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Otto Emersleben

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Erdkundler aus aller Welt in eine noch weit nähere Beziehung. Er rettete mir bei<br />

einem Eisenbahnunglück, von dem ein durch uns beide für die Rückfahrt von St.<br />

Louis nach Neuyork gemeinsam benutzter Zug betroffen wurde, das Leben. Wir<br />

waren seitdem in losem Kontakt geblieben. Von Cooks Plan, Peary am Pole<br />

zuvorzukommen, hatte ich Kenntnis, wenngleich diese Kenntnis auch durchaus<br />

keine Einzelheiten betraf. Nun hatte er also seine Absicht wahrgemacht!<br />

Peary gab, sobald er die Bedeutung der überraschenden Neuigkeit für sein weiteres<br />

Vorgehen in vollem Umfang begriff, Bartlett unwirsch zu verstehen, er werde - wie<br />

er sich ausdrückte - jedwede Anmaßung Cooks, die Eroberung des Nordpols<br />

betreffend, in aller Schärfe zurückweisen. Sei er erst wieder in der zivilisierten<br />

Welt, wolle er mit rücksichtslosem Nachdruck erklären, selbst als erster und<br />

einziger Weißer am Pole gestanden zu haben. Wer Peary kennt, konnte ahnen, was<br />

er meinte, wenn er von "rücksichtslosem Nachdruck" sprach. Der Mann ist ein<br />

wahrer Bullenbeißer unter den Entdeckungsreisenden. Während des<br />

Beisammenseins mit ihm unter den Bedingungen arktischen Lebens war mir<br />

Gelegenheit geworden, den sauberen Herrn Fregattenkapitän Peary genauestens<br />

kennenzulernen. Ich will hier nur soviel dazu sagen: ein feiner Mann war er nicht.<br />

Es ist so mancher äußerlich ein Ehrenmann, im Stillen aber voller Niedertracht. Mir<br />

graute vor dem, was er als Überraschung für die sogenannte zivilisierte Welt<br />

bereithielt.<br />

Schon die Absicht, einen Streit dieser Art vom Zaune zu brechen, schien mir eine<br />

Ungeheuerlichkeit. Der Nordpol, nichts als ein Punkt im dahintreibenden Eis,<br />

festgelegt lediglich durch mathematische Konventionen --- . Ich will mich hier nicht<br />

wiederholen und erinnere nur an jene Eisscholle: heute als Pol angesehen, morgen<br />

von diesem schon meilenweit entfernt. Seit ich selbst am Pole gestanden, spürte<br />

ich diesen Dingen gegenüber eine große Gelassenheit.<br />

Nach unserer Rückkehr zur “Roosevelt” zog ich mit den Eskimos in hastig<br />

errichtete Schneehäuser neben dem Schiff und hing meinen Gedanken nach. Daß<br />

weder Peary noch Cook um meinen einsamen Ausflug zum Pole wußte, machte<br />

meine Rolle im Hinblick auf den sich abzeichnenden Zweikampf der beiden<br />

besonders pikant. In dem Duell, sagte ich mir, konnte ich unmöglich abseits<br />

stehen. Einerseits war ich in der Lage, aufgrund eigener Sextantenmessungen zu<br />

bezeugen, daß Peary nicht bis zum Pole gekommen, sondern gut hundert Meilen<br />

davon entfernt umgekehrt war; andererseits brannte ich darauf, Näheres über den<br />

Verlauf von Cooks Expedition zu erfahren. Mein Vorsatz, den eigenen Polsieg für<br />

mich zu behalten und niemandem auch nur ein Sterbenswörtchen davon zu sagen,<br />

blieb von dieser Neugierde unberührt.<br />

So schnell es ging mußte auch ich nach Europa. Wie die Dinge nun einmal lagen,<br />

gab es keinen anderen Weg dorthin als den von Doktor Cook beschrittenen. Auch<br />

ich mußte ein Walfangschiff finden, welches mich aufnahm.<br />

Durch die Eskimos mit dem Nötigsten an Ausrüstung, Vorräten und Ratschlägen<br />

versehen, brach ich allein auf, eisfreien Gewässern entgegen. Die Inuit überließen

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