01 - Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen ...
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<strong>B<strong>und</strong>esamt</strong> zur Regelung <strong>offene</strong>r<br />
<strong>Vermögensfragen</strong><br />
Rechtsprechungsübersicht<br />
<strong>01</strong>/1999<br />
vom 10. Februar 1999<br />
Seite<br />
BVerwG, Beschluß vom 25. September 1998, Az.: 7 B 137.98 3059 3<br />
Besatzungshoheitliche Enteignung; von der Besatzungsmacht im<br />
Einzelfall ausgesprochenes Enteignungsverbot<br />
§ 1 Abs. 8 Buchst. a VermG<br />
VG Leipzig, Urteil vom 29. Oktober 1998, Az.: 2 K 583/95 3097 5<br />
Erbschaftssteuer <strong>für</strong> in eine LPG eingebrachte Gr<strong>und</strong>stücke als<br />
Ausschlagungsgr<strong>und</strong>; Rechtswirksamkeit einer Entscheidung der<br />
Rehabilitationskammer des Landgerichts<br />
§ 1 Abs. 3 <strong>und</strong> 7,<br />
§ 2 Abs. 1,<br />
§ 6 Abs. 1 a Satz 1 VermG;<br />
§ 3 Abs. 2 StrRehaG;<br />
§ 57 Abs. 3 Satz 3 StGB-DDR<br />
BVerwG, Urteil vom 19. November 1998, Az.: 7 C 40.97 3087 9<br />
Restitution, unmögliche; bewegliche Sache; Vermögenswert;<br />
Untergang; Unauffindbarkeit; Veräußerung; Erlös; Erlösauskehr;<br />
Surrogat; Verwertung, erlöslose; Entschädigung; Entschädigungsausschluß<br />
§ 1 Abs. 7,<br />
§ 4 Abs. 1 Satz 1,<br />
§ 10 Abs. 1 <strong>und</strong> 2 VermG;<br />
§ 1 Abs. 1 Satz 1,<br />
§ 5 Abs. 1 Satz 1 EntschG;<br />
§ 5 Abs. 3 Satz 1 AusglLeistG<br />
- 2 -
- 2 -<br />
VG Dessau, Urteil vom 1. Dezember 1998, Az.: A 3 K 117/97 3099 17<br />
Gr<strong>und</strong>stücksrestitution; Ausschlußgr<strong>und</strong> (Änderung der Nutzungsart<br />
<strong>und</strong> der Zweckbestimmung)<br />
§ 3 Abs. 1 Satz 1 i. V. m.<br />
§ 1 Abs. 1 Buchst. c,<br />
§ 5 Abs. 1 Buchst. a i. V. m.<br />
§ 4 Abs. 1 VermG<br />
Herausgeber: <strong>B<strong>und</strong>esamt</strong> zur Regelung <strong>offene</strong>r <strong>Vermögensfragen</strong><br />
Mauerstr. 39 - 40, 1<strong>01</strong>17 Berlin; Postfach 305, 1<strong>01</strong>07 Berlin<br />
Telefon (030) 22310 - 0; Telefax (030) 22310 – 260;<br />
E-Mail: post@barov.b<strong>und</strong>.de; X.400: c=de;a=b<strong>und</strong>400;p=barov;s=post;<br />
Internet:http://www.barov.b<strong>und</strong>.de<br />
Ansprechpartner:<br />
- Verteiler <strong>und</strong> Versand der Rechtsprechungsübersicht:<br />
Frau Breitfeld, App. 124<br />
- Für Behörden zwecks Übersendung der Entscheidung im Volltext<br />
(Bitte die in genannten Ziffern <strong>und</strong> die Nummer der RÜ angeben): Frau Fräsdorf, App. 115<br />
- 3 -
Besatzungshoheitliche Enteignung; von der<br />
Besatzungsmacht im Einzelfall ausgesprochenes<br />
Enteignungsverbot<br />
Gericht, Datum <strong>und</strong> Az.:<br />
- 3 -<br />
BVerwG, Beschluß vom 25. September 1998, Az.: 7 B 137.98<br />
Tatbestand/Problem:<br />
§ 1 Abs. 8 Buchst. a VermG<br />
Das Verwaltungsgericht hatte die Klage gegen die ablehnende Restitutionsentscheidung des<br />
LARoV als unbegründet zurückgewiesen (Urteil vom 4. Februar 1998 - A 9 K 25/97 -). Die<br />
zurückbegehrten Unternehmen - in Sachsen-Anhalt belegene Zweigstellen eines Unternehmens<br />
mit „Stammhaus“ in Hamburg - waren zunächst auf die „Liste B“ des Landes Sachsen-<br />
Anhalt gesetzt worden. Nachdem bekannt wurde, daß in anderen Ländern gelegene Zweigniederlassungen<br />
enteignet worden waren, wurde im November 1948 nach Anweisung des Landesausschusses<br />
zum Schutze des Volkseigentums ein Treuhänder bestellt. Nach einem<br />
Schreiben des Landesausschusses seien die Zweigstellen aus der „Liste B“ gestrichen worden,<br />
da sie im wirtschaftlichen Zusammenhang mit den nunmehr volkseigenen Betrieben an anderen<br />
Standorten ständen <strong>und</strong> gem. Befehl Nr. 64 der SMAD ebenfalls enteignet seien. Die zurückbegehrten<br />
ehemaligen Unternehmen befanden sich schließlich in der sog. Nachtragsliste<br />
„A“. Die Rückgabeurk<strong>und</strong>en wurden im Juli 1949 erfolglos zurückgefordert.<br />
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes stellte spätestens die im November 1948 angeordnete<br />
<strong>und</strong> vollzogene erneute Treuhandverwaltung der zunächst zurückgegebenen Zweigstellen<br />
die maßgebliche Enteignung i. S. d. Vermögensgesetzes dar. Ausgehend von dem faktischen<br />
Enteignungsbegriff, der <strong>für</strong> das Vermögensrecht ausschließlich maßgeblich sei, sei im<br />
gegebenen Fall auf die als endgültig gedachte Entziehung der Verfügungsbefugnis durch die<br />
Einsetzung der Verwalter abzustellen. Dies ergäbe sich nicht zuletzt daraus, daß die zuvor<br />
noch versandten Rückgabeurk<strong>und</strong>en nun zurückgesandt werden sollten.<br />
Die Enteignung der Unternehmen sei aufgr<strong>und</strong> der Ersten Verordnung zur Ausführung des<br />
SMAD-Befehls Nr. 64 (Richtlinie Nr. 1) vom 28. April 1948 erfolgt, welche aufgr<strong>und</strong> Nr. 8<br />
des Befehls der SMAD Nr. 64 vom 17. April 1948 durch die Deutsche Wirtschaftskommission<br />
ergangen sei. Die hier zurückbegehrten ehemaligen Zweigstellen unterfielen auch dieser<br />
Regelung nach deren Sinn <strong>und</strong> Zweck. Da das Stammhaus nicht enteignet werden konnte,<br />
habe jedenfalls die vollzogene Enteignung der Zweigstellen eine Enteignung der Stammfirma<br />
mit ihren Zweigstellen in der Sowjetischen Besatzungszone bezweckt. Daß der Zusammenhang<br />
mit den Unternehmen in Sachsen-Anhalt seinerzeit übersehen worden war, ändere an der<br />
die Enteignung aussprechenden Bestimmung der Ziffer 2 Abs. 2 der Richtlinien Nr. 1 nichts.<br />
In dem Fall, in dem ein auswärts befindliches Stammhaus nicht hätte enteignet werden können,<br />
sondern statt dessen auf die Zweigstellen zurückgegriffen werden sollte, vermittle sich<br />
der von Ziffer 2 Abs. 2 der Richtlinien Nr. 1 geforderte wirtschaftliche Zusammenhang über<br />
das Stammhaus; die Kläger hätten selbst vorgetragen, daß insoweit ein wirtschaftlicher Zusammenhang<br />
mit den hier zurückbegehrten Zweigstellen bestanden habe.<br />
Die von den Richtlinien erfaßten Vermögensverluste seien solche besatzungshoheitlicher Art.<br />
Die Richtlinien Nr. 1 seien aufgr<strong>und</strong> des ausdrücklichen „Auftrages“ der SMAD in Ziffer 8<br />
des Befehles Nr. 64 ergangen. Eines konkreten Vollzugsauftrages oder einer nachträglichen<br />
- 4 -
- 4 -<br />
Bestätigung der betreffenden Enteignungen durch die Besatzungsmacht habe es nicht bedurft.<br />
Dies gelte nach ständiger Rechtsprechung des B<strong>und</strong>esverwaltungsgerichtes im Hinblick auf<br />
die das jederzeitige Eingreifen ermöglichende oberste Hoheitsgewalt der Besatzungsmacht<br />
