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Wehr und Wucher - Welcker-online.de

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... Dann kam kaiserlicher Rat Schönwald in das Zimmer, sah seinen<br />

Sohn verständnisvoll an <strong>und</strong> fragte ihn: »Was ist's mit <strong>de</strong>m<br />

Brief?« »Schon gut«, war die Antwort.<br />

*<br />

Ein Satz, <strong>de</strong>r wie kaum ein an<strong>de</strong>rer die Geste braucht, bei <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>rn<br />

kann man ja ein Auge zudrücken, aber da muß unbedingt die Hand dabei sein:<br />

Dr. Fre<strong>und</strong> erklärt, daß Dr. Kranz ihm gesagt habe, es ist unglaublich,<br />

wie mich die Reitzes ausnützen wollen, bei <strong>de</strong>r Sache wird<br />

noch ein solcher Skandal herauskommen.<br />

*<br />

Realisten:<br />

Angekl.: ... Effektiv hat er nichts von sich hören lassen.<br />

*<br />

Ästheten :<br />

» ... Dazu kam, daß Herr Porges von <strong>de</strong>r Spirituszentrale mir nahegelegt<br />

hat, es wäre gut, wenn ich diese Privatgeschäfte unterlassen<br />

möchte. Es schaut nicht schön aus.«<br />

*<br />

Künstler:<br />

» ... Es han<strong>de</strong>lt sich nun, eine.Form zu fin<strong>de</strong>n, in welcher das Geschäft<br />

durchgeführt wird, <strong>und</strong> ich gab die Anregung in Form eines<br />

Conto a metà.«<br />

*<br />

Wohltäter:<br />

»Was wissen Sie von <strong>de</strong>m Syndikatskonto I?« — »Nur, daß dieser<br />

Syndikatsbrief vom 1. September existiert <strong>und</strong> daß infolge dieses<br />

Briefes das Konto errichtet wur<strong>de</strong>, auf <strong>de</strong>m bisher lediglich<br />

5000 K als Spen<strong>de</strong> für die »Concordia« gebucht sind.«<br />

Sie hat sie hinterdrein zurückgewiesen. Wie die ergaunerte Gesamtsumme<br />

will das Scherflein niemand haben. Wie einst »alles <strong>de</strong>m Vogel gehören«<br />

sollte, so will er jetzt rein gar nichts kriegen. Aber es bleibt ein unsterbliches<br />

Konto—Idyll, es ist das Hirtengedicht vor <strong>de</strong>r Schafschur. Eine Buchung, die<br />

jene Bän<strong>de</strong> spricht, in <strong>de</strong>nen zwei Jahrzehnte österreichischer Kulturgeschichte<br />

enthalten sind. Ich trete zurück vor <strong>de</strong>m Buchhalter, <strong>de</strong>r das geschrieben<br />

hat.<br />

*<br />

Wien, einer bestochenen Presse ausgeliefert, läßt sich zur Zeit von einer<br />

imponieren, die von ihren reinen Hän<strong>de</strong>n lebt. Es ist aber ein Irrtum, zu glauben,<br />

daß die Nützlichkeit <strong>de</strong>s Entschlusses, große Diebe zu hängen, <strong>de</strong>m Eifer,<br />

sie einzelweis anzuzeigen, einen ethischen Wert verleiht. Der Polizist hat<br />

seine Pflicht zu erfüllen <strong>und</strong> tut er es erst, wenn <strong>de</strong>r Publizist ihm hilft, so ist<br />

<strong>de</strong>r Staat zu bedauern, nicht aber die Presse zu bew<strong>und</strong>ern. Es liegt nicht <strong>de</strong>r<br />

geringste Anlaß vor, moralistisches Aufsehen von solchem Tun zu machen. Es<br />

gibt große Diebe; es gibt aber auch Greisler <strong>de</strong>r Ehrlichkeit. Der Kriegsgewinner<br />

ist ein Scheusal. Aber <strong>de</strong>r Publizist, <strong>de</strong>r von ihm nicht bestochen ist, son<strong>de</strong>rn<br />

im Gegenteil imstan<strong>de</strong>, noch die Verlustanzeige über die Perlenschnur<br />

einer Frau zu einer Anzeige <strong>de</strong>s Gatten zu machen, <strong>de</strong>m Ursprung <strong>de</strong>s Vermögens,<br />

von <strong>de</strong>m die Perlenschnur stammen könnte, coram publico nachzugehen<br />

<strong>und</strong> also gar aus <strong>de</strong>m F<strong>und</strong>amt <strong>de</strong>n Weg ins Sicherheitsbüro zu fin<strong>de</strong>n — nein,<br />

<strong>de</strong>r ist bloß unappetitlich. Wie schlecht muß das Gesamtgewissen einer Stadt<br />

sein, die von solcher Instanz an je<strong>de</strong>m Abend ihre Sittennoten entgegennimmt!<br />

Der Umstand aber, daß ihr vor <strong>de</strong>r geistigen Unzulänglichkeit dieses<br />

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