Stadtmagazin Neue Szene Augsburg 2013-08
Das Stadtmagazin für Augsburg und Umgebung. Aktuelle Info immer auch unter www.neue-szene.de
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34 Zoom<br />
Interview mit dem OB- und Landtagskandidaten der<br />
Freien Wähler: Volker Schafitel<br />
<strong>Neue</strong> <strong>Szene</strong>: Herr Schafitel, Sie kandidieren für<br />
den Landtag und sind OB-Kandidat für <strong>Augsburg</strong>.<br />
Was wollen Sie eigentlich lieber werden?<br />
Schafitel: Das Ziel ist es, politisch aktiv zu sein.<br />
Jetzt stehen Landtagswahlen an, das ist der erste<br />
Schritt, der zweite Schritt ist das Stadtratsmandat,<br />
um kommunalpolitisch wirksam arbeiten zu<br />
können. Wer schließlich OB wird, entscheiden die<br />
Wähler!<br />
Mit wem würden Sie eher koalieren, Gribl oder<br />
Kiefer?<br />
Eher mit Kiefer, aber auch bei ihm gibt es Dinge,<br />
die für mich ein No-Go sind. Die Sache mit dem<br />
Bahnhof, da verhunzen wir uns für hundert Jahre<br />
unseren Fernzuganschluss. Durch den Tunnel unter<br />
den Bahnhof wird alles so festbetoniert, dass<br />
man oben nichts mehr nachrüsten kann.<br />
Vielleicht kommt es auch zur Stichwahl zwischen<br />
Gribl und Kiefer und Gribl sagt: Herr Schafitel,<br />
empfehlen Sie mich, dann werden Sie mein<br />
Baureferent.<br />
Das würde ich nie machen, als Baureferent wäre<br />
ich dem OB gegenüber weisungsgebunden und<br />
müsste mich der Meinung von sechzig Stadträten<br />
unterwerfen, von denen die wenigsten in meinem<br />
Fachgebiet Ahnung haben.<br />
Das sagt man ja immer vorher.<br />
Nein, wenn man darüber nachdenkt, dann geht das<br />
einfach nicht. Das Hauptprojekt, gegen das ich bin,<br />
bleibt diese unsägliche Mobilitätsdrehscheibe, die<br />
ich in dieser Form niemals mittragen kann.<br />
Vielleicht geht der Stadt ja das Geld für das Projekt<br />
aus und die Karten werden neu gemischt.<br />
Das hoffe ich, mir wäre es am liebsten, die würden<br />
vor dem Bahnhof hängenbleiben. Es ist mir<br />
egal, ob die Mobilitätsdrehscheibe scheitert. Ich<br />
würde sie nicht aus politischen Gründen durchziehen.<br />
Mit dem Geld sollte man stattdessen eine<br />
vernünftige Stadtentwicklung vorantreiben, wie<br />
sie Kurt Gribl vor der letzten Wahl versprochen<br />
hat, das war im Wahlprogramm, ich habe ja daran<br />
mitgearbeitet.<br />
Und nach der Wahl hieß es: Volker, wir machen<br />
die Mobilitätsdrehscheibe jetzt doch so wie die<br />
Wengert-Regierung?<br />
Der hat gar nichts mehr gesagt. Ich habe ja vor<br />
der Wahl gesagt: Wir brauchen für die Stadt einen<br />
Verkehrsmasterplan. Da war Gribl vor der Wahl<br />
sehr aufgeschlossen und nach der Wahl nicht<br />
mehr. Die Frage war, wie wir die Stadt weiterentwickeln<br />
wollen.<br />
Und wie sollten wir es wollen?<br />
Es ist wie in allen europäischen Städten, die einen<br />
alten Kern haben. Da lässt man die Innenstadt mit<br />
Verkehr möglichst in Ruhe und fährt außen herum<br />
und um diesen Ring herum gibt es Parkhäuser,<br />
von denen aus die Menschen bequem in die Stadt<br />
laufen können. Bei den Straßenbahnen darf es<br />
nicht so sein, dass sich alles an einem Punkt<br />
konzentriert wie beim Königsplatz. Um das zu<br />
entzerren, legt man die Straßenbahnlinien gitterförmig<br />
um die Innenstadt und schafft mehrere<br />
Umsteigepunkte statt eine Art Spinnennetz mit<br />
einem Zentrum, in dem sich alles staut. So gab es<br />
übrigens auch der Ideenwettbewerb vor!<br />
Meinen Sie, die CSU ist froh, Sie los zu sein?<br />
Ich glaube, das ist unterschiedlich, teilweise sind<br />
sie froh und teilweise könnten sie Angst haben.<br />
Angst wovor?<br />
Davor, dass ich mithelfe, die Freien Wähler mit<br />
Themenpolitik zu einer politischen Kraft zu<br />
machen.<br />
Welche Themen werden wahlentscheidend sein?<br />
Ich hoffe ja, dass der Wahlkampf stärker personen-<br />
und themenbezogen sein wird. Die Themen<br />
fliegen einem zu, die Leute sprechen einen drauf<br />
an, bestes Beispiel: der Stempflesee, den man<br />
zum Biotop machen wollte. Oder das Landgestüt,<br />
das marode sein sollte und wo den Mietern mitgeteilt<br />
wird, dass ihre Häuser vielleicht abgerissen<br />
werden. Später hat Edgar Mathe von der<br />
WBG dann gesagt: Das war ein Missverständnis.<br />
Ich forsche da nicht nach, wichtig ist, dass das<br />
Landgestüt erhalten bleibt, ich habe auch einen<br />
Antrag auf Denkmalschutz gestellt.<br />
Sie wohnen in der Maxstraße und haben sich oft<br />
