08 - Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen ...
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<strong>B<strong>und</strong>esamt</strong> zur Regelung <strong>offene</strong>r<br />
<strong>Vermögensfragen</strong><br />
Rechtsprechungsübersicht<br />
<strong>08</strong>/1999<br />
vom 30. Juni 1999<br />
Seite<br />
VG Berlin, Urteil vom 25. Februar 1999, Az.: 29 A 389.94 3264 5<br />
Redlicher Erwerb; keine ordnungsgemäße Verwaltungspraxis; Dienstzugehörigkeit;<br />
Funktionsträger<br />
§ 4 Abs. 3 Buchst. a VermG<br />
BVerwG, Beschluß vom 1. März 1999, Az.: 7 B 23.99 3253 9<br />
Anordnung staatlicher Verwaltung als Schädigungstatbestand<br />
§ 1 Abs. 4 VermG<br />
BVerwG, Beschluß vom 3. März 1999, Az.: 7 B 5.99 3250 11<br />
Zielgerichtete Manipulationen bei Veräußerung von Gr<strong>und</strong>stücken durch<br />
den staatlichen Verwalter; Voraussetzungen zur Veräußerung eines Gr<strong>und</strong>stücks<br />
aus wirtschaftlichen Gründen; unzureichende Sachaufklärung durch<br />
das VG als Revisionsgr<strong>und</strong><br />
§ 4 Abs. 3 Buchst. a VermG;<br />
§ 1 Abs. 2 der VO über die Rechte <strong>und</strong> Pflichten des Verwalters vom<br />
11. Dezember 1968;<br />
§ 86 Abs. 1 VwGO<br />
BVerwG, Beschluß vom 5. März 1999, Az.: 7 B 230.98 3279 13<br />
Unternehmensenteignungen; Enteignungsverbot; Rehabilitierung nach<br />
dem russischen Gesetz über die Rehabilitierung von Opfern politischer<br />
Verfolgung; Enteignung durch deutsche Stellen<br />
§ 1 Abs. 8 Buchst. a,<br />
§ 1 Abs. 7 VermG<br />
VG Magdeburg, Urteil vom 23. März 1999, Az.: 9 K 112/98 3243 15<br />
Wirksamkeit der Abtretung eines vermögensrechtlichen Anspruchs; Berechtigter<br />
im Sinne des § 6 Abs. 6 a Satz 4 VermG; Rechtsnatur des Erlösauskehranspruchs;<br />
Einwand der Konfusion; Untergang eines vermögensrechtlichen<br />
Anspruchs nach §§ 30 Abs. 1 Satz 2, 31 Abs. 5 Sätze 2 <strong>und</strong> 3<br />
VermG<br />
§ 6 Abs. 1 a <strong>und</strong> 5 a,<br />
§ 6 Abs. 5 a Satz 1 Buchst. a - c,<br />
§§ 6 Abs. 6 Satz 1, Abs. 6 a Satz 4,<br />
§§ 30 Abs. 1 Satz 2, 31 Abs. 5 Sätze 2 <strong>und</strong> 3 VermG;<br />
Art. 14 Abs. 1 des 2. VermRÄndG;<br />
§ 1 Abs. 4 THG;<br />
§ 54 VwVfG;<br />
§§ 133, 325, 362, 437, 440 BGB;<br />
§§ 113 Abs. 5 Satz 1, 173 VwGO;<br />
§ 265 Abs. 2 ZPO<br />
- 2 -
- 2 -<br />
BVerwG, Urteil vom 25. März 1999, Az.: 7 C 11.98 3271 23<br />
Redlicher Erwerb; wirksamer Erwerb; Genehmigung nach der Gr<strong>und</strong>stücksverkehrsverordnung;<br />
Hinweise <strong>und</strong> Erläuterungen zum Nutzungsrechtsgesetz;<br />
Richtlinie zur Durchführung des Gesetzes über den Verkauf<br />
volkseigener Eigenheime; Verleihung des Nutzungsrechts; Fiktion<br />
der Gr<strong>und</strong>stücksverkehrsgenehmigung; Wiederaufgreifen des Genehmigungsverfahrens;<br />
Folgen des Wiederaufgreifens <strong>für</strong> die Eigentümerstellung;<br />
Anbahnung nach § 4 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a VermG; Zweifamilienhaus;<br />
Komplettierungskauf<br />
§ 1 Abs. 1 Buchst. b <strong>und</strong> Abs. 2,<br />
§ 4 Abs. 2 Satz 1 <strong>und</strong> Satz 2 Buchst. a VermG;<br />
§ 7 Abs. 3 AnmVO;<br />
§ 2 Abs. 1 Buchst. a GVVO;<br />
§ 7 Abs. 3 Satz 1 GVO<br />
BVerwG, Urteil vom 25. März 1999, Az.: 7 C 17.98 3283 29<br />
Restitutionsausschluß; Erwerb durch privaten Handwerker oder Gewerbetreibenden;<br />
redlicher Erwerb; dingliches Nutzungsrecht; Stichtag; Verkaufsgesetz<br />
§ 4 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b,<br />
§ 4 Abs. 3 Buchst. a,<br />
§ 16 Abs. 3 Satz 1 VermG;<br />
§ 1 Verkaufsgesetz vom 7. März 1990<br />
BVerwG, Urteil vom 25. März 1999, Az.: 7 C 12.98 3265 35<br />
Sowjetische Besatzungszone; Uraltguthaben; Reichsmarkforderung;<br />
Währungsreform; Umwertung; besatzungshoheitliche entschädigungslose<br />
Enteignung; Vollzugsauftrag Besatzungsmacht; SMAD-Befehl<br />
Nr. 111/1948; Eingriff Währungsrecht; Währungsschaden; manipulativer<br />
Vermögenszugriff; unlautere Machenschaft<br />
§ 1 Abs. 1 Buchst. a,<br />
§ 1 Abs. 3,<br />
§ 1 Abs. 8 Buchst. a,<br />
§ 2 Abs. 2 Satz 2 VermG;<br />
§ 1 Abs. 3 Nr. 5 AusglLeistG<br />
BVerwG, Beschluß vom 26. März 1999, Az.: 7 B 41.99 3275 39<br />
Erbschaftssteuer als Ausschlagungsgr<strong>und</strong>; Rechtswirksamkeit einer<br />
Entscheidung der Rehabilitierungskammer des Landgerichts<br />
§ 1 Abs. 3 <strong>und</strong> Abs. 7,<br />
§ 2 Abs. 1 VermG;<br />
§ 3 Abs. 2 StrRehaG;<br />
§ 57 Abs. 3 StGB-DDR<br />
BVerwG, Beschluß vom 26. März 1999, Az.: 7 B 45.99 3278 41<br />
Rechtliches Gehör; redlicher Erwerb<br />
§ 4 Abs. 2 Satz 1 VermG;<br />
Art. 103 Abs. 1 GG<br />
- 3 -
- 3 -<br />
BVerwG, Urteil vom 29. April 1999, Az.: 7 C 13.98 3292 43<br />
Unlautere Machenschaft; Ausreise aus der DDR; ausreisebedingte<br />
Gr<strong>und</strong>stücksveräußerung; Anscheinsbeweis; Ausreise von Rentnern;<br />
Verkaufsverlangen des Staates; Gr<strong>und</strong>eigentum fremder Staatsangehöriger<br />
§ 1 Abs. 3 VermG<br />
Herausgeber: <strong>B<strong>und</strong>esamt</strong> zur Regelung <strong>offene</strong>r <strong>Vermögensfragen</strong><br />
Mauerstr. 39 - 40, 10117 Berlin; Postfach 305, 10107 Berlin<br />
Telefon (030) 22310 - 0; Telefax (030) 22310 – 260;<br />
E-Mail: post@barov.b<strong>und</strong>.de;<br />
Internet:http://www.barov.b<strong>und</strong>.de<br />
Ansprechpartner:<br />
- Verteiler <strong>und</strong> Versand der Rechtsprechungsübersicht:<br />
Frau Breitfeld, App. 124<br />
- Für Behörden zwecks Übersendung der Entscheidung im Volltext<br />
(Bitte die in genannten Ziffern <strong>und</strong> die Nummer der RÜ angeben): Frau Fräsdorf, App. 115<br />
- 4 -
Redlicher Erwerb; keine ordnungsgemäße Verwaltungspraxis;<br />
Dienstzugehörigkeit; Funktionsträger<br />
Leitsatz des Bearbeiters (nicht amtlich):<br />
- 5 -<br />
§ 4 Abs. 3 Buchst. a VermG<br />
Der Erwerb eines Gr<strong>und</strong>stücks steht nicht im Einklang mit der ordnungsgemäßen Verwaltungspraxis<br />
in der DDR <strong>und</strong> führt damit zu seiner Unredlichkeit, wenn der Erwerber kraft<br />
seiner Dienstzugehörigkeit zum Magistrat von Berlin, Abteilung Finanzen, einer begünstigenden<br />
internen Ausnahmeregelung unterlag, dadurch überhaupt erst am Vergabesystem <strong>für</strong><br />
Vermögenswerte partizipierte <strong>und</strong> über die willkürlich praktizierte Umsetzung auch informiert<br />
war.<br />
Gericht, Datum <strong>und</strong> Az.:<br />
VG Berlin, Urteil vom 25. Februar 1999, Az.: 29 A 389.94<br />
Tatbestand/Problem:<br />
Die Klägerin begehrt die Rückübertragung eines im Eigentum der beigeladenen Eheleute stehenden<br />
Hausgr<strong>und</strong>stücks.<br />
Die Klägerin verließ die DDR am 4. September 1975 ohne Beachtung der Meldevorschriften.<br />
Gemäß § 1 der AO Nr. 2 vom 3. Oktober 1958 wurde daraufhin das mit einem kleinen Wochenendhaus<br />
bebaute Gr<strong>und</strong>stück am 18. November 1975 unter staatliche Treuhandverwaltung<br />
gestellt. Zehn Tage später wies die Magistratsverwaltung von Berlin den Beigeladenen<br />
das streitgegenständliche Wochenendgr<strong>und</strong>stück zur Nutzung <strong>und</strong> käuflichen Übernahme zu.<br />
Am 19. Dezember 1975 wurde der Gr<strong>und</strong>stückskaufvertrag geschlossen.<br />
Im Zuge der Mitte Oktober bis Mitte Dezember 1975 getr<strong>offene</strong>n Vorbereitungen zur Veräußerung<br />
der Parzelle hatte der Beigeladene zu 1 in seiner dienstlichen Funktion als stellvertretender<br />
Unterabteilungsleiter Finanzen beim Magistrat verschiedene Maßnahmen veranlaßt. So<br />
kündigte er dem Rat des Stadtbezirks Berlin-Lichtenberg am 10. Oktober 1975 die Verkaufsabsicht<br />
an <strong>und</strong> stellte <strong>für</strong> den Magistrat verschiedene gr<strong>und</strong>stücksbezogene Angaben zusammen.<br />
Es existieren weiter zwei handschriftliche Vermerke mit dem Wortlaut: „Gen. K - bitte<br />
Eintragung des Verwaltervermerks im Gr<strong>und</strong>buch veranlassen, jedoch noch nicht VEB KWV<br />
zum Verwalter bestellen.“ sowie „Gen. M - würdest Du mit dem Stadtrat reden.“<br />
Der Beteiligte zu 1 trug dazu vor, daß die Überlassung der wenigen verfügbaren Parzellen an<br />
Mitarbeiter der Magistratsabteilung Finanzen gr<strong>und</strong>sätzlich unzulässig gewesen sei, allerdings<br />
habe eine Vergabe entsprechend einer internen mündlichen Dienstanweisung ausnahmsweise<br />
mit Genehmigung des Stadtrats erfolgen können. Die Genehmigung habe ebensowenig wie<br />
die Antragstellung der Schriftform bedurft. Beides sei über den „kleinen Dienstweg“ gegangen<br />
<strong>und</strong> in der Abteilung „sozusagen leger gehandhabt“ worden. Entsprechend habe er sein<br />
Erwerbsinteresse gegenüber seinen Vorgesetzten bek<strong>und</strong>et.<br />
- 6 -
- 6 -<br />
Die ausdrückliche mündliche Zuweisungsentscheidung des Stadtrats sei unmittelbar nach der<br />
handschriftlich vermerkten Bitte ergangen, mit dem Stadtrat zu reden. Vergaberichtlinien oder<br />
sonstige schriftlich fixierte Entscheidungs- <strong>und</strong> Auswahlkriterien habe es weder <strong>für</strong> Magistratsmitarbeiter<br />
noch im Hinblick auf die Bearbeitung von Anträgen Außenstehender gegeben.<br />
Kriterien <strong>für</strong> die Entscheidung seien neben überdurchschnittlicher fachlicher Leistung auch<br />
die gesellschaftliche Arbeit des Interessenten <strong>und</strong> die Art des Gr<strong>und</strong>stücks gewesen.<br />
Aus den Gründen:<br />
Das Verwaltungsgericht Berlin hat die Verpflichtungsklage auf Restitution als begründet erachtet.<br />
Ein redlicher Erwerb durch die Beigeladenen liege nicht vor, da die Voraussetzungen des § 4<br />
Abs. 3 Buchst. a VermG gegeben seien. Eine ordnungsgemäße Verwaltungspraxis zeichne<br />
sich dadurch aus, daß die Anwendung von Vorschriften <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>sätzen nicht nur zum<br />
Schein erfolgt sei <strong>und</strong> lediglich der formalen Rechtfertigung diene, sondern sich die Vorgehensweise<br />
in der Rechtswirklichkeit der DDR innerhalb des durch die Regelungen vorgegebenen<br />
Ordnungsrahmens bewege. Daran fehle es hier.<br />
Zwar begründe ein Verstoß gegen vertraulich gebliebene Verwaltungsvorschriften <strong>und</strong><br />
-abläufe regelmäßig keine Unredlichkeit des Erwerbers, weil bereits die Kenntnis der Bestimmungen<br />
bei außenstehenden Dritten nicht vorausgesetzt werden kann <strong>und</strong> sich die insoweit<br />
denkbaren Unregelmäßigkeiten ohnehin überwiegend in der Sphäre der Verwaltung zutragen<br />
(BVerwG, Urteil vom 27. Januar 1994 - 7 C 4.93 - BVerwGE 95, 1<strong>08</strong> ff. = ZIP 1994,<br />
488 ff. = OV-spezial 1994, 4 ff. = NJW 1994, 1359 ff. = Buchholz 112 § 4 Nr. 7, 3 ff. = RGV<br />
B IX 52). Eine abweichende Beurteilung sei aber geboten, wenn der Erwerber kraft seiner<br />
Dienstzugehörigkeit solchen begünstigenden internen Ausnahmeregelungen unterlag, dadurch<br />
überhaupt erst an dem Vergabesystem partizipierte <strong>und</strong> über die willkürlich praktizierte Umsetzung<br />
auch informiert war.<br />
Dem gesamten Vergabemodus sei das Gepräge einer Privilegienzuteilung eigen gewesen, die<br />
der Gesetzgeber des Vermögensgesetzes als wiedergutmachungsbedürftiges Unrecht gewertet<br />
habe. Bei der Fassung des Regelbeispiels habe der Gesetzgeber den Akzent auf die „Ordnungsgemäßheit“<br />
gelegt, so daß eine auf unkontrollierter Machtausübung basierende Verwaltungspraxis<br />
als Ausdruck von Willkür die Unredlichkeit des Erwerbsvorgangs indiziere.<br />
Die unter Verstoß gegen eine ordnungsgemäße Verwaltungspraxis erlangten Vermögenswerte<br />
sollten nach dem klaren Willen des Gesetzgebers auch nicht unter Berufung auf die Üblichkeit<br />
der Vorgehensweise innerhalb eines bestimmten Verwaltungsbereichs oder im Hinblick<br />
auf besondere Usancen der Staats- <strong>und</strong> Parteifunktionäre oder sonstige verdiente Mitarbeiter<br />
gerechtfertigt werden können (Erläuterungen der B<strong>und</strong>esregierung zum Vermögensgesetz -<br />
BT-Drucks. 11/7832 - abgedr. in: RVI, Bd. IV, 100.1 E, S. 12).<br />
Dabei sei unerheblich, daß die Beigeladenen nicht ausdrücklich um bevorzugte Behandlung<br />
ihres Erwerbsanliegens nachgesucht haben. Es reiche aus, daß sie dies den Umständen nach<br />
wußten oder zumindest hätten wissen müssen. Insoweit genüge jede Stufe der Fahrlässigkeit<br />
(BVerwG, Beschluß vom 22. April 1994 - 7 B 188.93 - VIZ 1994, 413 = ZOV 1994, 318 =<br />
OV-spezial 1994, 14 = NJW 1994, 2371 = RGV B IX 71 = KPS § 4 VermG 6/94, S. 1 ff. sowie<br />
BVerwG, Urteil vom 19. Januar 1995 - 7 C 42.93 - ZOV 1995, 150 ff. = VIZ 1995, 288<br />
ff. = NJW 1995, 1506 ff. = RGV B IX 107 = Buchholz 112 § 4 VermG Nr. 12, S. 21 ff.). Die<br />
Beigeladene zu 2 müsse sich das Wissen ihres Gatten wegen des in ehelicher Lebensgemein-<br />
- 7 -
- 7 -<br />
schaft erfolgten Gr<strong>und</strong>stückserwerbs zurechnen lassen (BVerwG, Beschluß vom 2. Juni 1995<br />
- 7 B 210.95 - Gr<strong>und</strong>eigentum 1995, 883 ff. = ZOV 1995, 318 f. = DtZ 1995, 343 f. = VIZ<br />
1995, 520 f. = OV-spezial 1995, 352 = NJ 1995, 612 = D-spezial 1995, Nr. 48, 7 = RGV B I<br />
98 = Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 46). Im Ergebnis sei zudem festzustellen, daß die Teilnahme<br />
des Beigeladenen zu 1 an dem durch Willkür geprägten Vergabemodus bei der gebotenen<br />
Gesamtschau der maßgeblichen tatsächlichen Einzelfallumstände auch jenseits der nicht<br />
abschließend normierten Regelbeispiele einen vergleichbaren Grad moralischer Verwerflichkeit<br />
erreiche, der die Unredlichkeit des Erwerbs zu Lasten der Beigeladenen begründe.<br />
Anmerkungen:<br />
Judikatur zur Unredlichkeit von Funktionsträgern beim Erwerb von Vermögenswerten ist<br />
bisher kaum zur Veröffentlichung gelangt. Im Gr<strong>und</strong>satz hat das BVerwG mit Beschluß vom<br />
2. April 1993 - 7 B 22.93 - (ZOV 1993, 193 = VIZ 1993, 350 = NJW 1993, 2002 = OVspezial<br />
1993, 15; Vorinstanz VG Dresden, Urteil vom 11. November 1992 - IX K 524/92 -<br />
RGV B IX 24 = VIZ 1993, 265) dargelegt, daß allein die Wahrnehmung bestimmter Funktionen<br />
im Partei- <strong>und</strong> Staatsapparat durch einen Erwerber keine Unredlichkeit begründe. Eine<br />
persönliche Machtstellung könne zwar ein Indiz <strong>für</strong> die Ausnutzung dieser Position sein. Im<br />
konkreten Einzelfall müßten sich aber Anhaltspunkte <strong>für</strong> ein unredliches Verhalten ergeben.<br />
Eine weitere Entscheidung vom 29. März 1993 des VG Potsdam (ZOV 1993, 285 ff.) ähnelt<br />
in der Gr<strong>und</strong>konstellation dem oben besprochenen Urteil. Danach müsse sich ein Ratsmitglied,<br />
das über einen längeren Zeitraum an zahlreichen Beschlüssen des Rates der Gemeinde<br />
mitgewirkt hat, mit denen der Entzug von Eigentumsrechten in nicht ordnungsgemäßer Weise<br />
vorbereitet worden ist, die Unredlichkeit eines derartigen Erwerbs auch dann zurechnen lassen,<br />
wenn er an dem ihn selbst betreffenden Beschluß nicht beteiligt war. Jedenfalls trage er<br />
die Beweislast da<strong>für</strong>, daß sein Rechtserwerb redlich gewesen war.<br />
Mitgeteilt von Kristof Copija<br />
- 8 -
Anordnung staatlicher Verwaltung als Schädigungstatbestand<br />
Leitsätze der Bearbeiterin (nicht amtlich):<br />
- 9 -<br />
§ 1 Abs. 4 VermG<br />
1. Die Anordnung der staatlichen Verwaltung gemäß § 6 der Verordnung zur Sicherung von<br />
Vermögenswerten vom 17. Juli 1952 löst keinen Rückübertragungsanspruch nach § 1<br />
VermG aus.<br />
2. Die vom Gesetzgeber vorgesehene Wiedergutmachung durch Aufhebung der staatlichen<br />
Verwaltung ist dann nicht mehr möglich, wenn die staatliche Verwaltung durch eine Enteignung<br />
überholt wird, die ihrerseits keine Schädigung im Sinne von § 1 VermG darstellt.<br />
Gericht, Datum <strong>und</strong> Az.:<br />
BVerwG, Beschluß vom 1. März 1999, Az.: 7 B 23.99<br />
Tatbestand/Problem:<br />
Das BVerwG hat die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des VG Greifswald vom 1.<br />
Dezember 1998 - 6 A 1440/97 - zurückgewiesen, weil der Rechtssache keine gr<strong>und</strong>sätzliche<br />
