Otto Emersleben
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Geldstrafe von dreißigtausend Dollar verurteilt, hatte Herr Bennett die Brieftasche<br />
gezückt und dreißig Tausenddollarscheine auf den Richtertisch geblättert.<br />
Erwarte Sie übermorgen Freitag zwanzig Uhr Paris---. Gewohnt, seine Mitarbeiter<br />
mit Telegrammen dieser Art über den Großen Teich und nötigenfalls um die ganze<br />
Welt zu hetzen, hatte er sich mir gegenüber zweifellos im Tone vergriffen. Doch<br />
war ich nicht in der Stimmung, ihm deswegen gram zu sein. Die Frage war: Was<br />
würde er von mir wollen? Und - zu welchen Bedingungen? Da ich in der Villa<br />
Shatterhand vorerst, so harsch das auch klingen mochte, nichts mehr zu suchen<br />
hatte, überlegte ich nicht erst lange. Der Mensch lebt, solange er reist. Ich packte<br />
ein frisches Hemd, Zahnbürste und Schlafanzug in ein Handköfferchen und ging<br />
zum Bahnhof. Die ersten Seiten meines neuen Buches ließ ich zurück, wo sie<br />
waren: auf dem Schreibtische.<br />
In Leipzig und Mannheim mußte ich umsteigen. Während der Zug sich bereits der<br />
französischen Grenze näherte, zerbrach ich mir noch immer den Kopf darüber,<br />
was JGB wohl von mir wollen mochte. Er hatte, ehe er sich zunächst für Peary<br />
und im Verlauf der Kontroverse zwischen den beiden schließlich für Cook<br />
entschied, bei Entdeckunsgreisen schon mehrfach die Hände im Spiel gehabt. Der<br />
spektakulärste Fall darunter war wohl die Entsendung des jungen Henry Morton<br />
Stanley in den Urwald Zentralafrikas geblieben, wo Doktor Livingstone auf der<br />
Suche nach den Quellen des Nil seit Jahren verschollen war. Dem blutjungen<br />
Korrespondenten, der schon vorher als Kriegsberichterstatter in Nahost für den<br />
“Herald” tätig gewesen, hatte JGB mit dieser Expedition die Chance seines Lebens<br />
geboten. Und obzwar die Dinge bei mir doch gänzlich anders lagen und ich ja noch<br />
nicht einmal wußte, ob er mir wirklich nur sagen wollte: Finden Sie Doktor Cook,<br />
so wie er Stanley befohlen hatte, Livingstone zu finden, machte ich mir meine<br />
Gedanken. Wie würde er mich zu gewinnen suchen? Und - warum verfiel er gerade<br />
auf mich?<br />
Am Freitagnachmittag hatte das Grübeln ein Ende. Um fünf Uhr erreichte ich den<br />
Pariser Ostbahnhof. Ich flanierte geruhsam den nach Süden führenden Boulevard<br />
entlang, querte gutgelaunt, aber zum Umfallen müde die Insel in der Seine, grüßte<br />
im Vorbeiwandern die Türme von Notre Dame, nahm in einem von Studenten<br />
frequentierten Bistro an meinem Wege einen herzhaft mit Kapern gewürzten<br />
Croque Monsieur mit einem Glase Burgunder zu mir und war präzise um acht im<br />
Deux Magots.<br />
Den Tisch, an dem JGB Hof hielt, konnte man weder übersehen noch überhören.<br />
In vertrautem Kreis saß er da, jedermann becherte, speiste und war an der<br />
allgemeinen, recht laut geführten Unterhaltung beteiligt, von der jedoch unter dem<br />
Kläffen der sechs, acht oder gar zehn Schoßhündchen der unterschiedlichsten<br />
Rassen, die Bennett umsprangen, nichts zu verstehen war. Ich trat auf ihn zu und<br />
nannte, indem ich mich kurz verneigte, meinen Namen. Er war begeistert, mich zu<br />
sehen und sagte etwas von deutscher Pünktlichkeit. Sodann wies er einen Kellner