selbst dann, wenn die deutschen Stellen die geschaffenen Enteignungsgr<strong>und</strong>lagen exzessiv<br />
ausgelegt oder nach rechtstaatlichen Maßstäben willkürlich angewendet haben sollten, was<br />
jedoch vorliegend nicht der Fall gewesen sei.<br />
Die SMAD konnte im übrigen durch die Veröffentlichung der Richtlinien Nr. 1 zur Kenntnis<br />
nehmen, daß nach dem Willen der DWK Enteignungen von Unternehmen umfassend <strong>und</strong><br />
damit ggf. korrigiert ausfallen sollten <strong>und</strong> konnten. Da die SMAD ihrerseits nicht korrigierend<br />
eingegriffen habe, sei die Annahme eines Zurechnungszusammenhanges begründet. Schließlich<br />
habe die SMAD der DWK nach Ziffer 8 des Befehles Nr. 64 einen weiten Handlungs<strong>und</strong><br />
Regelungsspielraum eröffnet <strong>und</strong> letztlich auch belassen. Die zunächst ausgesprochene<br />
Rückgabe der Zweigstellen konnte daher aufgehoben werden.<br />
Aus den Gründen:<br />
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision sei begründet. Die<br />
Rechtssache weise gr<strong>und</strong>sätzliche Bedeutung i. S. v. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auf; denn ein<br />
Revisionsverfahren könne Gelegenheit zur näheren Klärung der Voraussetzungen geben, unter<br />
denen der zum Restitutionsausschluß führende besatzungshoheitliche Charakter der Unternehmensenteignungen<br />
in der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone (§ 1 Abs. 8 Buchst. a<br />
VermG) wegen eines von der Besatzungsmacht im Einzelfall ausgesprochenen Enteignungsverbotes<br />
entfiele.<br />
Anmerkung:<br />
Das Beschwerdeverfahren wird als Revisionsverfahren unter dem Aktenzeichen BVerwG 7 C<br />
35.98 fortgesetzt.<br />
Mitgeteilt von Gabriele Körner<br />
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Erbschaftssteuer <strong>für</strong> in eine LPG eingebrachte<br />
Gr<strong>und</strong>stücke als Ausschlagungsgr<strong>und</strong>;<br />
Rechtswirksamkeit einer Entscheidung<br />
der Rehabilitationskammer des Landgerichts<br />
Leitsätze des Bearbeiters (nicht amtlich):<br />
- 5 -<br />
§ 1 Abs. 3 <strong>und</strong> 7,<br />
§ 2 Abs. 1,<br />
§ 6 Abs. 1 a Satz 1 VermG;<br />
§ 3 Abs. 2 StrRehaG;<br />
§ 57 Abs. 3 Satz 3 StGB-DDR<br />
Die Aufhebung eines Unrechtsurteils <strong>und</strong> einer damit verb<strong>und</strong>enen Vermögenseinziehung<br />
nach § 3 Abs. 2 StrRehaG hat <strong>für</strong> sich genommen noch keine unmittelbare dingliche Wirkung.<br />
Erst im vermögensrechtlichen Verfahren ist festzustellen, ob überhaupt <strong>und</strong> wenn ja,<br />
welche Gegenstände von einer Vermögenseinziehung betroffen waren. Hat der Verurteilte<br />
sein Eigentum nicht tatsächlich verloren oder ist es ihm bereits damals zurückgegeben worden,<br />
besteht auch kein Anspruch auf Rückübertragung, wenn auf dieses später aus einem anderem<br />
Anlaß, der keinen Tatbestand nach § 1 VermG darstellt, verzichtet wurde. Eine Erbausschlagung<br />
nach § 402 ZGB betraf die Erbenstellung als Ganzes. Eine Rechtsnachfolge ist<br />
deshalb ausgeschlossen. Die Einbringung eines landwirtschaftlichen Betriebes in eine LPG<br />
änderte nichts an der Unternehmenseigenschaft desselben.<br />
Gericht, Datum <strong>und</strong> Az.:<br />
VG Leipzig, Urteil vom 29. Oktober 1998, Az.: 2 K 583/95<br />
Tatbestand/Problem:<br />
Der Kläger begehrt die Rückübertragung mehrerer landwirtschaftlicher Gr<strong>und</strong>stücke, die Bestandteile<br />
eines landwirtschaftlichen Gutes ursprünglich des Vaters <strong>und</strong> später der Mutter des<br />
Klägers waren.<br />
Die Mutter des Klägers war bereits vor dem Tode des Vaters nach der Wirtschaftsstrafverordnung<br />
vom 23. September 1948 verurteilt <strong>und</strong> mit einem Jahr <strong>und</strong> sieben Monaten Zuchthaus<br />
<strong>und</strong> Vermögenseinziehung bestraft worden. Eine Umschreibung auf das Eigentum des Volkes<br />
war vorerst noch nicht vorgenommen worden. Die Strafe wurde bedingt ausgesetzt <strong>und</strong> eine<br />
Bewährungsfrist von drei Jahren festgesetzt. Die Strafe wurde später erlassen <strong>und</strong> das Vermögen<br />
in ihr Eigentum zurückgegeben.<br />
In einem vom Kläger geführten Verfahren auf Rehabilitierung seiner Mutter erklärte das<br />
Landgericht Leipzig am 6. April 1993 das Urteil von 1953 <strong>für</strong> rechtsstaatswidrig <strong>und</strong> hob es<br />
insoweit auf, als dort u. a. der Einzug des Vermögens der Verurteilten ausgesprochen wurde.<br />
1954 war die Mutter unter Einbringung der von ihrem Ehemann ererbten Gr<strong>und</strong>stücke in eine<br />
LPG Tierproduktion eingetreten.<br />
1978 verzichtete sie auf das Eigentum an einem 580 qm großen herausvermessenen Flurstück,<br />
das zum Einfamilienhaus umgewidmet worden war.<br />
1981 verstarb die Mutter des Klägers. In die Erbmasse fielen u. a. die streitbefangenen Gr<strong>und</strong>stücke<br />
mit Ausnahme des vorgenannten Flurstücks.<br />
- 6 -
- 6 -<br />
Der Kläger verzichtete vor dem Staatlichen Notariat auf die gesetzliche Alleinerbschaft nach<br />
seiner Mutter. Nachdem auch die gesetzlichen Erben zweiter Ordnung form- <strong>und</strong> fristgerecht<br />
auf die Erbschaft verzichtet hatten, wurde die DDR Erbin.<br />
1990 beantragte der Kläger die Rückübertragung der streitgegenständlichen Gr<strong>und</strong>stücke.<br />
1992 lehnte das Amt zur Regelung <strong>offene</strong>r <strong>Vermögensfragen</strong> den Antrag mit zwei Bescheiden<br />
(unter Beachtung des gesonderten Verzichts auf das herausvermessene Flurstück) ab. Zur Begründung<br />
wurde ausgeführt, daß § 1 Abs. 2 VermG nur <strong>für</strong> bebaute Gr<strong>und</strong>stücke <strong>und</strong> Gebäude<br />
gelte <strong>und</strong> auch andere Schädigungstatbestände des Vermögensgesetzes ausschieden. Dagegen<br />
legte der Kläger Widerspruch ein. Das Landesamt zur Regelung <strong>offene</strong>r <strong>Vermögensfragen</strong><br />
wies beide Widerspruchsbescheide 1995 zurück. Das herausvermessene Gr<strong>und</strong>stück sei<br />
nicht überschuldet gewesen, <strong>für</strong> die übrigen Gr<strong>und</strong>stücke gelte § 1 Abs. 2 VermG nicht. Maßnahmen<br />
i. S. d. § 1 Abs. 3 VermG seien nicht ersichtlich.<br />
Der Kläger erhob 1995 Klage. Er meinte, ein Rückübertragungsanspruch bestünde schon deshalb,<br />
da seiner Mutter die streitgegenständlichen Gr<strong>und</strong>stücke bereits 1953 durch das Urteil<br />
des Kreisgerichts entzogen worden seien <strong>und</strong> sie insoweit durch das Landgericht Leipzig rehabilitiert<br />
