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Download PDF - Pastoral für Menschen mit Behinderung

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wie es in der Geschichte der Kirche oft gewesen ist.<br />

Trösten meint von seiner griechischen Wortbedeutung her<br />

unter anderem „hinzutreten“: Es kommt jemand, der sich<br />

dem leidenden <strong>Menschen</strong> an die Seite stellt, um <strong>mit</strong> ihm<br />

die Situation seines Lebens zu durchschreiten, ihm nichts<br />

vormacht und das beim Namen nennt, was beim Namen<br />

zu nennen ist und darin zum Trost wird. Es geht um einen<br />

Trost, der trägt und nicht trügt, wie der Tübinger<br />

<strong>Pastoral</strong>theologe Ottmar Fuchs es einmal ausdrückte. Das<br />

ist eine spannende und schwierige Aufgabe.<br />

„Ermutigung zur Leidensfähigkeit“ ist ein Begriff aus Ihrer<br />

Konzeption der „Heilsamen Seelsorge“. Wie geht das?<br />

Reuter: Indem wir gemeinsam das Leiden eines<br />

<strong>Menschen</strong> anschauen, indem wir es <strong>mit</strong>einander zur<br />

Sprache bringen und darüber in Austausch treten, lassen<br />

wir die Fixiertheit auf die Leidbefreiung hinter uns. Der<br />

Kranke kann hier seine Gebrochenheit, die Bruchstück -<br />

haftigkeit und Unvollständigkeit seines Lebens zum<br />

Ausdruck bringen, <strong>mit</strong>teilen. Genau das kann sich als sehr<br />

ermutigend, tröstend und hoffnungsvoll erweisen. Durch<br />

das Miteinandersprechen, durch den „Zauber der Worte“<br />

kann manchmal Wandel passieren, von dem man zu<br />

Beginn eines Gesprächs noch nichts ahnte. Das ist ja<br />

schon in der Bibel nachzulesen. Dadurch, dass zwei<br />

<strong>Menschen</strong> <strong>mit</strong>einander sprechen, kann sich ihnen<br />

tatsächlich eine neue Dimension erschließen. Die<br />

Emmaus-Jünger haben eine solche Erfahrung gemacht.<br />

Der auch leiderfahrene Christus kommt hinzu, wenn sich<br />

zwei über ihre Leiderfahrungen austauschen. Nach und<br />

nach eröffnet sich ihnen ein neuer, ein heilsamer Raum.<br />

Wann ist Seelsorge heilsam?<br />

Reuter: Seelsorge ist heilsam, gerade dann, wenn sie <strong>mit</strong><br />

dem Leiden rechnet, dem Leidenden nahe bleibt und sich<br />

<strong>für</strong> Hoffnung und Trost stark macht. Theologisch gesprochen:<br />

Seelsorge steht in der eschatologischen Spannung.<br />

Sie kennt die Gewissheit, dass das Heil <strong>für</strong> die <strong>Menschen</strong><br />

in Jesus Christus als dem gekreuzigt Auferstandenen<br />

schon begonnen hat und schon wirkt. Zugleich weiß sie<br />

darum, dass dieses Heil in unserem Leben immer auch<br />

noch aussteht. Das verdeutlichen die Leidenserfahrungen<br />

<strong>Behinderung</strong> & <strong>Pastoral</strong> /Aus den Diözesen und den Gremien der Arbeitsstelle _ 49<br />

der <strong>Menschen</strong>. Diese Spannung von „schon“ und „noch<br />

nicht“ der Erlösung nicht zu leugnen, das ist die Aufgabe<br />

der Seelsorge.<br />

Welche Roolle spieleen GGottesdiiensst und Gebet in der<br />

Seelsorge <strong>mit</strong> psychisch kraanken Mensschen??<br />

Reuter: Der Gottesdienst bietet den Raum, in den alle<br />

<strong>Menschen</strong> <strong>mit</strong> ihren Lebenserfahrungen, und das sind<br />

immer auch Leidenserfahrungen, in die Trostgemeinde<br />

hineingerufen sind. Hier ist Raum <strong>für</strong> die Erfahrung, trotz<br />

allen Leids gehalten zu werden und gestützt zu sein.<br />

Durch Gottes Wort und Gottesdienst gestärkt, können<br />

<strong>Menschen</strong> dann ermutigt in ihren Alttag gehen. Auch das<br />

Gebet spielt eine große Rolle. Viele beten traditionelle<br />

Gebete wie das „Vater unser“ oder das „Gegrüßet seist du,<br />

Maria“ oder Gebete, die sie von Kind an kennen. Bei vielen<br />

<strong>Menschen</strong> sind es ganz einfache, existenzielle Worte,<br />

die sie aussprechen oder aufschreiben. Kaum ein seelsorgliches<br />

Gespräch geht ohne Gebet zu Ende. Das<br />

Fürbittenbuch, was in der Kapelle unserer Klinik ausliegt,<br />

ist ein Zeichen <strong>für</strong> die Gewissheit, dass stellvertretend <strong>für</strong><br />

die psychisch kranken <strong>Menschen</strong> gebetet und da<strong>mit</strong> das<br />

Leiden Gott anheim gegeben wird. Gerade psychisch<br />

kranke <strong>Menschen</strong> haben, wie die Beter der alttestamentlichen<br />

Psalmen, oft keine andere Möglichkeit mehr, als ihre<br />

Not Gott entgegenzuschreien. Seelsorge stellt da<strong>für</strong> einen<br />

Raum bereit. Sie ist sozusagen selbst ein Raum <strong>für</strong> die<br />

Klage. Dahinter steht die Erfahrung, dass die Klage sich zuweilen<br />

schon im Aussprechen ein wenig wandelt. Der<br />

Gottesdienst ist hier<strong>für</strong> der geeignete Ort.<br />

Kontakt: Wolfgang.Reuter@lvr.de<br />

*Pfarrer Dr. Wolfgang Reuter ist Klinikpfarrer und<br />

Psychoanalytiker. Er ist Koordinator der Seelsorge <strong>für</strong><br />

<strong>Menschen</strong> <strong>mit</strong> <strong>Behinderung</strong> und psychischer Erkrankung<br />

im Raum Düsseldorf/Neuss. Er arbeitet seit 20 Jahren am<br />

LVR-Klinikum der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf<br />

als Klinikseelsorger.<br />

Dieses Interview erschien zuerst auf www.kirchensite.de<br />

(Bistum Münster).

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