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Nr. 36, Januar - Deutsches Down-Syndrom InfoCenter

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INTEGRATION<br />

Nicolas an seinem neunten Geburtstag<br />

und Mathematik (beides je einmal in der<br />

Woche) fiel mindestens zu 50 % aus,<br />

dafür erhielten die Schüler regelmäßig<br />

Kochunterricht sowie Förderung des<br />

handwerklichen Geschicks, indem sie<br />

auf einem Hocker stehend bereits elektrische<br />

Maschinen (Sägen und Bohrer)<br />

bedienen durften. Hierbei wurden aus<br />

Sicherheitsgründen die Kinder an den<br />

Händen geführt – „schließlich gehe es ja<br />

nur darum, dass die Schüler mal ein Gefühl<br />

für die Maschinen bekämen“ (Aussage<br />

des Werklehrers).<br />

Das ganze Schuljahr über waren die<br />

Kinder hauptsächlich mit Feiern von<br />

Festen und häufigem Essen beschäftigt.<br />

Da Nicolas aufgrund einer Duodenalstenose<br />

feste Essensregeln einhalten musste,<br />

dies jedoch durch die häufigen<br />

Mahlzeiten nicht beachtet werden konnte,<br />

fing er auch wieder an, nachts häufig<br />

zu erbrechen (wie zuletzt in der<br />

Säuglingszeit).<br />

Die Methode des Lese- und Schreibunterrichts<br />

sowie die Einführung des<br />

Umgangs mit Mengen war so, wie man<br />

sie keinem normalen Grundschulkind<br />

zumuten würde. So durften die Kinder<br />

z.B. ihre ersten Schreiberfahrungen in<br />

Schreiblineatur für die 3. Klasse machen.<br />

(Ich bin von Beruf selbst Grundschullehrerin.)<br />

Aufgrund seiner Verdauungsproble-<br />

48 Leben mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> <strong>Nr</strong>. <strong>36</strong>, Jan. 2001<br />

me durfte Nicolas das Mittagessen zu<br />

Hause einnehmen und hatte am Nachmittag<br />

schulfrei. So hatte ich die Möglichkeit,<br />

ihn nachmittags zu fördern,<br />

und er lernte bis auf ein paar wenige<br />

Buchstaben Lesen und Schreiben nach<br />

einem ganz normalen Grundschulwerk<br />

sowie den Umgang mit Mengen im Zahlenraum<br />

bis 10.<br />

Nach zirka einem halben Jahr waren<br />

mein Mann und ich, bedingt durch die<br />

allnächtlichen Ruhestörungen, mit unseren<br />

Nerven am Ende und wir stellten<br />

nach einem erneuten Gutachten von<br />

Prof. Dr. Etta Wilken (Empfehlung der<br />

Schule für Lernbehinderte oder auch integrative<br />

Beschulung möglich, unter<br />

Berücksichtigung bestimmter Rahmenbedingungen)<br />

beim Kultusministerium<br />

einen Antrag auf integrative Beschulung.<br />

Nicolas wird in die Regelschule<br />

integriert<br />

Im März 1997 fand dann ein Gespräch<br />

an der Grundschule unseres Wohnbereiches<br />

statt, zusammen mit dem Schulleiter,<br />

dem zuständigen Schulrat für<br />

Sonderschulen sowie einem Vertreter<br />

des Oberschulamtes Freiburg. Der Versuch<br />

einer integrativen Beschulung<br />

wurde beschlossen und vom Staatlichen<br />

Schulamt (SSA) wurden vier Kooperati-<br />

onsstunden mit der Förderschule in<br />

Aussicht gestellt.<br />

So wurde unser Sohn mit einem weiteren<br />

behinderten Kind (Spina Bifida) in<br />

die erste Klasse eingeschult (14<br />

Schüler). Da wir in Schulnähe wohnen,<br />

konnte er nach einer Woche den Schulweg<br />

allein bewältigen – worauf er sehr<br />

stolz war. Er fand gleich Anschluss in<br />

seiner Klasse und ging sehr gern in seine<br />

neue Schule. (Nicolas kannte zuvor<br />

keine Kinder aus dem Dorf, da wir zur<br />

Kindergartenzeit noch in einem anderen<br />

Ort wohnten.)<br />

Schwierig gestaltete sich der Informationsfluss<br />

zwischen Elternhaus und<br />

Schule, da der Klassenlehrer erst eine<br />

Woche vor Unterrichtsbeginn erfuhr,<br />

dass er diese Klasse erhält, und wenig<br />

vorbereitet schien und unser Sohn<br />

durch seine Sprachspeicherprobleme<br />

uns mündliche Informationen des Lehrers<br />

über die Schüler an die Eltern nicht<br />

weitergeben konnte.<br />

Durch ein wöchentliches Treffen<br />

(Vorschlag der Kooperationsstelle des<br />

SSA) und ein Kontaktheft konnte man<br />

bei diesem Problem zeitweilig Abhilfe<br />

schaffen.<br />

Im ersten Schuljahr arbeitete Nicolas<br />

am selben Programm mit wie seine<br />

Klasse. In Deutsch mit großem Efolg, in<br />

Mathematik mit optischen Hilfsmitteln.<br />

Damit er für Lehrer und Klasse in diesem<br />

Fach nicht zur Last würde, wurden<br />

anspruchsvollere Aufgaben immer zu<br />

Hause vorgearbeitet, die leichten für die<br />

Schule gelassen.<br />

Schwierigkeiten<br />

Der Kooperationslehrer, der für zwei<br />

Stunden pro Woche unserem Sohn zugeteilt<br />

war, kam so unregelmäßig, dass<br />

er weder für unseren Sohn noch für den<br />

Klassenlehrer eine Hilfe war.<br />

Dasselbe in der zweiten Klasse. Mit<br />

Beginn des kleinen Einmaleins (2. Halbjahr)<br />

konnte Nicolas mit dem Tempo in<br />

Mathematik nun nicht mehr Schritt halten.<br />

Zwar bereitete ich dem Lehrer zur<br />

inneren Differenzierung Arbeitsmaterialien<br />

für Nicolas vor – aber irgendwie<br />

schien es nicht zu gehen.<br />

So besannen wir uns auf eine Umschulung<br />

auf eine Förderschule. Schlimmes<br />

stand mir bevor! Der eine Schulleiter<br />

beleidigte mich total entwürdigend,<br />

indem er von Übelkeit in Zusammenhang<br />

mit meinem Namen sprach (aufgrund<br />

übler Nachrede), der andere hielt

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