worden sei. § 3 Abs. 2 StrRehaG enthalte einen Rechtsfolgeverweis auf das<br />
VermG. Die Rückübertragungsberechtigung sei dem Gr<strong>und</strong>e nach festgestellt. Im übrigen sei<br />
er der Auffassung, das herausvermessene Flurstück sei überschuldet gewesen.<br />
Gr<strong>und</strong> <strong>für</strong> die Erbausschlagung seien unlautere Machenschaften gewesen. Hätte er die Erbschaft<br />
angetreten, wäre eine Erbschaftssteuer von 1.820,00 M angefallen, die aufzubringen<br />
ihm mit seinen fünf Kindern <strong>und</strong> Kreditschulden wegen eines Eigenheimbaus nicht möglich<br />
gewesen sei. Ihm sei von der LPG vorgespiegelt worden, daß er bei Annahme der Erbschaft<br />
nach seiner Mutter erbschaftssteuerpflichtig werde. Ziel dieser Täuschung sei es gewesen,<br />
seine Erbausschlagung zu provozieren.<br />
Er beantragte, die Bescheide des ARoV aufzuheben <strong>und</strong> die Gr<strong>und</strong>stücke zurückzuübertragen,<br />
hilfsweise beantragte er, die Rückübertragung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts<br />
neu zu bescheiden.<br />
Aus den Gründen:<br />
Die zulässige Klage habe keinen Erfolg. Der Kläger habe wegen seines Erbverzichts keine<br />
Ansprüche auf Rückübertragung der in die Erbmasse nach seiner Mutter gefallenen Gr<strong>und</strong>stücke.<br />
Als Anspruchsgr<strong>und</strong>lage kämen allein § 1 Abs. 3 <strong>und</strong> § 6 Abs. 1 a Satz 1 HS 1 VermG in Betracht.<br />
Das vom Kläger ererbte landwirtschaftliche Gut sei ein Unternehmen i. S. d. VermG<br />
gewesen. Daran habe auch die Einbringung desselben in die LPG Tierproduktion nichts geändert.<br />
Es sei lediglich das Einzel- zum genossenschaftlichen Unternehmen geworden.<br />
Daß mit dem ARoV die falsche Behörde entschieden habe, sei gerichtlich nicht angreifbar.<br />
Der landwirtschaftliche Betrieb der Mutter des Klägers, dessen gesetzlicher Alleinerbe er zunächst<br />
wurde, sei nicht von einer Maßnahme i. S. d. § 1 VermG betroffen worden. Die Erbausschlagung<br />
habe nicht auf unlauteren Machenschaften staatlicher Stellen i. S. d. § 1 Abs. 3<br />
VermG beruht.<br />
Die Beweisaufnahme habe den Vortrag des Klägers nicht bestätigt, er sei von dem Rat des<br />
Kreises <strong>und</strong> von dem Vorstand der LPG über die Erbschaftssteuerpflichtigkeit des Erbes mit<br />
dem Ziel getäuscht worden, ihn zum Erbverzicht zu veranlassen.<br />
Auch <strong>für</strong> eine staatliche Einflußnahme dergestalt, daß die Aufnahme seines Sohnes in die<br />
LPG verhindert worden sei, was sich in der Vorstellung des Klägers mit einem Wegfall der<br />
Erbschaftssteuer verband, gäbe es keine Anhaltspunkte.<br />
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Selbst wenn es eine solche gegeben hätte, wäre ein Tatbestand gemäß § 1 Abs. 3 VermG nicht<br />
gegeben, weil in Fällen, in denen durch die in Frage stehenden Machenschaften <strong>für</strong> den Betr<strong>offene</strong>n<br />
kein Nachteil eintritt, sondern lediglich ein möglicher Vorteil, auf den kein Rechtsanspruch<br />
besteht, verhindert wird, könne diese Norm nicht greifen. So läge es hier.<br />
Daß der Kläger von einer Steuer von 1.820,00 M ausging, beruhe auf Fehlvorstellungen, die<br />
ihm selbst zuzurechnen seien.<br />
Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Rückübertragung der streitgegenständlichen<br />
Gr<strong>und</strong>stücke nach § 3 Abs. 2 StrRehaG i. V. m. dem VermG als Rechtsnachfolger seiner Mutter,<br />
da diese das Eigentum an den Gr<strong>und</strong>stücken nicht aufgr<strong>und</strong> der rechtsstaatswidrigen Maßnahme<br />
verloren habe.<br />
§ 3 Abs. 2 StrRehaG enthielte zwar einen Rechtsfolgenverweis auf das VermG. § 1 Abs. 7<br />
VermG habe allerdings lediglich die Funktion klarzustellen, daß § 3 Abs. 2 StrRehaG keine<br />
unmittelbare dingliche Wirkung habe. Durch ihn werde festgestellt, daß im Hinblick auf Gegenstände<br />
der Vermögenseinziehung ein Schädigungstatbestand vorliege. Welche Gegenstände<br />
das allerdings seien, sei dem Rehabilitierungsbeschluß nicht zu entnehmen <strong>und</strong> könne daher<br />
auch nicht rechtskräftig festgestellt sein. Im Falle der Aufhebung einer Vermögenseinziehung<br />
sei erst im Restitutionsverfahren zu ermitteln, welche Gegenstände betroffen waren. Da<br />
die Mutter des Klägers die streitgegenständlichen Gr<strong>und</strong>stücke erst zeitlich nach dem Unrechtsurteil<br />
erbte, konnten diese von einer Vermögenseinziehung nicht erfaßt gewesen sein.<br />
Auch sei das Eigentum der Mutter des Klägers nicht faktisch entzogen worden. Diese sei wieder<br />
als Eigentümerin im Gr<strong>und</strong>buch eingetragen worden.<br />
Hinzu komme, daß der Kläger nicht Rechtsnachfolger nach seiner Mutter <strong>und</strong> damit nicht Berechtigter<br />
nach dem VermG sei. Die Ausschlagung nach § 402 Zivilgesetzbuch der DDR hätte<br />
die Erbenstellung als Ganzes betroffen. Ein Anspruch läge nur dann vor, wenn der Erbausschlagung<br />
selbst einer der Tatbestände nach § 1 VermG zugr<strong>und</strong>e gelegen hätte. Das sei hier<br />
nicht der Fall gewesen.<br />
Schließlich habe der Kläger auch keinen Anspruch bezüglich des herausvermessenen Gr<strong>und</strong>stücks,<br />
auf welches die Mutter 1978 verzichtet habe, da er nicht ihr Rechtsnachfolger sei. Es<br />
könne dahingestellt bleiben, ob die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 VermG gegeben seien.<br />
Mitgeteilt von Dr. Kurt Grabarse<br />
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Restitution, unmögliche; bewegliche Sache;<br />
Vermögenswert; Untergang; Unauffindbarkeit;<br />
Veräußerung; Erlös; Erlösauskehr; Surrogat;<br />
Verwertung, erlöslose; Entschädigung;<br />
Entschädigungsausschluß<br />
Leitsatz des Bearbeiters (nicht amtlich):<br />
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§ l Abs. 7,<br />
§ 4 Abs. 1 Satz l,<br />
§ 10 Abs. l <strong>und</strong> 2 VermG;<br />
§ l Abs. 1 Satz l,<br />
§ 5 Abs. 1 Satz l EntschG;<br />
§ 5 Abs. 3 Satz l AusglLeistG<br />
1. Das Vermögensgesetz begründet einen Anspruch auf Entschädigung <strong>für</strong> den schädigungsbedingten<br />
Verlust beweglicher Sachen, die von der Natur der Sache her nicht mehr zurückgegeben<br />
werden können (§ 4 Abs. 1 Satz 1 VermG). Es ist Aufgabe des Gesetzgebers,<br />
die Bemessungsgr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> Fälle dieser Art zu regeln.<br />
2. Aus § 5 Abs. 3 Satz 1 AusglLeistG läßt sich nicht im Gegenschluß herleiten, daß auch<br />
nach dem VermG Entschädigung <strong>für</strong> den erlöslosen Verlust beweglicher Sachen ausgeschlossen<br />
ist. Zutreffend ist lediglich, daß das AusglLeistG keinen Anspruch <strong>für</strong> einen derartigen<br />