Bedeutung zukommt, die in einem Revisionsverfahren noch geklärt werden müßte. Der Beschwerdeführer<br />
hält die Frage <strong>für</strong> ungeklärt, ob die Anordnung der staatlichen Verwaltung<br />
gemäß § 6 der Verordnung zur Sicherung von Vermögenswerten vom 17. Juli 1952 geeignet<br />
ist, einen Rückübertragungsanspruch nach § 1 VermG auszulösen.<br />
Das betr<strong>offene</strong> - ehemals staatlich verwaltete - Gr<strong>und</strong>stück wurde in der ehemaligen DDR <strong>für</strong><br />
öffentliche Zwecke beansprucht. Um es in Volkseigentum überführen zu können, wurde der<br />
Eigentümer enteignet. Die Enteignung selbst erfüllte keinen Schädigungstatbestand des<br />
VermG.<br />
Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, daß schon die Anordnung der staatlichen Verwaltung<br />
über Gr<strong>und</strong>stücke von West-Eigentümern Ausdruck des Teilungsunrechts sei, welches durch<br />
das VermG wiedergutgemacht werden müsse.<br />
Das BVerwG verneint einen Rückübertragungsanspruch, weil durch die staatliche Verwaltung<br />
keine Eigentümerposition entzogen würde, die dem Berechtigten zurückgegeben werden könne.<br />
Die Wiedergutmachung im Falle der staatlichen Verwaltung erfolge nur durch deren Aufhebung,<br />
um dem Eigentümer so die entzogenen Rechte <strong>und</strong> Befugnisse wieder einzuräumen.<br />
Sofern die Verwaltung durch eine spätere Enteignung überholt werde, die ihrerseits keine<br />
Schädigung im Sinne des VermG darstellt, sei eine Wiedergutmachung nicht mehr möglich.<br />
- 10 -
Anmerkungen:<br />
- 10 -<br />
Der Senat verweist in seinem Beschluß auf sein Urteil vom 24.Februar 1994 - 7 C 22.93 -<br />
(BVerwGE 95, 167 ff. = ZIP 1994, 566 f. = NJW 1994, 1297 f. = VIZ 1994, 237 f. = ZOV<br />
1994, 323 f. = DÖV 1994, 739 = Buchholz 112 § 1 VermG Nr. 16 = Buchholz 428 § 1<br />
VermG Nr. 16 = RGV E I 17 = KPS § 7 VermG 1/94). Darin wurde bereits ausgeführt, daß<br />
mit der staatlichen Verwaltung in der DDR nicht die Eigentümerstellung entzogen wurde. Die<br />
Wiedergutmachung erfolge daher nicht durch Rückübertragung, sondern durch Aufhebung<br />
der staatlichen Verwaltung.<br />
Mitgeteilt von Katharina Hedtstück<br />
- 11 -
Zielgerichtete Manipulationen bei Veräußerungen<br />
von Gr<strong>und</strong>stücken durch den staatlichen<br />
Verwalter; Voraussetzungen zur Veräußerung<br />
eines Gr<strong>und</strong>stücks aus wirtschaftlichen<br />
Gründen; unzureichende Sachaufklärung<br />
durch das VG als Revisionsgr<strong>und</strong><br />
Leitsätze der Bearbeiterin (nicht amtlich):<br />
- 11 -<br />
§ 4 Abs. 3 Buchst. a VermG;<br />
§ 1 Abs. 2 der VO über die<br />
Rechte <strong>und</strong> Pflichten des Verwalters<br />
vom 11. Dezember 1968;<br />
§ 86 Abs. 1 VwGO<br />
1. Ob ein Erwerbsvorgang eines staatlich verwalteten Gr<strong>und</strong>stücks unredlich im Sinne von §<br />
4 Abs. 3 a VermG war oder nicht, beurteilt sich zunächst danach, inwieweit die Verkaufsvoraussetzungen<br />
nach den Rechtsvorschriften der DDR tatsächlich erfüllt waren. Erst<br />
wenn diese nicht gegeben waren, stellt sich die Frage, ob der Verkauf zielgerichtet manipuliert<br />
war <strong>und</strong> der Erwerber dies hätte erkennen müssen.<br />
2. Bei Veräußerungen nach § 1 Abs. 2 der Verordnung über die Rechte <strong>und</strong> Pflichten des<br />
Verwalters vom 11. Dezember 1968 (GBl. II 1969, S. 1) hat das VG daher zu ermitteln, ob<br />
der Verkauf aus wirtschaftlichen Gründen erforderlich war. Festzustellen ist hier<strong>für</strong>, in<br />
welcher Höhe Forderungen bestanden, <strong>und</strong> ob diese nicht anders als durch einen Verkauf<br />
befriedigt werden konnten.<br />
Gericht, Datum <strong>und</strong> Az.:<br />
BVerwG, Beschluß vom 3. März 1999, Az.: 7 B 5.99<br />
Tatbestand/Problem:<br />
Das BVerwG hat durch Beschluß das Urteil des VG Dresden vom 17. Juni 1998 - 2 A<br />
1515/96 - aufgr<strong>und</strong> der Nichtzulassungsbeschwerde aufgehoben <strong>und</strong> den Rechtsstreit zur anderweitigen<br />
Verhandlung <strong>und</strong> Entscheidung an das VG zurückverwiesen.<br />
Das VG hatte einer Klage, gerichtet auf Rückübertragung eines Gr<strong>und</strong>stücks (einschließlich<br />
Einfamilienhaus), stattgegeben, weil das Anwesen im Jahre 1979 durch einen staatlichen<br />
Verwalter an die Beigeladenen veräußert <strong>und</strong> dadurch der Schädigungstatbestand des § 1 Abs.<br />
1 Buchst. c VermG verwirklicht worden sei. Die Beigeladenen seien bei dem Erwerb des<br />
Gr<strong>und</strong>stücks unredlich gewesen (§ 4 Abs. 3 Buchst. a VermG). Das VG begründete die Unredlichkeit<br />
damit, daß die Verkaufsabsicht des Verwalters einzig von dem sachfremden Gr<strong>und</strong><br />
getragen wurde, den Beigeladenen Eigentum daran zu verschaffen <strong>und</strong> die Erwerber den<br />
Hintergr<strong>und</strong> auch hätten erkennen können. Dies zeige sich daran, daß der Verwalter den Beigeladenen<br />
bereits 1973 das Gr<strong>und</strong>stück zum Verkauf angeboten habe, weil die Mieten die<br />
Instandsetzungen nicht getragen hätten. Da die Beigeladenen das Geld zu diesem Zeitpunkt<br />
noch nicht hätten aufbringen können, habe er mit dem Verkauf bis 1979 gewartet.<br />
Nach Auffassung des BVerwG habe das VG den Sachverhalt nur unzureichend geklärt (§ 86<br />
Abs. 1 VwGO). Das Urteil des VG beruhe daher auf einem Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2<br />
Nr. 3 VwGO).<br />
- 12 -
- 12 -<br />
Unabhängig von der Absicht des staatlichen Verwalters, das Gr<strong>und</strong>stück zu verkaufen, hätte<br />
das VG <strong>für</strong> einen unredlichen Erwerb im Sinne von § 4 Abs. 3 Buchst. a VermG zunächst<br />
feststellen müssen, daß der Verkauf gegen die Rechtsvorschriften der DDR verstieß.<br />
Solche Feststellungen fehlten. Stattdessen habe das VG einzig aus der Absicht des staatlichen<br />
Verwalters geschlossen, daß die Voraussetzungen <strong>für</strong> einen Verkauf aus wirtschaftlichen<br />
Gründen im Sinne von § 1 Abs. 2 der Verwalterverordnung nicht vorgelegen hätten. Es habe<br />
aber nicht untersucht, welche Instandsetzungskosten <strong>und</strong> andere Forderungen entstanden sind,<br />
<strong>und</strong> ob deren Befriedigung nur durch einen Verkauf möglich gewesen waren. Die Tatsache,<br />
daß der Verwalter das Haus 1973 noch nicht verkaufte, zeige zwar, daß der Verkauf zu diesem<br />
Zeitpunkt noch abwendbar war. Diese Feststellung sei aber nicht geeignet, die wirtschaftliche<br />
Situation im Jahre 1979 zu beschreiben.<br />
Die vorrangige Absicht des Verwalters, die Beigeladenen zu begünstigen, sei zwar erheblich,<br />
um in dem Verkauf eine zielgerichtete Manipulation zu sehen. Darüber müsse das VG aber<br />
erst nach Ermittlung der wirtschaftlichen Situation des Anwesens befinden <strong>und</strong> dann klären,<br />
ob die Beigeladenen dies hätten erkennen können.<br />
Das Urteil des VG sei deshalb aufzuheben <strong>und</strong> zurückzuverweisen.<br />
Mitgeteilt von Katharina Hedtstück<br />
- 13 -
Unternehmensenteignungen; Enteignungsverbot;<br />
Rehabilitierung nach dem russischen Gesetz<br />
über die Rehabilitierung von Opfern politischer<br />
Verfolgung; Enteignung durch deutsche<br />
Stellen<br />
Leitsatz der Bearbeiterin (nicht amtlich):<br />
- 13 -<br />
§ 1 Abs. 8 Buchst. a,<br />
§ 1 Abs. 7 VermG<br />
Rehabilitierungsbescheinigungen nach dem russischen Gesetz über die Rehabilitierung von<br />
Opfern politischer Verfolgung erfüllen selbst dann nicht den Tatbestand des § 1 Abs. 7<br />
VermG, wenn sie im Einzelfall auch die von deutschen Stellen verfügte Enteignung in ihren<br />
Rehabilitierungsausspruch einbeziehen.<br />
Gericht, Datum <strong>und</strong> Az.:<br />
BVerwG, Beschluß vom 5. März 1999, Az.: 7 B 230.98<br />
Tatbestand/Problem:<br />
Die Klägerinnen hatten in ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem<br />
Urteil des VG Leipzig vom 16. März 1998 (2 K 270/95) u. a. im Hinblick auf die im Verfahren<br />
vorgelegten russischen Rehabilitierungsbescheinigungen geltend gemacht, der Rechtssache<br />
komme gr<strong>und</strong>sätzliche Bedeutung zu.<br />
Aus den Gründen:<br />
Mit dem vorliegenden Beschluß wies das BVerwG die Beschwerde zurück:<br />
Die rechtliche Bedeutung russischer Rehabilitierungen sei durch das BVerwG, Urteile vom<br />
25. Februar 1999 - 7 C 8.98 <strong>und</strong> 7 C 9.98 - (besprochen in der BARoV-RÜ 05/1999) geklärt.<br />
Danach seien Vermögenswerte, die in der sowjetischen Besatzungszone durch Organe der<br />
Besatzungsmacht selbst enteignet oder sonst entzogen wurden, an die früheren Eigentümer<br />
zurückzugeben, wenn diese durch die zuständigen russischen Behörden nach dem russischen<br />
Gesetz über die Rehabilitierung von Opfern politischer Verfolgung rehabilitiert worden seien.<br />
Dagegen erfüllten derartige Rehabilitierungsbescheinigungen selbst dann nicht den Tatbestand<br />
des § 1 Abs. 7 VermG, wenn sie im Einzelfall auch die von deutschen Stellen verfügte<br />
Enteignung in ihren Rehabilitierungsausspruch einbezögen. Im vorliegenden Fall handelte es<br />
sich um eine derartige Enteignung durch deutsche Stellen, so daß die von den Klägerinnen<br />
vorgelegten Bescheinigungen <strong>und</strong> Schreiben der russischen Generalstaatsanwaltschaft schon<br />
aus diesem Gr<strong>und</strong> keine rechtlichen Wirkungen mit Bezug auf den Tatbestand des § 1 Abs. 7<br />
VermG entfalten könnten, ganz unabhängig von der Frage, welche Bedeutung die Rehabilitierung<br />
des Geschäftsführers <strong>und</strong> Vorstandmitglieds einer Aktiengesellschaft mit Blick auf die<br />
Enteignung des Unternehmens haben könnte.<br />
- 14 -
Anmerkungen:<br />
- 14 -<br />
Dieser Beschluß ist im Zusammenhang mit den Urteilen des BVerwG vom 25. Februar 1999 -<br />
7 C 8.98 <strong>und</strong> 7 C 9.98 - bedeutsam. Das BVerwG bestätigt hier wiederum den in den o. g.<br />
Urteilen aufgestellten Gr<strong>und</strong>satz, daß Enteignungsentscheidungen deutscher Verwaltungsstellen<br />
unter der Oberhoheit der SMAD - also bspw. Maßnahmen der Bodenreform oder von<br />
der DWK durchgeführte Enteignungen aufgr<strong>und</strong> der SMAD-Befehle Nr. 124/64 bzw. landesrechtliche<br />
Enteignungsmaßnahmen - nicht den Tatbestand des § 1 Abs. 7 VermG erfüllen<br />
können. Damit wird erkennbar, daß das BVerwG <strong>für</strong> die Anwendung des § 1 Abs. 7 VermG<br />
nur russische Rehabilitierungsentscheidungen, die die Aufhebung vermögenseinziehender<br />
Maßnahmen durch Strafurteil aussprechen, anerkennen will.<br />
Mitgeteilt von Gabriele Körner<br />
- 15 -
Wirksamkeit der Abtretung eines vermögensrechtlichen<br />
Anspruchs; Berechtigter im<br />
Sinne des § 6 Abs. 6 a Satz 4 VermG;<br />
Rechtsnatur des Erlösauskehranspruchs;<br />
Einwand der Konfusion; Untergang eines<br />
vermögensrechtlichen Anspruchs nach §§ 30<br />
Abs. 1 Satz 2, 31 Abs. 5 Sätze 2 <strong>und</strong> 3<br />
VermG<br />
Leitsatz des Bearbeiters (nicht amtlich):<br />
- 15 -<br />
§ 6 Abs. 6 Satz 1,<br />
§ 6 Abs. 1 a <strong>und</strong> 5 a,<br />
§ 6 Abs. 5 a Satz 1 Buchst. a - c<br />
§ 6 Abs. 6 a Satz 4,<br />
§ 30 Abs. 1 Satz 2,<br />
§ 31 Abs. 5 Sätze 2 <strong>und</strong> 3 VermG;<br />
Art. 14 Abs. 1 des 2. VermRÄndG;<br />
§ 1 Abs. 4 THG;<br />
§ 54 VwVfG;<br />
§§ 133, 325, 362, 437, 440 BGB;<br />
§ 113 Abs. 5 Satz 1,<br />
§ 173 VwGO;<br />
§ 265 Abs. 2 ZPO<br />
Berechtigter im Sinne des § 6 Abs. 6 a Satz 4 VermG ist die „Lazarusgesellschaft“.<br />
Gericht, Datum <strong>und</strong> Az.:<br />
VG Magdeburg, Urteil vom 23. März 1999, Az.: 9 K 112.98<br />
Tatbestand/Problem:<br />
Die ehemalige B. AG verfügte über ein Stammkapital von 200.000,00 RM, nach 1945 umgestellt<br />
auf einen Nennwert von 200.000,00 Mark/DDR. Inhaberaktien im Werte von<br />
195.300,00 RM befanden sich im Eigentum der A. KG. Diese befand sich im Eigentum von<br />
Herrn A. als Komplementär <strong>und</strong> Frau A. als Kommanditistin. Beide verließen im Januar 1953<br />
„entgegen der seinerzeit geltenden Meldevorschriften“ die DDR. Das Vermögen der Eheleute<br />
A. unterlag daraufhin der Verordnung vom 17. Juli 1952 <strong>und</strong> wurde entschädigungslos enteignet.<br />
Die Anteile der Kommanditgesellschaft an der B. AG wurden der Deutschen Investitionsbank<br />
zur Verwaltung übertragen. Im März 1953 wurde die B. AG als Aktiengesellschaft<br />
aufgelöst <strong>und</strong> der Betrieb als VEB B. fortgeführt.<br />
Die ehemaligen Gesellschafter der A. KG, Herr A. <strong>und</strong> Frau A., sind verstorben. Mit notariellem<br />
Vertrag vom 12. Mai 1962 erklärten die Eheleute A.:<br />
„Der Herr A. war als einziger persönlich haftender Gesellschafter an der ... (A. KG) beteiligt.<br />
Die Frau A. war einzige Kommanditistin an dieser Gesellschaft. ... Die Firma ist etwa 1953 in<br />
einen sogenannten volkseigenen Betrieb umgewandelt. Die ... übertragen hiermit ihre sämtlichen<br />
Rechte aus diesen Beteiligungen oder an deren Stelle oder etwa getretenen oder tretenden<br />
Rechte an ... (Frau E., geb. A.) unentgeltlich, die diese Übertragung damit annimmt. Die<br />
vorbezeichnete Firma war Inhaber des gesamten Aktienkapitals der B. AG mit Ausnahme<br />
einer Minorität ... .“<br />
- 16 -
- 16 -<br />
Mit Schreiben vom 4. Oktober 1990 meldete Frau E. im eigenen Namen vermögensrechtliche<br />
Ansprüche auch hinsichtlich der früheren B. AG an.<br />
Der VEB B. wurde am 28. Mai 1990 in die B. GmbH umgewandelt. Zum Vermögen dieses<br />
Unternehmens gehörte unter anderem die ehemalige Betriebsstätte der B. AG.<br />
Mit notariellem Vertrag vom 8. August 1991 veräußerte die Treuhandanstalt (THA) an die<br />
Herren C. <strong>und</strong> D. als Gesellschafter der GbR C./D. die von ihr gehaltenen Geschäftsanteile<br />
der B. GmbH in Höhe von nominal 50.000,00 DM. In dem Vertrag wurde darauf hingewiesen,<br />
daß die B. GmbH auch Eigentümer des Werkteils II sei, bezüglich dessen Reprivatisierungsansprüche<br />
bestünden, <strong>und</strong> daß dieser Werkteil von den Käufern zu einer maximal festgelegten<br />
Summe vom Rückübertragungsberechtigten durch gesonderten Vertrag erworben<br />
werde.<br />
Mit notariellem Vertrag vom 28. Oktober 1991 verkaufte Frau E. die angemeldeten vermögensrechtlichen<br />
Ansprüche an der ehemaligen B. AG an die Herren C. <strong>und</strong> D. in GbR C./D.<br />
<strong>und</strong> trat in Erfüllung des Kaufvertrages diese Ansprüche an die Erwerber ab, die die Abtretung<br />
annahmen. Die Abtretung wurde mit Schreiben vom 5. Oktober 1992 bei dem Beklagten<br />
angezeigt.<br />
Mit notarieller Urk<strong>und</strong>e vom 25. Mai 1992 veräußerten die Herren C. <strong>und</strong> D. als Gesellschafter<br />
der GbR C./D. die von ihnen gehaltenen Geschäftsanteile an der B. GmbH sowie den von<br />
ihnen mit notariellem Vertrag vom 28. Oktober 1991 erworbenen Anspruch auf Rückübertragung<br />
des Unternehmens der B. AG an die D. AG, die die Geschäftsanteile ihrerseits zwischenzeitlich<br />
weiterveräußerte.<br />
Letztere, vertreten durch Herrn D., veräußerte den Anspruch auf Rückübertragung des Unternehmens<br />
mit notariellem Vertrag vom 22. Juni 1992 an den Kläger zu 1 <strong>und</strong> trat diesen in<br />
Erfüllung des Kaufvertrages an den Kläger zu 1 ab.<br />
Mit dem am 22. Februar 1994 bei dem Beklagten eingegangenen Schreiben zeigte der Kläger<br />
zu 1. die Abtretung des vermögensrechtlichen Anspruchs an.<br />
Der Kläger zu 1 trat mit notariellem Vertrag vom 21. April 1998 unter Hinweis auf ein<br />
„Schreiben“ des Beklagten vom 18. März 1997 seinen künftigen Anspruch auf anteilige Auskehrung<br />
einer von der B. AG i. L. zu erhaltenden Entschädigung sowie seinen künftigen<br />
Zahlungsanspruch aus § 6 Abs. 6 a Satz 4 VermG gegen die B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland<br />
bzw. die B<strong>und</strong>esanstalt <strong>für</strong> vereinigungsbedingte Sonderaufgaben an den Kläger zu 2 ab. Mit<br />
am 7. Mai 1998 bei dem Beklagten eingegangenen Schriftsatz zeigte der Kläger zu 2 die vorgenannten<br />
Abtretungen an.<br />
Der Kläger zu 1 hatte zunächst nur Untätigkeitsklage erhoben, mit der er ursprünglich seine<br />
