8. FREITAGSKONZERT Beethovenhalle - Beethoven Orchester Bonn
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<strong>8.</strong> <strong>FREITAGSKONZERT</strong><br />
Freitag, 13. Mai 2011, 20 Uhr<br />
<strong><strong>Beethoven</strong>halle</strong><br />
Vom Geist der Schwere<br />
<strong>Beethoven</strong> <strong>Orchester</strong> <strong>Bonn</strong><br />
Stefan Blunier Dirigent<br />
PROGRAMM
Foto: Barbara Aumüller<br />
KLASSIK<br />
BEGEISTERT<br />
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Programm<br />
Vom Geist der Schwere<br />
Anton Bruckner (1824-1896)<br />
Sinfonie Nr. 8 c-Moll WAB 108<br />
(Fassung 1890)<br />
Allegro moderato<br />
Scherzo. Allegro moderato - Trio. Langsam<br />
Adagio. Feierlich langsam, doch nicht schleppend<br />
Finale. Feierlich, nicht schnell<br />
<strong>Beethoven</strong> <strong>Orchester</strong> <strong>Bonn</strong><br />
Stefan Blunier Dirigent<br />
19.25 Uhr: Einführung mit Stefan Blunier<br />
„Die Einzigartigkeit Anton Bruckners“
4<br />
Besetzung<br />
Anton Bruckner<br />
Sinfonie Nr. 8 c-Moll WAB 108<br />
(Fassung 1890)<br />
Uraufführung Fassung 1890:<br />
1<strong>8.</strong> Dezember 1892 im Musikvereinssaal in Wien<br />
3 Flöten<br />
3 Oboen<br />
3 Klarinetten<br />
3 Fagotte (3. auch Kfg ad lib.) 1 Kontrabasstuba<br />
2 Harfen<br />
Pauke, Schlagzeug<br />
Streicher<br />
8 Hörner (5.-<strong>8.</strong> auch Tenortube)<br />
3 Trompeten<br />
3 Posaunen<br />
Anton Bruckner auf einem Gemälde von Ferry Bératon, 1890
Gustav Klimt, Musik (1895)<br />
„Vielleicht lässt sich durch eine Umarbeitung<br />
viel erreichen“<br />
(Hermann Levi)<br />
Monumental, gigantisch und sakral – das sind nur einige Attri-<br />
bute, die dem sinfonischen Schaffen Anton Bruckners zuge-<br />
schrieben werden. Bruckner: Komponist – Kirchenmusiker –<br />
Musikpädagoge. Seinem musikalischen Werk war erst späte<br />
Anerkennung zuteil geworden.<br />
Bruckners Wurzeln lagen im ländlichen oberösterreichischen<br />
Ansfelden, wo er als Sohn eines Schulmeisters und dessen<br />
Ehefrau Therese am 4. September 1824 zur Welt gekommen und<br />
in einer kinderreichen Familie aufgewachsen war. Das Augusti-<br />
nerchorherrenstift St. Florian prägte den tiefgläubigen Bruck-<br />
ner als Jugendlichen. Umgeben von prachtvoller Barockarchi-<br />
tektur lernte er das Orgel-, Violin- und Generalbass-Spiel. Die<br />
Bruckner-Forschung konstatierte: „Die orchestrale Wirkung<br />
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dieser neben der Orgel von St. Stephan in Wien größten Kirchenor-<br />
gel Österreichs [gemeint ist die 94 Registerzüge umfassende<br />
Orgel in St. Florian] nährte die musikalische Vorstellungskraft<br />
des Reifenden in denkbar mächtigster Weise.“ Das erklärt,<br />
weshalb noch heute von der registerartigen Instrumentierung<br />
in Bruckners Werken die Rede ist.<br />
Nach Stationen als Dorfschullehrer wurde Bruckner 1848 Stifts-<br />
organist in St. Florian und 1856 Domorganist zu Linz. Hier<br />
machte ihn seine außergewöhnliche Improvisationskunst<br />
allmählich bekannter. Für ihn, der in Linz nie ins Theater ging,<br />
sondern ausschließlich am Konzertleben teilnahm, wurde<br />
jedoch 1863 der Besuch einer Linzer Aufführung von Richard<br />
Wagners „Tannhäuser“ unter der Leitung seines Studienlehrers,<br />
dem Linzer Kapellmeister und Cellisten Otto Kitzler, zum<br />
Schlüsselerlebnis. Kitzler regte Bruckner zur inhaltlichen Ausei-<br />
nandersetzung mit Komponisten der so genannten Neudeut-<br />
schen Schule an, darunter Franz Liszt und Richard Wagner.<br />
Bruckner war Wagner anlässlich einer „Tristan“-Aufführung in<br />
München 1865 zum ersten Mal persönlich begegnet und entwi-<br />
ckelte eine tiefe Wagner-Verehrung, die wenig zu tun hat mit<br />
