Synthesebericht - Schweizerischer Nationalfonds (SNF)
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(ausländischen) Professorinnen mit 34 beziehungsweise 37 Jahren bei Stellenantritt<br />
sehr jung.<br />
3.3. Institutionelle Unsicherheiten in wissenschaftlichen Laufbahnen<br />
Der „WILDE HASARD“, wie Max Weber (1985 [1919]) die prekäre Stellensituation während<br />
einer wissenschaftlichen Laufbahn in Bezug auf die Unsicherheit der Anerkennung<br />
und des Erfolgs der eigenen wissenschaftlichen Leistung nannte, kann<br />
grundsätzlich beide Geschlechter gleichermassen treffen. Die Unsicherheit, das Ziel<br />
einer wissenschaftlichen Laufbahn zu erreichen und nicht aus dem wissenschaftlichen<br />
Feld aussteigen zu müssen, ist auf Grund der beschränkt zur Verfügung stehenden<br />
Professuren für beide Geschlechter sehr gross, auch wenn die Wahrscheinlichkeit,<br />
auf einer Professur zu landen, für Frauen statistisch noch geringer ist als<br />
für Männer. Dies wird aus den vertiefenden Interviews mit Nachwuchsforschenden<br />
(Teilbericht 5) überaus deutlich:<br />
„(M)an fällt in ein Loch nach der Diss, es gibt keine Laufbahn, es gibt nur verschiedene<br />
einzelne Stellen, irgendwie, die man sich hart erkämpfen muss.<br />
Aber das macht halt, dass viele auch wieder aussteigen.“ (Exakte und Naturwissenschaften,<br />
Frau 2, 695-698)<br />
„Also mit Sicherheit eine Schwierigkeit ist, halt eben dieses nicht Abgesichertsein.“<br />
(Geistes- und Sozialwissenschaften, Mann 2, 605)<br />
„(C)e gros saut dans le vide. Je pense qu’on donne beaucoup, mais que le fait<br />
qu’il y ait ce gros trou au milieu fait que beaucoup de monde chute et que<br />
cette carrière, elle n’est pas à la hauteur de nos espérances, parce qu’on se retrouve<br />
très déçu, parce qu’on donne, on donne, on donne, et puis quand on arrive<br />
au stade du post-doc., on veut grimper, c’est tellement difficile, parce qu’il<br />
manque cette marche, que beaucoup de monde tombe, en fait, et décide<br />
d’abandonner à ce niveau-là. Et je pense, c’est une des grosses étapes qui fait<br />
que c’est… Où on espère un peu plus, surtout après… Si vous avez fait des<br />
années, entre guillemets… Enfin, de sacrifices, oui et non, hein, on est dans la<br />
recherche parce qu’on l’aime, hein! (…) Est-ce que je vais prendre le recul nécessaire<br />
pour faire ce saut ou bien est-ce que je vais tomber?“ (Exakte und Naturwissenschaften,<br />
Frau 5, 1358-1373)<br />
Als eine wichtige Strategie, mit dem Hasard und der Verunsicherung einen einigermassen<br />
befriedigenden Umgang zu finden, wird in den Interviews die Bereitschaft,<br />
Risiken einzugehen, „ALLES-AUF-EINE-KARTE-ZU-SETZEN“ genannt. Risikobereitschaft<br />
wird von den WissenschaftlerInnen als individuelle Eigenschaft oder Kompetenz<br />
thematisiert, die nicht alle gleichermassen mitbringen. Wir haben in den Analysen<br />
gezeigt, dass Risikobereitschaft eng verknüpft ist mit habituellen Denk-, Wahrnehmungs-<br />
und Handlungsmustern. Sie kann nicht einfach als individuelle Bereitschaft,<br />
Risiken auf sich zu nehmen, als ein „Wollen“ verstanden werden. Vielmehr muss die<br />
Fähigkeit, Risiken einzugehen, als ein HERKUNFTSSPEZIFISCH geprägtes „Können“ aufgefasst<br />
werden. Damit verbunden ist eine HABITUELLE SICHERHEIT, dank der jemand<br />
sich im wissenschaftlichen Feld wie ein Fisch im Wasser zu bewegen weiss, sich sicher<br />
fühlt und so auch eher bereit und fähig ist, Risiken auf sich zu nehmen.<br />
Eine ausgeprägtere GESCHLECHTSHABITUELLE VERUNSICHERUNG zeigt sich bezüglich der<br />
Frage, ob eine wissenschaftliche Laufbahn angesichts der Unterrepräsentanz von<br />
Frauen realistisch und mit der Gründung einer Familie kompatibel ist (vgl. Kapitel<br />
GEFO <strong>Synthesebericht</strong> | 38