Wiedereinsetzung in Mitgliedschaftsrechte <strong>und</strong> die Zahlung eines Veräußerungserlöses begehrte.<br />
Mit Bescheid vom 3. August 1998 stellte das Landesamt zur Regelung <strong>offene</strong>r <strong>Vermögensfragen</strong><br />
fest, daß die B. AG i. L. im Zeitpunkt der Abtretung der vermögensrechtlichen Ansprüche<br />
durch Frau E. hinsichtlich des vormaligen Unternehmens der B. AG Berechtigte i. S.<br />
d. Vermögensgesetzes war (Ziffer 1) <strong>und</strong> die vermögensrechtlichen Ansprüche der B. AG i.<br />
L. mit der Abtretung durch notariellen Kaufvertrag vom 28. Oktober 1991 untergegangen sind<br />
(Ziffer 2). Die Ansprüche der (nun) Kläger zu 1 <strong>und</strong> 2 auf Erlösauskehr oder Entschädigung<br />
wurden abgelehnt (Ziffer 3).<br />
- 17 -
- 17 -<br />
Daraufhin setzte der Kläger zu 1 seine Untätigkeitsklage als Verpflichtungsklage fort; der<br />
Kläger zu 2 trat dieser bei.<br />
Aus den Gründen:<br />
Das VG Magdeburg hielt den Bescheid <strong>für</strong> rechtmäßig, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Den Klägern<br />
stünde nicht das Recht zur Seite, den <strong>für</strong> die Berechtigte geltend gemachten vermögensrechtlichen<br />
Anspruch an dem ehemaligen Unternehmen geltend zu machen. Auch den Klägern<br />
selbst stünde ein solcher Anspruch nicht zu. Der Beklagte habe diese Ansprüche im Ergebnis<br />
zu Recht zurückgewiesen.<br />
Der Erfolg der Klage scheitere nicht an der gemeinschaftlichen Geltendmachung der vermögensrechtlichen<br />
Ansprüche durch die Kläger, insbesondere sei auch die Klage des Klägers zu<br />
2. zulässig. Dem stünden §§ 173 VwGO i. V. m. 265 Abs. 2 ZPO nicht entgegen, wonach die<br />
Abtretung während der Anhängigkeit des gerichtlichen Verfahrens keinen Einfluß auf den<br />
Prozeß habe.<br />
Denn der Kläger zu 1 habe der Klageerhebung durch den Kläger zu 2 zugestimmt. Darüber<br />
hinaus mangele es dem Kläger zu 2 auch nicht an der notwendigen Aktivlegitimation <strong>für</strong> das<br />
von ihm geltend gemachte Begehren. Diese folge aus der Wirksamkeit der teilweisen Abtretung<br />
des vermögensrechtlichen Anspruchs in bezug auf die begehrte Erlösauskehr <strong>und</strong> seinen<br />
Anspruchs in bezug auf die begehrte Abtretung des vermögensrechtlichen Anspruchs gegen<br />
die Liquidationsgesellschaft mit Vertrag vom 21. April 1998.<br />
Die wertmäßige Abtretung des vermögensrechtlichen Anspruches durch den Kläger zu 1 (Zedent)<br />
an den Kläger zu 2 (Zessionar) beruhe auf §§ 3 Abs. 1 Satz 2 VermG, 398 ff. BGB. Die<br />
Abtretung sei ein vom Verpflichtungsgeschäft abstraktes Verfügungsgeschäft zwischen dem<br />
Zedenten <strong>und</strong> dem Zessionar. Dessen Wirksamkeit vorausgesetzt, scheide der Zedent aus dem<br />
Schuldverhältnis, das nunmehr zwischen dem Zessionar als neuen Gläubiger <strong>und</strong> dem bisherigen<br />
Schuldner, hier dem Beklagten, bestünde, aus.<br />
Dadurch könne der ursprüngliche Inhaber eines vermögensrechtlichen Anspruches der langen<br />
Verfahrensdauer bei den Ämtern <strong>und</strong> Landesämtern zur Regelung <strong>offene</strong>r <strong>Vermögensfragen</strong><br />
wie auch bei den Gerichten entgegenwirken <strong>und</strong> auf diese Weise den Zeitpunkt des Wertzuflusses<br />
in sein Vermögen vorverlegen (Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus,<br />
VermG, § 3, Rdnr. 29). Zwar dürfte die wertmäßig beschränkte Abtretung eines auf die Restitution<br />
eines Unternehmens gerichteten vermögensrechtlichen Anspruchs mangels Teilbarkeit<br />
unzulässig sein. Hier habe der Kläger zu 1 an den Kläger zu 2 jedoch keinen Teil eines Unternehmensrestitutionsanspruchs<br />
abgetreten.<br />
Vielmehr beträfe die Abtretung den Anspruch auf Erlösauskehr gegen die Beigeladene in einer<br />
wertmäßig beschränkten Höhe, was zur Folge habe, daß der Kläger zu 1 lediglich in dem<br />
Umfang der Abtretung aus dem bestehenden Verwaltungsrechtsverhältnis ausgeschieden sei.<br />
Die wertmäßig beschränkte Abtretung des Erlösauskehranspruchs sei wirksam. Voraussetzung<br />
<strong>für</strong> die Wirksamkeit einer Teilabtretung sei die Teilbarkeit der der Abtretung zugr<strong>und</strong>eliegenden<br />
Forderung.<br />
Denn bei dem von den Klägern geltend gemachten Anspruch handele es sich um eine (stets<br />
teilbare) Geldforderung gegenüber der Beigeladenen, deren Bestehen durch den Beklagten<br />
festgestellt werden solle, auch wenn diese lediglich das Surrogat <strong>für</strong> den an sich nicht teilbaren<br />
Anspruch auf Rückübertragung eines Unternehmens sei.<br />
- 18 -
- 18 -<br />
Der Wirksamkeit einer solchen Abtretung stünde auch nicht entgegen, wenn sie zum Abtretungszeitpunkt<br />
noch gar nicht bestanden hätte, da auch die Abtretung erst zukünftig entstehender<br />
Forderungen rechtlich möglich sei, sofern ihr Entstehen nicht ausgeschlossen sei.<br />
Von der Wirksamkeit einer Abtretung sei auch dann auszugehen, wenn sich nachträglich herausstellte,<br />
daß der abgetretene vermögensrechtliche Anspruch gar nicht besteht. Dies ziehe<br />
lediglich zivilrechtliche Rechtsfolgen in der Weise nach sich, daß der Zedent über das Kausalgeschäft<br />
<strong>für</strong> deren Bestand (§§ 440, 437, 325 BGB) hafte. Den Klägern hätte somit die<br />
Befugnis zugestanden - gemeinsam - feststellen zu lassen, ob vermögensrechtliche Ansprüche<br />
dem Gr<strong>und</strong>e nach bestehen.<br />
Darüber hinaus sei die Abtretung des vermögensrechtlichen Anspruchs durch die Herren C.<br />
<strong>und</strong> D. an D. AG vom 25. Mai 1992 zwar nicht gemäß Art. 14 Abs. 1 des 2. VermRÄndG<br />
innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Vermögensgesetzes in der Fassung des 2.<br />
VermRÄndG, mithin bis zum 22. Oktober 1992, beim Beklagten angezeigt worden. Dies<br />
stünde jedoch ihrer Wirksamkeit nicht entgegen, da sie keine Elemente enthielte, die eine Anzeigepflicht<br />
hätte auslösen können (Fieberg u. a., a. a. O., Rdnr. 57 ff.).<br />
Die Klage habe jedoch aus anderen Gründen keinen Erfolg. Zwar habe auch das Gericht wegen<br />
der bestandskräftigen Feststellung der Berechtigung der B. AG i. L. in Ziffer 1 des Bescheides<br />
auszugehen. Allein aus der Feststellung der Berechtigung könnten die Kläger jedoch<br />
ihr Recht auf Durchsetzung vermögensrechtlicher Ansprüche zugunsten der Berechtigten<br />
nicht herleiten.<br />
Dieses Recht stünde allein einem Anmeldeberechtigten nach § 6 Abs. 6 Satz 1 VermG zu.<br />
Danach könne der Antrag auf Rückgabe eines Unternehmens nur von jedem Gesellschafter<br />
bzw. dessen Rechtsnachfolger gestellt werden; andere Alternativen seien hier nicht gegeben.<br />
Verfolge der Anmelder seine vermögensrechtlichen Ansprüche nach Ablehnung seines Antrages<br />
im gerichtlichen Verfahren weiter, obliege es dem Gericht, zu beurteilen, ob in der Person<br />
eines Klägers die Voraussetzungen des § 6 Abs. 6 Satz 1 VermG vorliegen, da nur diesem<br />
Personenkreis aufgr<strong>und</strong> der ihm durch das Vermögensgesetz verliehenen Antragsbefugnis das<br />
Recht zukomme, den gestellten vermögensrechtlichen Antrag im Falle seiner Ablehnung im<br />
eigenen Namen mit der Klage weiterzuverfolgen (BVerwG, Urteil vom 17. April 1997 - 7 C<br />
15.96 - VIZ 1997, 477 f. = ZOV 1997, 348 f. = OV-spezial 1997, 282 f. = RGV D V 92).<br />
Einer eigenen Beurteilung der Anmeldeberechtigung durch das Gericht stünde auch insoweit<br />
nicht Ziffer 1 des Bescheides entgegen, da sich die darin enthaltene Bindungswirkung in der<br />
Feststellung der Berechtigung erschöpfe.<br />
Es könne dahinstehen, ob den Klägern das zur Durchsetzung ihres Hauptantrages erforderliche,<br />
sich aus § 6 Abs. 6 Satz 1 VermG ergebende Recht, <strong>für</strong> die Berechtigte das Bestehen des<br />
vorgenannten Anspruchs feststellen zu lassen, bereits deshalb versagt werden müsse, weil sie<br />
selbst nicht Aktionäre der B. AG gewesen seien <strong>und</strong> sie ihre Rechtsnachfolge auch nicht auf<br />
eine Übertragung dieses Rechts durch die ehemaligen Aktionärin begründen könnten.<br />
Der Rechtsnachfolge stünde insoweit zwar nicht entgegen, daß sie <strong>für</strong> denjenigen nicht in<br />
Betracht komme, der sich auf den rechtsgeschäftlichen Erwerb von Aktienpapieren nach der<br />
Löschung der AG berufe (VG Magdeburg, Urteil vom 17. September 1998 - A 9 K 85/97 -).<br />
Rechtsnachfolger i. S. v. § 6 Abs. 1 a, Abs. 6 Satz 1 VermG sei jedoch derjenige, der den<br />
vermögensrechtlichen Anspruch durch Abtretung erworben habe (Fieberg u. a., a. a. O., § 6<br />
Rdnr. 562). Der Rechtsstellung der Kläger als Rechtsnachfolger stünde entgegenstehen, daß<br />
letztendlich die Kläger dieses Recht nicht von der ehemaligen Aktionärin, der A. KG, erworben<br />
hätten. Frau E. habe die Erklärungen im Vertrag vom 28. Oktober 1991 nicht im Namen<br />
- 19 -
- 19 -<br />
der ehem. Gesellschaft als Aktionärin, sondern in ihrem eigenen Namen abgegeben. Die Klage<br />
sei deswegen bereits mit ihrem Hauptantrag abzuweisen.<br />
Aber auch bei Unterstellung der Annahme, daß Frau E. durch die Übertragung der Rechte im<br />
Jahre 1962 die ehem. KG nunmehr als Einzelkaufmann fortführte (§ 142 HGB) <strong>und</strong> es zur<br />
Übertragung aller ihr zustehenden Rechte im vermögensrechtlichen Verfahren ausreichend<br />
gewesen wäre, Erklärungen im eigenen Namen abzugeben, verhelfe dies der Klage nicht zum<br />
Erfolg.<br />
Denn der der Berechtigten zustehende vermögensrechtliche Anspruch aus der entschädigungslosen<br />
Enteignung ihres Unternehmens könne jedenfalls zum streitentscheidenden Zeitpunkt<br />
der mündlichen Verhandlung durch die Kläger nicht mehr durchgesetzt werden.<br />
Gemäß § 6 Abs. 5 VermG erfolge die Rückgabe eines enteigneten Unternehmens an den Restitutionsberechtigten<br />
durch Übertragung der Rechte, die dem Eigentümer nach der jeweiligen<br />
Rechtsform zustünden.<br />
Zur Erfüllung dieses Anspruches auf Rückgabe könne die Behörde unter anderem die Maßnahmen<br />
nach § 6 Abs. 5 a Satz 1 Buchst. a - c VermG anordnen. Die Restitution von Unternehmen<br />
erfolge dadurch, daß der Verfügungsberechtigte an die Berechtigte (Ausnahme § 5<br />
Abs. 1 Buchst. c VermG) entweder Vermögenswerte (Sachwerte) oder aber (Gesellschafts-)<br />
Anteile übertrage, wodurch der vermögensrechtliche Anspruch erfüllt werde.<br />
Nach diesen rechtlichen Gegebenheiten hätte, bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen<br />
des § 6 Abs. 1 Satz 1 VermG, die B. AG i. L. u. a. einen Anspruch auf Übertragung von Geschäftsanteilen<br />
an der B. GmbH gehabt.<br />
Bis zum Zeitpunkt der Veräußerung habe die THA die Inhaberschaft über die Geschäftsanteile<br />
gehabt, § 1 Abs. 4 THG.<br />
Mit der Veräußerung der (gesamten) Geschäftsanteile der B. GmbH durch notariellen Vertrag<br />
vom 8. August 1991 im Wege eines share deal (Anteilsverkaufes) an die Herren C. <strong>und</strong> D. sei<br />
der vermögensrechtliche Anspruch der AG i. L. auf Rückübertragung des Unternehmens jedoch<br />
untergegangen (BVerwG, Urteil vom 28. August 1995 - 7 B 214.95 - VIZ 1995, 714 =<br />
ZOV 1995, 474 = RGV D V 62).<br />
An seine Stelle sei mit Einfügung des § 6 Abs. 6 a Satz 4 in das Vermögensgesetz (Privatisierungs-<br />
<strong>und</strong> Hemmnisbeseitigungsgesetz vom 22. März 1991) der Anspruch der B. AG i. L.<br />
auf Erlösauskehr gegenüber der THA getreten.<br />
Vor diesem rechtlichen Hintergr<strong>und</strong> könne von einer Abtretung eines Erlösauskehranspruchs<br />
der Frau E. an die Herrn C. <strong>und</strong> D. (GbR) nicht ausgegangen werden, da keine Identität zwischen<br />
der ggf. Anmeldeberechtigten Frau E. <strong>und</strong> der Restitutionsberechtigten AG i. L. bestünde.<br />
Der Gegenstand dieser Abtretung habe sich auf die der Zedentin aus ihrer Stellung als<br />
ggf. Anmeldeberechtigte zustehenden Rechte beschränkt.<br />
Die fehlende Durchsetzbarkeit des der Berechtigten zustehenden vermögensrechtliche Anspruchs<br />
aus der entschädigungslosen Enteignung ihres Unternehmens beruhe allerdings nicht<br />
- so wie von der Beigeladenen noch im Verwaltungsverfahren angesprochen - auf einem Untergang<br />
im Wege der Konfusion entsprechend §§ 362 ff. BGB (Vereinigung von Gläubiger<br />
<strong>und</strong> Schuldner in einer Person).<br />
Denn ein Schuldverhältnis erlösche durch Konfusion nur dann, wenn Forderung <strong>und</strong> Schuld<br />
sich in einer Person vereinigten (Heinrichs, in: Palandt, a. a. O., Überblick vor §§ 362 ff.).<br />
Dies sei hier zum Zeitpunkt der Abtretung jedoch nicht der Fall gewesen.<br />
Mit der Veräußerung der Geschäftsanteile habe sich der ursprünglich auf Naturalrestitution<br />
gerichtete Anspruch der Berechtigten gegenüber dem Verfügungsberechtigten nach § 6 Abs.<br />
5, Abs. 5 a VermG in eine Forderung auf Auskehr des Erlöses (§ 6 Abs. 6 a Satz 4 VermG)<br />
gewandelt.<br />
- 20 -
- 20 -<br />
Diesen Anspruch hätten jedoch nicht die zum Zeitpunkt der Veräußerung Verfügungsberechtigten<br />
C./D., sondern die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen, die THA, gegenüber der Berechtigten<br />
- der AG i. L. - zu erfüllen.<br />
Das zum Zeitpunkt der Abtretung aufgr<strong>und</strong> des Vertrages mit Frau E. bei C./D. allenfalls belegene<br />
Recht eines Anmeldeberechtigten zur Durchsetzung des der Berechtigten zustehenden<br />
vermögensrechtlichen Anspruchs sei im Zuge des von ihnen mit der Treuhandanstalt geschlossenen<br />
Privatisierungsvertrages über die B. GmbH erloschen <strong>und</strong> könne deshalb nunmehr<br />
nicht mehr durch die Kläger ausgeübt werden.<br />
Dem Wortlaut des Privatisierungsvertrages vom 8. August 1991 zwischen der THA <strong>und</strong> den<br />
Herren C. <strong>und</strong> D. lasse sich zwar dieser Wille der Vertragsschließenden nicht entnehmen.<br />
Nicht darauf, sondern auf den wahren Willen der Beteiligten komme es nach §§ 54 ff.<br />
VwVfG, 133 BGB auch bei der Auslegung einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung in einem<br />
gemischt zivilrechtlich/öffentlich-rechtlichen Vertrag an.<br />
Dieser sei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vom Gericht zu erforschen.<br />
Bei der Vereinbarung der Höhe des Kaufpreises <strong>für</strong> die Geschäftsanteile sei das Bestehen des<br />
restitutionsbelasteten Betriebsteiles II berücksichtigt worden.<br />
Denn es sei zwischen dem nominalen Wert der Geschäftsanteile in Höhe von 50.000,00 DM,<br />
die das gesamte Unternehmen, mithin auch den Betriebsteil II, erfasse <strong>und</strong> dem da<strong>für</strong> vereinbarten<br />
Kaufpreis zu unterscheiden.<br />
Die Festsetzung einer Maximalsumme <strong>für</strong> den Erwerb von Rückübertragungsansprüchen habe<br />
diesbezüglich die bestehende Übereinstimmung der Beteiligten ausgedrückt, daß mit dem<br />
Erwerb des „vermögensrechtlichen Anspruchs“ dem tatsächlichen Wert der Geschäftsanteile<br />
Rechnung getragen werde.<br />
Die Auslegung des Vertragsinhaltes dergestalt, daß mit der Zahlung des Kaufpreises <strong>für</strong> die<br />
Geschäftsanteile <strong>und</strong> dem Erwerb des „vermögensrechtlichen Anspruchs“ der Herren C. <strong>und</strong><br />
D. von Frau E. über die in dem Vertrag selbst vereinbarten Gewährleistungsansprüche <strong>und</strong><br />
dem Neubewertungsvorbehalt keinerlei Ansprüche mehr bestehen sollten, entspreche zwingend<br />
auch den ausschließlich von wirtschaftlichen <strong>und</strong> kaufmännischen Aspekten geprägten<br />
Unternehmensprivatisierungen der Beigeladenen. Dies würde verkannt, wenn auch nach erfolgter<br />
Privatisierung den C./D. noch ein durchsetzbarer Erlösauskehranspruch zur Seite stehen<br />
würde.<br />
Für die Vertragsauslegung spreche auch der enge zeitliche Zusammenhang zwischen dem<br />
Abschluß des Privatisierungsantrages, der Abtretung des „vermögensrechtlichen Anspruchs“<br />
<strong>und</strong> der Erfüllung des Privatisierungsvertrages (Januar 1992).<br />
Eine Verbindung zwischen den einzelnen Verträgen <strong>und</strong> ihrer inhaltlichen Gestaltung mit<br />
dem Ziel der Freistellung des Unternehmens <strong>und</strong> der BvS von Ansprüchen nach dem Vermögensgesetz<br />
sei unverkennbar.<br />