jener Art von Ergebenheit, die ihm die Nachwelt attestierte. Er<br />
hatte künstlerisches Selbstbewusstsein genug, um später die<br />
zahlreichen Umarbeitungen seiner Sinfonien mit der für ihn<br />
charakteristischen Sorgfalt auszuführen. Unter seinen Zeitge-<br />
nossen galt Bruckner als intellektuell unbedarft und einfältig.<br />
Er war allerdings von einem tiefen Bedürfnis nach sozialem<br />
Aufstieg beseelt, den er durch Studien in Formenlehre, Instru-<br />
mentation und Komposition konsequent verfolgte und der ihm<br />
schließlich mit dem Antritt einer Professorenstelle für Musik-<br />
theorie und Orgelunterricht als Nachfolger seines Lehrers
Simon Sechter am Wiener<br />
Konservatorium im Herbst<br />
1868 auch gelang.<br />
Mit der Komposition der „Sin-<br />
fonie Nr. 1 c-Moll“ im Jahre<br />
1865 war der Kirchenkompo-<br />
nist Bruckner zum Sinfoniker<br />
geworden. Allerdings war der<br />
Uraufführung dieser Sinfonie<br />
vor einem musikalisch wenig<br />
ausschlaggebenden Linzer<br />
Publikum 1868 nur dürftiger<br />
Erfolg beschieden. Die voll-<br />
Bruckner-Darstellung als<br />
geschnittene Silhouette von<br />
Otto Böhler, Wien, um 1890<br />
kommene Neuheit der Brucknerschen Sinfonik wurde damals<br />
nicht verstanden: Allzu sehr war man an die Klänge Robert Schu-<br />
manns und Felix Mendelssohn Bartholdys sowie an die Musik<br />
der Wiener Klassik gewöhnt. Und Johannes Brahms’ erste Sinfo-<br />
nie wurde erst acht Jahre später, nämlich 1876, in Karlsruhe<br />
uraufgeführt.<br />
Bruckner und das Wiener Musikleben<br />
Das Wiener Musikleben der 1870er und 1880er Jahre polarisierte<br />
zwischen Brahms und Bruckner. Dieser Zwist, auch Wiener<br />
Parteienstreit genannt, entbehrte jeglicher Sachlichkeit und<br />
wurde auch gar nicht von den betroffenen Antipoden selbst<br />
betrieben. Er provozierte jedoch eine Polemik gegen Bruckner,<br />
die das schmählichste Kapitel in der Geschichte der Musikkritik<br />
werden sollte. Letztlich unterzogen die Anhänger des konserva-<br />
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8<br />
tiven Lagers, also das Stammpublikum der Wiener Philharmoni-<br />
ker, das der „absoluten Musik“ eines Johannes Brahms anhing,<br />
alles Neuartige, das von Wagner, Liszt und Bruckner ausging,<br />
einer vernichtenden Kritik. Hierbei hatten es Wagner mit seinen<br />
Musikdramen und Liszt mit seinen Symphonischen Dichtungen<br />
verhältnismäßig leicht, weil sie sich – anders als Bruckner – von<br />
der traditionellen Sinfonik nach <strong>Beethoven</strong> ohnehin bereits<br />
distanziert hatten. Bruckner dagegen hielt an der sinfonischen<br />
Sprache in abgewandelter und – das ist entscheidend – in erwei-<br />
ternder Form fest. Hätte Bruckner Opern geschrieben, wäre er<br />
vermutlich nie mit Brahms ins Gehege gekommen.<br />
Bruckner hatte 1873 seine „Sinfonie Nr. 3 d-Moll“, die bei ihrer<br />
Uraufführung 1877 in Wien ein Fiasko erlebte, Richard Wagner<br />
gewidmet. Er besuchte Wagner 1882 in Bayreuth, um den<br />
Aufführungen von „Parsifal“ beizuwohnen. Und nachdem<br />
Wagner am 13. Februar 1883 in Venedig verstorben war, schrieb<br />
Bruckner trauernd seine „Sinfonie Nr. 7 E-Dur“. Dieses Werk<br />
verschaffte ihm endlich die lang ersehnte Anerkennung, aller-<br />
dings nicht im streitbaren Wien, sondern bezeichnenderweise im<br />
ausländischen Leipzig. Hier führte die Uraufführung der „Sieb-<br />
ten“ unter der mitreißenden Leitung von Arthur Nikisch am 30.<br />
Dezember 1884 zu einem überwältigenden und triumphalen<br />
Erfolg – ein Novum für Bruckner. Es folgten weitere Aufführun-<br />
gen an anderen Orten, darunter eine unter dem meisterhaften<br />
Dirigat von Hermann Levi 1885 in München, bei der Bruckner<br />
selbst anwesend war. Diese Aufführung begründete Bruckners<br />
Weltruhm.