Verlust beweglicher Sachen gewährt.<br />
Gericht, Datum <strong>und</strong> Az.:<br />
BVerwG, Urteil vom 19. November 1998, Az.: 7 C 40.97<br />
Tatbestand/Problem:<br />
Der Kläger beansprucht Entschädigung wegen der Einziehung seiner Fotoausrüstung durch<br />
DDR-Stellen. Er wurde im Jahre 1962 bei einem Fluchtversuch festgenommen; dabei wurden<br />
4.000,00 M Bargeld <strong>und</strong> die Fotoausrüstung sichergestellt. Das Bezirksgericht S. verurteilte<br />
ihn wegen staatsgefährdender Gewaltakte, versuchter illegaler Abwanderung <strong>und</strong> Spionage zu<br />
einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren; zugleich ordnete es die entschädigungslose Einziehung<br />
des Bargeldbetrages sowie der Fotoausrüstung an, deren Wert mit 860,00 M angegeben war.<br />
Die Fotoausrüstung wurde anschließend der Abteilung Strafvollzug der Volkspolizei übergeben.<br />
Ihr Verbleib konnte nicht mehr geklärt werden. Im Rehabilitierungsverfahren hob das<br />
Bezirksgericht E. durch Beschluß vom 2. März 1993 das Strafurteil auf. Darauf beantragte der<br />
Kläger beim Amt zur Regelung <strong>offene</strong>r <strong>Vermögensfragen</strong> „Rückerstattung“ des Geldbetrags<br />
zuzüglich 880,00 DM <strong>für</strong> die eingezogene Fotoausrüstung. Ihm wurde wegen des eingezogenen<br />
Geldbetrags eine Entschädigung von 2.000,00 DM bewilligt; in bezug auf die Fotoausrüstung<br />
lehnten die Behörden den Antrag ab, weil ein Verwertungserlös nicht nachgewiesen<br />
<strong>und</strong> das Entschädigungsgesetz auf die Entziehung beweglicher Sachen nicht anwendbar sei.<br />
Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf Gewährung einer Entschädigung <strong>für</strong> die Fotoausrüstung<br />
mit der Begründung abgewiesen, daß das Vermögensgesetz (VermG) <strong>für</strong> den Fall,<br />
daß die Rückübertragung beweglicher Sachen von der Natur der Sache her nicht mehr möglich<br />
sei, keinen Entschädigungsanspruch vorsehe. § 10 Abs. 1 VermG begründe bei Verkauf<br />
einer beweglichen Sache einen Anspruch auf Erlösauskehr, wenn die Sache infolge einer Verfügung<br />
über das restitutionsbelastete Eigentum oder wegen restitutionsausschließendem redli-<br />
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chen Erwerbs nicht mehr zurückgegeben werden könne; diese Voraussetzungen seien hier<br />
nicht erfüllt. Ebenfalls nicht einschlägig sei die Regelung des § 10 Abs. 2 VermG, wonach der<br />
Berechtigte keine Entschädigung beanspruchen könne, wenn bei der Verwertung einer beweglichen<br />
Sache kein Erlös erzielt worden sei; denn weder sei die Fotoausrüstung des Klägers<br />
wertlos gewesen, noch lasse sich deren Verwertung ausschließen. Es fehle daher an einer<br />
Rechtsgr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> die Entschädigung wegen Entziehung beweglicher Sachen, deren Rückübertragung<br />
kraft Natur der Sache ausgeschlossen sei. Das sei im Ergebnis nicht unbillig <strong>und</strong><br />
dadurch gerechtfertigt, daß der Nachweis der Voraussetzungen eines Entschädigungsanspruchs<br />
bei nicht mehr auffindbaren beweglichen Sachen unverhältnismäßig schwierig sein<br />
könne <strong>und</strong> Mißbrauch nicht auszuschließen sei.<br />
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers.<br />
Aus den Gründen:<br />
Das B<strong>und</strong>esverwaltungsgericht hat die Revision als begründet angesehen.<br />
In seiner Begründung führt das Gericht u. a. aus: Das Vermögensgesetz gehe von dem Gr<strong>und</strong>satz<br />
aus, daß bei beweglichen Sachen ebenso wie bei anderen Vermögenswerten Entschädigung<br />
verlangt werden könne, wenn ein Schädigungstatbestand gemäß § 1 VermG gegeben<br />
<strong>und</strong> die Restitution nicht mehr möglich sei. Es unterscheide bewegliche Sachen von unbeweglichen<br />
Sachen oder Rechten weder bei der Begründung des Restitutionsanspruchs in § 3<br />
Abs. 1 Satz 1 VermG noch bei den Ausschlußtatbeständen der Unmöglichkeit kraft Natur der<br />
Sache (§ 4 Abs. 1 Satz 1 VermG) <strong>und</strong> des redlichen Erwerbs (§ 4 Abs. 2 Satz 1 VermG).<br />
Vielmehr spreche es in diesen Zusammenhängen von „Vermögenswerten“, zu denen nach der<br />
Legaldefinition des § 2 Abs. 2 VermG auch bewegliche Sachen gehören. Dementsprechend<br />
nehme die das Wahlrecht zwischen Restitution <strong>und</strong> Entschädigung regelnde Vorschrift (§ 8<br />
Abs. l Satz 1 VermG) allgemein auf den „Anspruch auf Rückübertragung gemäß § 3“ Bezug,<br />
bestätige damit also erkennbar das Prinzip, daß eine Entschädigung auch beim Verlust beweglicher<br />
Sachen in Betracht komme.<br />
Demgegenüber sei § 10 VermG nach Wortlaut, Zweck <strong>und</strong> Entstehungsgeschichte als begrenzte<br />
Ausnahmeregelung <strong>für</strong> bewegliche Sachen zu verstehen. Die Vorschrift sei auf zwei<br />
besondere Fallgestaltungen zugeschnitten <strong>und</strong> lasse sich deswegen nicht in dem Sinne verallgemeinern,<br />
daß außerhalb des geregelten Sachbereichs Entschädigung <strong>für</strong> den Verlust beweglicher<br />
Sachen generell ausgeschlossen sei. § 10 Abs. 1 VermG regele - erstens - die Fälle, in<br />
denen die Restitution daran scheitere, daß der Verfügungsberechtigte die restitutionsbelastete<br />
bewegliche Sache nach Inkrafttreten des Vermögensgesetzes veräußert habe; dabei werde die<br />
allgemeine Regelung der Folgen einer derartigen Vereitelung des bereits entstandenen Restitutionsanspruchs<br />
(§ 3 Abs. 4 VermG) zugunsten des Berechtigten dahin geändert, daß der<br />
erzielte Erlös vom Entschädigungsfonds als solventem Gläubiger verlangt werden könne. Erfaßt<br />
würden - zweitens - die Fälle des restitutionsausschließenden redlichen Erwerbs (§ 4 Abs.<br />
2 VermG) einer beweglichen Sache; in diesen Fällen sehe das Gesetz <strong>für</strong> bewegliche Sachen<br />
gleichfalls eine besondere Form der Wiedergutmachung vor, indem es dem Berechtigten wiederum<br />
anstelle einer Entschädigung den gegen den Entschädigungsfonds gerichteten Anspruch<br />
auf Auskehr des erzielten Erlöses gewähre.<br />
§ 10 Abs. 1 VermG knüpfe damit an die restitutionsausschließende Veräußerung beweglicher<br />
Sachen einen Anspruch auf Herausgabe des Erlöses, um eine aufwendige <strong>und</strong> oft mit Schwierigkeiten<br />
verb<strong>und</strong>ene Ermittlung ihres Wertes im Schädigungszeitpunkt zu vermeiden. Dem<br />
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liege die Vorstellung zugr<strong>und</strong>e, daß sich der Verkehrswert einer Sache typischerweise in dem<br />
Erlös widerspiegele, der bei ihrer Veräußerung erzielt wird. Eine solche Art der Wertbestimmung<br />