Die am Privatisierungsvertrag Beteiligten seien von einer zukünftig nicht mehr bestehenden<br />
Realisierbarkeit des der Liquidationsgesellschaft zustehenden vermögensrechtlichen Anspruchs<br />
bei Vertragsabschluß ausgegangen. Hier<strong>für</strong> spreche auch, daß diese Forderung zu<br />
keiner Zeit weder direkt gegenüber der THA/BvS noch über den Beklagten geltend gemacht<br />
worden sei.<br />
Dem Umstand, daß der vermögensrechtliche Anspruch durch C./D. mit den Geschäftsanteilen<br />
abgetreten worden sei <strong>und</strong> der Kläger zu 1 als Mitarbeiter der Rechtsabteilung der THA seinerzeit<br />
den Privatisierungsvertrag erarbeitet habe, sei keine die gef<strong>und</strong>ene Auslegung des<br />
- 21 -
- 21 -<br />
Vertrages anderweitig beeinflussende Bedeutung zuzumessen, obwohl der Kläger zu 1 aus<br />
eigener Anschauung den Willen der Vertragsschließenden haben kennen können.<br />
Denn sowohl zeitlich nach dem Abschluss eines Vertrages als auch in der Person Anderer<br />
eintretende Umstände könnten den bei Vertragsabschluss bestehenden Willen anderer Beteiligter<br />
nur in eng begrenzten Ausnahmefällen widerspiegeln.<br />
Der Kläger zu 1 habe zudem im Verfahren eine anderweitige Vertragsauslegung aus den ggf.<br />
auch ihm als ehemaligen Mitarbeiter der THA bekannten Umständen der Privatisierung zu<br />
keiner Zeit geltend gemacht.<br />
Aus diesem Gr<strong>und</strong>e könne dahinstehen, ob die Vertragsgestaltung zwischen der THA als der<br />
Erlösauskehrverpflichteten <strong>und</strong> den Anmeldeberechtigten C./D. wegen §§ 30 Abs. 1 Satz 2,<br />
31 Abs. 5 Sätze 2 <strong>und</strong> 3 VermG auch den Untergang des vermögensrechtlichen Anspruchs<br />
selbst bewirkt habe.<br />
Nach diesen Vorschriften könne der vermögensrechtliche Anspruch auch durch eine einvernehmliche<br />
Regelung zwischen dem Verfügungsberechtigten <strong>und</strong> dem Berechtigten befriedigt<br />
werden. Mit der Verwendung des Begriffs des „Berechtigten“ in den vorgenannten Vorschriften<br />
sei nicht zwingend der Restitutionsberechtigte gemeint.<br />
Dies ergebe sich bereits aus dem Umstand, daß das Vermögensgesetz den Begriff des Berechtigten<br />
uneinheitlich verwende. Darüber hinaus greife die Regelung gerade auf den Fall<br />
zurück, in dem eine Berechtigung durch die da<strong>für</strong> zuständige Behörde (noch) nicht festgestellt<br />
wurde, zumal in dieser Zeit der bei der Unternehmensrestitution Berechtigte faktisch „durch<br />
die Anmeldeberechtigten“ handele.<br />
Anmerkungen:<br />
Das B<strong>und</strong>esverwaltungsgericht hat in dem vom VG Magdeburg zitierten Urteil vom 17. April<br />
1997 - 7 C 15.96 - (VIZ 1997, 477 f. = ZOV 1997, 348 f. = OV-spezial 1997, 282 f. = RGV D<br />
V 92) festgestellt, daß es <strong>für</strong> die Geltendmachung vermögensrechtlicher Ansprüche, die auf<br />
ein Unternehmen gerichtet sind, maßgeblich auf die Unterscheidung zwischen der Anmeldeberechtigung<br />
einerseits <strong>und</strong> der Berechtigung anderseits ankommt.<br />
Danach bestimmt sich die Berechtigung bei der Restitution von Unternehmen nicht nach der<br />
allgemeinen Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG, sondern nach der besonderen Vorschrift<br />
des § 6 Abs. 1 a VermG.<br />
Berechtigter bei der Rückgabe eines Unternehmens ist derjenige, dessen Vermögenswerte von<br />
Maßnahmen nach § 1 VermG betroffen sind, also der Rechtsträger des entzogenen Unternehmens<br />
(§ 6 Abs. 1 a Satz 1 VermG). Dieser Rechtsträger besteht als in Auflösung befindlich<br />
fort, wenn die im Zeitpunkt der Schädigung vorhandenen Gesellschafter oder Mitglieder oder<br />
Rechtsnachfolger dieser Personen, die mehr als 50 % der Anteile oder Mitgliedschaftsrechte<br />
auf sich vereinen <strong>und</strong> namentlich bekannt sind, einen Anspruch auf Rückgabe des Unternehmens<br />
oder von Anteilen oder Mitgliedschaftsrechten des Rückgabeberechtigten angemeldet<br />
haben (§ 6 Abs. 1 a Satz 2 VermG). Das B<strong>und</strong>esverwaltungsgericht stellt klar: Rückgabeberechtigter<br />
ist in derartigen Fällen allein der wiederbelebte Rechtsträger des entzogenen Unternehmens.<br />
Für die Rechtsstellung der anmeldeberechtigten Gesellschafter, Mitglieder oder Rechtsnachfolger<br />
dieser Personen ergibt sich aus den genannten Regelungen die Befugnis, zugunsten des<br />
geschädigten Unternehmensträger die Rückgabe des Unternehmens zu beantragen. Ihnen wird<br />
hierdurch aber keine materiell-rechtliche, sondern nur eine verfahrensrechtliche Position vermittelt.<br />
Das Vermögensgesetz verleiht ihnen vielmehr die Rechtsstellung von Verfahrens- <strong>und</strong><br />
Prozeßführungsbefugten, um zu gewährleisten, daß der Anspruch auch bei mangelnder<br />
Handlungsfähigkeit der Liquidationsgesellschaft weiterverfolgt werden kann. Sie können mit-<br />
- 22 -
- 22 -<br />
hin trotz fehlender Sachbefugnis die Rechte des geschädigten Unternehmensträgers im Verwaltungs-<br />
<strong>und</strong> Gerichtsverfahren in eigenem Namen geltend machen, d. h. Rückübertragung<br />
auf die durch ihre Anmeldung entstandene Liquidationsgesellschaft verlangen. Diese über die<br />
bloße Vertretung hinausgehende Rechtsstellung folgt aus der besonderen rechtlichen <strong>und</strong><br />
wirtschaftlichen Beziehung, die die Gesellschafter oder Mitglieder bzw. deren Rechtsnachfolger<br />
zu dem geschädigten Unternehmensträger besitzen. Dementsprechend schließt die von § 6<br />
Abs. 6 Satz 1 VermG diesen Personen verliehene Antragsbefugnis das Recht ein, den gestellten<br />
Antrag im Falle seiner Ablehnung im eigenen Namen mit der Klage weiterzuverfolgen.<br />
Aus diesen Gründen hat das VG Magdeburg zutreffend die Aktivlegitimation der Kläger als<br />
Rechtsnachfolger der Frau E. festgestellt.<br />
Ob sich der Ausschluß der materiellen Berechtigung der Kläger hinsichtlich des Erlösauskehranspruchs<br />
mit der Begründung des VG Magdeburg rechtfertigen läßt, beantwortet sich<br />
anhand des Begriffs des „Berechtigten“ i. S. d. § 6 Abs. 6 a Satz 4 VermG.<br />
Das VG Magdeburg vertritt hierzu die Ansicht, daß sich zwar der ursprünglich auf Naturalrestitution<br />
gerichtete Anspruch in eine Forderung auf Auskehr des Erlöses wandele, die materielle<br />
Berechtigung sich hierdurch jedoch nicht verändere.<br />
Die Frage der Berechtigung bei der Erlösherausgabe <strong>und</strong> Entschädigung <strong>für</strong> Unternehmensverluste<br />
(so der entsprechende Titel eines Aufsatzes von Rufert/Neupert, in: VIZ 1995, 266<br />
ff.) ist umstritten.<br />
So wird im Hinblick auf den in § 6 Abs. 6 a Satz 4 VermG verwendeten Plural („die Berechtigten“)<br />
behauptet, daß nicht der Restitutionsberechtigte im Sinne des § 6 Abs. 1 a VermG, d.<br />
h. die „Lazarusgesellschaft“, sondern die Gesellschafter des geschädigten Unternehmens oder<br />
deren Rechtsnachfolger insoweit anspruchsberechtigt sind (vgl. die Nachweise bei Hofert/Neupert,<br />
a. a. O.).<br />
Zu dieser Auseinandersetzung hat das VG Magdeburg keine Stellung genommen.<br />
Dabei liegt auf der Hand, daß mit dem Verfügungsberechtigten im Sinne der Vorschrift des<br />
§ 6 Abs. 6 a Satz 4 VermG nicht der Erwerber gemeint ist. Der Einwand der Konfusion entsprechend<br />
§§ 362 ff. BGB ist aber in Betracht zu ziehen, wenn als Restitutionsberechtigte im<br />
Sinne des § 6 Abs. 6 a Satz 4 VermG die Gesellschafter des geschädigten Unternehmens anzusehen<br />
wären. Die C./D. wären einerseits zur Zahlung des Kaufpreises aus der Veräußerung<br />
der Geschäftsanteile der B. GmbH verpflichtet, könnten aber andererseits als Rechtsnachfolger<br />
der Gesellschafter den Erlös herausverlangen.<br />
Im Ergebnis würde aber auch in diesem Fall ein Erlösauskehranspruch ausscheiden.<br />
Mitgeteilt von Mark Weber<br />
- 23 -
Redlicher Erwerb; wirksamer Erwerb; Genehmigung<br />
nach der Gr<strong>und</strong>stücksverkehrsordnung;<br />
Hinweise <strong>und</strong> Erläuterungen zum<br />
Nutzungsrechtsgesetz; Richtlinie zur Durchführung<br />
des Gesetzes über den Verkauf<br />
volkseigener Eigenheime; Verleihung des<br />
Nutzungsrechts, Fiktion der Gr<strong>und</strong>stücksverkehrsgenehmigung;<br />
Wiederaufgreifen des<br />
Genehmigungsverfahrens; Folgen des Wiederaufgreifens<br />
<strong>für</strong> die Eigentümererstellung;<br />
Anbahnung nach § 4 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a<br />
VermG; Zweifamilienhaus; Komplettierungskauf<br />
Leitsatz des Gerichts:<br />
- 23 -<br />
§ 1 Abs. 1 Buchst. b <strong>und</strong> Abs. 2,<br />
§ 4 Abs. 2 Satz 1 <strong>und</strong> 2 Buchst. a<br />
VermG;<br />
§ 7 Abs. 3 AnmVO;<br />
§ 2 Abs. 1 Buchst. a GVVO;<br />
§ 7 Abs. 3 Satz 1 GVO<br />
Ein als Gebäudeeigentümer im Gr<strong>und</strong>buch eingetragener Erwerber hatte eine in der Rechtswirklichkeit<br />
der DDR unangreifbare <strong>und</strong> daher <strong>für</strong> den redlichen Erwerb ausreichende Position,<br />
wenn ihm <strong>für</strong> den im Februar 1990 beurk<strong>und</strong>eten Hauskauf zwar keine Genehmigung<br />
nach der Gr<strong>und</strong>stücksverkehrsverordnung erteilt, jedoch ein Nutzungsrecht an dem volkseigenen<br />
Gr<strong>und</strong>stück verliehen worden war.<br />
Gericht, Datum <strong>und</strong> Az.:<br />
BVerwG, Urteil vom 25. März 1999, Az.: 7 C 11.98<br />
Tatbestand/Problem:<br />
Der Kläger wendet sich in dem vorliegenden Verfahren gegen den redlichen Erwerb der Beigeladenen,<br />
da der Erwerb des Gebäudes ohne eine Gr<strong>und</strong>stücksverkehrsgenehmigung erfolgt<br />
sei.<br />
Die Beigeladenen - Mieter des Hauses - hatten im Mai 1989 den Erwerb des Gebäudes beantragt.<br />
Die Mitmieter des als Zweifamilienhaus genutzten Anwesens hatten keine Einwände<br />
gegen den Verkauf erhoben.<br />
Der notarielle Kaufvertrag wurde am 18. Februar abgeschlossen. Der Magistrat von Berlin<br />
verlieh gleichzeitig das beantragte Nutzungsrecht mit Wirkung vom 1. März 1990. Die<br />
Gr<strong>und</strong>bucheintragung der Beigeladenen erfolgte am 7. Mai 1990. Im Juni 1990 erwarben diese<br />
noch das Gr<strong>und</strong>stück hinzu. Im August 1990 wurden sie als Eigentümer des Gr<strong>und</strong>stücks<br />
in das Gr<strong>und</strong>buch eingetragen.<br />
Im August 1990 beantragte der Kläger die Rückübertragung des Gr<strong>und</strong>stücks <strong>und</strong> das Wiederaufgreifen<br />
des Genehmigungsverfahrens nach der Gr<strong>und</strong>stücksverkehrsordnung - GVVO -<br />
aufgr<strong>und</strong> § 7 der Verordnung über die Anmeldung vermögensrechtlicher Ansprüche - Anm-<br />
VO -. Auf Ersuchen des Amtes wurde ein Widerspruch gegen die Richtigkeit der Eintragung<br />
der Beigeladenen als Eigentümer des Gr<strong>und</strong>stücks eingetragen.<br />
- 24 -
- 24 -<br />
Das ARoV lehnte den Antrag des Klägers auf Rückübertragung ab, da eine Rückgabe nach §<br />
4 Abs. 2 VermG wegen des redlichen Erwerbes der Beigeladenen ausgeschlossen sei.<br />
Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhob der Kläger Klage auf Rückübertragung des<br />
Gr<strong>und</strong>stücks, hilfsweise auf Übertragung des Rückübereignungsanspruches des Beklagten<br />
gegen die Beigeladenen.<br />
Der Kläger meinte, daß die Beigeladenen kein Eigentum erlangt hätten, weil sein Antrag auf<br />
Wiederaufgreifen des Genehmigungsverfahrens aufschiebende Wirkung gehabt habe <strong>und</strong> ein<br />
Widerspruch im Gr<strong>und</strong>buch verzeichnet sei. Das Gr<strong>und</strong>stück müsse ihm nach § 7 Abs. 3 der<br />
Gr<strong>und</strong>stücksverkehrsordnung zurückgegeben oder der Anspruch des Beklagten gegen die<br />
Beigeladenen auf Rückübereignung des Gr<strong>und</strong>stückes übertragen werden.<br />
Hilfsweise berufe er sich darauf, daß er das Eigentum nach dem Aufbaugesetz nicht verloren<br />
habe, da dessen Voraussetzungen offenk<strong>und</strong>ig nicht vorgelegen hätten.<br />
Schließlich sei die Vorschrift des § 4 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a VermG verfassungswidrig, da<br />
sie enteignende Wirkung habe.<br />
Darüber hinaus seien die Beigeladenen auch unredlich gewesen. Es habe sich um ein Zweifamilienhaus<br />
gehandelt, das nicht unter die Bestimmungen zum Verkauf von Eigenheimen<br />
falle. Die Beigeladenen hätten es auch nicht zum Eigenbedarf, sondern allein aus einem Vermieterinteresse<br />
heraus erworben, was die gewerbliche Nutzung seit Mitte 1990 belege. Die<br />
Beigeladenen seien zudem im Ministerium des Innern beschäftigt gewesen.<br />
Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit der Begründung ab, es liege ein redlicher Erwerb<br />
vor. Der Antrag des Klägers auf Wiederaufgreifen des Genehmigungsverfahrens sei nicht<br />
erwerbshindernd. Derart weitreichende Rechtsfolgen seien mit der in § 7 Abs. 3 Anmeldeverordnung<br />
angeordneten aufschiebenden Wirkung nicht verb<strong>und</strong>en.<br />
Mit seiner Revision begehrte der Kläger vorrangig die Übertragung des Rückübereignungsanspruchs<br />
des Beklagten gegen die Beigeladenen auf sich, hilfsweise die Rückübertragung des<br />
Gr<strong>und</strong>stücks. Dazu machte er geltend: Da weder <strong>für</strong> den Gebäude- noch <strong>für</strong> den Gr<strong>und</strong>stücksverkauf<br />
die erforderlichen Genehmigungen erteilt worden seien, müsse eine Rückabwicklung<br />
der Verträge nach schuldrechtlichen Gr<strong>und</strong>sätzen erfolgen, so wie es § 7 Abs. 3 GVO vorsehe.<br />
Soweit der Beklagte sich nunmehr darauf berufe, daß nach den Hinweisen <strong>und</strong> Erläuterungen<br />
des Finanzministeriums der DDR zum Nutzungsrechtsgesetz mit der Verleihung des Nutzungsrechts<br />
die Genehmigung zum Hauskauf als erteilt anzusehen sei, fehle es an entsprechenden<br />
Feststellungen der Vorinstanz. Abgesehen hiervon seien Zweifel an der geltend gemachten<br />
Verwaltungspraxis angebracht; diese würden sich daraus ergeben, daß die Beigeladenen<br />
mit Schreiben des Magistrats von Berlin vom 16. Januar 1990 darauf hingewiesen worden<br />
seien, daß ein Nutzungsrecht erst nach der Genehmigung des Kaufvertrags verliehen werde<br />
<strong>und</strong> zudem in beiden Kaufverträgen unter Nr. 6 darauf aufmerksam gemacht werde, daß<br />
die Wirksamkeit der Verträge von der staatlichen Genehmigung abhänge.<br />
Selbst wenn aber eine Genehmigung erteilt worden sei, sei diese durch das Wiederaufgreifen<br />
des Genehmigungsverfahrens rückwirkend außer Kraft gesetzt worden.<br />
Aus den Gründen:<br />
Das B<strong>und</strong>esverwaltungsgericht hat die Revision im wesentlichen mit folgender Begründung<br />
abgelehnt:<br />
- 25 -
- 25 -<br />
1. Es liege ein redlicher Erwerb im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 1 VermG vor, der nicht voraussetze,<br />
daß das Rechtsgeschäft zivilrechtlich wirksam sei. Maßgeblich ist nach Ansicht des<br />
Gerichts vielmehr allein, ob dem Erwerber eine Eigentümerstellung verschafft wurde, die<br />
gemessen an der Rechtswirklichkeit der DDR unangreifbar gewesen sei. Eine solche Position<br />
hätten die Beigeladenen erlangt. Da<strong>für</strong> reiche es allerdings nicht aus, daß die Beigeladenen<br />
ein entsprechendes Rechtsgeschäft abgeschlossen hätten <strong>und</strong> im Gr<strong>und</strong>buch als Eigentümer<br />
eingetragen worden seien. Vielmehr habe ein Erwerber - jedenfalls angesichts<br />
der Wende zu rechtsstaatlichen Verhältnissen in der DDR - nur dann auf die faktische Unangreifbarkeit<br />
seiner Eigentümerstellung vertrauen können, wenn ihm die <strong>für</strong> die Wirksamkeit<br />
des Rechtsgeschäfts nach § 2 Abs. 1 Buchst. a der Gr<strong>und</strong>stücksverkehrsverordnung<br />
- GVVO - vom 15. Dezember 1977 (GBl. I 1978, 73) notwendige Gr<strong>und</strong>stücksverkehrsgenehmigung<br />
erteilt worden sei.<br />
a) Den Beigeladenen sei eine schutzwürdige Rechtsposition zuzuerkennen, da nach dem<br />
Abschnitt 2.2.3. der Hinweise <strong>und</strong> Erläuterungen des Ministeriums <strong>für</strong> Finanzen zur<br />
Durchführung des Nutzungsrechtsgesetzes vom 31. Dezember 1986 im Zusammenhang<br />
mit dem Verkauf volkseigener Eigenheime die nach der Gr<strong>und</strong>stücksverkehrsverordnung<br />