Die „Achte“ im Kontext<br />
von Erfolg und Niederlage<br />
Der Erfolg, für den vor allem die Interpretation von Levi gesorgt<br />
hatte, spornte Bruckner an, eine weitere Sinfonie zu schreiben,<br />
erhöhte aber zugleich seine persönlichen Erwartungen an die<br />
Ästhetik des neuen Werks. Die<br />
Entstehungszeit der achten<br />
Sinfonie sollte sich deshalb auf<br />
über drei Jahre erstrecken. In<br />
einem auf den 4. September<br />
1887 datierten Brief vertraute<br />
Bruckner Levi an: „Halleluja!<br />
Endlich ist die Achte fertig und<br />
mein künstlerischer Vater muß<br />
der erste sein, dem diese Kunde<br />
wird.“ Die Levi vorgelegte<br />
achte Sinfonie fiel bei ihrer<br />
Begutachtung allerdings gänz-<br />
lich durch. Levi lobte zwar die Themen der Sinfonie, hatte aber<br />
dem gigantischen Werk gegenüber große Zweifel. Er hielt die<br />
Sinfonie für unaufführbar und begründete dies mit der in seinen<br />
Augen „unmöglichen Instrumentation“. Außerdem sei sie durch<br />
das „fast Schablonenmäßige der Form“ der siebten Sinfonie zu<br />
ähnlich. Der letzte Satz sei „ein verschlossenes Buch“.<br />
Daraufhin unternahm der erschrockene Bruckner die Umarbei-<br />
tung „nach bestem Wissen und Gewissen“. Dieses Bemühen<br />
unterbrach tragischerweise für Jahre die Arbeiten an der bereits<br />
begonnenen neunten Sinfonie. Ihr Finalsatz blieb unvollendet.<br />
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Die an der achten Sinfonie vorgenommenen Neuerungen bestan-<br />
den aus der formalen Änderung des Schlusses vom Kopfsatz.<br />
Dieser endete nun anstatt in einem dreifachen Fortissimo in<br />
einem dreifachen Pianissimo und sparte die dynamische Kraft-<br />
entladung für das Finale auf. Bruckner vergrößerte außerdem das<br />
<strong>Orchester</strong> klanglich um Becken, Triangel und Harfen und verdrei-<br />
fachte die Holzbläser. Die vorgeschriebenen acht Hörner (darun-<br />
ter das fünfte bis achte im Wechselspiel mit den Tuben) blieben<br />
nicht mehr nur auf den Finalsatz beschränkt, sondern kamen in<br />
allen vier Sätzen zum Einsatz. Die musikalischen Themen als<br />
solche ließ Bruckner allerdings unverändert. Dennoch blieb bei<br />
der Umarbeitung kein einziger Takt unangetastet, wodurch es<br />
sich bei der zweiten Fassung der achten Sinfonie um die einge-<br />
hendste Revision handelt, die Bruckner je vorgenommen hat.<br />
Trotz des enormen Fleißes, den Bruckner bei der Umarbeitung<br />
aufbrachte, war es zum Bruch zwischen dem Dirigenten Levi und<br />
dem nun psychisch angeschlagenen Komponisten gekommen.<br />
Levi leitete regelmäßig im Zeitraum von 1882 bis 1894 Wagners<br />
„Parsifal“ in Bayreuth. Wie kein anderer verkörperte er den von<br />
Wagner geforderten neuen Dirigententypus, der, umfassend<br />
gebildet, die von ihm interpretierten Werke verinnerlichte und so<br />
sein Publikum überzeugte. Allmählich war Levi, der auch Werke<br />
von Brahms und Strauss leitete, nach eigenem Bekunden „auf<br />
großen Umwegen und nach vielen inneren Kämpfen ‚Wagnerianer’“<br />
geworden. Er hatte sich den Werken Wagners vollständig zu- und<br />
jenen Bruckners abgewendet. Und er war nicht mehr bereit,<br />
Bruckners achte Sinfonie in der 1890 beendeten, zweiten<br />
Fassung aufzuführen, sondern empfahl sie seinem Kollegen Felix<br />