sei gerade bei beweglichen Sachen, die anders als Gr<strong>und</strong>stücke regelmäßig ohne Wertgutachten<br />
veräußert würden, einfacher als die nachträgliche Wertermittlung im Entschädigungsverfahren.<br />
Dieser rechtlich unbedenkliche Vereinfachungszweck schließe demgemäß<br />
zugleich das Recht zur Wahl zwischen Erlösauskehr <strong>und</strong> Entschädigung (§ 8 VermG) aus.<br />
Der Berechtigte könne daher selbst dann keine Entschädigung wählen, wenn der erzielte Erlös<br />
den Verkehrswert der Sache im maßgeblichen Zeitpunkt der Schädigung unterschritten habe.<br />
Die Wiedergutmachung sei in allen Fällen, in denen bewegliche Sachen aufgr<strong>und</strong> ihrer Veräußerung<br />
nicht zurückgegeben werden können, auf Herausgabe des erzielten Erlöses als Surrogat<br />
beschränkt.<br />
Dem entspreche, daß § 10 Abs. 2 VermG einen Entschädigungsanspruch ausschließt, wenn<br />
bei der „Verwertung“ einer beweglichen Sache kein Erlös erzielt worden sei. Auch diese Regelung<br />
beschränke sich, wie in den Erläuterungen der B<strong>und</strong>esregierung zu dieser Vorschrift<br />
beim Erlaß des Vermögensgesetzes hervorgehoben werde (BT-Drucks. 11/7831, S. 9), auf<br />
Veräußerungsvorgänge „im Sinne des Absatzes 1“, also auf diejenigen Fälle, in denen entweder<br />
die Veräußerung der Sache durch den Verfügungsberechtigten oder der redliche Erwerb<br />
den Restitutionsausschluß bewirkt habe. Für diese beiden Fallgruppen stelle die Vorschrift<br />
klar, daß bei Nichterzielung eines Veräußerungserlöses nicht nur der Surrogatanspruch entfalle,<br />
sondern auch der Rückgriff auf einen Entschädigungsanspruch versperrt sei. Dahinter<br />
stehe ersichtlich der Gedanke, daß bei erlösloser Veräußerung einer beweglichen Sache von<br />
deren Wertlosigkeit auszugehen <strong>und</strong> deshalb keine Entschädigung zu gewähren sei. Ein genereller<br />
Ausschluß der Entschädigung <strong>für</strong> bewegliche Sachen könne daraus nicht abgeleitet<br />
werden.<br />
Nichts anderes ergebe sich aus dem Umstand, daß § 5 Abs. 3 Satz 1 AusglLeistG die entsprechende<br />
Anwendung des § 10 VermG anordne. Aus dieser Regelung lasse sich nicht - gewissermaßen<br />
im Gegenschluß - herleiten, daß auch nach dem Vermögensgesetz Entschädigung<br />
<strong>für</strong> den erlöslosen Verlust beweglicher Sachen ausgeschlossen sei. Zutreffend sei lediglich,<br />
daß das Ausgleichsleistungsgesetz keinen Anspruch <strong>für</strong> einen derartigen Verlust beweglicher<br />
Sachen gewähre. Dies ergebe sich jedoch nicht aus der in § 5 Abs. 3 Satz 1 AusglLeistG angeordneten<br />
entsprechenden Anwendung des § 10 VermG, sondern aus der in § 5 Abs. 1<br />
AusglLeistG <strong>für</strong> derartige Vermögenswerte getr<strong>offene</strong>n Regelung, die als Ausgleichsleistung<br />
allein die Rückgabe der Sache vorsehe. Ist diese Rückgabe von der Natur der Sache her oder<br />
wegen redlichen Erwerbs ausgeschlossen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 AusglLeistG) habe es damit sein<br />
Bewenden; einen Ausgleich in Geld sehe das Gesetz gr<strong>und</strong>sätzlich nicht vor. Eine Ausnahme<br />
hiervon regele § 5 Abs. 3 Satz 1 AusglLeistG i. V. m. § 10 VermG: Ist die Rückgabe der beweglichen<br />
Sache wegen eines Verkaufs entsprechend § 3 Abs. 4 oder § 4 Abs. 2 VermG nicht<br />
möglich, erhalte der Geschädigte den Verkaufserlös als Ausgleichsleistung. Das Ausgleichsleistungsgesetz<br />
kenne also, soweit es die Rückgabe von Vermögenswerten anordne, keine<br />
dem § 8 VermG vergleichbare Regelung <strong>und</strong> beruhe demgemäß in diesem Punkte auf einer<br />
vom Vermögensgesetz abweichenden Konzeption, die einen „Gegenschluß“ der erwähnten<br />
Art nicht gestatte.<br />
Allerdings träfen die <strong>für</strong> den Normalfall plausiblen Annahmen, die den Gesetzgeber zu der<br />
Regelung des § 10 VermG bewogen haben, auf bestimmte Fallgestaltungen nicht zu. So könne<br />
beispielsweise bei Schenkungen, bei nicht zeitnah nach der Schädigung erfolgten sonstigen<br />
Veräußerungen oder bei mehrfachen Veräußerungsvorgängen, wenn die Restitution erst durch<br />
den redlichen Letzterwerber ausgeschlossen wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Oktober<br />
1995 - 7 C 56.94 - Buchholz 112 § 4 VermG Nr. 24 m. w. N. = RGV B IX 137), der Schluß<br />
- 12 -
- 12 -<br />
von der Erlöslosigkeit auf die Wertlosigkeit der Sache verfehlt sein; nichts anderes gelte <strong>für</strong><br />
die Rechtsvermutung, der erzielte Erlös entspreche dem Sachwert im maßgeblichen Schädigungszeitpunkt,<br />
wenn die Sache nach ihrer Entziehung durch Zeitablauf oder Abnutzung einen<br />
Wertverlust erlitten hat. Der Gesetzeswortlaut, der innere Normzusammenhang sowie die<br />
erkennbare Absicht des Gesetzgebers, aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung nur die<br />
typischerweise auftretenden Fallgruppen zu erfassen, stünden indessen sowohl einer erweiternden<br />
Auslegung der Tatbestandsmerkmale der Verwertung <strong>und</strong> des Erlöses als auch einer<br />
entsprechenden Anwendung des Entschädigungsausschlusses auf hiervon nicht erfaßte Fallgruppen<br />
entgegen.<br />
Angesichts ihres auf restitutionsausschließende Veräußerungsvorgänge begrenzten Anwendungsbereichs<br />
lasse sich die Sonderregelung insbesondere nicht auf Sachverhalte übertragen,<br />
bei denen die Restitution wegen des Untergangs oder der Unauffindbarkeit einer entzogenen<br />
beweglichen Sache ausgeschlossen sei. Der Restitutionsausschlußgr<strong>und</strong> des § 4 Abs. 1 Satz 1<br />
VermG sei in § 10 Abs. 1 VermG deswegen nicht genannt, weil die Unmöglichkeit der Rückgabe<br />
beweglicher Sachen „von der Natur der Sache her“ regelmäßig nicht auf einem Veräußerungsvorgang<br />
beruhe. Für die Wiedergutmachung könne daher in Fällen dieser Art nicht das<br />
<strong>für</strong> Veräußerungen typische Merkmal eines „erzielten Erlöses“ maßgeblich sein. Ebensowenig<br />
lasse sich der Untergang einer beweglichen Sache infolge Zerstörung, Verschleiß oder<br />
Eigentumsaufgabe, bei dem ein Erlös naturgemäß nicht erzielt werden kann, als „Verwertung“<br />
im Sinne des § 10 Abs. 2 VermG begreifen, der die Möglichkeit einer Erlöserzielung<br />
voraussetze. Aus entsprechenden Gründen ist § 10 VermG unanwendbar, wenn der Verbleib<br />
einer beweglichen Sache, die nicht veräußert wurde, trotz Ausschöpfung der gebotenen Ermittlungsmöglichkeiten<br />
nicht mehr geklärt werden könne <strong>und</strong> daher davon auszugehen ist,<br />
daß die Sache aus tatsächlichen Gründen nicht mehr zurückgegeben werden könne.<br />
