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Otto Emersleben

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doch gab es trotz aller Unterschiede zu menschlichen Wohnplätzen in anderen<br />

Gegenden unserer Erde - ob in einer Siedlung am Rande des Buschs im Sudan, ob<br />

in Kurdistan oder sonstwo - eine Gemeinsamkeit. Die Kinder des Dorfes<br />

sprangen, sobald mein Schlitten die Gemarkung erreicht hatte, um das Gefährt<br />

herum und verfolgten es mit lautem Gejohle. Das wäre auch in meinem<br />

Heimatstädtchen Ernstthal im sächsischen Erzgebirge oder im Sudan nicht anders<br />

gewesen.<br />

In den höchsten Tonlagen verkündeten die kleinen Krakeeler: "Ein fremder<br />

Schlitten, ein fremder Schlitten mit zwei Kabluna!" (Das von ihnen benutzte<br />

Inuit-Wort für Weiße bedeutet eigentlich wörtlich: Leute aus dem Süden).<br />

Sichtlich erfreut verkündeten sie: “Hurra - wir haben Besuch!” und deuteten,<br />

sobald sie Whitney erkannten, dessen Rückkehr auf ihre Weise: "Onkel Harry ist<br />

von einem fremden Kabluna gefangen worden!" Einige versuchten doch<br />

tatsächlich, übermütig springend Whitneys Fellkleidung zu erhaschen und sich<br />

daran festzukrallen, vermutlich in der Absicht, ihn zu “befreien”. Laut lachend<br />

schüttelte der Yankee sie ab und rief ihnen, von ihrem Übermute angesteckt,<br />

etwas zu, von dem ich nur das Wort sagdloc - zu deutsch: unwahr - verstehen<br />

konnte; alles andere wehte an mir vorbei.<br />

Ich ließ die Hunde in ruhigen Trott fallen und schaute mich um. Am oberen<br />

Rande der Siedlung erkannte ich einige Häuser, von denen das Dach über der<br />

Wohnkammer und dem Einstiegsstollen entfernt worden war, eine hygienische<br />

Maßnahme zur Durchlüftung der Winterbehausungen. Der Umzug der Familien<br />

von Etah in die von ihnen während der Sommermonate benutzten tupik, Zelte aus<br />

mehreren Schichten von Häuten und Fellen, war in vollem Gange, obwohl nach<br />

meinem Empfinden die herrschenden Temperaturen noch zu wünschen übrig<br />

ließen. Ehe der nächste Winter sich einstellte, würden die Familien ihre<br />

ausgetrockneten Anwesen neu mit Steinen und Erde abdecken und sie wieder<br />

beziehen.<br />

"Wir fahren am besten erst einmal zu mir!", riß Whitneys Stimme mich aus<br />

meinen Gedanken. Er deutete mit dem Arm in eine Richtung jenseits der<br />

Erdhütten und Zelte, die ich per Peitschenschwung an die Hunde weitergab. Zu<br />

meiner größten Überraschung hieß er mich schließlich vor einer halb im Schnee<br />

vergrabenen Bretterbude amerikanischer Machart halten, die mir durchaus<br />

bekannt vorkam. Doch hätte ich in diesem Augenblick nicht sagen können, in<br />

welchem Zusammenhang ich das Gebäude schon einmal gesehen hatte. "So, da<br />

wären wir", sagte mein Fahrgast und sprang vom Schlitten.<br />

Die Hunde beruhigend, so gut mir dies möglich war, blickte ich mich um und<br />

bemerkte dabei den Felsvorsprung, der das Haus vor den schlimmsten<br />

Verwehungen schützen mochte. Diese Besonderheit war mir nicht im Gedächtnis<br />

geblieben, doch stellte sich unabhängig davon langsam meine Erinnerung an die<br />

Umstände ein, unter denen ich diese Hütte schon einmal gesehen hatte, wenn auch<br />

nicht an genau dieser Stelle. "Gestatten Sie eine Frage, Sir", sagte ich, mir den<br />

Schnee aus der Fellhose klopfend.<br />

"Ja, gern. Aber kommen Sie doch erst einmal herein."<br />

"Sogleich. Sagen Sie bitte - hat dieses Häuschen nicht, ehe Peary mit der<br />

'Roosevelt' den Anker zum Aufbruch nach Norden lichtete, an einer ganz anderen

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