Weingartner. Dieser begann in Mannheim mit den aufgrund der<br />
Länge des Werks zeitintensiven Proben, folgte aber 1891 einem
Ruf nach Berlin und ließ Bruck-<br />
ners Sinfonie kurzerhand<br />
fallen. Auf diese Weise fiel das<br />
Dirigat auf den Brahms-<br />
Dirigenten Hans Richter, der<br />
die zweite Fassung der achten<br />
Sinfonie am 1<strong>8.</strong> Dezember<br />
1892 in Wien im Rahmen der<br />
Philharmonischen Konzerte<br />
mit dem Wiener Hofopernor-<br />
chester unerschrocken und<br />
unter unerwartet tosendem<br />
Beifall erfolgreich uraufführte.<br />
Es war übrigens das einzige<br />
Hans Richter als Dirigent einer<br />
Brucknerschen Sinfonie,<br />
geschnittene Silhouette von<br />
Otto Böhler, Wien, um 1892<br />
Werk, das an diesem Abend aufgeführt wurde. Bruckner hatte,<br />
nebenbei bemerkt, seine achte Sinfonie dem Kaiser Franz Joseph<br />
I. gewidmet, der wiederum großzügig für die Druckkosten<br />
aufkam.<br />
Rezeption und Würdigung<br />
Lediglich aus der Ecke des einflussreichen Musikkritikers und<br />
Brahms-Verehrers Eduard Hanslick kamen beinahe unver-<br />
meidbare und für das damalige Wien typische Spötteleien als<br />
Reaktion auf die Uraufführung. Bezugnehmend auf einen<br />
Programmtext von Joseph Schalk, in dem außermusikalische<br />
Charakterisierungen Bruckners – wie beispielsweise die<br />
Begriffe „Deutscher Michel“ für das Scherzo, „Kosackenritt“<br />
oder „Dreikaiserzusammenkunft“ für den letzten Satz –<br />
Aufnahme gefunden hatten, schrieb Hanslick: „Der Verfasser<br />
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des Programms ist nicht genannt, doch leicht erraten wir den<br />
Schalk, der seinem Herrn am wenigsten verhaßt ist. Durch ihn<br />
erfahren wir denn, dass das verdrießlich aufbrummende Haupt-<br />
thema des ersten Satzes die Gestalt des aisschyläischen<br />
Prometheus sei! Unmittelbar neben dem aisschyläischen<br />
Prometheus steht aber der ‚Deutsche Michel’. Im Adagio<br />
bekommen wir nichts Geringeres zu schauen als den allieben-<br />
den Vater der Menschheit in seiner ganzen unermeßlichen<br />
Gnadenfülle! Da das Adagio genau 28 Minuten dauert, also<br />
ungefähr so lange wie eine ganze <strong>Beethoven</strong>-Symphonie, so<br />
wird uns für diesen Anblick gehörig Zeit gelassen. Das Finale<br />
endlich, das uns mit seinen barocken Themen, seinem konfusen<br />
Aufbau und unmenschlichen Getöse nur als ein Muster von<br />
Geschmacklosigkeit erschien, ist laut Programm: ‚der Herois-<br />
mus im Dienst des Göttlichen’!“<br />
Als „Sieg des Lichtes über die Finsternis“ bezeichnete wieder-<br />
um der bei der Uraufführung anwesende Komponist Hugo<br />
Wolf den Sturm der Begeisterung über die achte Sinfonie. Am<br />
Folgetag wusste die Presse zu berichten, dass Hans Richter<br />
und das Wiener Hofopernorchester „gerechte Ansprüche auf<br />
einen der vielen Lorbeerkränze“ erworben hätten, „die der mit<br />
Beifall überschüttete Componist nach jedem Satze der Sympho-<br />
nie“ empfangen habe.<br />
Hörimpulse<br />
Es mag nicht verwundern, dass es angesichts der zeitlichen<br />
Ausdehnung der vier Sätze beim ersten Hören schwer fällt,<br />
eine Übersicht über die drei (und nicht wie sonst üblich zwei)<br />
Themen der Exposition im ersten Satz, die Überleitungen, die