Da § 10 VermG die Fälle, in denen die Rückgabe beweglicher Sachen gemäß § 4 Abs. 1 Satz<br />
1 VermG unmöglich ist, nicht erfasse <strong>und</strong> angesichts der Spezialität des geregelten Normbereichs<br />
insoweit auch nicht entsprechend angewendet werden kann, lasse er die allgemeinen<br />
Entschädigungsgr<strong>und</strong>sätze nach Maßgabe des § 9 VermG in seiner bis zum Inkrafttreten des<br />
Entschädigungsgesetzes (EntschG) vom 27. September 1994 (BGBl. I S. 2624) geltenden<br />
Fassung unberührt. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 VermG a. F. sei in den Fällen des § 4 Abs. 1<br />
VermG eine Entschädigung in Geld zu gewähren. Dieser Gr<strong>und</strong>satz werde durch die Spezialvorschrift<br />
des § 10 VermG nur im Rahmen ihrer sachlichen Reichweite eingeschränkt; nur<br />
insoweit, also <strong>für</strong> die in ihr genannten Veräußerungsfälle, sei die Regelung abschließend (vgl.<br />
hierzu auch die Erläuterungen der B<strong>und</strong>esregierung, a. a. O.). Am Regelungsgehalt der §§ 9<br />
<strong>und</strong> 10 VermG habe das Entschädigungsgesetz nichts geändert. Insbesondere sei auch im Entschädigungsgesetz<br />
die Entschädigung bei schädigungsbedingtem Verlust beweglicher Sachen<br />
nicht ausgeschlossen. Vielmehr nehme § 1 Abs. 1 Satz 1 EntschG auf den Restitutionsausschluß<br />
gemäß § 4 Abs. 1 VermG Bezug <strong>und</strong> bestätige damit, daß auch <strong>für</strong> bewegliche Sachen<br />
dem Gr<strong>und</strong>e nach ein Entschädigungsanspruch bestehe, wenn sie kraft Natur der Sache<br />
nicht mehr zurückgegeben werden können. Im Entschädigungsgesetz fehle jedoch eine Bemessungsgr<strong>und</strong>lage<br />
<strong>für</strong> bewegliche Sachen. Hinsichtlich der Höhe der Entschädigung in den<br />
von § 10 VermG nicht erfaßten Fällen einer Entziehung beweglicher Sachen sei es daher dabei<br />
geblieben, daß das Nähere durch Gesetz zu regeln ist (vgl. § 9 Abs. 3 VermG a. F.). Den<br />
damit erteilten Auftrag, die Gr<strong>und</strong>lagen der Entschädigung <strong>für</strong> bewegliche Sachen zu<br />
bestimmen, habe der Gesetzgeber bisher nicht erfüllt.<br />
Nach § 2 Abs. 1 EntschG bestimme sich die Höhe der Entschädigung nach der Bemessungsgr<strong>und</strong>lage.<br />
Eine Bemessungsgr<strong>und</strong>lage der Entschädigung <strong>für</strong> bewegliche Sachen sei in den<br />
einschlägigen Vorschriften (§§ 3 bis 5 EntschG) nicht geregelt. Die Bemessungsgr<strong>und</strong>lage der<br />
- 13 -
- 13 -<br />
Entschädigung <strong>für</strong> Forderungen <strong>und</strong> Schutzrechte (§ 5 EntschG) lasse sich auf bewegliche<br />
Sachen lediglich insoweit anwenden, als Bargeld entzogen wurde, das nach der Rechtsprechung<br />
des Sache aufzufassen ist (BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 1998 - 7 C 1.98 -, zur<br />
Veröffentlichung bestimmt); das rechtfertige sich aus der funktionalen Gleichwertigkeit von<br />
Bargeld mit Buchgeld, das den privaten geldwerten Ansprüchen im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz<br />
1 EntschG gleichstehe. Demgegenüber komme eine entsprechende Anwendung dieser Vorschrift<br />
auf sonstige bewegliche Sachen nicht in Betracht. Sie würde angesichts der Eigenart<br />
des Sachbereichs <strong>und</strong> der Vielfalt der Fallgestaltungen zu Wertungswidersprüchen führen,<br />
deren Lösung die den Gerichten gezogenen Grenzen der Gesetzesauslegung <strong>und</strong> Rechtsfortbildung<br />
sprengte. Würde nämlich entsprechend dem Gr<strong>und</strong>gedanken des Vermögensgesetzes<br />
bei der Entschädigung <strong>für</strong> den Verlust beweglicher Sachen auf deren Verkehrswert im Schädigungszeitpunkt<br />
abgestellt, wäre beispielsweise, je länger dieser Zeitpunkt zurückliegt, ein<br />
Geschädigter im Fall des Untergangs der Sache ungleich bessergestellt als diejenigen Geschädigten,<br />
die ihre noch vorhandene Sache ohne Ausgleich <strong>für</strong> Wertverlust durch Abnutzung<br />
oder Zeitablauf in ihrem aktuellen Zustand zurückerhalten oder, wenn diese wegen späteren<br />
redlichen Erwerbs nicht mehr zurückgegeben werden kann, allenfalls auf Auskehr eines vergleichsweise<br />
geringen Erlöses beschränkt sind. Derartige Probleme treten anders als bei sonstigen<br />
Vermögenswerten typischerweise bei beweglichen Sachen auf, weil diese leichter abhandenkommen,<br />
regelmäßig einem zeitbedingten Wertverlust unterliegen <strong>und</strong> bis zum Substanzverzehr<br />
abgenutzt werden können. Mit Rücksicht hierauf lägen im Rahmen einer Entschädigung<br />
<strong>für</strong> bewegliche Sachen pauschalierende Wertbestimmungen, zeitlich gestufte Abschläge<br />
sowie besondere Regelungen zum Schadensnachweis <strong>und</strong> zum behördlichen Ermittlungsumfang<br />
zumindest insoweit nahe, als es sich nicht um die Opfer politischer Strafverfolgung<br />
<strong>und</strong> rechtsstaatswidriger Gerichtsentscheidungen in der DDR handele, deren Rehabilitierung<br />
nach Art. 17 des Einigungsvertrags mit einer angemessenen Entschädigungsregelung<br />
zu verbinden ist. Die Regelung der Bemessungsgr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> den gesamten von § 10 VermG<br />
nicht erfaßten Sachbereich der Entschädigung bei schädigungsbedingtem Verlust beweglicher<br />
Sachen muß demgemäß dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben.<br />
Anmerkungen:<br />
Das vorliegende Urteil des B<strong>und</strong>esverwaltungsgerichts betrifft die umstrittene Frage, ob es<br />
sich bei der Vorschrift des § 10 VermG in bezug auf die Entschädigung von beweglichen Sachen<br />
um eine abschließende Regelung handelt oder nicht (vgl. zum Streitsand Meixner, in:<br />
Rädler/Raupach/Bezzenberger, Vermögen in der ehemaligen DDR, Rdnr. 8 ff. zu § 10<br />
VermG m. w. N.).<br />
Nach der Entscheidung des B<strong>und</strong>esverwaltungsgerichts ist die Vorschrift des § 10 VermG<br />
restriktiv auszulegen. Der Entschädigungsausschluß des § 10 Abs. 2 VermG soll nur diejenigen<br />
Fälle betreffen, in denen eine Veräußerung realiter erlöslos geblieben ist. Ist hingegen<br />
eine Rückgabe ansonsten nicht möglich, soll aus § 4 Abs. 1 VermG i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1<br />
EntschG ein Entschädigungsanspruch dem Gr<strong>und</strong>e nach bestehen.<br />
Vom Wortlaut der Vorschrift allein her ist diese Beschränkung des Anwendungsbereichs vertretbar.<br />
§ 10 VermG enthält besondere Bestimmungen über die Rechtsfolgen bei Ausschluß<br />
der Restitution einer beweglichen Sache. § 10 Abs. 1 VermG regelt ausdrücklich zwei unterschiedliche<br />
Tatbestände:<br />
