M. Blömer, Die Stele von Doliche, in: E. Winter
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Michael <strong>Blömer</strong><br />
vor bekannten altehrwürdigen Bildsprache bediente? <strong>Die</strong> Möglichkeit, durch die Ergebnisse der<br />
Forschungen im Heiligtum des Iupiter <strong>Doliche</strong>nus Genese und Entwicklung des Kultes besser<br />
zu verstehen, kann zudem für weitere Kulte des römischen Nahen Ostens, die ähnliche Fragen<br />
aufwerfen, <strong>von</strong> beispielhafter Bedeutung se<strong>in</strong>.<br />
Bei diesem Beitrag handelt es sich allerd<strong>in</strong>gs nicht um die Erstpublikation der <strong>Stele</strong>. Nach ihrer<br />
Entdeckung hatte sie schnell breites Interesse hervorgerufen und ist bereits an verschiedenen<br />
Stellen abgebildet und kurz vorgestellt worden. 6 Gleichwohl soll im Folgenden erstmals der<br />
Versuch unternommen werden, sie möglichst umfassend zu besprechen und den ikonographischen<br />
und religionsgeschichtlichen Kontext zu beleuchten.<br />
Fundsituation, Erhaltungszustand, Form und Material der <strong>Stele</strong><br />
<strong>Die</strong> <strong>Stele</strong> (Taf. 19; 20, 1‒2) wurde 2007 bei den Ausgrabungen der Forschungsstelle Asia M<strong>in</strong>or<br />
im Heiligtum des Iupiter <strong>Doliche</strong>nus auf dem Dülük Baba Tepesi bei <strong>Doliche</strong> (Taf. 1‒ 4) <strong>in</strong> der<br />
Südosttürkei geborgen, als e<strong>in</strong> Profilsteg, der die Schnitte 06-07 und 06-10 des vorangegangenen<br />
Jahres <strong>von</strong>e<strong>in</strong>ander trennte, entfernt wurde. 7 Der Steg lief quer durch e<strong>in</strong>en breiten Korridor<br />
zwischen zwei Mauerzügen, die zu separaten nachantiken Bauschichten gehören. 8 Antike<br />
Horizonte waren hier gänzlich verloren, nur mittelalterliche und rezente Füllschichten zu fassen.<br />
In e<strong>in</strong>er solchen Füllschicht lag die <strong>Stele</strong> mit dem Bildfeld nach unten. Aus der Fundsituation<br />
lassen sich daher ke<strong>in</strong>e Rückschlüsse auf den Ort und die Art ihrer ursprünglichen Aufstellung<br />
ziehen. Auch ist nicht klar, wie die <strong>Stele</strong> <strong>in</strong> die Füllschicht gelangte, zumal sie ke<strong>in</strong>e Spuren<br />
e<strong>in</strong>er Zweitverwendung aufweist.<br />
Heute wird die <strong>Stele</strong> im Archäologischen Museum <strong>von</strong> Gaziantep aufbewahrt. 9 Sie hat e<strong>in</strong>e<br />
rezente Höhe <strong>von</strong> 1,30 m, ist bis zu 0,7 m breit und max. 0,3 m tief. Nach oben verjüngt sie<br />
sich leicht und läuft bogenförmig aus. <strong>Die</strong> Vorderseite ist flach, die Seiten und die Rückseite<br />
gewölbt, so dass e<strong>in</strong>e Brotlaibform entsteht. <strong>Die</strong> Unterseite ist eben hergerichtet und diente<br />
wohl als e<strong>in</strong>fache Standfläche. Vorrichtungen zum E<strong>in</strong>setzen <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Postament oder ähnliches<br />
s<strong>in</strong>d nicht vorhanden.<br />
Abgebrochen s<strong>in</strong>d die Ränder des oberen <strong>Stele</strong>nabschlusses, wodurch <strong>in</strong> diesem Bereich auch<br />
das Relief beschädigt ist. Vor allem betroffen ist die rechte Seite, wo Teile des Kopfes und der<br />
Kopfbedeckung der Gött<strong>in</strong> fehlen. Auf der l<strong>in</strong>ken Seite s<strong>in</strong>d der Oberarm des Gottes sowie die<br />
Doppelaxt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Hand beschädigt. Durch die Fehlstellen <strong>in</strong> diesem Bereich ist zudem nicht<br />
6 M. <strong>Blömer</strong> ‒ E. W<strong>in</strong>ter, Das Zentralheiligtum des Iupiter <strong>Doliche</strong>nus auf dem Dülük Baba Tepesi bei <strong>Doliche</strong> –<br />
Forschungen des Jahres 2007, KST 30/1, 2008, 67–84 <strong>in</strong>sb. 74–76 mit Abb. 12. E<strong>in</strong>e ausführlichere Darstellung<br />
bereits bei <strong>Blömer</strong> 2009, 31–35; Bunnens 2011.<br />
7 Zu den Ergebnissen der Grabung s<strong>in</strong>d verschiedene Vorberichte veröffentlicht, vgl. M. <strong>Blömer</strong> ‒ E. W<strong>in</strong>ter, <strong>Doliche</strong><br />
und das Heiligtum des Iupiter <strong>Doliche</strong>nus auf dem Dülük Baba Tepesi. 1. Vorbericht (2001–2003), IstMitt 55,<br />
2005, 197–214; <strong>Blömer</strong> ‒ W<strong>in</strong>ter 2006, 185–205; E. W<strong>in</strong>ter, <strong>Doliche</strong>, das Heiligtum des Iupiter <strong>Doliche</strong>nus und<br />
die Grabung auf dem Dülük Baba Tepesi, <strong>in</strong>: E. W<strong>in</strong>ter (Hrsg.), ΠATPIΣ ΠANTPOΦOS KOMMAΓHNH. Neue<br />
Funde und Forschungen zwischen Taurus und Kommagene, AMS 60 (Bonn 2008) 53– 68. Vgl. auch <strong>in</strong> diesem<br />
Band E. W<strong>in</strong>ter, Der Kult des Iupiter <strong>Doliche</strong>nus und se<strong>in</strong>e Ursprünge. Das Heiligtum auf dem Dülük Baba Tepesi<br />
bei <strong>Doliche</strong>, S. 1‒17.<br />
8 Zur Befundsituation vorläufig <strong>Blömer</strong> ‒ W<strong>in</strong>ter 2008 a. O. (Anm. 7) 61‒62 und <strong>in</strong> diesem Band P. G. Borbone ‒<br />
W. Oenbr<strong>in</strong>k, Das christianisierte Heiligtum auf dem Dülük Baba Tepesi. E<strong>in</strong>e syrische Inschrift, Architekturbefunde<br />
und Bauglieder, S. 187–205.<br />
9 Fund-Nr. der Grabung: 06_718-400. E<strong>in</strong> Gipsabguss der <strong>Stele</strong> ist im Archäologischen Museum der Universität<br />
Münster ausgestellt.