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Nr. 36, Januar - Deutsches Down-Syndrom InfoCenter

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Gelegenheit zur Ermutigung<br />

Angebote am Rande der Frühförderung<br />

Wolfgang Ursel<br />

Erstveröffentlichung in „Frühförderung interdisziplinär” 19. Jg., 2000, Heft<br />

1, Ernst Reinhart Verlag München / Basel. Mit freundlicher Genehmigung<br />

des Verlags und des Autors.<br />

Eine interessante Mischung von Eltern-Bildungsseminar<br />

und kreativer Familienfreizeit stellen die Veranstaltungen<br />

dar, bei denen sich Eltern mit Kindern in der Frühförderung<br />

und deren Geschwister in der Bildungs- und<br />

Erholungsstätte Langau bei Steingaden in Oberbayern<br />

begegnen können.<br />

Im Folgenden werden nicht nur wesentliche Themen der<br />

Elternbildung im Mittelpunkt stehen. Vielmehr wird erläutert,<br />

warum Begegnungsformen aufgeteilt nach den<br />

unterschiedlichen Rollen und Personen im „System Familie“<br />

sinnvoll sind. Die sich so bietenden Gelegenheiten<br />

zur Ermutigung stärken alle Familienangehörigen.<br />

D<br />

as Langauer Modell zur Förderung<br />

eigenständiger Elternarbeit in der<br />

Frühförderung wird in diesem Jahr 15<br />

Jahre alt. Ein guter Anlass, diesen kleinen<br />

Randbereich der Frühförderung in<br />

den Blick zu nehmen. Als die Etablierung<br />

des Systems Frühförderung in<br />

Bayern gelungen war, also ein fast<br />

flächendeckendes Netz von interdisziplinären<br />

Beratungs- und Behandlungsstellen<br />

geschaffen war, sollte zum Thema<br />

Elternarbeit ein landesweit tätiger<br />

Anlaufpunkt ergänzende Impulse setzen.<br />

Professor Otto Speck, Professor<br />

Heiner Keupp, Dr. Martin Thurmair und<br />

andere entwickelten mit Projektleiter<br />

Friedrick Wolf aus der Bildungs- und<br />

Erholungsstätte Langau die Konzeption<br />

der eigenständigen Elternarbeit zur<br />

Gründung autonomer Elterngruppen.<br />

Was heute weitgehend als sinnvoll<br />

anerkannt ist, auch weil der zitierte „Paradigmenwechsel<br />

in der Frühförderung“<br />

das „System Familie“ in allen seinen<br />

Untergliederungen als beachtenswert<br />

erscheinen lässt, war damals eher<br />

eine Provokation für das Selbstver-<br />

ständnis vieler Professioneller.<br />

Heute haben sich diese Wogen geglättet.<br />

Die vielen Anfragen und Angebote<br />

zur Kooperation zeigen, dass die<br />

Institution des landesweiten Elterngruppenreferenten<br />

in Bayern als Ergänzung<br />

willkommen ist. Die Gelegenheit<br />

zur Ermutigung („Empowerment“), die<br />

die Erholungsstätte Langau bietet, wird<br />

von immer mehr Frühförderstellen in<br />

Bayern weitergegeben und so von immer<br />

mehr jungen Familien angenommen.<br />

Wenn die personellen Kapazitäten<br />

vorhanden wären, könnten die Begegnungsangebote<br />

sogar noch ausgeweitet<br />

werden.<br />

Das Grundprinzip Begegnung<br />

Die Gelegenheit zur offenen, relativ tabufreien<br />

Begegnung von Eltern braucht<br />

Orte und Personen des Vertrauens. Junge<br />

Eltern fragen manchmal, wo sie andere<br />

Betroffene kennen lernen können.<br />

Häufig reichen ihnen die Treffpunkte,<br />

Stammtische, Elternkreise, die bei vielen<br />

Frühförderstellen existieren. Manch-<br />

ELTERNARBEIT<br />

mal finden sie noch nichts Passendes<br />

vor Ort. Sie wollen über ihren familiären<br />

Raum hinausblicken, besitzen jedoch<br />

noch nicht den Mut, selbst etwas anzuregen.<br />

Nun wenden sich diese, an sich<br />

offenen und neugierigen Personen, einem<br />

Hinweis von den Kollegen/innen<br />

der Frühförderstellen folgend, an die<br />

Bildungs- und Erholungsstätte Langau.<br />

Dort treffen sie auf ein besonderes<br />

Setting, in dem Begegnungswochenenden<br />

und -wochen für betroffene Eltern<br />

mit ihren Kindern gestaltet werden. Dieses<br />

Angebot besteht seit 1985 und ist<br />

aus der Angebotspalette der Bildungsund<br />

Erholungsstätte Langau nicht mehr<br />

wegzudenken. Ihren besonderen Charme<br />

bekommen die Angebote durch die<br />

vielen ehrenamtlich Tätigen, die mit<br />

dem Elterngruppenreferenten zusammen<br />

den Eltern eine Situation bieten,<br />

die nahezu ideal ist, um sich zu öffnen.<br />

Nicht die Kinder und nicht die geeigneten<br />

oder notwendigen Therapieformen<br />

mit ihren Möglichkeiten und Grenzen<br />

sind an diesem Ort das Hauptthema,<br />

sondern die Befindlichkeit der betroffenen<br />

Eltern. Je früher sie den Kontakt mit<br />

anderen Eltern suchen, desto besser.<br />

Aber manche brauchen erst zwei bis<br />

drei Jahre, um Kraft und Mut zur Begegnung<br />

zu schöpfen.<br />

Den Geist, der bei diesen Angeboten<br />

herrscht, möchte ich in vier Schlüsselsätzen<br />

charakterisieren und kurz erläutern:<br />

„Wir Eltern wissen, worum es geht.“<br />

Die Eltern sind die Experten des Alltags.<br />

Sie wissen um die wichtigen<br />

Fragestellungen und genießen das<br />

Forum der Auch-Betroffenen, in<br />

dem sie sich respektiert fühlen.<br />

„Wir sind o.k.“<br />

Es gibt keine besser oder schlechter<br />

zu bewertende Familie, sondern eine<br />

jede Familie ist ein gleichberechtigtes<br />

„Projekt gelingenden Lebens“<br />

an sich.<br />

„Ich muss nicht immer alles können.”<br />

Die Offenheit für Hilfe ist der Schlüssel<br />

für das Entdecken der eigenen<br />

Ressourcen. Häufig sind die ehrenamtlich<br />

Mitarbeitenden der Langau<br />

neben den Kollegen/innen in den<br />

Frühförderstellen die ersten und<br />

einzigen „fremden Personen, denen<br />

das „Sorgenkind“ über einen länge-<br />

Leben mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> <strong>Nr</strong>. <strong>36</strong>, Jan. 2001 35

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