Genitale Verstümmelung bei Jungen und Männern - WikiMANNia
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Seite 7<br />
Die Beschneidung in der modernen Welt<br />
… hat eine ganz andere Geschichte. Es begann im 18. Jahrh<strong>und</strong>ert, als (nachdem<br />
schon eine zunächst weniger beachtete ähnliche Publikation erschienen war) der<br />
Schweizer Arzt Dr. Samuel Tissot die Beschneidung als Kur für Masturbation, die er<br />
als Ursache für "jugendliche Rebellion" <strong>und</strong> Krankheiten wie Epilepsie, "Erweichung<br />
von Körper <strong>und</strong> Geist", Hysterie <strong>und</strong> Neurosen ansah, propagierte. (Auf Tissot geht<br />
übrigens auch die seltsame Vorstellung, dass Masturbation Haare auf den Handflächen<br />
wachsen lasse, zurück, die sich Jahrh<strong>und</strong>erte lang gehalten hat). Daraufhin<br />
wurden in einigen europäischen Ländern Knaben durch Beschneidung "geheilt". Zu<br />
einer allgemeinen Einführung kam es aber nicht, stattdessen wurden (neben der Methode<br />
der Infibulation) die merkwürdigsten Apparaturen <strong>und</strong> Vorrichtungen zur Verhinderung<br />
der Masturbation propagiert. Eine Ausnahme bildete das viktorianische<br />
England. Dort verbreitete sich die chirurgische "Heilmethode" vor allem <strong>bei</strong> der Oberklasse,<br />
männliche Angehörige der Ar<strong>bei</strong>terklasse behielten jedoch häufig ihren intakten<br />
Penis. Durch das britische Imperium verbreitete sich die Beschneiderei in vielen<br />
Ländern, wie den USA, Kanada, Australien, Neuseeland, Südafrika <strong>und</strong> Indien.<br />
Besonders in den USA fand die Beschneidung ab 1860 Verbreitung. Dort erschienen<br />
nämlich etliche Publikationen, die die Beschneidung als Prävention gegen "Selbst-<br />
Missbrauch" oder zur Bestrafung dafür propagierten, wie die folgenden Auszüge belegen:<br />
"In Fällen von Masturbation müssen wir, wie ich glaube, die Angewohnheit brechen,<br />
indem wir die betreffenden Körperteile in einen solchen Zustand bringen, dass es zu<br />
viel Mühe macht, mit der Praktik fortzufahren. Zu diesem Zweck, falls die Vorhaut<br />
lang ist, können wir den Patienten beschneiden mit gegenwärtigem <strong>und</strong> wahrscheinlich<br />
auch zukünftigem Vorteil. Auch sollte die Operation nicht unter Chloroform vorgenommen<br />
werden, so dass der erlittene Schmerz mit der Angewohnheit, die wir<br />
auszurotten wünschen, in Verbindung gebracht werden kann."<br />
Athol A. W. Johnson, On An Injurious Habit Occasionally Met with in Infancy and<br />
Early Childhood, The Lancet, vol. 1 (7 April 1860): Seiten 344-345.<br />
"Eine Abhilfe für Masturbation, die <strong>bei</strong> kleinen <strong>Jungen</strong> fast immer erfolgreich ist, ist<br />
die Beschneidung... Die Operation sollte durch einen Chirurgen ohne Betäubung<br />
vorgenommen werden, da der damit verb<strong>und</strong>ene Schmerz einen heilsamen Effekt<br />
auf den Geist hat, insbesondere wenn er mit der Vorstellung von Bestrafung verb<strong>und</strong>en<br />
ist."<br />
Für Mädchen empfahl der Autor das Folgende:<br />
"Bei weiblichen Personen fand der Autor, dass das Auftragen reiner Karbolsäure auf<br />
die Klitoris ein hervorragender Weg ist, um die abnormale Erregung zu dämpfen."<br />
Dr. John Harvey Kellogg, in: Plain Facts for Old and Young, Burlington, Iowa, F.<br />
Segner & Co., 1888, S. 295.<br />
"Clarence B. ergab sich dem geheimen Laster, das unter <strong>Jungen</strong> verbreitet ist. Ich<br />
führte eine Beschneidung an ihm aus ... Er verdiente die gerechte Bestrafung durch<br />
den Operationsschmerz nach seinen unerlaubten Lustempfindungen."<br />
N. Bergman, Report of a Few Cases of Circumcision, Journal of Orificial Surgery, vol.<br />
7 (1898): Seiten 249-251.