01 - Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen ...
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erzielt, worin jedoch auch der Liquidationserlös eines weiteren, von den Gesellschaftern der<br />
F-OHG betriebenen Unternehmens, über das nichts weiter bekannt ist, enthalten war.<br />
Im Rahmen der Veräußerung war von den Gesellschaftern ein Gutachter beauftragt worden,<br />
der eine Bewertungsbilanz zum 15. September 1938 erstellt hatte. Daneben lagen die Steuerbilanz<br />
zum 31. Juli 1937 sowie eine Veräußerungsbilanz per 30. November 1938 vor. Letztere<br />
wies <strong>für</strong> Warenlager <strong>und</strong> Außenstände Beträge aus, die deutlich über denen der Steuerbilanz<br />
aus dem Jahre 1937 lagen, jedoch unter den von dem Gutachter ausgewiesenen Beträgen.<br />
Die Veräußerungsbilanz wies einen Veräußerungsgewinn von 1.25 Mio. RM auf. In einem<br />
Rechtsmittelverfahren über die steuerliche Behandlung dieses Veräußerungsgewinns wurde<br />
vom Oberfinanzpräsidenten im Jahre 1941 eine gutachterliche Stellungnahme abgegeben. In<br />
dieser trat der Gutachter der Auffassung des Finanzamtes, in dem stark erhöhten Gewinn<br />
1938 drücke sich ein in den Vorjahren durch zu niedrige Bilanzansätze verschleierter Gewinn<br />
aus, entgegen. Der Gutachter führte u. a. aus, der Gewinn beruhe im Wesentlichen auf einer<br />
deutlich höheren Bewertung der Außenstände <strong>und</strong> des Warenlagers. Insoweit habe aber<br />
zuvor nicht eine zu niedrige Bewertung stattgef<strong>und</strong>en. Vielmehr habe die vorsichtige Bewertung<br />
in zulässiger Weise den Besonderheiten des Abzahlungsgeschäftes Rechnung getragen.<br />
Dies gelte <strong>für</strong> die Außenstände „in besonderem nach 1933 bei Betrieben mit jüdischen<br />
Inhabern“. Denn „nichtarische Betriebe konnten ihre Außenstände nicht mit Nachdruck einziehen“.<br />
Der Wert sei daher <strong>für</strong> den arischen Erwerber weit höher.<br />
Im Lastenausgleichsverfahren stellte das zuständige Ausgleichsamt einen Schaden am Betriebsvermögen<br />
einschließlich Betriebsgr<strong>und</strong>stücke in Höhe von 494.050,00 RM fest.<br />
Die Beklagte hielt den Ersatzeinheitswert, da er diese Betriebsgr<strong>und</strong>stücke mitberücksichtigte,<br />
<strong>für</strong> unverwertbar <strong>und</strong> zog zur Ermittlung der Bemessungsgr<strong>und</strong>lage die Steuerbilanz zum<br />
31. Dezember 1937 heran. Nach dieser errechnete sich ein negatives Reinvermögen. Deshalb<br />
stellte die Beklagte mit dem streitgegenständlichen Bescheid eine Entschädigung in<br />
Höhe von Null € fest. Mit der vorliegenden Klage begehrte die Klägerin eine Entschädigung<br />
in Höhe von rd. 3.25 Mio. €. Nach ihrer Auffassung ist die Bewertungsbilanz des Gutachters<br />
zum 15. September 1938 zur Bestimmung des Reinvermögens heranzuziehen.<br />
Das VG Berlin verurteilte die Beklagte zur Feststellung einer Entschädigung in Höhe vom<br />
r<strong>und</strong> 650.000,00 € abzüglich noch festzustellender Lastenausgleichsrückforderung <strong>und</strong> wies<br />
die Klage im Übrigen ab.<br />
Seine Entscheidung begründet das VG wie folgt: Die Annahme der Beklagten, der bestandskräftig<br />
festgestellte Ersatzeinheitswert sei hier nicht verwertbar, träfe zu. Zwar läge keine<br />
Unverwertbarkeit gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 EntschG i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 3 EntschG,<br />
§ 580 ZPO vor. Die Unrichtigkeit eines Einheitswertes sei aber nicht auf die dort normierten<br />
Fälle, in denen sich die Unrichtigkeit aus später aufgef<strong>und</strong>enen Urk<strong>und</strong>en ergäbe, beschränkt.<br />
Unverwertbar im Sinne von § 4 Abs. 2 EntschG sei auch ein Ersatzeinheitswert, in<br />
dem betriebliche Gr<strong>und</strong>stücke eingeschlossen sind, wenn die Entschädigung <strong>für</strong> das Unternehmen<br />
ohne die Gr<strong>und</strong>stücke zu ermitteln sei, weil die Gr<strong>und</strong>stücke im Wege der Singularrestitution<br />
zurückzugeben seien.<br />
Sei der Ersatzeinheitswert unverwertbar, so sei eine Reinvermögensermittlung gemäß § 4<br />
Abs. 2 EntschG vorzunehmen. Danach sei das Reinvermögen anhand der Bilanz <strong>für</strong> den<br />
letzten Stichtag vor der Schädigung oder einer sonstigen beweiskräftigen Unterlage nach im<br />
Weiteren aufgezählten Maßgaben festzustellen. Damit habe der Gesetzgeber eine Reihenfolge<br />
festgelegt, wonach gr<strong>und</strong>sätzlich die Steuerbilanz heranzuziehen sei <strong>und</strong> nur in den<br />
Fällen, in denen eine solche nicht vorliege, auf andere Urk<strong>und</strong>en von ähnlicher Beweiskraft<br />
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