28 Zoom 3, 2, 1, meins! * Partnersuche im Internet – ein Selbstversuch
Zoom Die Auswahl ist riesig. »Finden Sie den Partner, der wirklich zu Ihnen passt. Liebe ist kein Zufall« – das versprechen die großen Onlinepartnerportale. Glück scheint planbar und ganz nah, oder? Eine Mitarbeiterin der <strong>Neue</strong>n <strong>Szene</strong> wagte den Selbstversuch Im Moment weiß ich noch nicht, wie ich mich damit fühlen soll, 90 Euro für eine dreimonatige Mitgliedschaft bei Elitepartner bezahlt zu haben. Dabei habe ich im Twen-Special noch 50 Prozent Rabatt bekommen. Ich schäme mich ein klitzekleines Bisschen, von mir selbst als Teil einer Elite auszugehen, die Aufregung und Neugier auf die Singlemänner (Akademiker und/oder mit Niveau) schmälert aber meine Bedenken. Zuerst beantworte ich den Persönlichkeitstest; ein darauf basierendes »Matchingpunktesystem« zeigt mir später, zu wem ich besonders gut passen soll. Was ist mir in einer Partnerschaft wichtig? Wie gestalte ich meine Freizeit? Welche Werte habe ich in meinem Leben? Und ganz zentral: Wie schätze ich mein Äußeres ein? Die Skala reicht von normal, sympathisch und attraktiv zu sehr attraktiv und äußerst attraktiv. Nun ja, sagen wir, ich lasse die Kirche im Dorf. Klickend wähle ich mich durch die vorgefertigten Antworten und ganz am Schluss ist etwas Platz für Individualität, das Feld: »Das Besondere an mir ist... (mind. 7 Wörter)«. Über neun Millionen Deutsche suchen jeden Monat im Internet nach einem Partner. 2025 soll sich bereits jedes dritte Paar über den Bildschirm kennengelernt haben. In einer Studie der Zeitschrift Focus äußerten sich User zu den Vorteilen des Internet- Datings: große Auswahl, eine nicht unmittelbare und damit entspannte Kommunikationssituation, Diskretion und die Tatsache, dass man das Haus für die Partnersuche nicht verlassen muss. 15 Anfragen am ersten Abend. Hoppla, die Gesichter meiner potentiellen Elitepartner sehe ich aber nur verschwommen. Man kann zwar das Profil erkennen, Bilder müssen im Mailkontakt aber erst freigeschaltet werden. Individuelle Angaben und »Das Besondere an mir ist...« sind also die erste Basis. Die Topantworten sind hierbei übrigens: . »..., dass ich tatsächlich sieben Wörter schreiben kann«, dicht gefolgt von »Das musst du schon selbst herausfinden ;)« und »..., dass ich noch niemals in New York war«. Brrrr! Die anfängliche Gesichtslosigkeit fühlt sich im ersten Moment schön unoberflächlich an, kann aber auch weh tun: Nachdem ich meine Bilder zeige, kriege ich schon mal Antworten wie »Du bist doch niemals 27! Sorry, ich stehe nicht auf reife Frauen« oder »Eine Beziehung mit einer Kurzhaarigen kommt für mich nicht infrage«. Jedem das Seine, trotzdem: aua. Es ginge auch netter, z.B. mit der von Elitepartner vorgefertigten Absagemail. Der Vorteil der Straße, Ecke wirkliches Leben, ist dabei ganz klar: Hier denkt man sich »Ist nicht mein Fall«, die direkt kommunizierte Bewertung bleibt meistens aus. Zugegeben: Auch mir gefällt nicht jede visuelle Offenbarung. Das Absagen fällt mir schwer, ich bemühe mich um Taktgefühl. Aber wie sagt man jemandem freundlich, dass man ihn nicht attraktiv findet? Ich schreibe: »Vielen Dank für deine nette Mail. Ich muss leider ehrlich sein und dir sagen, dass du nicht mein Typ bist.« Die Reaktionen sind verwundert positiv, was zeigt, dass wohl auch die Damen gelegentlich emotional wildern und nicht immer freundlich sind. So manch kurzweiliger Plausch ergibt sich schließlich über so eine ehrliche Absage. Bis es im Netz klappt, dauert es im Schnitt 19 Monate. Angesichts dieser langen Zeit scheinen der Arbeitsplatz, der Sportverein oder die Bar immer noch gute Alternativen zu sein. Fast 2000 deutschsprachige Portale gibt es im Internet. Unterschieden wird dabei zwischen Partnervermittlungen und Singlebörsen. Bei Letzteren schaltet man eine Kontaktanzeige, die mit allen Infos für jeden User sichtbar ist. Hier kann man sich mithilfe eines Kriterienfilters durch die Bilder klicken und selbst aktiv werden. Bekannte