Otto Emersleben
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Andererseits war ich meinen Reisegefährten dankbar, daß sie mich nicht gänzlich<br />
unbewaffnet auf die Reise geschickt hatten. Vielmehr war ich von ihnen mit einem<br />
vollen Satz herkömmlicher Jagdmittel ausgestattet worden, nur hatte sich mir in<br />
Anbetracht des bisher herrschenden schlechten Wetters noch keine Gelegenheit<br />
geboten, damit zum Schuß zu kommen.<br />
Da sah ich plötzlich, deutlich als schwarze Punkte vom Weiß der Talsohle<br />
abgesetzt, die beiden Bullen vor mir. Sie mochten noch zwei- oder dreihundert<br />
Meter entfernt sein, doch war ich mit derlei Werten vorsichtig, seit ich mich<br />
mehrfach dabei ertappt hatte, in der blinkenden Weite Entfernungen grob<br />
unterschätzt zu haben. Es dauerte nicht lange, da hatten die Hunde Witterung<br />
aufgenommen und stürmten ungeduldig voran. Mit einer tastenden Handbewegung<br />
versicherte ich mich der auf dem Schlittengepäck bereitliegenden Lanze und nahm,<br />
kaum war dies geschehen, das Messer zur Hand. Mit raschen Griffen schnitt ich<br />
drei Hunde aus dem straff gespannten Zuggeschirr frei.<br />
Sie schnellten los, der Beute entgegen. Die am Schlitten verbliebenen Tiere zerrten<br />
laut kläffend das Gefährt hinterdrein. Erst jetzt merkte das Wild die Gefahr. Die<br />
Ochsen hatten scharrend nach Futter gesucht, nun hoben sie die Köpfe. Ich konnte<br />
vor ihren Nüstern Atemwölkchen ausmachen. Die Augen blieben unter dem<br />
fransigen Fell verborgen. Wie beinerne Tragjoche lasteten den kurzen, gedrungenen<br />
Körpern imposant geschwungene spitze Hörner auf, schreckliche Waffen, war der<br />
Jäger nicht auf der Hut.<br />
Noch ehe die Hunde die beiden Tiere erreichen konnten, verließen diese den Platz,<br />
an dem sie geäst. Sie flüchteten mit einer Behendigkeit, die ich ihnen nicht<br />
zugetraut, dem Abhang am Rande des Taleinschnitts zu. Kaum hatten sie, unter<br />
Keuchen voranhastend, diesen erreicht, wurden sie von den Hunden gestellt. Die<br />
drei bellten wütend und machten gemeinsam Front gegen die Bullen, anstatt sie<br />
einzukreisen. Das gab dem Wilde Gelegenheit, sich gehörig in Positur zu stellen.<br />
Kleine Haufen aus Felsgeröll im Rücken, senkten die beiden Ochsen die Köpfe und<br />
harrten des Angriffes durch die Hunde. Die Körperkonturen des Paares, ohnehin<br />
nur unscharf durch wehendes Langhaarfell markiert, verschwammen zum Umriß<br />
eines einzigen, massigen Tieres mit vier drohend lauernden Hörnern.<br />
Kein Wunder: die Hünde zögerten. Doch kaum war ich mit dem Schlitten heran<br />
und ließ die Peitsche über die Köpfe der Zugtiere hinweg hinter ihnen klatschen,<br />
gingen sie zur Attacke über. Sobald der erste der drei Angreifer, ein kräftiger<br />
schwarzweißer Rüde, mit gebleckten Zähnen vorgeprellt war, fuhr der Fellkoloß<br />
seine vier Hornspitzen aus, und der Hund retirierte winselnd. Erneuter Angriff,<br />
diesmal durch alle drei Hunde, erneuter Rückzug. Ich war inzwischen nicht untätig<br />
gewesen. Ich hatte den Schaft der Lanze ergriffen und diesen in die hölzerne<br />
Speerschleuder eingeführt, welche der Eskimo so geschickt handhabt. Die lederne<br />
Schlaufe der Schleudervorrichtung spürte ich fest um die Rechte, die auch im<br />
Pelzhandschuh meine Waffe sicher beherrschte. Gerade hob ich den Arm zum<br />
Wurf, da flog der schwarzweiße Rüde in hohem Bogen durch die Luft, direkt auf<br />
das Zuggespann zu. Blut troff dem tödlich getroffenen Tier von der Seite und