erforderliche Genehmigung mit der Verleihung des Nutzungsrechts als erteilt gegolten<br />
habe. Dieselbe Regelung enthalte auch die von dieser Bestimmung in Bezug genommene<br />
Richtlinie des Ministeriums der Finanzen vom 10. April 1985 zur Durchführung<br />
des Gesetzes über den Verkauf volkseigener Eigenheime, Miteigentumsanteile <strong>und</strong><br />
Gebäude <strong>für</strong> Erholungszwecke vom 19. Dezember 1973 (GBl. I S. 578) - Eigenheimgesetz<br />
- unter Abschnitt 4.<br />
Ein gesondertes Genehmigungsverfahren sei daher nicht erforderlich gewesen, da bei<br />
der Verleihung des Nutzungsrechtes alle Gesichtspunkte geprüft worden wären, die im<br />
Genehmigungsverfahren nach der Gr<strong>und</strong>stücksverkehrsgenehmigung zu beachten gewesen<br />
seien.<br />
Die revisionsrechtlichen Einwände des Klägers gegen die Berücksichtigung dieser<br />
Richtlinien würden nicht durchgreifen. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob die vom<br />
Ministerium der Finanzen stammenden Bestimmungen als Bestandteil der DDR-<br />
Rechtsordnung anzusehen seien, wovon offenbar der Beklagte ausgehe, oder als das<br />
förmliche Recht überlagernde Verhaltensanweisungen. Da es ausschließlich darauf ankomme,<br />
ob die von den Beigeladenen erlangte Position in der Rechtswirklichkeit der<br />
DDR unangreifbar gewesen sei, sei allein maßgeblich, ob es der Rechtspraxis entsprochen<br />
habe, im Falle der Nutzungsrechtsbewilligung von einem zusätzlichen Genehmigungsverfahren<br />
nach der Gr<strong>und</strong>stücksverkehrsordnung abzusehen. Es liege auf der<br />
Hand, daß solche ministeriellen Anweisungen beachtet worden seien.<br />
Dem stehe nicht entgegen, daß der Notar damals auf das Erfordernis einer staatlichen<br />
Genehmigung hingewiesen habe, bzw. daß die Beigeladenen seinerzeit darauf aufmerksam<br />
gemacht worden seien, daß erst nach der Genehmigung des Kaufvertrages ein Nutzungsrecht<br />
verliehen werden könne. Da im Rahmen der Nutzungsrechtsbewilligung die<br />
Voraussetzungen <strong>für</strong> die Erteilung der Gr<strong>und</strong>stücksverkehrsgenehmigung zu prüfen<br />
gewesen seien, sei die Verleihung des Nutzungsrechts in der Tat davon abhängig gewesen,<br />
daß der Kaufvertrag genehmigt werden konnte, wenn auch diese Genehmigung<br />
nicht mehr gesondert erteilt werden mußte. Materiell seien die Anforderungen der<br />
Gr<strong>und</strong>stücksverkehrsordnung durch diese Verfahrensvereinfachung nicht entfallen; es<br />
sei lediglich auf eine eigenständige Genehmigung im Hinblick auf das Nutzungsrecht<br />
verzichtet worden. In diesem materiellen Sinne seien die den Beigeladenen erteilten<br />
- 26 -
- 26 -<br />
Belehrungen zu verstehen, ohne daß ein Widerspruch zu den ministeriellen Anweisungen<br />
bestehe. Im übrigen gehe es nicht darum, ob vor der Verleihung des Nutzungsrechtes<br />
eine Gr<strong>und</strong>stücksverkehrsgenehmigung verlangt worden sei.<br />
b) Die Beigeladenen seien auch nicht etwa deswegen bloße Bucheigentümer geworden,<br />
weil - wie der Kläger geltend mache - die Enteignung des Gr<strong>und</strong>stücks nach dem Aufbaugesetz<br />
nichtig sei <strong>und</strong> der Magistrat von Berlin ihnen daher mangels Verfügungsbefugnis<br />
gar kein Eigentum verschaffen konnte. Insoweit sei nicht entscheidend, ob die<br />
Enteignungsvoraussetzungen eingehalten worden seien; vielmehr komme es allein in<br />
Anlehnung an die ständige Rechtsprechung (BVerwG, zusammenfassender Beschluß<br />
vom 14. Januar 1998 - 7 B 339.97 - BARoV-RÜ 06/1998 = VIZ 1998, 212 = OVspezial<br />
1998, 298 = RGV B II 198) darauf an, ob die damalige Enteignung faktisch<br />
wirksam gewesen sei. Dies könne nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz<br />
nicht ernsthaft bezweifelt werden.<br />
c) Ein wirksamer Erwerb der Beigeladenen sei auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil<br />
der Kläger das Wiederaufgreifen des Genehmigungsverfahrens beantragt habe. Der Senat<br />
habe bereits entschieden, daß die in § 7 Abs. 3 AnmVO angeordnete aufschiebende<br />
Wirkung ebenso wie die aufschiebende Wirkung eines gegen die Gr<strong>und</strong>stücksverkehrsgenehmigung<br />
eingelegten Rechtsbehelfs keine weitergehende Rechtsfolgen auslösen<br />
könne als eine Aufhebung der Gr<strong>und</strong>stücksverkehrsgenehmigung selbst. Diese habe<br />
nach § 7 GVO nur eine schuldrechtliche Rückabwicklung des Rechtsgeschäfts unter<br />
Wiederaufleben des mit der Eigentumsübertragung entfallenen Restitutionsanspruchs<br />
zur Folge (BVerwG, Urteil vom 28. August 1997 - 7 C 63.96 - BARoV-RÜ 19/1997 =<br />
OV-spezial 1998, 236 = VIZ 1998, 378 = RGV D I 61).<br />
2. Der rechtswirksame Erwerb des Gebäudes <strong>und</strong> des da<strong>für</strong> verliehenen Nutzungsrechts<br />
durch die Beigeladenen sei auch redlich im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 1 VermG gewesen.<br />
Gegen den redlichen Erwerb spreche nicht, daß der Vertrag erst nach dem 18. Oktober<br />
1989 abgeschlossen worden sei. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts sei dieser<br />
vor dem 19. Oktober 1989 schriftlich angebahnt worden, so daß die Voraussetzungen<br />
des § 4 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a VermG vorlägen. Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit<br />
dieser Vorschrift bestünden nicht, wie das B<strong>und</strong>esverwaltungsgericht bereits festgestellt<br />
habe (BVerwG, Beschluß vom 22. Februar 1996 - 7 B 36.96 - VIZ 1996, 269 f., 647<br />
f. = ZOV 1996, 209 ff. = OV-spezial 1996, 298 = NJW 1996, 1767 f. = RGV B IX 145).<br />
Bedenken gegen die Redlichkeit im Hinblick darauf, daß das Haus als Zweifamilienhaus<br />
verkauft worden sei, seien unerheblich. Die Veräußerung eines volkseigenen Zweifamilienhauses<br />
hätte durchaus im Einklang mit den Rechtsvorschriften der DDR gestanden. Als<br />
Eigenheim im Sinne des Eigenheimgesetzes sei nach § 1 Abs. 1 Satz 2 2. Alternative der<br />
Durchführungsbestimmung zu diesem Gesetz vom 19. Dezember 1973 (GBl. I S. 590) i. d.<br />
F. der 2. Durchführungsbestimmung vom 9. April 1985 (GBl. I S. 109) auch ein Gebäude<br />
mit einer zweiten Wohnung, die als selbständige Wohnung vermietet werden konnte, also<br />
auch ein Zweifamilienhaus, zu verstehen gewesen.<br />
Die gewerbliche Nutzung des Hauses ab Mitte 1990 stelle als untergeordneten Nebenerwerb<br />
die Eigennutzungsabsicht nicht in Frage.<br />
Abschließend betont das Gericht, daß der Rechtsbehelf gegen die - fingierte - Gr<strong>und</strong>stücksverkehrsgenehmigung,<br />
die oder deren Wirkung der Kläger mit seinem Antrag auf<br />
Wiederaufgreifen des Verfahrens angegriffen habe, nicht zum Ausschluß des § 4 Abs. 2<br />
- 27 -
- 27 -<br />
Satz 2 Buchst. a VermG führen könne (BVerwG, Urteil vom 28. August 1997 - 7 C 63.96 -<br />
a. a. O.). Ebensowenig könne hieran der spätere sogenannte Komplettierungskauf scheitern.<br />
Anmerkungen:<br />
Im wesentlichen lassen sich dieser Entscheidung zwei Schwerpunkte entnehmen: zum einen<br />
zur Frage des redlichen Erwerbes nach dem 18. Oktober 1989, zum anderen zum Verhältnis<br />
redlicher Erwerb <strong>und</strong> Verfahren bei Aufhebung der Genehmigung nach § 7 GVO.<br />
1. Redlicher Erwerb nach dem 18. Oktober 1989<br />
Die Frage, ob ein redlicher Erwerb im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a VermG vorliegt,<br />
wenn die Gr<strong>und</strong>stücksverkehrsgenehmigung <strong>für</strong> den Gebäudekaufvertrag nicht ausdrücklich<br />
erteilt worden ist, aber die Käufer bereits im Gr<strong>und</strong>buch als Eigentümer eingetragen<br />
sind, veranlaßt die Rechtsprechung des B<strong>und</strong>esverwaltungsgerichts immer wieder<br />
zum Nachdenken. Eindeutig festgelegt hat das B<strong>und</strong>esverwaltungsgericht, daß die zivilrichtliche<br />
Unwirksamkeit des Kaufvertrages mangels Gr<strong>und</strong>stücksverkehrsgenehmigung<br />
unerheblich ist. Vielmehr komme es darauf an, daß der Erwerber eine unangreifbare Position<br />
entsprechend der Rechtswirklichkeit der DDR erlangt habe.<br />
Wenn die Kaufverträge vor dem Rücktritt Honeckers, dem 18. Oktober 1989, zwar angebahnt,<br />
aber erst danach abgeschlossen worden sind, so kann an der Unangreifbarkeit dieser<br />
Position gezweifelt werden, da der Fortbestand der DDR <strong>und</strong> der seinerzeitigen „Eigentumsverhältnisse“<br />
Anfang 1990 nicht mehr gesichert war. Allerdings war auch nicht <strong>für</strong> jeden<br />
Erwerber vorhersehbar, ob tatsächlich eine Wiedervereinigung der beiden deutschen<br />
Staaten erfolgen würde.<br />
Mit Urteil vom 31. Juli 1997 hat das B<strong>und</strong>esverwaltungsgericht den Sachverhalt - Gebäudekaufvertrag<br />
im Mai 1990, aber ohne erforderliche Gr<strong>und</strong>stücksverkehrsgenehmigung -<br />
so entschieden, daß es die Voraussetzungen eines redlichen Erwerbes abgelehnt hat<br />
(BVerwG, Urteil vom 31. Juli 1997 - 7 C 28.96 - ZOV 1997, 423 = RGV B IX 191 = BA-<br />
RoV-RÜ 17/1997). Dies wurde damit begründet, daß im Mai 1990 kein Erwerber mehr<br />
angesichts der bevorstehenden Wiedervereinigung damit rechnen konnte, faktisch wie ein<br />
Eigentümer angesehen <strong>und</strong> behandelt werden zu können. Hiermit hat das Gericht die sich<br />
anbahnenden Veränderungen - wie den Abschluß des Staatsvertrages über die Schaffung<br />
einer Währungs-, Wirtschafts- <strong>und</strong> Sozialunion vom 18. Mai 1990 - berücksichtigt, die von<br />
den Bürgern der DDR nicht negiert werden konnten (s. Kittke: Anmerkung zum Urteil des<br />
BVerwG vom 31. Juli 1997 - 7 C 28.96 - NJ 1997, 660 = BARoV-RÜ 17/1997 = OVspezial<br />
1998, 125 = ZOV 1997, 423 = RGV B IX 191).<br />
In der vorliegenden Entscheidung hat das Gericht nicht mehr abgewogen, ob ein Bürger<br />
der DDR auf seine unantastbare Rechtsposition vertrauen konnte, sondern es hat auf die oben<br />
zitierten Richtlinien des Ministeriums <strong>für</strong> Finanzen verwiesen <strong>und</strong> die Gr<strong>und</strong>stücksverkehrsgenehmigung<br />
aufgr<strong>und</strong> des genehmigten Nutzungsrechtes <strong>für</strong> erteilt angesehen.<br />
Hätte es die Richtlinien nicht hinzugezogen, so wäre mit Spannung zu erwarten gewesen,<br />
wie das BVerwG einen vor dem Stichtag angebahnten, aber im Februar 1990 abgeschlossenen<br />
Kaufvertrag beurteilt hätte. Im Rahmen des sozialverträglichen Interessenausgleiches<br />
i. S. d. Gemeinsamen Erklärung der Regierungen der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland<br />
<strong>und</strong> der Deutschen Demokratischen Republik zur Regelung <strong>offene</strong>r <strong>Vermögensfragen</strong> vom<br />
- 28 -
- 28 -<br />
15. Juni 1990 hätte es bei der Auslegung einen sozialverträglichen Ausgleich zwischen den<br />
unterschiedlichen Interessen von Ost <strong>und</strong> West bei der Lösung der <strong>Vermögensfragen</strong><br />
schaffen müssen. Ob Anfang des Jahres 1990 Zweifel an dem Fortbestand solcher Rechtsgeschäfte<br />
berechtigt waren, läßt diese Entscheidung aber offen.<br />
Verfassungsrechtliche Bedenken hat das BVerwG im Anschluß an seine ständige Rechtssprechung<br />
<strong>für</strong> unbeachtlich erklärt. Die Benachteiligung der Alteigentümer beruhe auf<br />
sachgerechten Erwägungen (Verweis auf BVerwG, Beschluß vom 22. Februar 1996 - 7 B<br />
36.96 - a. a. O.).<br />
Anzumerken bleibt ferner, daß auch der BGH in seiner Entscheidung vom 26. März 1999<br />
(V ZR 294/97) im Hinblick auf die Frage, ob einem Nutzer Ansprüche nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz<br />
gegen den Alteigentümer zustehen, das Fehlen der staatlichen<br />
Genehmigung nach der Gr<strong>und</strong>stücksverkehrsverordnung der DDR <strong>für</strong> den seinerzeitigen<br />
Kaufvertrag als unbeachtlich angesehen hat.<br />
2. Verhältnis zur Gr<strong>und</strong>stücksverkehrsgenehmigung<br />
Obgleich der Kläger die Gr<strong>und</strong>stücksverkehrsgenehmigung mit seinem Antrag auf Wiederaufgreifen<br />
des Verfahrens angegriffen hat, kann dieser Rechtsbehelf nach Ansicht des<br />
BVerwG nicht dazu führen, daß ein redlicher Erwerb ausgeschlossen sei. Es könne dahingestellt<br />
bleiben, inwieweit in diesem Verfahren überhaupt ein an die Aufhebung der<br />
Gr<strong>und</strong>stücksverkehrsgenehmigung knüpfender Anspruch nach § 7 Abs. 3 Satz 1 GVO<br />
geltend gemacht werden könne. Damit dürfte das BVerwG den Fall einer Aufhebung einer<br />
solchen Gr<strong>und</strong>stücksverkehrsgenehmigung den Zivilgerichten überlassen haben. Welche<br />
Konsequenzen dies hat, bleibt in der Praxis noch abzuwarten.<br />
Mitgeteilt von Dr. Constanze Budde-Hermann<br />
- 29 -
Restitutionsausschluß; Erwerb durch privaten<br />
Handwerker oder Gewerbetreibenden;<br />
redlicher Erwerb; dingliches Nutzungsrecht;<br />
Stichtag; Verkaufsgesetz<br />
Leitsatz des Gerichts:<br />
- 29 -<br />
§ 4 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b,<br />
§ 4 Abs. 3 Buchst. a,<br />
§ 16 Abs. 3 Satz 1 VermG;<br />
§ 1 Verkaufsgesetz vom 7. März 1990<br />
Ein den Rückausnahmetatbestand des § 4 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b VermG erfüllender Erwerb<br />
volkseigener Gebäude <strong>für</strong> Gewerbezwecke auf der Gr<strong>und</strong>lage des § 1 des Verkaufsgesetzes<br />
vom 7. März 1990 setzt voraus, daß der Erwerber bei Vertragsabschluß privater Handwerker<br />
oder Gewerbetreibender war. Es bleibt offen, ob darüber hinaus auch Fälle erfaßt werden, in<br />
denen die Aufnahme eines Handwerks- oder Gewerbebetriebs bei Vertragsabschluß sichergestellt<br />
war.<br />
Gericht, Datum <strong>und</strong> Az.:<br />
BVerwG, Urteil vom 25. März 1999, Az.: 7 C 17.98<br />
Tatbestand/Problem:<br />
Der Kläger wendet sich gegen die vom Beklagten verfügte Rückübertragung des Eigentums<br />
an einem 611 m² großen Gr<strong>und</strong>stück, auf dem sich ein zweieinhalbgeschossiges Gebäude befindet,<br />
in dem der Kläger eine Diskothek betreibt.<br />
Das zunächst gemäß § 6 der Verordnung zur Sicherung von Vermögenswerten vom 17. Juli<br />
1952 (GBl. I S. 615) unter staatlicher Verwaltung stehende Gr<strong>und</strong>stück wurde 1981 auf der<br />
Gr<strong>und</strong>lage des Aufbaugesetzes der DDR enteignet <strong>und</strong> in Volkseigentum überführt.<br />
Der Kläger war seit 1982 Leiter einer im Erdgeschoß des Gebäudes befindlichen HO-<br />
Gaststätte. Am 9. Januar 1990 äußerte er gegenüber dem VEB Gebäudewirtschaft den<br />
Wunsch nach einem Erwerb des Gr<strong>und</strong>stücks zur Ausübung einer privaten Gewerbetätigkeit.<br />
Nachdem die Beigeladenen zu 1 dem beabsichtigten Verkauf widersprochen hatten, schlossen<br />
der Rat der Stadt T. <strong>und</strong> der Kläger am 19. März 1990 einen Kaufvertrag über das Gebäude<br />
auf dem streitbefangenen Gr<strong>und</strong>stück. Die Gr<strong>und</strong>stücksverkehrsgenehmigung wurde am 7.<br />
Mai 1990 erteilt. Außerdem verlieh ihm der Rat des Kreises mit Urk<strong>und</strong>e vom 26. April 1990<br />
ein unbefristetes Nutzungsrecht an dem volkseigenen Gr<strong>und</strong>stück. Mit notariellem Vertrag<br />
vom 24. September 1990 kaufte der Kläger auch das volkseigene Gr<strong>und</strong>stück zu einem Kaufpreis<br />
von 2.444,00 M; eine Eintragung als Eigentümer in das Gr<strong>und</strong>buch ist nicht mehr erfolgt.<br />
Auf der Gr<strong>und</strong>lage des Gewerbegesetzes der DDR vom 6. März 1990 (GBl. I S. 138) erteilte<br />
der Rat der Stadt dem Kläger am 17. Juli 1990 eine Gewerbeerlaubnis zur Eröffnung der<br />
Gaststätte „Harzbräu“. Am 28. September 1990 übernahm der Kläger die Gaststätte von der<br />
Betreiberin, einer Rechtsnachfolgerin der HO. In der Folgezeit investierte der Kläger nach<br />
seinem Vortrag etwa 450.000,00 DM in das Gebäude.<br />
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- 30 -<br />
Mit Bescheid vom 14. Juli 1993 übertrug der Beklagte das Eigentum an dem Gr<strong>und</strong>stück an<br />
die Beigeladenen zurück, hob das dem Kläger verliehene Nutzungsrecht an dem Gr<strong>und</strong>stück<br />
auf <strong>und</strong> setzte einen Ablösebetrag von 11.440,00 DM fest.<br />