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In der ersten Alternative wurde die bewegliche Sache nach dem Inkrafttreten des Vermögensgesetzes<br />
am 29. September 1990 veräußert (nicht verwertet), so daß der Anspruch des<br />
Berechtigten nach § 3 Abs. 4 Satz 2 <strong>und</strong> 3 VermG nicht mehr geltend gemacht werden kann.<br />
Die zweite Tatbestandsalternative hingegen betrifft eine vor dem 29. September 1990 erfolgte<br />
Veräußerung (nicht Verwertung) einer beweglichen Sache, bei welcher der Erwerber redlich<br />
war. Die Rückgabe der beweglichen Sache ist nach § 4 Abs. 2 Satz 1 im Abs. 3 VermG ausgeschlossen.<br />
Rechtsfolge in allen Fällen ist, daß der Berechtigte gegen den Entschädigungsfonds einen Anspruch<br />
auf Herausgabe des erzielten Verkaufserlöses hat. Weitergehende Ansprüche über den<br />
Verwertungserlös hinaus bestehen nicht. Der Anspruch ist aber ausgeschlossen, wenn der<br />
Berechtigte den Erlös zwischenzeitlich schon tatsächlich ausgezahlt bekommen hat. Wurde<br />
bei der Verwertung einer beweglichen Sache kein Erlös erzielt, hat der Berechtigte keinen<br />
Anspruch auf Entschädigung, § 10 Abs. 2 VermG. Der Begriff der Verwertung umfaßt sowohl<br />
die unentgeltliche Veräußerung der Sache als auch deren Beseitigung durch Vernichtung<br />
oder Verarbeitung sowie die Aufgabe des Eigentums. Erforderlich ist aber eine zweckgerichtete<br />
Verwertungshandlung des Verfügungsberechtigten i. S. d. § 2 Abs. 3 VermG.<br />
Ein Entschädigungsanspruch ist im übrigen in den Fällen, in denen kein Erlös erzielt wurde,<br />
ausgeschlossen (§ 10 Abs. 2 VermG). Nicht ausdrücklich im § 10 VermG geregelt ist also die<br />
nunmehr vom B<strong>und</strong>esverwaltungsgericht entschiedene Frage, ob bei Ausschluß der Restitution<br />
einer beweglichen Sache nach § 4 Abs. 1 VermG eine Entschädigung gewährt wird.<br />
Es erscheint aber fraglich, ob die vom Gericht in seiner Entscheidung zum Ausdruck gebrachte<br />
Ansicht der Entstehungsgeschichte <strong>und</strong> dem Zweck der Norm entspricht.<br />
Das B<strong>und</strong>esverwaltungsgericht bemißt dem Umstand, daß das Entschädigungsgesetz <strong>für</strong><br />
Schäden an beweglichen Sachen keine Bemessungsgr<strong>und</strong>lage enthält, keine Bedeutung zu. Es<br />
vertritt vielmehr die Auffassung, daß es hinsichtlich der Höhe der Entschädigung in den von<br />
§ 10 VermG nicht erfaßten Fällen einer Entziehung beweglicher Sachen daher dabei geblieben<br />
sei, daß das Nähere durch Gesetz zu regeln ist (vgl. § 9 Abs. 3 VermG a. F.). Den damit<br />
erteilten Auftrag, die Gr<strong>und</strong>lagen der Entschädigung <strong>für</strong> bewegliche Sachen zu bestimmen,<br />
habe der Gesetzgeber - so wie es im Urteil weiter heißt - bisher nicht erfüllt. Aufgr<strong>und</strong> der<br />
Tatsache, daß der Gesetzgeber im Rahmen des Entschädigungs- <strong>und</strong> Ausgleichsleistungsgesetzes<br />
den Vorbehalt der gesetzlichen Regelung in § 9 Abs. 3 VermG vollständig gestrichen<br />
hat, könnte aber ebenso geschlossen werden, daß er davon ausging, seinen gesetzlichen Auftrag<br />
vollständig erfüllt zu haben, <strong>und</strong> nicht die Absicht hatte, <strong>für</strong> bewegliche Sachen zu einem<br />
späteren Zeitpunkt die Bemessungsgr<strong>und</strong>lage zu regeln. Anderenfalls hätte der Gesetzgeber<br />
m. E. diesen Vorbehalt zumindest <strong>für</strong> bewegliche Sachen aufrechterhalten müssen. Die Aufzählung<br />
der Bemessungsgr<strong>und</strong>lagen in § 2 Abs. 1 i. V. m. §§ 3 bis 5 EntschG war als abschließend<br />
verstanden worden, woraus sich m. E. auch entnehmen ließe, daß der Verlust von<br />
beweglichen Sachen nicht entschädigt werden sollte. Es sind zudem keine Gründe da<strong>für</strong> ersichtlich,<br />
daß der Gesetzgeber bei der Abfassung des Entschädigungs- <strong>und</strong> Ausgleichsleistungsgesetzes<br />
die Bemessung einer Entschädigung <strong>für</strong> bewegliche Sachen - insbesondere<br />
auch angesichts der bekannten hohen Antragszahl - schlichtweg vergessen hat.<br />
Aber auch aus der Bestimmung des § 10 VermG selbst ließe sich ableiten, daß es sich hierbei<br />
um eine Sonderregelung <strong>für</strong> die Entschädigung von beweglichen Sachen handeln sollte. Zum<br />
einen wäre sie systematisch im Zusammenhang mit § 9 Abs. 1 VermG a. F. zusehen. § 9<br />
VermG regelte in seiner früheren Fassung die Gr<strong>und</strong>sätze der Entschädigung. § 10 VermG<br />
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enthält hierzu (<strong>und</strong> zu § 8 VermG) die Ausnahme <strong>für</strong> bewegliche Sachen. Zum anderen wollte<br />
der Gesetzgeber mit der Regelung des § 10 VermG vermutlich sämtliche Fälle des Restitutionsausschlusses<br />
erfassen. So spricht § 10 Abs. 1 VermG vom Verkauf, was auf § 4 Abs. 2<br />
VermG hinweist, <strong>und</strong> § 10 Abs. 2 VermG von Verwertung. Dies deutet eher auf § 4 Abs. 1<br />
VermG. Zumindest ist der Begriff Verwertung von seinem Inhalt her weiter auszulegen als<br />
die Veräußerung. Insofern sind Fallkonstellationen denkbar, in denen eine bewegliche Sache<br />
(z. B. durch Verarbeitung) zwar verwertet, aber nicht verkauft wurde, so daß ein Rückgabeausschluß<br />
nach § 4 Abs. 1 VermG vorliegt.<br />
Des weiteren sprachen <strong>für</strong> den Gesetzgeber tatsächliche Gründe gegen eine Entschädigung<br />
von beweglichen Sachen. So bestehen oftmals erhebliche Feststellungs- bzw. Beweisschwierigkeiten<br />
hinsichtlich des Vermögensverlustes, der Werthaltigkeit der entzogenen Sache <strong>und</strong><br />
auch des Umstandes, ob die Rückgabe von der Natur der Sache her tatsächlich ausgeschlossen<br />
ist.<br />
Allerdings sind solche Schwierigkeiten im NS-VEntschG beispielsweise durch Rückgriff auf<br />
die Regelung des § 16 Abs. 1 BRüG gelöst worden. Eine solche Regelung könnte auch im<br />
Hinblick auf die Tatsache, daß es in der DDR <strong>für</strong> die hauptsächlich eingezogenen beweglichen<br />
Sachen - Wertgegenstände wie Edelmetalle, Münzen, Briefmarkensammlungen, Pkws,<br />
Wohnungseinrichtungen etc. - feste Preisbestimmungen gab, als Modell <strong>für</strong> eine entsprechende<br />
gesetzliche Regelung herangezogen werden. Im übrigen wurden im Zusammenhang mit<br />
Strafverfahren der DDR - Gerichte bereits die einzuziehenden Vermögensgegenstände geschätzt<br />
(Zeitwert), so daß zumindest in diesen Fällen ein Hinweis zur Bemessung der Entschädigung<br />
durch Schätzung (§ 31 Abs. 1 VermG) vorhanden sein könnte.<br />
Im Hinblick auf die Entscheidungspraxis (vgl. Gemeinsame Arbeitshilfe zum Entschädigungs-<br />