gegen Lärmbelästigung gewehrt. Wie ist es denn<br />
momentan, so lärmmäßig?<br />
Unterschiedlich, es hat sich nichts geändert.<br />
Die Dezibelzahlen sollen doch niedriger geworden<br />
sein.<br />
Ach Quatsch, da ist doch nichts passiert.<br />
Man geht gegen wilde Pinkler vor, ist auf<br />
Streife.<br />
Der Pinkler macht in der Regel ja gar keinen Lärm.<br />
Die Leute, die da nachts in langen Schlangen vor<br />
den Clubs stehen, denken nur an Party. Wenn<br />
die dann wieder rauskommen, sind viele high,<br />
der eine verdrückt sich, der andere grölt in den<br />
Gassen wie ein Depp irgendwelche blöden Lieder.<br />
Da stehst du im Bett und denkst dir: Scheiße,<br />
der Schlaf ist erst mal hin! Das Problem ist, dass<br />
die Leute keine Rücksicht auf die Bewohner<br />
nehmen. Wenn ich als Jugendlicher mal betrunken<br />
war, habe ich mich still verhalten, um nicht groß<br />
aufzufallen! Wenn man in der Innenstadt eine<br />
gemischte Sozialstruktur haben und die Bewohner<br />
halten will, braucht man eine Sperrzeit, zwei<br />
Uhr wäre gut. Dann können da auch Familien mit<br />
Kindern leben!<br />
Thema Kulturpark West – erhalten oder ab ins<br />
Gaswerk?<br />
Ich finde, man soll den Kulturpark ganz erhalten,<br />
das ist eine gute Sache. Das Gaswerk kann man<br />
als Standort noch dazu machen.<br />
Wer soll das bezahlen?<br />
Sie können heute in <strong>Augsburg</strong> ein Technologiezentrum<br />
für 28 Millionen bauen, ein Curt-Frenzel-<br />
Stadion für 40 Millionen, eine Kongresshalle für<br />
22 Millionen, eine Messehalle für 18 Millionen, das<br />
können sie alles bezahlen, sie können auch 150<br />
Millionen für einen Bahnhof bezahlen, um unterm<br />
Bahnhof mit der Tram durchfahren zu können. Es<br />
geht darum, was man will und was einem etwas<br />
wert ist, von dem ich glaube, dass es gut ist. Für<br />
mich ist eine Ansiedlung kreativer Menschen für<br />
eine Stadt gut. So eine <strong>Szene</strong> wird angenommen<br />
und sie wirkt in die Stadt hinein, hat ein Publikum.<br />
Die Leute sind nicht blöd, haben gute Ideen.<br />
Man kann aus dem Gaskessel kein Appartementhaus<br />
machen, man muss das, was da ist, grob<br />
sanieren, man darf ruhig sehen, dass es eine alte<br />
Kiste ist, und zwischen die alten Kästen günstige<br />
Wohn- und Werkstattateliers bauen. Die Künstler<br />
wären dann ganz normale Mieter, die in ihren<br />
Ateliers auch wohnen würden.<br />
Thema Abholzen - wieso fallen in der Stadt<br />
momentan reihenweise Bäume?<br />
Wenn man überall Riesenstraßenquerschnitte<br />
macht und der Baum ist im Weg, dann fällt der<br />
Baum. Das mit den Bäumen, die in der Rosenaustraße<br />
wegen der neuen Linie 5 eventuell weg<br />
müssen, ist der Wahnsinn, deswegen bin ich ja<br />
gegen dieses blöde Projekt, das kostet uns soviel<br />
Lebensqualität und ist unsinnig. Das Projekt<br />
Mobilitätsdrehscheibe kam so banal zustande, wie<br />
ich es jetzt sage: Wengert wollte ein politisches<br />
Prestigeprojekt, die Grünen wollten Mobilität<br />
fördern, dann kamen zwei alte Männer vom Seniorenbeirat,<br />
einer davon war mal bei der Bahn. Die<br />
beiden fahren also in Deutschland rum, schauen<br />
sich Bahnhöfe an und finden in Rostock einen, bei<br />
dem eine Straßenbahn unterm Bahnhof hält, und<br />
sind begeistert.<br />
Und dann?<br />
Und dann gehen sie zu Hermann Knipfer von der<br />
Regenbogenfraktion, der mal Lokomotivführer<br />
war und sagen: Das wollen wir auch! Wenn du das<br />
unterstützt, hast du die Stimmen der Senioren.<br />
Knipfer geht zum Wengert und sagt: Nur wenn du<br />
das unterstützt, dann bin ich auch für die ganze<br />
Mobilitätsdrehscheibe. Dann geht Wengert nach<br />
München zu Stoiber und sagt: Das will ich! Und<br />
die Staatsregierung sagt: Wir unterstützen das,<br />
weil das Projekt über 50 Millionen Euro kostet!<br />
Denn wenn es mehr als 50 Millionen kostet, muss<br />
es der Bund fördern und nicht das Land. Weil die<br />
Tramhaltestelle unterm Bahnhof alleine miserable<br />
Nutzenwerte hat, wird das Projekt so lange aufgeblasen,<br />
bis es weit mehr als 50 Millionen kostet<br />
und die anderen Teilprojekte den schlechten<br />
Nutzen am Bahnhof kompensieren. So kommen<br />
die Linien 6,5 und 1 dazu. Als das noch nicht ausreicht,<br />
machen wir auch gleich den Königsplatz,<br />
da lassen wir dann alle Straßenbahnen hinfahren.<br />
Aber der Haken ist...<br />
Dass es nicht geht.<br />
Weil...<br />
...die Leute am Kö ewig rumstehen und auf die<br />
Trams warten, die sich dort stauen.