Den Widerspruch des Klägers wies das LARoV zurück. Unter anderem stellte es in seiner<br />
Begründung fest, daß die Voraussetzungen der Rückausnahme in § 4 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b<br />
VermG nicht gegeben seien. Der Kläger sei zum Erwerbszeitpunkt weder privater Handwerker<br />
noch Gewerbetreibender gewesen, so daß er das Gebäude nicht auf der Gr<strong>und</strong>lage des § 1<br />
des Gesetzes über den Verkauf volkseigener Gebäude vom 7. März 1990 - Verkaufsgesetz -<br />
(GBl. I S. 157) erworben habe.<br />
In der Klagebegründung hat der Kläger dem Verwaltungsgericht vorgetragen, er habe als Gewerbetreibender<br />
das Gebäude zum Betrieb seiner Gaststätte erworben <strong>und</strong> hierauf seine Existenz<br />
gegründet. Für derartige Fälle sei die den Redlichkeitsschutz erweiternde Vorschrift des<br />
§ 4 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b VermG in das Vermögensgesetz eingefügt worden. Das Verwaltungsgericht<br />
Magdeburg hat die Klage durch Urteil vom 12. Mai 1998 - A 5 K 283/97 - abgewiesen.<br />
Zur Begründung führt es u. a. aus:<br />
Die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b VermG lägen nicht vor, da der Gebäudeerwerb<br />
nicht unter den Tatbestand des § 1 des Verkaufsgesetzes vom 7. März 1990 falle.<br />
Zwar sei das Gebäude an den Kläger <strong>für</strong> Gewerbezwecke veräußert worden. Der Kläger sei<br />
im Zeitpunkt des Rechtserwerbs aber nicht Gewerbetreibender im Sinne des Gewerbegesetzes<br />
der DDR vom 6. März 1990 gewesen. Als Angestellter der HO habe er keine selbständige<br />
Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 2 des Gewerbegesetzes ausgeübt. Mit Blick auf den Zweck<br />
des Verkaufsgesetzes, in der damaligen Umbruchphase die wirtschaftliche Eigeninitiative zu<br />
fördern, genüge zwar zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmales „Gewerbetreibender“ schon<br />
die Stellung eines Antrages auf Erteilung einer Gewerbeerlaubnis, sofern die Erlaubnis nach<br />
dem Rechtserwerb erteilt <strong>und</strong> sodann alsbald mit der Gewerbeausübung begonnen worden sei.<br />
Dies sei hier aber nicht der Fall, <strong>und</strong> daher könne die Klage ungeachtet der Tatsache, daß<br />
sämtliche anderen Voraussetzungen des § 1 Verkaufsgesetz <strong>und</strong> des § 1 Abs. 2 der Durchführungsverordnung<br />
zu diesem Gesetz - DVO zum Verkaufsgesetz - (GBl. I S. 158) vorgelegen<br />
hätten, keinen Erfolg haben. Die Revision wurde vom Verwaltungsgericht wegen der gr<strong>und</strong>sätzlichen<br />
Bedeutung zugelassen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).<br />
Aus den Gründen:<br />
Die Revision ist nicht begründet. Der Senat führt dazu u. a. wie folgt aus:<br />
Das Verwaltungsgericht habe rechtsfehlerfrei angenommen, daß die Schädigung der Beigeladenen<br />
einen Anspruch auf Rückübertragung des entzogenen Vermögenswertes zur Folge hat,<br />
weil kein gesetzlicher Restitutionsausschlußgr<strong>und</strong> bestehe.<br />
Der Kläger könne sich nicht auf den hier allein in Betracht kommenden Ausschlußtatbestand<br />
des redlichen Erwerbs (§ 4 Abs. 2 <strong>und</strong> 3 VermG) berufen. Eine der in § 4 Abs. 2 Satz 2 HS 2<br />
VermG aufgeführten, zur Gr<strong>und</strong>regel des § 4 Abs. 2 Satz 1 VermG zurückzuführenden Ausnahmen<br />
von der Stichtagsregelung des § 4 Abs. 2 Satz 1 HS 1 VermG sei nicht gegeben. Der<br />
hier in Betracht zu ziehende Tatbestand des Buchstaben b, also der Erwerb auf der Gr<strong>und</strong>lage<br />
des § 1 des Verkaufsgesetzes, sei nicht erfüllt.<br />
§ 1 des Verkaufsgesetzes eröffnete erstmals in der DDR die rechtliche Möglichkeit, volkseigene<br />
Gebäude <strong>für</strong> Gewerbezwecke an private Handwerker <strong>und</strong> Gewerbetreibende, die Bürger<br />
der DDR oder Ausländer mit ständigem Wohnsitz in der DDR waren, zu verkaufen. Nach § 1<br />
Abs. 1 der DVO zum Verkaufsgesetz mußte es sich um Gebäude handeln, die durch Hand-<br />
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werker oder Gewerbetreibende <strong>für</strong> die Ausübung ihres Berufes oder ihrer Gewerbetätigkeit<br />
genutzt werden können; die Gebäude durften eine, im Ausnahmefall auch zwei Wohnungen<br />
enthalten (§ 1 Abs. 2 DVO). Die mit diesen Vorschriften bezweckte Förderung des bis dahin<br />
eher unerwünschten privaten Handwerks <strong>und</strong> Gewerbes war Teil eines Bündels gesetzlicher<br />
Maßnahmen, mit dem die DDR den Übergang von einer sozialistischen Planwirtschaft zu<br />
einer marktwirtschaftlich geprägten Ordnung einleitete. Beispielhaft seien die VO über die<br />
Organisation des Handwerks der DDR vom 22. Februar 1990 (GBl. I S. 150), das Gewerbegesetz<br />
der DDR (s. o.) <strong>und</strong> das Gesetz über die Gründung <strong>und</strong> Tätigkeit privater Unternehmen<br />
<strong>und</strong> über Unternehmensbeteiligungen vom 7. März 1990 (GBl. I S. 141) zu nennen.<br />
Die im Zuge dieser beginnenden Privatisierung der DDR-Wirtschaft getätigten Käufe restitutionsbelasteter<br />
Immobilien durch private Handwerker <strong>und</strong> Gewerbetreibende auf der Gr<strong>und</strong>lage<br />
des Verkaufsgesetzes sollten mit der durch das Zweite Vermögensrechtsänderungsgesetz<br />
vom 22. Juli 1992 (BGBl. I S. 1257) eingefügten Bestimmung des § 4 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b<br />
VermG nachträglich gesichert werden. War der Erwerb im Vertrauen auf die damalige Gesetzeslage<br />
in redlicher Weise erfolgt, ist eine Rückübertragung an den Berechtigten ungeachtet<br />
der Stichtagsregelung ausgeschlossen. In diesem Sinne handele es sich um eine vergangenheitsorientierte<br />
investive Vorfahrtsregelung (vgl. BT-Drucks. 12/2944, S. 42 <strong>und</strong> 51), mit der<br />
ein ähnliches Ergebnis wie mit den zukunftsorientierten Regelungen des Investitionsgesetzes<br />
vom 23. September 1990 (BGBl. II S. 889, 1157) <strong>und</strong> des Investitionsvorranggesetzes vom<br />
14. Juli 1992 (BGBl. I S. 1286) erzielt werden soll. Dieser Vertrauensschutz sei aber nur gerechtfertigt,<br />
wenn das Erwerbsgeschäft tatsächlich „auf der Gr<strong>und</strong>lage“ des § 1 Verkaufsgesetz<br />
i. V. m. der DVO erfolgt ist. Dazu zähle, daß der Käufer zum berechtigten Erwerberkreis<br />
gehörte <strong>und</strong> es sich um ein vom Gesetz umfaßtes Erwerbsobjekt handelte (unter Hinweis auf<br />
BVerwG, Urteil vom 29. August 1996 - 7 C 6.96 - BARoV-RÜ 06/1996 = OV-spezial 1996,<br />
394 f. = ZOV 1996, 433 ff. = VIZ 1996, 711 f. = DtZ 1996, 38 f. = NJ 1997, 207 f. = RGV B<br />
IX 173 = Buchholz 428 § 4 VermG Nr. 34, S. 79 =; Urteil vom 19. November 1998 - 7<br />
C 5.98 - BARoV-RÜ 02/1999 = VIZ 1999, 211 = ZOV 1999, 155 = OV-spezial 1998, 345).<br />
Das Verwaltungsgericht sei zutreffend davon ausgegangen, daß die Veräußerung des volkseigenen<br />
Gebäudes an den Kläger durch den Kaufvertrag vom 19. März 1990 nicht durch das<br />
Verkaufsgesetz gedeckt war. Dieses Gesetz sei am Tag des Vertragsschlusses in Kraft getreten,<br />
somit handelten die Parteien wohl in Kenntnis der Gesetzeslage. Für die Heranziehung<br />
des § 4 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b VermG sei jedoch maßgebend, ob die Voraussetzungen des<br />
§ 1 Verkaufsgesetz bei Vertragsschluß objektiv vorgelegen haben. Dies sei hier nicht der Fall<br />
gewesen. Der Kläger - zu diesem Zeitpunkt bei der HO angestellter Leiter einer Gaststätte -<br />
habe erst am 28. September 1990 mit der Übernahme der Gaststätte von der Betreiberin ein<br />
Gewerbe aufgenommen. Gemäß § 1 Abs. 2 Gewerbegesetz ist jede auf Dauer angelegte selbständige<br />
Tätigkeit, die mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt wird, als ein solches Gewerbe<br />
zu verstehen.<br />
Die Frage, ob die Vorschrift des § 1 Verkaufsgesetz über ihren Wortlaut hinaus so verstanden<br />
werden kann, daß auch Personen erfaßt werden, die zum Zeitpunkt des Erwerbsgeschäfts ihre<br />
Absicht, eine Tätigkeit als privater Handwerker oder Gewerbetreibender aufzunehmen, noch<br />
nicht in die Tat umgesetzt hatten, könne der erkennende Senat offenlassen. Eine Einbeziehung<br />
künftiger Handwerker <strong>und</strong> Gewerbetreibender in den Anwendungsbereich des § 1 Verkaufsgesetz<br />
wäre nur unter der Voraussetzung zu erwägen, daß nach Abschluß des Kaufvertrages<br />
die Aufnahme des Betriebes in dem betreffenden Gebäude in sachlicher <strong>und</strong> zeitlicher Hinsicht<br />
sichergestellt war. Zum Vergleich könne man auf den Erwerb volkseigener Ein- <strong>und</strong><br />
Zweifamilienhäuser abstellen: An Erwerber, die das Gebäude zum Zeitpunkt des Verkaufs<br />
nicht schon bewohnten, durfte nur verkauft werden, wenn die künftige persönliche Nutzung<br />
- 32 -
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des Wohnraums gewährleistet war (vgl. § 4 der DVO zum Gesetz volkseigener Gebäude vom<br />
15. März 1990).<br />
Diese Erwerbsvoraussetzung sei im Fall des Klägers nicht gegeben gewesen. Zwar hatte er<br />
den Wunsch, die Gaststätte privat zu führen, bereits im Januar 1990 bek<strong>und</strong>et, doch lagen bei<br />
Abschluß des Kaufvertrages am 19. März 1990 keine objektiven Anhaltspunkte <strong>für</strong> eine hinreichend<br />
sicher bevorstehende Übernahme der HO-Gaststätte vor. Vielmehr vermietete der<br />
Kläger nach dem Erwerb des Gebäudes zunächst einmal die Gaststättenräume an die bisherige<br />
Betreiberin weiter. Die erforderliche Gewerbeerlaubnis beantragte er sodann erst drei Monate<br />
nach Vertragsschluß. Den Betrieb übernahm er erst ein halbes Jahr nach dem Vertragsschluß.<br />
Die Ungewißheit der Aufnahme eines privaten Gewerbes ergebe sich auch daraus, daß die<br />
maßgebenden Erwerbsdokumente keinen Hinweis auf eine bevorstehende Übernahme des<br />
Gaststättenbetriebes enthielten. Das Nutzungsrecht an dem volkseigenen Gr<strong>und</strong>stück z. B.<br />
wurde „entsprechend seinen Wohnbedürfnissen“ gestattet. All dies lasse folgern, daß im Vordergr<strong>und</strong><br />
zunächst der Erwerb des Eigentums an dem Gebäude stand.<br />
Die angefochtenen Behördenbescheide <strong>und</strong> das VG-Urteil seien insoweit auch nicht b<strong>und</strong>esrechtlich<br />
zu beanstanden, als der Beklagte das dem Kläger verliehene Nutzungsrecht aufgehoben<br />
hat. Unabhängig von den hier nicht vorliegenden Rückausnahmetatbeständen i. S. d. §<br />
4 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a - c VermG sei der Kläger als unredlich gemäß § 4 Abs. 3 Buchst. a<br />
VermG anzusehen.<br />
Der Erwerb des Gebäudes <strong>und</strong> damit auch des akzessorischen dinglichen Nutzungsrechts an<br />
dem volkseigenen Gr<strong>und</strong>stück habe, wie ausgeführt, nicht im Einklang mit den zum Zeitpunkt<br />
des Erwerbs in der DDR geltenden allgemeinen Rechtsvorschriften gestanden. Dies hätte der<br />
Kläger wissen müssen. Dieses Tatbestandsmerkmal sei mit fahrlässiger Unkenntnis gleichbedeutend<br />
<strong>und</strong> somit erfüllt, wenn der Erwerber bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt den<br />
Rechtsverstoß hätte erkennen müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 1994 - 7 C 4.93 -<br />
BVerwGE 95, 1<strong>08</strong> = ZIP 1994, 488 ff. = OV-spezial 1994, 14 = NJW 1994, 1359 ff. =<br />
RGV B IX 52 = VIZ 1994, 239 ff. = NJ 1994, 326). Dies sei hier der Fall gewesen. Nach dem<br />
Rücktritt des Staatsratsvorsitzenden Honecker am 18. Oktober 1989 seien höhere Anforderungen<br />
an die Sorgfaltspflicht im allgemeinen als <strong>für</strong> die Zeit vorher zu stellen. Dem Kläger<br />
müsse klar gewesen sein, daß er sich auf ein risikobehaftetes Geschäft eingelassen hatte. Aufgr<strong>und</strong><br />
unterschiedlicher Aussagen der staatlichen Stellen zur Zulässigkeit eines Erwerbs wäre<br />
erhöhte Vorsicht angebracht gewesen. Bei Kenntnis des am Tag des Vertragsschlusses in<br />
Kraft getretenen Verkaufsgesetzes hätte sich ihm aufdrängen müssen, daß er die Erwerbsvoraussetzungen<br />
nicht erfüllte. Erst recht sei von einer fahrlässigen Unkenntnis auszugehen,<br />
wenn dem Kläger das Inkrafttreten des Verkaufsgesetzes - welches den Erwerb volkseigener<br />
Gebäude durch private Gewerbetreibende erstmals ermöglichte - nicht bekannt gewesen sein<br />
sollte.<br />
Anmerkungen:<br />
1. Der beteiligte Oberb<strong>und</strong>esanwalt vertrat die Auffassung, die Vorschrift des § 4 Abs. 2 Satz<br />
2 Buchst. b VermG greife bereits dann ein, wenn ein volkseigenes Gebäude ungeachtet der<br />
rechtlichen Zulässigkeit faktisch auf der Gr<strong>und</strong>lage des § 1 Verkaufsgesetz veräußert worden<br />
sei. Das Fehlen der tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Bestimmung gewinne erst<br />
im Rahmen der Redlichkeitsprüfung nach § 4 Abs. 3 Buchst. a VermG Bedeutung.<br />
Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> diese Auffassung könnte sein, daß der Begriff des Gewerbetreibenden (vgl.<br />
§ 1 Abs. 2 Gewerbegesetz der DDR), der im wesentlichen aus der b<strong>und</strong>esdeutschen<br />
Rechtsordnung übernommen wurde, im Hinblick auf die Rechtsverhältnisse in der DDR<br />
- 33 -
- 33 -<br />
nicht erschöpfend war. Daher galt in der Praxis jede Erwerbstätigkeit von Bürgern, die weder<br />
in einem Arbeitsverhältnis standen noch Mitglied einer PGH waren, als private gewerbliche<br />
Tätigkeit (z. B. auch die sog. freien Berufe; s. dazu Holst/Liedtke, in: Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus,<br />
VermG, Kommentar, Stand April 1998, Rdnr.<br />
131 zu § 4 VermG). Diese weite Auslegung erleichterte den zuständigen Stellen sicherlich<br />
die Prüfung des Berechtigtenkreises aus dem Verkaufsgesetz. Zwar muß man davon ausgehen,<br />
daß sich der Verkäufer gr<strong>und</strong>sätzlich die Gewerbeerlaubnis hat vorlegen lassen. Im<br />
Ausnahmefall könnten aber die Erklärungen des Erwerbers <strong>und</strong> die Begleitumstände diese<br />
Vorlage entbehrlich gemacht haben. Wenn dieser - wie hier - das Gebäude tatsächlich zu<br />
Gewerbezwecken nutzte, sollte auch die Schutzfunktion <strong>und</strong> der Zweck des § 4 Abs. 2 Satz<br />
2 Buchst. b VermG, in der Form einer vergangenheitsorientierten investiven Vorfahrtsregelung<br />
wirken können. Nur derjenige, welcher als unredlich im Sinne des § 4 Abs. 3<br />
VermG gelten muß, soll sich nicht mehr auf den Schutzzweck des Absatzes 2 berufen.<br />
Gleichwohl teilt das BVerwG diese Auffassung nicht. Es kommt zu dem Ergebnis, daß der<br />
Vertrauensschutz durch die Einbindung des Erwerbsgeschäfts in das Verkaufsgesetz nicht<br />
uneingeschränkt gelten kann. Nur wenn die gr<strong>und</strong>legenden tatbestandlichen Voraussetzungen<br />
des Verkaufsgesetzes erfüllt waren, soll dieser Schutz greifen. Vorliegend wird dies<br />
bereits bei der Frage, ob der Kläger dem berechtigten Erwerberkreis angehört hat, negiert.<br />
2. In den Fällen der Verleihung dinglicher Nutzungsrechte (vgl. § 7 DVO zum Verkaufsgesetz)<br />
bedarf es m. E. einer gr<strong>und</strong>sätzlichen Klärung über das Verhältnis der Voraussetzungen<br />
einer Ausnahme von der Stichtagsregelung zu den Bestimmungen <strong>und</strong> Regelbeispielen<br />
des unredlichen Erwerbs im Sinne des § 4 Abs. 3 Buchst. a - c VermG. Der erkennende<br />
Senat stellt hier die Unredlichkeit des Klägers im Sinne des § 4 Abs. 3 Buchst. a VermG<br />
fest, ohne näher auf die Rückausnahmetatbestände <strong>für</strong> den Erwerb eines Nutzungsrechtes<br />
einzugehen. Demnächst wird dieses Verhältnis aber Gegenstand eines anderen Revisionsverfahren<br />
sein (s. BVerwG - 7 C 37.98 -). Das Revisionsverfahren soll Gelegenheit zur<br />
Klärung der Frage bieten, ob ein nach dem Stichtag verliehenes akzessorisches dingliches<br />
Nutzungsrecht gem. § 16 Abs. 3 VermG ohne nähere Prüfung des redlichen Erwerbs aufzuheben<br />
ist, wenn die Voraussetzungen einer Ausnahme von der Stichtagsregelung (§ 4<br />
Abs. 2 Satz 2 HS 2 Buchst. a - c VermG) nicht erfüllt sind.<br />
3. Im Hinblick auf die Rechtsprechung des 7. Senats zu § 4 Abs. 3 Buchst. a VermG (vgl.<br />
Urteil vom 18. Januar 1996 - 7 C 20.94 - BARoV-RÜ 14/1998 = ZOV 1996, 207; 1998,<br />
376 = NJ 1996, 324 = VIZ 1996, 267 = RGV B IX 144) erscheint mir die heutige Auslegung<br />