thematischen Umkehrungen<br />
und dergleichen mehr zu<br />
erhalten. Hilfreich mögen<br />
einige von Musikwissen-<br />
schaftler Professor Wolfram<br />
Steinbeck formulierte Cha-<br />
rakterisierungen zum sinfo-<br />
nischen Werk Bruckners<br />
sein, die das Hören erleich-<br />
tern: „Das Schematische an<br />
Bruckners symphonischem<br />
Konzept ist nicht zu leugnen.<br />
[…] Bruckners kompositori-<br />
scher Satz beruht auf dem<br />
Prinzip der Reihung und Schichtung festgefügter, ,blockhafter’<br />
Bausteine, das sich wiederum hierarchisch auf alle Ebenen des<br />
Satzes auswirkt, horizontal ebenso wie vertikal.“<br />
Bruckner empfängt nach der<br />
Uraufführung der achten Sinfonie<br />
den Lorbeerkranz, vermutlich<br />
Otto Böhler, Wien, um 1892<br />
Solche Aussagen finden sich im ersten Satz bestätigt. In den<br />
ersten 22 Takten bilden drei rhythmische Zellen Stabilität<br />
und Orientierung. Es sind dies nacheinander: das die Sinfonie<br />
eröffnende Tremolo in den Violinen (gestützt von zwei<br />
Hörnern), das punktierte Motiv in den tiefen Streichern und<br />
der typische Bruckner-Rhythmus, der innerhalb eines Taktes<br />
eine Duole mit einer Triole kombiniert. Im Kontrast zu diesen<br />
rhythmischen Eindeutigkeiten steht eine harmonische Insta-<br />
bilität. Hierfür sorgt der Anfangston, der auf „f“ steht und<br />
nicht auf dem zu erwartenden Grundton „c“, der Haupttonart<br />
dieser Sinfonie in c-Moll, vom Charakter her eine düstere<br />
Tonart. Und auch nach mehrfachen Rückungen (harmonisch<br />
unverbundene Tonartenwechsel) in großen und kleinen<br />
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14<br />
Sekundschritten wird die Grundtonart c-Moll allenfalls<br />
berührt, aber nicht erreicht. Diese hörbare Schwebung birgt<br />
die „Gefahr“ der Auflösung funktionaler Beziehungen<br />
zwischen den Akkorden. Das vertraute Spannungs- und<br />
harmonische Auflösungsmoment zwischen Dominante und<br />
schließender Tonika entfällt. Stattdessen bricht nach den<br />
ersten zarten 22 Einleitungstakten die Wiederholung des<br />
Themas im Fortissimo auf.<br />
Die Instrumentierung bildet eine Klammer um extreme Tiefen<br />
und extreme Höhen, einen Kontrast zwischen Streichern und<br />
Bläsern, ein stetes Wechselspiel. Motive, die mit melodischer<br />
Erfindung wenig gemein haben, reihen sich zu unendlichen<br />
Ketten aneinander, werden vom umfangreichen Blechbläser-<br />
satz zur Höhepunktbildung dynamisch verstärkt und brechen<br />
plötzlich ab. Nach Steinbeck „werden Bruckners berühmte<br />
Höhepunktballungen und -durchbrüche zum ebenso akustisch<br />
wie formal und strukturell herausragenden Ereignis.“<br />
Im zweiten Satz, einem Scherzo, kehrt das derb stampfende<br />
und robuste Grundthema, das die tiefen Streicher im dritten<br />
Takt vorstellen, beständig in verschiedenen Stimmgruppen<br />
wieder, mal in seiner Reinform, mal in seiner Umkehrung, mal<br />
abgesetzt, mal gebunden, mal laut, mal leise. Dazwischen<br />
steht ein lyrisches Trio, in dem die Harfen zum Einsatz<br />
kommen und die Streicher bisweilen wie bei Mendelssohn<br />
flimmern.<br />
„Feierlich langsam, doch nicht schleppend“ ist der dritte Satz<br />
überschrieben, ein fast halbstündiges Adagio. In aller Ruhe<br />
