamkeit auf die<br />

grüne Krawatte <strong>de</strong>s Anklägers lenkte. Es war eine Enthüllung, durch die <strong>de</strong>r<br />

Anschein geweckt wer<strong>de</strong>n sollte, daß »das Recht gebeugt« wur<strong>de</strong>, aber fatalerweise<br />

herauskam, daß einmal, endlich einmal das Unrecht gebeugt wor<strong>de</strong>n<br />

ist. Des Reizes wegen sollte man es öfter versuchen. Des Reizes <strong>de</strong>r Neuheit<br />

wegen.<br />

Wenn das Auditorium eines solchen Prozesses in »große Bewegung« gerät,<br />

so dürfte es eine Sehenswürdigkeit für sich sein. Wie benei<strong>de</strong> ich die<br />

Richter, daß sie <strong>de</strong>m Schauspiel beiwohnen konnten. Die Sensation aber verlief<br />

so:<br />

Der Verteidiger:<br />

Hier han<strong>de</strong>lt es sich aber noch um eine Sache, die doch schon<br />

dringend einer Erörterung bedarf. Ich stellte <strong>de</strong>n Antrag, zur voll-<br />

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