M. Blömer, Die Stele von Doliche, in: E. Winter
M. Blömer, Die Stele von Doliche, in: E. Winter
M. Blömer, Die Stele von Doliche, in: E. Winter
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Michael <strong>Blömer</strong><br />
waren. 73 Der Stier sche<strong>in</strong>t <strong>in</strong> diesem Prozess – zum<strong>in</strong>dest an manchen Orten – se<strong>in</strong>e ursprüngliche<br />
Bedeutung e<strong>in</strong>gebüßt zu haben und analog zu römischen Vorstellungen als Opfertier verstanden<br />
worden zu se<strong>in</strong>. Ob sich e<strong>in</strong> solcher Bedeutungswandel aber auch <strong>in</strong> der Angabe des dorsuale auf<br />
lokalen syrischen Reliefs ausdrückt, oder ob mit ihm lediglich e<strong>in</strong> Zeichen aus der griechischrömischen<br />
Ikonographie übernommen wurde, ohne dass dessen konkrete Bedeutung verstanden<br />
wurde, lässt sich wohl ebenso wenig beantworten wie die Frage, wann die Übernahme des<br />
dorsuale <strong>in</strong> die Ikonographie des Gottes zeitlich zu verorten ist.<br />
E<strong>in</strong> weiteres Bildelement, das ke<strong>in</strong>e Vergleiche <strong>in</strong> vorhellenistischer Zeit hat, ist die Drehung<br />
des Kopfes aus dem Bild heraus. Auf den eisenzeitlichen Reliefs ersche<strong>in</strong>en die Basis-Tiere stets<br />
<strong>in</strong> strenger Profilansicht. Erst auf Reliefs römischer Zeit kann man diese Kopfwendung fassen,<br />
dann sogar konsistent bei Darstellungen des Iupiter <strong>Doliche</strong>nus oder anderer Wettergötter <strong>in</strong><br />
Nordsyrien.<br />
Der Gott<br />
Der Gott ist wechselseitig wiedergegeben. Kopf und Be<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>d im Profil gezeigt, der Oberkörper<br />
frontal. <strong>Die</strong> Haltung des Gottes entspricht dem Motiv des »smit<strong>in</strong>g god« oder »menac<strong>in</strong>g god«,<br />
die Waffen drohend erhoben, wie es seit der Bronzezeit für Wettergottheiten des Nahen Ostens<br />
üblich war. 74 Dem gleichen Motiv folgt auch die Mehrzahl der Denkmäler des Iupiter <strong>Doliche</strong>nus<br />
aus dem Westen des Imperiums. Dennoch unterscheidet sich das Bild des Gottes auf der<br />
<strong>Doliche</strong>ner <strong>Stele</strong> <strong>in</strong> vielen Details <strong>von</strong> sämtlichen westlichen Zeugnissen und f<strong>in</strong>det auch unter<br />
den wenigen Darstellungen aus Syrien ke<strong>in</strong>e exakten Entsprechungen. Alle bislang bekannten<br />
Bilder des Gottes weisen Elemente auf, die dem E<strong>in</strong>fluss griechisch-römischer Bildersprache<br />
geschuldet s<strong>in</strong>d. Solche fehlen auf der <strong>Doliche</strong>ner <strong>Stele</strong> jedoch fast vollständig, so dass der Gott<br />
auf den ersten Blick e<strong>in</strong>er viel früheren Epoche zu entstammen sche<strong>in</strong>t.<br />
Bekleidet ist der Gott mit e<strong>in</strong>em knielangen Schurzrock mit Fransen am unteren Saum. Er<br />
wird <strong>von</strong> e<strong>in</strong>em dreifach quergeriefelten Gürtel gehalten. E<strong>in</strong> Schwert ist an se<strong>in</strong>er l<strong>in</strong>ken Seite<br />
befestigt und verläuft fast waagerecht h<strong>in</strong>ter dem Körper. <strong>Die</strong> Bekleidung des Oberkörpers<br />
ist nicht weiter ausdifferenziert, weder an den Armen noch am Hals markiert e<strong>in</strong> Saum den<br />
Übergang <strong>von</strong> verhüllten zu unbedeckten Körperpartien. Auch fehlt jede B<strong>in</strong>nengliederung. <strong>Die</strong><br />
Halspartie wird <strong>von</strong> e<strong>in</strong>em langen, spitz zulaufenden Bart verdeckt, der <strong>in</strong> welligen Strähnen<br />
weit auf die Brust herabfällt. Der Kopf ist ganz flach gearbeitet. Lediglich Auge, Nase und<br />
Mund s<strong>in</strong>d kursorisch angegeben. Dom<strong>in</strong>ant ist dabei das übergroße mandelförmige Auge, das<br />
<strong>von</strong> wulstigen Lidern gerahmt wird. Über e<strong>in</strong>er schmalen Stirnpartie ist der Haaransatz sichtbar,<br />
darüber bedeckt e<strong>in</strong>e konische Kappe den Kopf. An der Kappe, die <strong>in</strong> drei horizontale Streifen<br />
gegliedert ist, s<strong>in</strong>d zwei Hörnerpaare befestigt. Das Haupthaar fällt zum Zopf geflochten weit <strong>in</strong><br />
73 E<strong>in</strong> paralleles Phänomen ist das Ersche<strong>in</strong>en der B<strong>in</strong>de um den Körper des Stiers auf e<strong>in</strong>igen Denkmälern des<br />
Mithras, obwohl auch diese ke<strong>in</strong>e Opferstiere s<strong>in</strong>d, vgl. dazu F. Prescendi, Riflessioni e ipotesi sulla tauroctoniamitraica<br />
e il sacrificio romano, <strong>in</strong>: C. Bonnet ‒ J. Rüpke ‒ P. Scarpi (Hrsg.), Religiones Orientales ‒ Culti misterici:<br />
Neue Perspektiven – Nouvelles Perspectives ‒ Prospettive nuove, Potsdamer Altertumswissenschaftliche Beiträge<br />
16 (Stuttgart 2006) 113–122 <strong>in</strong>sb. 115.<br />
74 I. Cornelius, The Iconography of the Canaanite Gods Reshef and Baal. Late Bronze and Iron Age I Periods<br />
(c 1500–1000 BCE), OBO 140 (Fribourg 1994) 23–45; Vanel 1965, 103. 110; H. Seeden, The Stand<strong>in</strong>g Armed<br />
Figur<strong>in</strong>es <strong>in</strong> the Levant, Prähistorische Bronzefunde I 1 (München 1980); P. R. S. Moorey ‒ S. Flem<strong>in</strong>g, Problems<br />
<strong>in</strong> the Study of Anthropomorphic Metal Statuary from Syro-Palest<strong>in</strong>e before 330 B. C., Levant 16, 1984, 67–90<br />
<strong>in</strong>sb. 79‒80.