erhält jeder melodische Einfall Raum und Zeit zur Entfaltung.<br />
Im Unterschied zum Kopfsatz geht es weniger um Themen als<br />
vielmehr um harmonisches Fortspinnen, nicht immer bruchlos,
aber dennoch ineinander greifend. Dieser an Schönheiten<br />
reiche Satz drückt der achten Sinfonie ihren charakteristischen<br />
Stempel auf, rätselhaft und schier unüberschaubar zu sein.<br />
Steinbeck folgerte, dass genau dies ein Teil des sinfonisch<br />
Wesentlichen bei Bruckner sei.<br />
Der Finalsatz übertrifft an Lautstärke alles zuvor Gehörte, was<br />
der Sinfonie bisweilen den Beinamen als „Apokalyptische“<br />
beschert. Wie im Kopfsatz lösen drei Themenkomplexe einan-<br />
der ab, bieten aber zugleich genügend Raum für lyrische<br />
Passagen. Die Fülle an Einfällen kulminiert in einer Überei-<br />
nanderschichtung thematischen Materials aus allen vier<br />
Sätzen in den allerletzten Takten. Bruckners kontrapunkti-<br />
sches Experiment erreicht hier seinen Gipfel.<br />
Julia Beemelmans<br />
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16<br />
<strong>Beethoven</strong> <strong>Orchester</strong> <strong>Bonn</strong><br />
In Konzerten in <strong>Bonn</strong>, sowie im In- und Ausland transportiert<br />
das <strong>Beethoven</strong> <strong>Orchester</strong> <strong>Bonn</strong> den Ruf der Stadt im Geiste <strong>Beethoven</strong>s<br />
in die Welt. Die Präsentation ausgefallener Programme<br />
ist ein Hauptgedanke in der künstlerischen Arbeit. Exemplarisch<br />
dafür steht die Aufnahme der „Leonore 1806“ – einer Frühfassung<br />
von <strong>Beethoven</strong>s Oper „Fidelio“. Was Richard Strauss als<br />
einer der ersten Gastdirigenten des <strong>Orchester</strong>s begann, setzten<br />
später Max Reger und Sergiu Celibidache, Günter Wand und<br />
Dennis Russell Davies fort: sie setzten wichtige Impulse in der<br />
Entwicklung zu einem dynamisch agilen Klangkörper, der von<br />
der Fachpresse als herausragend bewertet wurde und wird.<br />
Seit 2008/2009 ist Stefan Blunier Generalmusikdirektor. Mit<br />
großer Leidenschaft berührt er das Publikum und begleitet es<br />
auf einer großen musikalischen Reise. Dazu gehört neben der<br />
regulären Opern- und Konzerttätigkeit des <strong>Orchester</strong>s eine<br />
ausgedehnte Kinder- und Jugendarbeit.<br />
Das <strong>Beethoven</strong> <strong>Orchester</strong> <strong>Bonn</strong> zählt zur Spitzenklasse der deutschen<br />
<strong>Orchester</strong>, und wird weit über die Grenzen <strong>Bonn</strong>s hinaus<br />
als einer der bedeutendsten deutschen Klangkörper wahrgenommen.<br />
<strong>Beethoven</strong> <strong>Orchester</strong> <strong>Bonn</strong><br />
Foto: www.wichertzelck.com
Stefan Blunier<br />
Der 1964 in Bern geborene Dirigent Stefan Blunier studierte in<br />
seiner Heimatstadt und an der Folkwang Hochschule Essen<br />
Klavier, Horn, Komposition und Dirigieren. Nach Stationen in<br />
Mainz, Augsburg und Mannheim, war er bis 2008 Generalmusikdirektor<br />
am Staatstheater Darmstadt. Am 1. August 2008 übernahm<br />
Stefan Blunier die Position des Generalmusikdirektors der<br />
<strong>Beethoven</strong>stadt <strong>Bonn</strong>. Seine Konzertprogrammgestaltungen<br />
haben das Publikum in den vergangenen Spielzeiten begeistert.<br />