des Merkmals der fahrlässigen Unkenntnis teilweise widersprüchlich. In der zitierten<br />
Entscheidung wurde u. a. ausgeführt: „Daß die Rechtswirksamkeit des vollendeten Erwerbsgeschäfts<br />
nicht Voraussetzung <strong>für</strong> den anspruchshindernden Einwand der Redlichkeit<br />
ist, findet seinen sinnfälligen Ausdruck in § 4 Abs. 3 Buchst. a VermG. Wenn danach ein<br />
Rechtserwerb in der Regel als unredlich anzusehen ist, wenn er nicht in Einklang mit den<br />
zum Zeitpunkt des Erwerbs in der Deutschen Demokratischen Republik geltenden allgemeinen<br />
Rechtsvorschriften, Verfahrensgr<strong>und</strong>sätzen <strong>und</strong> einer ordnungsgemäßen Verwaltungspraxis<br />
stand <strong>und</strong> der Erwerber dies wußte oder hätte wissen müssen, wird deutlich,<br />
daß die Rechtswirksamkeit des vollendeten Erwerbsgeschäfts nicht Voraussetzung <strong>für</strong> den<br />
anspruchshindernden Einwand der Redlichkeit ist. Wenn danach ein Rechtserwerb in der<br />
Regel als unredlich anzusehen ist, wenn er nicht in Einklang mit den zum Zeitpunkt des<br />
Erwerbs in der Deutschen Demokratischen Republik geltenden allgemeinen Rechtsvorschriften,<br />
Verfahrensgr<strong>und</strong>sätzen <strong>und</strong> einer ordnungsgemäßen Verwaltungspraxis stand<br />
<strong>und</strong> der Erwerber dies wußte oder hätte wissen müssen, wird deutlich, daß ein Verstoß gegen<br />
DDR-Recht allein regelmäßig nicht ausreicht, dem Erwerber die Berufung auf eine Eigentumsposition<br />
zu versagen. Hinzu kommen muß - ebenso wie bei den hier nicht ein-<br />
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schlägigen Regelbeispielen der Buchst. b <strong>und</strong> c des § 4 Abs. 3 VermG - ein subjektives Zurechnungselement.<br />
Ausschlaggebend <strong>für</strong> die Frage des Behaltendürfens ist demnach nicht,<br />
ob der Erwerber seine Position im Einklang mit den Normen des DDR-Rechts erlangt hat,<br />
sondern ob sein Vertrauen in den Bestand seiner Eigentümerstellung gemessen an den Regelbeispielen<br />
des § 4 Abs. 3 VermG schutzwürdig ist. Nur in diesem Rahmen können die<br />
Normen des Zivilrechts der DDR Bedeutung gewinnen.“<br />
In dieser Entscheidung wurde die Unredlichkeit der Erwerber im Sinne des § 4 Abs. 3<br />
Buchst. a VermG schon deswegen verneint, weil nach der Rechtsprechung des Senats der<br />
Tatbestand dieser Norm voraussetzt, daß der Verstoß gegen das DDR-Recht bei objektiver<br />
Betrachtung die Absicht erkennen läßt, den Erwerbsvorgang gezielt zu beeinflussen<br />
(BVerwGE 97, 286 ff. ). Überträgt man diese Gr<strong>und</strong>sätze auf den vorliegenden Fall,<br />
bleibt <strong>für</strong> den objektiven Betrachter die Frage offen, worin die gezielte Beeinflussung des<br />
Erwerbs durch den Kläger gelegen haben soll. Nach den Ermittlungen ist nicht erkennbar,<br />
daß er bewußt <strong>und</strong> gezielt gegen die geltende Rechtslage verstoßen hat. Nach dem<br />
BVerwG soll bereits die fahrlässige Unkenntnis einzelner Umstände - hier die fehlende<br />
Anwendbarkeit der Vorschriften auf künftige Gewerbetreibende - das Risiko voll auf seine<br />
Seite verlagern. Hätten nicht auch die zuständigen staatlichen Stellen eingehender prüfen<br />
müssen, ob sämtliche Voraussetzungen <strong>für</strong> den Erwerb nach dem Verkaufsgesetz vorlagen?<br />
Deren Versäumnis trifft den Kläger um so härter, da er das angestrebte Gewerbe<br />
später wirklich ausübte <strong>und</strong> vermutlich auch erhebliche Investitionen tätigte.<br />
Mitgeteilt von Hartmut Nohl<br />
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- 35 -<br />
Sowjetische Besatzungszone; Uraltguthaben;<br />
Reichsmarkforderung; Währungsreform; Umwertung;<br />
besatzungshoheitliche, entschädigungslose<br />
Enteignung; Vollzugsauftrag Besatzungsmacht;<br />
SMAD-Befehl Nr. 111/1948; Eingriff;<br />
Währungsrecht; Währungsschaden; manipulativer<br />
Vermögenszugriff; unlautere Machenschaft<br />
Leitsatz des Gerichts:<br />
§ 1 Abs. 1 Buchst. a,<br />
§ 1 Abs. 3,<br />
§ 1 Abs. 8 Buchst. a,<br />
§ 2 Abs. 2 Satz 2 VermG;<br />
§ 1 Abs. 3 Nr. 5 AusglLeistG<br />
Die Ablehnung der Umwertung von Reichsmarkforderungen, deren rechtmäßigen Erwerb der<br />
Kontoinhaber den DDR-Behörden nicht nachgewiesen hat, ist als Maßnahme im Zusammenhang<br />
mit der Währungsreform in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands keine entschädigungslose<br />
Enteignung im Sinne des § 1 Abs. 1 Buchst. a oder des § 1 Abs. 8 Buchst. a<br />
VermG.<br />
Gericht, Datum <strong>und</strong> Az.:<br />
BVerwG, Urteil vom 25. März 1999, Az.: 7 C 12.98<br />
Tatbestand/Problem:<br />
Die Kläger beanspruchen die Feststellung ihrer Berechtigung auf Entschädigung nach dem<br />
Gesetz zur Regelung <strong>offene</strong>r <strong>Vermögensfragen</strong> (VermG). Gegenstand ihres Antrages ist ein<br />
Reichsmarkguthaben aus der Zeit vor dem 9. Mai 1945 (Uraltguthaben), dessen Umwertung<br />
im Zuge der Währungsreform überwiegend versagt worden war.<br />
Die Rechtsvorgänger der Kläger hatten bei den zuständigen DDR-Stellen mehrere Sparguthaben<br />
in Höhe von insgesamt 1.129.779,00 RM, davon 953.657,00 RM Geschäftsguthaben einer<br />
Holzgroßhandlung, zur Umwertung angemeldet. Davon wurden jedoch von der Landesfinanzdirektion<br />
Sachsen nur 40.000,00 RM zu Umwertung freigegeben. Die Umwertung der<br />
weiteren Guthaben wurden mit der Begründung abgelehnt, sie seien aus kriegs- <strong>und</strong> spekulationsbedingten<br />
Gewinnen hervorgegangen.<br />
Diese Entscheidung wurde durch den Rat des Bezirkes, Abt. Finanzen, dahingehend berichtigt,<br />
daß nunmehr 282.335,00 RM zur Umwertung freigegeben wurden.<br />
Eine gegen die Begrenzung der Höhe einer Umwertung gerichtete Eingabe der Rechtsvorgänger<br />
der Kläger beim Ministerium der Finanzen der DDR hatte eine Verböserung in der Weise<br />
zur Folge, daß der Rat des Bezirkes seine Freigabeentscheidung aufhob <strong>und</strong> es bei den<br />
40.000,00 RM gemäß der Entscheidung der Landesfinanzdirektion Sachsen blieb.<br />
Die Kläger beantragten am 30. Dezember 1992 die nachträgliche Umwertung <strong>und</strong> Auszahlung<br />
des Uraltguthabens.<br />
Das Sächsische Landesamt zur Regelung <strong>offene</strong>r <strong>Vermögensfragen</strong> (SLARoV) lehnte den<br />
Antrag mit der Begründung ab, daß keine Schädigung nach § 1 VermG vorliege. Die Kläger<br />
erhoben beim VG Dresden Verpflichtungsklage, die sie damit begründeten, daß die Ableh-<br />
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nung der Umwertung eine entschädigungslose Enteignung i. S. v. § 1 Abs. 1 Buchst. a VermG<br />
<strong>und</strong> die Aufhebung der Entscheidung des Rates des Bezirkes eine unlautere Machenschaft i.<br />
S. v. § 1 Abs. 3 VermG darstellten.<br />
Das VG hat mit Urteil - 1 K 384/96 - am 18. Dezember 1997 die Klage abgewiesen. In der<br />
Begründung heißt es, die Guthaben seien auf besatzungshoheitlicher Gr<strong>und</strong>lage (§ 1 Abs. 8<br />
Buchst. a VermG) entzogen worden. Durch eine Verordnung der Deutschen Wirtschaftskommission<br />
(DWK) vom 21. Juni 1948 <strong>und</strong> einen Befehl Nr. 111/1948 der SMAD sei bestimmt<br />
worden, daß Guthaben aus Spareinlagen, laufenden <strong>und</strong> anderen Konten eines Inhabers,<br />
die den Betrag von insgesamt 5.000,00 RM überstiegen, erst nach Feststellung ihres<br />
redlichen Erwerbs umgetauscht würden; Einkommen von Kriegsgewinnlern <strong>und</strong> durch Spekulation<br />
erzielte Gewinne (darunter habe man in weiter Auslegung Uraltguthaben verstanden,<br />
die während des Krieges erworben worden waren) sollten als nicht rechtmäßig erworben gelten<br />
<strong>und</strong> konfisziert werden. Unter Bezug auf diese Rechtsnormen seien die Uraltguthaben der<br />
Rechtsvorgänger der Kläger entwertet <strong>und</strong> damit faktisch enteignet worden. Der besatzungshoheitliche<br />
Zusammenhang habe sich auch noch auf den Bescheid des Rates des Bezirkes<br />
nach dem 7. Oktober 1949 erstreckt.<br />
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision, welche die Kläger damit begründen, daß das<br />
VG zu Unrecht von einer besatzungshoheitlichen Maßnahme ausgegangen sei. Der Befehl Nr.<br />
111/1948 SMAD habe keine unmittelbare Enteignung des Uraltguthabens bewirkt, da deutsche<br />
Stellen konstitutiv über die Höhe der Umwertung zu entscheiden gehabt hätten. Ebensowenig<br />
könne von einem von der Besatzungsmacht erteilten Vollzugsauftrag ausgegangen<br />
werden. Die Enteignung sei von dieser weder eingeleitet noch sachlich vorgeformt gewesen.<br />
Die erste enteignende Maßnahme sei der Bescheid der Landesfinanzdirektion Sachsen gewesen.<br />
Als zweiter Enteignungsakt sei die Aufhebung der bestandskräftigen Entscheidung des<br />
Rates des Bezirkes anzusehen. In beiden Fällen habe es sich um eine entschädigungslose Enteignung<br />
gehandelt. Die Aufhebung der Freigabeentscheidung des Rates des Bezirkes habe<br />
über dies eine unlautere Machenschaft dargestellt, die den Zweck verfolgt habe, das Holzhandelsunternehmen<br />
zu schädigen.<br />
Aus den Gründen:<br />
Die Revision ist nach Auffassung der BVerwG unbegründet. Im Ergebnis habe das VG die<br />
Klage zu Recht abgewiesen.<br />
Die Nichtumwertung der Uraltguthaben (Reichsmarkforderungen) habe jedoch entgegen der<br />
Annahme des VG nicht auf besatzungshoheitlicher Gr<strong>und</strong>lage beruht. Das BVerwG folgt insoweit<br />
der Auffassung der Kläger, als es ebenfalls davon ausgeht, daß der Befehl Nr.<br />
111/1948 die Umwertung nicht ausgeschlossen sondern die Entscheidung hierüber von den<br />
Ergebnissen einer späteren Prüfung eines rechtmäßigen Erwerbs abhängig gemacht habe (Nr.<br />
7 Buchst. f bezüglich laufender Konten <strong>und</strong> Spareinlagen ab 3.000,00 RM; Nr. 7 Buchst. g<br />
von Bargeld <strong>und</strong> Kontoguthaben über 5.000,00 RM). Zu dieser Überprüfung sei es vor Gründung<br />
der DDR nicht mehr gekommen, da einschlägige Bestimmungen erst nach dem 7. Oktober<br />
1949 erlassen wurden. Es könne deshalb keine Rede davon sein, daß sich die Inhaber eines<br />
Uraltguthabens bereits durch den SMAD-Befehl vollständig <strong>und</strong> endgültig aus ihrem Eigentum<br />
verdrängt sehen mußten.<br />
Zwar könne es unter bestimmten Voraussetzungen auch Fälle geben, wo eine die Gründung<br />
der DDR überdauernde Enteignungsverantwortung der Besatzungsmacht anzunehmen sei,<br />
nämlich dann, wenn unter deren Oberhoheit eine sowohl gegenständliche wie sachlich vorgeformte<br />
Enteignungsaktion eingeleitet worden war <strong>und</strong> den Handlungen oder Verlautbarungen<br />
der Besatzungsmacht ein entsprechender Vollzugsauftrag zu entnehmen sei (vgl. VG Dresden<br />
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- IX K 524/92 - VIZ 1993, 265 f. = RGV B IX 24 = BVerwGE 98, 1 - Berliner Liste 3 -;<br />
BVerwG, Urteil vom 30. Mai 1995 - 7 C 55.95 - OV-spezial 1997, 76 ff. = VIZ 1996, 451 =<br />
ZOV 1996, 302 = DtZ 1996, 358 = BVerwGE 101, 201 - Nacherfassung -; BVerwG<br />
vom 27. Juni 1996 - 7 C 53.95 - BVerwGE 101, 273 ff. = ZOV 1996, 383 ff. = ZIP 1996,<br />
1718 ff. = VIZ 1996, 577 ff. = BVerwGE 101, 273 = RGV B II 158 - Sportverein;<br />
Urteil vom 6. Dezember 1996 - 7 C 9.96 - BARoV-RÜ 05/1997 = VIZ 1997, 220 = ZOV<br />
1997, 125 = OV-spezial 1997, 233 = RGV B II 160 = Buchholz 428 § 1 VermG u. a.). Das<br />
Gericht äußerte Zweifel daran, ob ein solcher Vollzugsauftrag auch dann anzunehmen sei,<br />
wenn - wie hier - die organisatorischen <strong>und</strong> verfahrensmäßigen Voraussetzungen mit einer<br />
Richtlinie vom 30. August 1951, also erst drei Jahre später geschaffen wurden.<br />
Die Frage, ob ein Restitutionsausschluß gemäß § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG vorliege oder<br />
nicht, bedürfe jedoch im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Selbst wenn das VermG anzuwenden<br />
wäre, hätte eine Berechtigung nach diesem Gesetz nicht bestanden.<br />
Das nicht umgewertete Uraltguthaben sei nicht von einer schädigenden Maßnahme nach § 1<br />
Abs. 1 Buchst. a oder § 1 Abs. 3 VermG betroffen gewesen.<br />
Der von der DWK angeordneten Währungsreform <strong>und</strong> die vorausgegangene Auszahlungssperre<br />
<strong>für</strong> Reichsmarkguthaben habe das Merkmal der Diskriminierung gefehlt.<br />
Die Umstellung der Reichsmark <strong>und</strong> die damit einhergehende Entwertung der Reichsmarkguthaben<br />
habe unterschiedlos alle Geldeigentümer in der SBZ betroffen; sie habe der Bereinigung<br />
der Konkurslage des Deutschen Reiches <strong>und</strong> einem wirtschaftlichen Neuaufbau einschließlich<br />
geordneter Finanzen gedient. Der Umstand allein, daß Reichsmarkguthaben mit<br />
dem Inkrafttreten der Währungsreform praktisch wertlos wurden, rechtfertige nicht die Annahme<br />
einer entschädigungslosen Enteignung.<br />
Die Überprüfung des rechtmäßigen Erwerbs von Uraltguthaben habe in sachlichem Zusammenhang<br />
mit der Währungsreform gestanden. Sie habe alle Guthaben erfaßt, die bestimmte<br />
Höchstbeträge überschritten. Die Überprüfung habe sich nicht auf Personen bezogen, sondern<br />
auf ein diskriminierungsfreies sachliches Merkmal. Nur solche Geldvermögen hätten in die<br />
Währungsreform einbezogen werden sollen, die nach abstrakten <strong>und</strong> generellen Vorgaben der<br />
Besatzungsmacht rechtmäßig erworben worden waren. Ein solcher Eingriff als währungsrechtliche<br />
Maßnahme sei gesellschaftspolitisch neutral <strong>und</strong> deshalb keine rechtsstaatswidrige<br />
Enteignung gewesen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1975 - 3 C 11.74 -).<br />
Eine personenbezogene Diskriminierung ergebe sich auch nicht daraus, daß die aus kriegs<strong>und</strong><br />
spekulationsbedingten Gewinnen entstandenen Uraltguthaben als rechtswidrig erworben<br />
galten. Auch diese Regelung habe keinen Strafcharakter gehabt, sondern habe dem Ziel gedient,<br />
die Umwertungsansprüche im Interesse einer Konsolidierung der Staatsfinanzen zu<br />
begrenzen. In der Nichtberücksichtigung der nach früherem Recht entstandenen kriegs- <strong>und</strong><br />
spekulationsbedingten Reichsmarkforderungen habe kein als Diskriminierung zu mißbilligendes<br />
Sonderopfer gelegen, das der entschädigungslosen Enteignung eines rechtlich geschützten<br />
Vermögensbestandes gleichkäme. Auch nach § 1 Abs. 3 Nr. 5 AusglLeistG seien Gläubigerverluste,<br />
die im Zusammenhang mit der Neuordnung des Geldwesen gestanden hätten, von<br />
einer Ausgleichsleistung ausgeschlossen.<br />
Es hätte allerdings auch im Zusammenhang mit der Neuordnung des Geldwesens gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
ein Tatbestand einer unlauteren Machenschaft erfüllt sein können, nämlich dann, wenn<br />
im Einzelfall in manipulativer, sittlich vorwerfbarer Weise unter Verstoß gegen die Rechtsordnung<br />
der DDR gezielt auf Vermögenswerte zugegriffen worden wäre. Im vorliegenden<br />
- 38 -
- 38 -<br />
Fall scheitere aber die Annahme einer unlauteren Machenschaft bereits daran, daß weder die<br />
Kläger entsprechendes vorgetragen noch der Akteninhalt hier<strong>für</strong> entsprechendes ergeben hätten.<br />
Dem hinsichtlich der unlauteren Machenschaften unsubstantiierten Klagevorbringen sei nicht<br />
zu entnehmen, daß von den damaligen gesetzlichen Vorschriften zu Lasten der Rechtsvorgänger<br />
der Kläger abgewichen worden wäre. Die Nichtumwertung der Uraltguthaben habe offenbar<br />
auf dem Umstand beruht, daß die Rechtsvorgänger der Kläger den rechtmäßigen Erwerb<br />
ihres Vermögens nicht hätten nachweisen können.<br />
Auf unlautere Machenschaften deute auch nicht die Tatsache hin, daß die Einspruchsentscheidung<br />
des Rates des Bezirkes, durch die ein höherer Betrag zur Umwertung freigegeben<br />
worden war, nach einer Eingabe an den Präsidenten der Volkskammer aufgr<strong>und</strong> eines Schreibens<br />
des Ministeriums der Finanzen „verbösert“ worden sei. Allein daraus, daß eine den maßgebenden<br />
Rechtsvorschriften widersprechende Verwaltungsentscheidung über die Umwertung<br />
der angemeldeten Uraltguthaben auf die Eingabe des Rechtsvorgängers der Kläger zu<br />