Singlebörsen sind z.B. neu.de und Friendscout24. Partnervermittlungen wie Elitepartner oder Parship machen dem Suchenden auf der Basis eines Persönlichkeitstests gezielte Vorschläge. Dabei sind die Profile zunächst anonymisiert, erst im Laufe der Kontaktaufnahme fällt der Vorhang. Der Männeranteil ist bei den Singlebörsen übrigens höher als bei den meist teureren Partnervermittlungen. Der Grund? Die aktive Selbstsuche verspricht schnellere Flirtchancen. Das Treffen dauert bisher 15 Minuten und die Antwort lautet: ŸIch möchte gerne viel Sexÿ Donnerstagabend in einem <strong>Augsburg</strong>er Kaffeehaus. Vorher habe ich mir seine Fotos noch gut angeschaut, damit ich ihn auch ja erkenne. Blond, nettes Lächeln, sportlich. Zweimal habe ich zu Hause mein Outfit gewechselt. Mein Mund ist trocken, ich habe warme Ohren und Aufregung im Bauch. Dann kommt er zur Tür herein. Er sieht kleiner aus als auf den Bildern, aber trotzdem sehr sympathisch und offen. Wie offen und bereit für alles, ahne ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. »Mir ist es wichtig, dass man Übereinstimmungen hat«, sagt er, »Hobbys, Ideale, Charakter.« Ich stimme zu und frage genauer nach, welche Eigenschaft für ihn besonders wichtig ist. Das Treffen dauert bisher 15 Minuten und die Antwort lautet: »Ich möchte gerne viel Sex.« Hui! Ab jetzt sehe ich das Ganze als empirische Sozialstudie und frage neugierig nach. Dreimal an den Wochenendtagen und jeweils einmal unter der Woche. Und Kinder will er auch. Ob er sein Pensum dann noch schaffe, wenn das Baby nebenan schreit, frage ich mit einem Lächeln. Das Date ist beendet. Die Ausrichtungen der Plattformen sind vielfältig. Gleichklang ist beispielsweise die alternativste unter den Agenturen. Die Zielgruppe sind demnach »naturnahe, umweltbewegte, tierliebe und sozialorientierte Menschen«. Jeder Vierte soll hier Vegetarier sein, jeder Fünfte einen gleichgeschlechtlichen Partner suchen. Für Menschen in finanzieller Not gibt es sogar einen Sozialtarif von sechs Euro pro Jahr, Wohlhabende zahlen mehr. Mit 15.000 aktiven Mitgliedern ist Gleichklang vergleichsweise klein zu den Großen wie Elitepartner, Parship und eDarling mit 500.000 bis 750.000 aktiven Mitgliedern, Ziel-User »anspruchsvoller und gebildeter Single«. Zahlreich werden in letzter Zeit sogenannte Casual-Dating-Agenturen, wie z.B. C-date, die auch verstärkt in Frauenzeitschriften werben und dabei besonderen Wert auf Niveau und Diskretion legen. Hier verabredet man sich via Mail zum Geschlechtsverkehr, im Fachjargon heißt das »Booty Call«. Mittlerweile bin ich zum Profi-Dater mutiert. Ein Telefonat? Führe ich souverän. Ein erstes Treffen? Mein Puls bleibt unten. Elitepartner empfiehlt übrigens ein Nachmittags-Date im Café, weil das auf Dauer das Günstigste und Unverfänglichste ist. Schade eigentlich. Jedem ist so klar, um was es geht, dass das Spielerische und Romantische häufig auf der Strecke bleibt. Manchmal fühle ich mich wie in einer offensichtlichen Checklistensituation: gut, schlecht, ja, nein. Mit dem Apotheker aus <strong>Augsburg</strong>, 79 Matchingpunkte und damit oberes Mittelfeld, ist es aber irgendwie anders: Voller Vorfreude schaue ich in der Früh in mein E-Mail-Postfach. Wie toll der schreiben kann! Die erste Begegnung ist überraschend schön, fühlt sich leicht und aufregend an; wir essen, lachen und erzählen endlos lange. Wir treffen uns wieder. Und wieder. Stundenlange Spaziergänge, Picknick in der Blumenwiese, gemeinsames Kochen. Er scheint wirklich erstaunlich gut zu mir zu passen. Geklappt hat es letztlich nicht. Das lag aber nicht an der Plattform, mit der ich Bekanntschaften gemacht habe, die sich im normalen Leben wohl nie ergeben hätten – positiv wie negativ. Funken kann es tatsächlich: Ich kenne jemanden – und das ist nicht die Tante einer Freundin einer Freundin –, der dort seine Liebe gefunden hat und sie funktioniert. Was mich betrifft: Ich mag es unmittelbar und verlasse mich in Zukunft lieber wieder darauf, das Haus zu verlassen. (sg) 29