Unter seiner charismatischen Führung zog ein neues musikalisches<br />
Bewusstsein im <strong>Orchester</strong> und Publikum ein. Der Erfolg<br />
des Dirigenten mit dem <strong>Beethoven</strong> <strong>Orchester</strong> <strong>Bonn</strong> hat überregionales<br />
Interesse an der Musik aus <strong>Bonn</strong> geweckt.<br />
Stefan Blunier produziert CDs für SONY, CPO und MDG. Seine CD-<br />
Einspielungen mit dem <strong>Beethoven</strong> <strong>Orchester</strong> <strong>Bonn</strong> (Schönberg,<br />
Franz Schmidt, Eugen d’Albert, Bruckner u. a.) offenbaren musikalische<br />
Raritäten, und werden von der Fachpresse in höchsten<br />
Tönen gelobt.<br />
Mit Beginn der Saison 2010/2011 wurde Stefan Blunier zum<br />
„Premier Chef Invité” des Orchestre National de Belgique in<br />
Brüssel ernannt.<br />
Stefan Blunier<br />
Foto: Barbara Aumüller<br />
17
THEATER- UND KONZERTKASSE<br />
Tel. 0228 - 77 8008<br />
Windeckstraße 1, 53111 <strong>Bonn</strong><br />
Fax: 0228 - 77 5775, theaterkasse@bonn.de<br />
Öffnungszeiten: Mo - Fr 9.00 - 1<strong>8.</strong>30 Uhr, Sa von 9.00 - 16.00 Uhr<br />
Tel. Vorbestellung: Mo - Fr 10.00 - 15.30 Uhr, Sa 9.30 - 12.00 Uhr<br />
Kasse in den Kammerspielen<br />
Am Michaelshof 9, 53177 Bad Godesberg<br />
Tel. 0228 - 77 8022<br />
Öffnungszeiten: Mo - Fr 9.00 - 13.00 Uhr und 14.00 - 1<strong>8.</strong>00 Uhr,<br />
Sa 9.00 - 12.00 Uhr<br />
print@home: Karten buchen & drucken von zu Hause aus<br />
BONNTICKET: 0228 - 50 20 10, www.bonnticket.de<br />
Fax: 0228 - 910 41 914, order@derticketservice.de<br />
IMPRESSUM<br />
<strong>Beethoven</strong> <strong>Orchester</strong> <strong>Bonn</strong><br />
Generalmusikdirektor<br />
Stefan Blunier<br />
Wachsbleiche 1<br />
53111 <strong>Bonn</strong><br />
Tel. 0228 - 77 6611<br />
Fax 0228 - 77 6625<br />
info@beethoven-orchester.de<br />
www.beethoven-orchester.de<br />
Redaktion<br />
Markus Reifenberg<br />
Brigitte Rudolph<br />
Texte<br />
Julia Beemelmans<br />
Gestaltung<br />
res extensa, Norbert Thomauske<br />
Druck<br />
Druckerei Carthaus, <strong>Bonn</strong><br />
Bildnachweise:<br />
Für die Überlassung der Fotos<br />
danken wir den Künstlern und<br />
Agenturen.<br />
HINWEISE<br />
Wir möchten Sie bitten, während des<br />
gesamten Konzertes Ihre Mobiltelefone<br />
ausgeschaltet zu lassen.<br />
Wir bitten Sie um Verständnis, dass<br />
wir Konzertbesucher, die zu spät<br />
kommen, nicht sofort einlassen<br />
können. Wir bemühen uns darum,<br />
den Zugang zum Konzert so bald<br />
wie möglich – spätestens zur Pause<br />
– zu gewähren. In diesem Fall<br />
besteht jedoch kein Anspruch auf<br />
eine Rückerstattung des Eintrittspreises.<br />
Wir machen darauf aufmerksam,<br />
dass Ton- und/oder Bildaufnahmen<br />
unserer Aufführungen durch jede<br />
Art elektronischer Geräte strikt<br />
untersagt sind. Zuwiderhandlungen<br />
sind nach dem Urheberrechtsgesetz<br />
strafbar.<br />
Das <strong>Beethoven</strong> <strong>Orchester</strong> <strong>Bonn</strong><br />
behält sich notwendige Programm-<br />
und Besetzungsänderungen vor.
<strong>Beethoven</strong> <strong>Orchester</strong> <strong>Bonn</strong><br />
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Kulturpartner des<br />
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