Nr. 36, Januar - Deutsches Down-Syndrom InfoCenter
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Positive Neubewertung<br />
Eltern von Kindern mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong><br />
im Kindergarten- und Schulalter haben<br />
im Zusammenleben mit ihrem Kind<br />
meistens die Schwierigkeiten der ersten<br />
gemeinsamen Zeit überwunden. Viele<br />
berichten, wie sie durch die Auseinandersetzung<br />
mit der Behinderung neue<br />
Wertmaßstäbe gewonnen haben und<br />
zunehmend lernten, „die Welt mit anderen<br />
Augen zu sehen“. Die gemeinsame<br />
Auseinandersetzung mit der Behinderung<br />
des Kindes kann auch dazu<br />
führen, dass sich die Beziehungen zum<br />
Partner, zu anderen Verwandten und zu<br />
Freunden vertiefen und stärken. Indem<br />
es den Eltern gelingt, ihre bisherigen<br />
Lebensentwürfe, Einstellungen, beruflichen<br />
und familiären Pläne den veränderten<br />
Bedingungen anzupassen, wird<br />
es möglich, das Zusammenleben mit<br />
dem Kind nicht nur als erschwerende<br />
Aufgabe, sondern auch als Sinn stiftende<br />
Erfahrung zu bewerten. Nachdem<br />
der Schock über die Diagnose verarbeitet<br />
werden konnte, sind dieser Wertewandel<br />
und die positive Einstellung der<br />
meisten Eltern ein Ergebnis, das von<br />
vielen Untersuchungen in den unter-<br />
Der junge Mann hat seine Zukunftswünsche in<br />
einer Collage dargestellt und erklärt nun, wie er<br />
sich seine Zukunft vorstellt<br />
Nach den ersten Jahren<br />
Seminare für Eltern mit Kindergartenund<br />
Schulkindern<br />
schiedlichsten Ländern berichtet wird.<br />
So wurde in einer japanischen Erhebung<br />
festgestellt: „We do not regret having<br />
children with <strong>Down</strong> syndrome …<br />
and are pleased to see them grow in the<br />
same manner as parents with healthy<br />
children“ (Tatsumi-Miyajima u.a.,1997).<br />
Eine deutsche Befragung ergab ebenso,<br />
dass „Eltern, die über entsprechende<br />
Sinndefinitionen und Ressourcen zur<br />
Lebensführung verfügen, das Kind mit<br />
<strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong>, wie jedes andere Kind<br />
und wie jede andere Lebensaufgabe<br />
auch, Sinn stiftend und in diesem Sinne<br />
bereichernd für die persönliche Lebenssituation<br />
empfinden“ können (Klatte-Reiber,<br />
1997, 189). Entsprechend<br />
wurde von 50 % der befragten Eltern<br />
angegeben, „ihr Leben heute als sinnerfüllter“<br />
zu empfinden als vor der Geburt<br />
ihres Kindes mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> (ebd.).<br />
(1. Alle Zitate sind der Auswertung des<br />
Seminars „In den ersten Jahren“ in Marburg<br />
vom April 1999 entnommen.)<br />
Familiensituation<br />
Eine positive Bewältigung des Zusammenlebens<br />
mit dem behinderten Kind<br />
ELTERNARBEIT<br />
hängt auch von der Familienstruktur ab.<br />
Geschwisterkinder sind für die Sozialisation<br />
aller Kinder von Bedeutung; für<br />
behinderte Kinder sind sie zudem wichtige<br />
nicht behinderte Spielpartner und<br />
erleichtern oft auch den natürlichen<br />
Kontakt zu anderen Kindern im außerfamiliären<br />
Bereich. Die Familiensituation<br />
von Kindern mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> hat<br />
deshalb auch Auswirkungen auf ihre<br />
Möglichkeiten der Integration und Partizipation<br />
in das soziale Umfeld und sie<br />
prägt Erwartungshaltungen und Einstellungen<br />
der Familie. Deshalb gibt ein<br />
Vergleich von Familien, die ein Kind mit<br />
<strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> haben, mit anderen Familien<br />
auch Hinweise auf die jeweiligen<br />
Lebensbedingungen.<br />
In den letzten Jahrzehnten ist die<br />
Kinderzahl deutlich gesunken und es<br />
gibt heute viele Zwei- und Ein-Kind-Familien.<br />
Zudem wird die Erstelternschaft<br />
im Durchschnitt zeitlich später geplant.<br />
In den Seminaren für Eltern, die ein<br />
Kind mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> haben 1, zeigte<br />
sich, dass in diesen Familien die Kinderzahl<br />
etwas über den durchschnittlichen<br />
Angaben liegt, dass aber das Alter<br />
der Eltern bei der Geburt eines Kindes<br />
mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> – entgegen der allgemeinen<br />
Erwartung – der normalen Altersstruktur<br />
von Eltern heute entspricht<br />
und keine deutlichen Abweichungen<br />
aufweist.<br />
So waren bei der Geburt des Kindes<br />
mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> von den Müttern 45<br />
% und von den Vätern 32 % im Alter von<br />
20 bis 30 Jahren, 31 bis 35 Jahre waren<br />
45 % der Mütter und 42 % der Väter. Zur<br />
Gruppe der Eltern über 35 Jahre, an die<br />
in der Bevölkerung oft gedacht wird,<br />
wenn über Kinder mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong><br />
gesprochen wird, gehörten nur 10 % der<br />
Mütter und 26 % der Väter. Eine japanische<br />
Elternbefragung ergibt gleichfalls,<br />
dass 82 % der Frauen bei der Geburt ihres<br />
Kindes mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> unter 35<br />
Jahre alt waren, mit einem Durchschnittsalter<br />
von 31 Jahren (Tatsumi-<br />
Miyajima u.a.,1997). In einer Schweizer<br />
Untersuchung wird zudem festgestellt,<br />
„dass die Anzahl der Kinder mit <strong>Down</strong>-<br />
<strong>Syndrom</strong> bei Müttern im Alter von 35<br />
Jahren und mehr abnimmt und dass die<br />
Zahl der Kinder mit Trisomie von Müttern<br />
unter 35 Jahren ... steigt“ (Jeltsch-<br />
Schudel, 1999, 55). Es ist anzunehmen,<br />
dass die generelle Tendenz zu einer späteren<br />
Erstelternschaft, das mittlere Alter<br />
einer Mutter ist in den letzten beiden<br />
Leben mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> <strong>Nr</strong>. <strong>36</strong>, Jan. 2001 29