<strong>und</strong> Ausgleichsleistungsgesetz, Schriftenreihe des <strong>B<strong>und</strong>esamt</strong>es zur Regelung <strong>offene</strong>r<br />
<strong>Vermögensfragen</strong>, Heft 9, Rdnr. 29) wäre zu empfehlen, daß bis zu einer Entscheidung des<br />
Gesetzsgebers von Entschädigungsgr<strong>und</strong>lagenbescheiden <strong>für</strong> bewegliche Sachen abgesehen<br />
werden sollte.<br />
Mitgeteilt von René Kuhlmey<br />
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Gr<strong>und</strong>stücksrestitution; Ausschlußgr<strong>und</strong> (Änderung<br />
der Nutzungsart <strong>und</strong> der Zweckbestimmung)<br />
Leitsatz der Bearbeiterin (nicht amtlich):<br />
- 17 -<br />
§ 3 Abs. 1 Satz 1 i. V. m.<br />
§ 1 Abs. 1 Buchst. c,<br />
§ 5 Abs. 1 Buchst. a i. V. m.<br />
§ 4 Abs. 1 VermG<br />
Die Voraussetzung eines Restitutionsausschlusses im Sinne § 5 Abs. 1 Buchst. a VermG liegt<br />
vor, wenn eine Nutzungsart- bzw. Zweckbestimmungsänderung gegeben ist.<br />
Soweit es bereits an dieser Voraussetzung fehlt, ist der Umfang von getätigten Aufwendungen<br />
nicht von Bedeutung.<br />
Die Erheblichkeit von baulichem Aufwand allein führt nicht zu einem Restitutionsausschluß.<br />
In solchen Fällen hat der Berechtigte entsprechend den Vorgaben des § 7 VermG einen Wertausgleich<br />
zu leisten.<br />
Gericht, Datum <strong>und</strong> Az.:<br />
VG Dessau, Urteil vom 1. Dezember 1998, Az.: A 3 K 117/97<br />
Tatbestand/Problem:<br />
Das streitbefangene Gr<strong>und</strong>stück wurde seit 1960 treuhänderisch verwaltet <strong>und</strong> im Jahre 1969<br />
vom Verwalter an das Eigentum des Volkes verkauft.<br />
Die 1990 vom Berechtigten beantragte Rückübertragung des Gr<strong>und</strong>stücks wurde 1992 u. a.<br />
mit der Begründung abgelehnt, daß das Gr<strong>und</strong>stück in die Nutzung der Feuerwehr überführt<br />
worden sei <strong>und</strong> <strong>für</strong> die Nutzung durch die Feuerwehr ein öffentliches Interesse bestehe (§§ 4<br />
Abs. 1, 5 Abs. 1 Buchst. a VermG).<br />
Gegen diesen ablehnenden Bescheid legte der Berechtigte 1992 Widerspruch ein.<br />
Mit Zuordnungsbescheid von 1994 wurde von der OFD gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 VZOG festgestellt,<br />
daß die Stadt D. nach Art. 21 Abs. 1 <strong>und</strong> 2 EV das Gr<strong>und</strong>stück kraft Gesetz zu Eigentum<br />
übertragen erhalten hat.<br />
Mit Widerspruchsbescheid des LARoV von 1996 wurde der ablehnende Rückübertragungsbescheid<br />
von 1992 mit der Begründung, daß der Rückübertragungsausschlußtatbestand des §<br />
5 Abs. 1 Buchst. a VermG nicht erfüllt sei, aufgehoben <strong>und</strong> das Gr<strong>und</strong>stück dem Berechtigten<br />
zurückübertragen.<br />
Gegen diesen Widerspruchsbescheid erhob die Stadt D. Klage u. a. mit der Begründung, daß<br />
seit der Übernahme des Gr<strong>und</strong>stücks im Jahre 1960 die Nutzungsart oder Zweckbestimmung<br />
mit einem erheblichen baulichen Aufwand verändert worden sei. Darüber hinaus bestehe ein<br />
öffentliches Interesse an der weiteren Nutzung des Gr<strong>und</strong>stücks durch die Freiwillige Feuerwehr.<br />
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- 18 -<br />
Daraufhin hob das LARoV mit Rücknahmebescheid seinen Widerspruchsbescheid von 1996<br />
auf <strong>und</strong> führte in seiner Begründung aus, daß von einer Nutzungsänderung des Gr<strong>und</strong>stücks,<br />
die mit einem erheblichen baulichen Aufwand verb<strong>und</strong>en gewesen sei, auszugehen sei. Zudem<br />
stehe der Rückübertragung das öffentliche Interesse entgegen. Das von der Stadt D. beantragte<br />
Klageverfahren wurde eingestellt.<br />
Der Berechtigte bzw. seine Rechtsnachfolgerin klagten ihrerseits gegen den Rücknahmebescheid<br />
des LARoV <strong>und</strong> machten u. a. geltend, daß das Gr<strong>und</strong>stück seit 1960 durchgehend von<br />
der Freiwilligen Feuerwehr genutzt wurde.<br />
Die Klage hatte Erfolg: Der Rücknahmebescheid des LARoV wurde aufgehoben.<br />
Aus den Gründen:<br />
Ausgehend von § 5 Abs. 1 Buchst. a VermG, wonach eine Rückübertragung von Eigentumsrechten<br />
an Gr<strong>und</strong>stücken <strong>und</strong> Gebäuden gem. § 4 Abs. 1 VermG dann ausgeschlossen ist,<br />
wenn Gr<strong>und</strong>stücke <strong>und</strong> Gebäude mit erheblichem baulichen Aufwand in ihrer Nutzungsart<br />
oder Zweckbestimmung verändert wurden <strong>und</strong> ein öffentliches Interesse an dieser Nutzung<br />
besteht, verneinte das Verwaltungsgericht - im vorliegenden Fall - das Vorliegen einer Änderung<br />
der Nutzungsart oder Zweckbestimmung.<br />
Die Begriffe Änderung der Nutzungsart <strong>und</strong> der Zweckbestimmung überschnitten sich nach<br />
Auffassung des VG weitgehend.<br />
Eine Nutzungsänderung liege vor, wenn einem Gr<strong>und</strong>stück oder Gebäude eine andere<br />
Zweckbestimmung gegeben werde, die darin bestehe, daß die bisherige Nutzung aufgegeben<br />
werde <strong>und</strong> an ihre Stelle eine neue, andersartige Nutzung trete.<br />
Eine Änderung der Zweckbestimmung stelle darüber hinaus jede Ersetzung der bestehenden<br />
Nutzung durch eine andere Nutzung dar, ohne daß sich die Nutzungsart geändert haben muß.<br />
Für die Beurteilung der Frage, ob sich bezüglich des im Streit stehenden Gr<strong>und</strong>stücks die<br />
Nutzungsart oder Zweckbestimmung geändert hätte, käme es auf einen Vergleich des Zustandes,<br />
wie er im Zeitpunkt des Eigentumsverlustes bestanden hätte, mit dem Zustand an, wie er<br />
am 29. September 1990 (d. h. im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vermögensgesetzes) bestanden<br />
hätte (§ 5 Abs. 2 VermG) (Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, VermG,<br />
Stand: April 1998, § 5 Rdnr. 17).<br />
Die im vorliegenden Fall bereits zum Zeitpunkt des Eigentumsverlustes im Jahre 1969 erfolgte<br />
Nutzung des Gr<strong>und</strong>stücks durch die Freiwillige Feuerwehr sei durch die in den Jahren<br />
1971 - 1987 erfolgten Bau- <strong>und</strong> Modernisierungsarbeiten zwar erheblich intensiviert, jedoch<br />
nicht verändert worden.<br />
Da keine Änderung der Nutzungsart bzw. der Zweckbestimmung festgestellt worden sei, fehle<br />
hier die Gr<strong>und</strong>voraussetzung des Restitutionsausschlusses im Sinne § 5 Abs. 1 Buchst. a<br />
VermG unabhängig vom Umfang der getätigten Arbeiten.<br />
Die Erheblichkeit des baulichen Aufwands allein führe nicht zu einem Restitutionsausschluss.<br />
Der Berechtigte habe in solchen Fällen Wertausgleich gem. § 7 VermG zu leisten.<br />
Mitgeteilt von Ilona Lindhorst<br />
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