ihrem Nachteil korrigiert worden sei, ergebe sich kein manipulativer Vermögenszugriff im<br />
Sinne des § 1 Abs. 3 VermG.<br />
Anmerkungen:<br />
Mit diesem Urteil stellt das BVerwG eine Kategorie von Vermögensverlusten klar, die nach<br />
seiner Auffassung in die DDR-Zeit fällt, jedoch keine Schädigung gemäß § 1 Abs. 1 bis 7<br />
VermG darstellt: nämlich Währungsverluste.<br />
Keine schädigende Maßnahme im Sinne des § 1 VermG liegt nach Auffassung des Gerichtes<br />
deshalb vor, weil ihr das Merkmal der Diskriminierung eines bestimmten Personenkreises<br />
fehlt. Währungsverluste entstanden aufgr<strong>und</strong> eines sachlichen, diskriminierungsfreien Merkmales:<br />
der Überschreitung eines bestimmten Höchstbetrages.<br />
Das BVerwG sieht eine solche Begrenzung der umzuwertenden Uraltguthaben im Interesse<br />
einer Bereinigung der Konkurslage des Deutschen Reiches, eines wirtschaftlichen Neuaufbaues<br />
<strong>und</strong> einer Konsolidierung der Finanzen als gerechtfertigt an.<br />
Das Gericht verweist auf eine entsprechende Bewertung dieses Sachverhaltes durch den Gesetzgeber,<br />
wie sie mit der Einordnung von Währungsverlusten unter den § 1 Abs. 4<br />
AusglLeistG - also als unter eine Kategorie, <strong>für</strong> die keine Ausgleichsleistung gewährt wird -<br />
vorgenommen wurde.<br />
Das Gericht grenzt diese Maßnahme deutlich ab von solchen, die ungeachtet einer die Gründung<br />
der DDR überdauernden Wirkung noch in die Eigenverantwortung der Besatzungsmacht<br />
fallen.<br />
Mitgeteilt von Dr. Kurt Grabarse<br />
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Erbschaftssteuer als Ausschlagungsgr<strong>und</strong>;<br />
Rechtswirksamkeit einer Entscheidung der<br />
Rehabilitierungskammer des Landgerichts<br />
Leitsatz des Bearbeiters (nicht amtlich):<br />
- 39 -<br />
§ 1 Abs. 3 <strong>und</strong> Abs. 7,<br />
§ 2 Abs. 1 VermG;<br />
§ 3 Abs. 2 StrRehaG;<br />
§ 57 Abs. 3 StGB-DDR<br />
Die Entscheidung der Rehabilitierungskammer eines Landgerichts kann dann keine Bindungswirkung<br />
<strong>für</strong> die Folgeentscheidungen nach dem Vermögensgesetz haben, wenn eine<br />
spätere Streichung von Gr<strong>und</strong>stücken aus dem Gr<strong>und</strong>buch auf anderen Ereignissen als der<br />
vom Rehabilitierungsgericht aufgehobenen Vermögenseinziehung beruhte.<br />
Gericht, Datum <strong>und</strong> Az.:<br />
BVerwG, Beschluß vom 26. März 1999, Az.: 7 B 41.99<br />
Tatbestand/Problem:<br />
Der Beschwerdeführer legte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil<br />
des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 29. Oktober 1998 - 2 K 583/95 - (siehe BARoV-<br />
RÜ 01/1999), ein.<br />
Aus den Gründen:<br />
Die Beschwerde ist nach dem Beschluß des BVerwG erfolglos.<br />
Ihr komme nicht die behauptete Rechtsgr<strong>und</strong>sätzlichkeit im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1<br />
VwGO zu.<br />
Sie möchte in einem Revisionsverfahren die Frage geklärt wissen, „welche Bindungswirkung<br />
der Entscheidung des zuständigen Landgerichts (Rehabilitierungskammer) <strong>für</strong> die Folgeentscheidung<br />
nach dem Vermögensgesetz zukommt.“<br />
Darüber wäre in einem Revisionsverfahren schon deshalb nicht zu entscheiden, weil nach den<br />
Feststellungen des VG die Mutter des Klägers seit 1966 als Eigentümerin der streitigen<br />
Gr<strong>und</strong>stücke im Gr<strong>und</strong>buch eingetragen war <strong>und</strong> ihre spätere Streichung auf andere Ereignisse<br />
als der vom Rehabilitierungsgericht aufgehobenen strafrechtlichen Vermögenseinziehung<br />
beruhte. Da sich mithin die Vermögenseinziehung spätestens seit 1966 nicht mehr ausgewirkt<br />
habe, könnten die in Rede stehenden Gr<strong>und</strong>stücke nicht Gegenstand einer Rückgabe nach § 1<br />
Abs. 7 VermG i. V. m. § 3 Abs. 2 StrRehaG sein, weil es in soweit keiner Wiedergutmachung<br />
bedürfe.<br />
Die von der Beschwerde geltend gemachten Verfahrensfehler<br />
- eine mangelnde Aufklärung <strong>und</strong><br />
- eine Verletzung des Überzeugungsgr<strong>und</strong>satzes<br />
lägen nicht vor.<br />
Mitgeteilt von Dr. Kurt Grabarse<br />
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- 41 -<br />
Rechtliches Gehör; redlicher Erwerb § 4 Abs. 2 Satz 1 VermG;<br />
Art. 103 Abs. 1 GG<br />
Gericht, Datum <strong>und</strong> Az.:<br />
BVerwG, Beschluß vom 26. März 1999, Az.: 7 B 45.99<br />
Tatbestand/Problem:<br />
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des VG Chemnitz<br />
vom 19. November 1998 - 2 K 394/94 - wurde zurückgewiesen. Eine Verletzung auf Gewährung<br />
des rechtlichen Gehörs der Kläger sei nicht gegeben. Das VG durfte einen bereits gefaßten<br />
Beweisbeschluß wieder aufheben, weil es die unter Beweis gestellten Tatsachen als<br />
wahr habe unterstellen können. Eine Vernehmung der Zeugen hätte insbesondere ergeben,<br />
daß der Rat des Kreises den Kaufvertrag mit den Beigeladenen vermittelt <strong>und</strong> diese als Käufer<br />
ausgesucht habe <strong>und</strong> nicht der zuständige Rat der Gemeinde. Dem Urteil liege aber die Auffassung<br />
zugr<strong>und</strong>e, daß die Wohnraumzuweisung ungeachtet einer möglichen gezielten Weisung<br />
des Rates des Kreises den gesetzlichen Bestimmungen entsprochen habe. Ausgehend<br />
von dieser <strong>für</strong> den Umfang seiner Aufklärungspflicht maßgeblichen Sicht des Gerichts sei der<br />
geltend gemachte Verfahrensmangel nicht erkennbar.<br />
Weiter begründe die bloße Nutzung einer Kaufgelegenheit nach der Rechtsprechung des Senats<br />
keine Unredlichkeit (BVerwG, Urteil vom 27. Januar 1994 - 7 C 4.93 - BVerwGE 95,<br />
1<strong>08</strong> ff. = ZIP 1994, 488 ff. = OV-spezial 1994, 14 f. = NJW 1994, 1359 ff. = RGV B IX 52 =<br />
VIZ 1994, 239 ff. = NJ 1994, 326 f.).<br />
Mitgeteilt von Kristof Copija<br />
- 42 -
Unlautere Machenschaft; Ausreise aus der<br />
DDR; ausreisebedingte Gr<strong>und</strong>stücksveräußerung;<br />
Anscheinsbeweis; Ausreise von Rentnern;<br />
Verkaufsverlangen des Staates; Gr<strong>und</strong>eigentum<br />
fremder Staatsangehöriger<br />
Leitsatz des Gerichts:<br />
- 43 -<br />
§ 1 Abs. 3 VermG<br />
Die Vermutung, daß die ausreisebedingte Veräußerung von Gr<strong>und</strong>stücken <strong>und</strong> Gebäuden auf<br />
unlautere Machenschaften (Nötigung <strong>und</strong> Machtmißbrauch) im Sinne von § 1 Abs. 3 VermG<br />
zurückzuführen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Februar 1996 - 7 C 59.94 - BVerwGE 100,<br />
310), gilt auch im Falle der Ausreise von Rentnern.<br />
Gericht, Datum <strong>und</strong> Az.:<br />
BVerwG, Urteil vom 29. April 1999, Az.: 7 C 13.98<br />
Tatbestand/Problem:<br />
Die klagende Gemeinde wendet sich gegen die vermögensrechtliche Rückübertragung eines<br />
Hausgr<strong>und</strong>stücks an die Beigeladenen. Der im Jahre 1985 geborene Vater des Beigeladenen<br />
war im Gr<strong>und</strong>buch eingetragener Eigentümer des streitbefangenen Gr<strong>und</strong>stücks. Da er <strong>und</strong><br />
seine Ehefrau wegen ihres altersbedingten Ges<strong>und</strong>heitszustandes zu ihren Kindern in die<br />
B<strong>und</strong>esrepublik umsiedeln wollten, beantragten sie im Oktober 1987 ihre Ausreise aus der<br />
DDR. Am 14. Dezember 1987 veräußerten sie das Hausgr<strong>und</strong>stück an das Eigentum des Volkes;<br />
der Rat der Gemeinde wurde Rechtsträger. Am 11. Januar 1988 wurde die Rechtsänderung<br />
in das Gr<strong>und</strong>buch eingetragen. Danach reiste das Ehepaar aus.<br />
Den Rückübertragungsantrag der Beigeladenen lehnte das zuständige ARoV in 1993 ab, weil<br />
ein redlicher Erwerb Dritter im Jahre 1990 vorgelegen habe. Im Widerspruchsverfahren hob<br />
das LARoV diesen Bescheid auf <strong>und</strong> übertrug den Beigeladenen das Eigentum an dem<br />
Gr<strong>und</strong>stück. Es sah den Schädigungstatbestand des § 1 Abs. 3 VermG als erfüllt an, weil die<br />
Rechtsvorgänger der Beigeladenen das Gr<strong>und</strong>stück veräußert hätten, um ausreisen zu können.<br />
Redlichen Erwerb verneinte es.<br />
Die Klägerin hat ihre nunmehr erhobene Klage darauf gestützt, daß Rentner die DDR jederzeit<br />
zu Besuchszwecken hätten verlassen können. Im Hinblick darauf habe ein Verkaufsdruck<br />
gar nicht entstehen können. Die Vermutung, daß in Ausreisefällen der Gr<strong>und</strong>stücksveräußerung<br />
eine unlautere Machenschaft zugr<strong>und</strong>e liegt, sei daher erschüttert. Das Verwaltungsgericht<br />
Chemnitz hat die Klage mit Urteil vom 16. Juli 1997 - 5 K 1093/94 - abgewiesen, da der<br />
Anscheinsbeweis aufgr<strong>und</strong> der tatsächlichen Umstände nicht erschüttert sei. Mit der zugelassenen<br />
Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.<br />
- 44 -
Aus den Gründen:<br />
- 44 -<br />
Die Revision ist nach Auffassung des BVerwG nicht begründet. Die der Klageabweisung<br />
zugr<strong>und</strong>e liegende <strong>und</strong> auf die Regeln des Anscheinsbeweises gestützte Annahme, der Veräußerung<br />
des Gr<strong>und</strong>stücks durch die Rechtsvorgänger der Beigeladenen liege eine unlautere<br />
Machenschaft zugr<strong>und</strong>e, stehe im Einklang mit dem B<strong>und</strong>esrecht.<br />
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (gr<strong>und</strong>legendes Urteil des BVerwG vom 29.<br />
Februar 1996 - 7 C 59.94 - BVerwGE 100, 310 ff. = VIZ 1996, 335 ff. = ZOV 1996, 213 ff. =<br />
NJW 1996, 1909 ff. = NJ 1996, 490 ff. = RGV B IX 147) streitet bei der ausreisebedingten<br />
Veräußerung von Gr<strong>und</strong>stücken <strong>und</strong> Gebäuden im Regelfall eine Vermutung da<strong>für</strong>, daß diese<br />
auf eine staatliche Nötigung <strong>und</strong> damit auf Machtmißbrauch im Sinne des § 1 Abs. 3 VermG<br />
zurückzuführen ist. Die nach den Gr<strong>und</strong>sätzen des Anscheinsbeweises zu erschütternde Vermutung<br />
rechtfertigt sich aus der Erfahrungstatsache, daß die mit Ausreiseangelegenheiten<br />
befaßten staatlichen Stellen in ständiger Praxis die Genehmigung der Ausreise von der vorherigen<br />
Aufgabe des Gr<strong>und</strong>eigentums durch Verkauf, Schenkung oder Verzicht abhängig gemacht<br />
haben, während die Einsetzung eines Gr<strong>und</strong>stücksverwalters nur in Ausnahmefällen<br />
gestattet wurde. Das geschah, obwohl nach den einschlägigen veröffentlichten <strong>und</strong> unveröffentlichten<br />
Vorschriften der <strong>für</strong> die Genehmigung der Ausreise erforderliche Nachweis einer<br />
ordnungsgemäßen Regelung der Gr<strong>und</strong>stücksangelegenheiten nicht nur durch Verkauf oder<br />
Schenkung, sondern auch durch Einsetzung eines Verwalters erbracht werden konnte. Diese<br />
rechtswidrige Praxis war daher <strong>für</strong> den Gesetzgeber ein typisches Beispiel staatlichen Einsatzes<br />
unlauterer Mittel (vgl. die Erläuterungen der B<strong>und</strong>esregierung zum Vermögensgesetz,<br />
BT-Drucks. 11/7831, S. 3). Die Vermutung erstreckt sich darauf, daß die staatlichen Organe<br />
in dieser Weise Druck auf den Ausreisewilligen ausgeübt haben <strong>und</strong> dieses Vorgehen ursächlich<br />
<strong>für</strong> den Vermögensverlust war.<br />
Diese Gr<strong>und</strong>sätze seien auch im Falle der Ausreise von Rentnern anwendbar. Es habe ein vergleichbarer<br />
Verkaufsdruck wie bei Personen im Erwerbsalter bestanden. Zwar konnten Rentner<br />
aus fiskalischen Erwägungen heraus unter erleichterten Voraussetzungen ausreisen (vgl.<br />
Teil A Nr. III. 1. Abs. 1 Buchst. F sowie 9. der Ordnung Nr. 0118/77 des Ministers des Innern<br />
<strong>und</strong> Chefs der deutschen Volkspolizei vom 8. März 1977 in der jeweils geltenden Fassung,<br />
abgedruckt bei Lochen/Meyer-Seitz, Die geheimen Anweisungen zur Diskriminierung Ausreisewilliger,<br />
S. 371 ff.). Dennoch war ihre Ausreise genehmigungspflichtig <strong>und</strong> setzte wie<br />
bei allen anderen Antragstellern die Abgabe einer Erklärung über die Regelung der Gr<strong>und</strong>stücksangelegenheiten<br />
voraus (vgl. Teil A Nr. III. 7. der erwähnten Ordnung Nr. 0118/77 i. V.<br />
m. der Anlage 3 Nr. 2. <strong>und</strong> der Anlage 9, a. a. O.). Auch Rentnern konnte die Genehmigung<br />
der Wohnsitzänderung versagt werden, wenn eine ordnungsgemäße Verwaltung von<br />
Gr<strong>und</strong>stücken <strong>und</strong> Gebäuden nicht gewährleistet war (vgl. Teil A Nr. III. 3. a. a. O.). Konnten<br />
Rentner demnach nur unter diesen Voraussetzungen legal ausreisen, sei als Möglichkeit sich<br />
einem rechtswidrigen Verkaufsverlangen zu entziehen, nur eine illegale Wohnsitzverlegung<br />
anläßlich einer Besuchsreise in die B<strong>und</strong>esrepublik in Betracht gekommen. Dies habe aber<br />
nicht nur dazu geführt, daß spätere Besuche der DDR ausgeschlossen gewesen seien, sondern<br />
auch dazu, daß ihr Eigentum unter staatliche Verwaltung gestellt <strong>und</strong> damit faktisch entschädigungslos<br />
verloren gewesen wäre.<br />
Die Vermutung <strong>für</strong> eine unlautere Machenschaft entfalle bei der staatlich genehmigten Ausreise<br />
von Rentnern auch nicht deswegen, weil ihnen der Verkauf des Gr<strong>und</strong>eigentums erfahrungsgemäß<br />
nicht abverlangt worden wäre. Zwar sei es vorgekommen, daß Rentnern die Ausreise<br />
gestattet wurde, ohne ihre Immobilien aufgeben zu müssen. Daß dies bei Rentnern öfter<br />
geschehen sei als bei anderen Personen im Erwerbsalter, belegten diese Einzelfälle jedoch<br />
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- 45 -<br />
nicht. Selbst wenn sich künftig ergeben sollte, daß in einzelnen Kreisen in dieser Hinsicht<br />
eine großzügigere Handhabung der Genehmigungspraxis bestanden habe, wäre damit nur <strong>für</strong><br />
deren Zuständigkeitsbereich die ansonsten weiterhin gültige Vermutung <strong>für</strong> staatlichen<br />
Machtmißbrauch erschüttert, solange kein Gr<strong>und</strong> <strong>für</strong> die Annahme besteht, daß die vereinzelten<br />
oder nur örtlich begrenzt feststellbaren Fälle Ausdruck einer generellen Praxis seien. Allein<br />
der Umstand, daß die DDR bei Rentnern anders als bei Erwerbstätigen ein volkswirtschaftliches<br />
Interesse an der Ausreise hatte, reiche <strong>für</strong> eine solche Annahme nicht aus; denn<br />
das Verlangen, das Immobiliareigentum aufzugeben, sei maßgeblich von dem Bestreben getragen<br />
gewesen, in der DDR kein Gr<strong>und</strong>eigentum fremder Staatsangehöriger entstehen zu<br />
lassen. Dieses Anliegen der DDR-Führung, das Gegenstand eines mit dem Beschluß des Ministerrats<br />
vom 23. Dezember 1976 angeordneten Maßnahmenbündels war (vgl. Fieberg/Reichenbach,<br />
Enteignung <strong>und</strong> <strong>offene</strong> <strong>Vermögensfragen</strong> in der DDR, Ergänzungsband,<br />
RWS-Dokumentation 7, Nr. 3.24 a) sei auch in Ausreisefällen uneingeschränkt verfolgt worden<br />
(vgl. MfS-Befehl Nr. 6/77 vom 18. März 1977, Anlage 5, Abschnitt 1, 9. Spiegelstrich,<br />
abgedruckt bei Lochen/Meyer-Seitz, a. a. O., S. 23 ff.). Da diese Erwägung unabhängig vom<br />
Alter oder der Berufstätigkeit des jeweiligen Antragstellers Gültigkeit gehabt habe, liege es<br />
nahe, daß Rentner von diesen unlauteren Machenschaften nicht ausgenommen gewesen seien.<br />
Anmerkungen:<br />
Im sachlichen Zusammenhang mit der obigen Entscheidung ist die Revision zum BVerwG in<br />
einem weiteren lang umstrittenen Problemfall zugelassen. In dem Verfahren - BVerwG 8 C<br />
8.99 - (Ausgangsinstanz: VG Weimar vom 9. Dezember 1998 - 1 K 430/97 -) wird geklärt<br />
werden, ob der Anscheinsbeweis <strong>für</strong> das Vorliegen einer unlauteren Machenschaft auch <strong>für</strong><br />
die Zeit vor Erlaß der Ordnung Nr. 0118/77 des Ministers des Innern <strong>und</strong> Chefs der Deutschen<br />
Volkspolizei vom 8. März 1977 „Über das Vorgehen bei der Unterbindung <strong>und</strong> Zurückdrängung<br />
von Versuchen von Bürgern der DDR, die Übersiedlung nach der BRD oder<br />
Westberlin zu erreichen ...“ (vgl. BARoV-Schriftenreihe, Heft 1, Dok. 32) Anwendung findet.<br />
Mitgeteilt von Kristof Copija