M. Blömer, Die Stele von Doliche, in: E. Winter
M. Blömer, Die Stele von Doliche, in: E. Winter
M. Blömer, Die Stele von Doliche, in: E. Winter
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Michael <strong>Blömer</strong><br />
Tradition steht auch der Baal/Zeus <strong>von</strong> Tarsos, ebenfalls e<strong>in</strong> Gott <strong>in</strong> späthethitischer Tradition.<br />
Auf Münzbildern der Stadt sieht man den thronenden Zeus, der durch Trauben <strong>von</strong> We<strong>in</strong>beeren<br />
als Spender <strong>von</strong> Fruchtbarkeit ausgezeichnet ist. 155<br />
We<strong>in</strong>trauben als Symbol für Fruchtbarkeit, <strong>in</strong> der Form des We<strong>in</strong>stocks aber auch als Symbol<br />
für die politische und göttliche Ordnung, spielen <strong>in</strong> der altorientalischen Literatur und<br />
Bildsprache e<strong>in</strong>e große Rolle. 156 In Nordsyrien war We<strong>in</strong> schließlich auch ganz konkret e<strong>in</strong><br />
wichtiges ökonomisches Gut, bereits im 18. Jh. v. Chr. ist Karkamiș als Exporteur <strong>von</strong> We<strong>in</strong><br />
nach Mesopotamien belegt. 157 Schließlich ersche<strong>in</strong>t die We<strong>in</strong>traube als Symbol recht häufig<br />
auf den syro-hethitischen Grabdenkmälern, wo sie zeichenhaft die Fülle des vergangenen<br />
Lebens darstellte. 158 Auf den westlichen Denkmälern für Iupiter <strong>Doliche</strong>nus wird dieses Motiv<br />
nicht rezipiert. Lediglich auf e<strong>in</strong>er der dreieckigen Kultstandartenaufsätze aus Kömlöd ist e<strong>in</strong>e<br />
identische Konstellation wie auf der <strong>Doliche</strong>ner <strong>Stele</strong> gezeigt. 159 Zwischen dem Götterpaar<br />
hängen dort We<strong>in</strong>beeren herab, flankiert <strong>von</strong> Tänien. 160<br />
Was oberhalb der Trauben im Apex der <strong>Stele</strong> dargestellt war, ist wegen der Fehlstellen und<br />
Bestoßungen nicht mehr sicher zu rekonstruieren. Noch zu erkennen ist aber e<strong>in</strong> zentrales,<br />
offenbar kreisförmiges Objekt, <strong>von</strong> dem strahlenförmig L<strong>in</strong>ien abgehen. Möglich ist, dass es sich<br />
hierbei um e<strong>in</strong> Sonnensymbol, vielleicht sogar um e<strong>in</strong>e Flügelsonne handelte, wie sie regelmäßig<br />
auf den Wettergottstelen der Eisenzeit zu sehen ist. 161 In der Bilderwelt des römischen Iupiter<br />
<strong>Doliche</strong>nus-Kultes spielen Sonne und Mond zwar e<strong>in</strong>e wichtige Rolle, doch fehlen Belege für<br />
Flügelsonnen <strong>in</strong> dieser Zeit. 162 Lediglich auf der Wettergottstele aus Bakır Köy zwischen <strong>Doliche</strong><br />
und Kyrrhos ist möglicherweise ebenfalls e<strong>in</strong>e Sonne zu sehen, allerd<strong>in</strong>gs ist auch bei dieser<br />
<strong>Stele</strong> die Darstellung im Apex beschädigt. 163<br />
Datierung<br />
Auf den ersten Blick sche<strong>in</strong>t die <strong>Stele</strong>, zumal wenn man das obere Bildfeld betrachtet, angesichts<br />
der ikonographischen, stilistischen und typologischen Merkmale e<strong>in</strong> Erzeugnis der mittleren/<br />
späten Eisenzeit zu se<strong>in</strong>. Verschiedene Details, das hat die Analyse der e<strong>in</strong>zelnen Bildelemente<br />
155 Pohl 2004, 63–73. Zum vorhellenistischen Gott Casabonne 2002, 21–31.<br />
156 G. Elsen-Novák ‒ M. Novák, „Ich b<strong>in</strong> der wahre We<strong>in</strong>stock und me<strong>in</strong> Vater ist der We<strong>in</strong>gärtner“. Zur Semiotik<br />
des We<strong>in</strong>stocks <strong>in</strong> Joh. 15,1–8 aus der Sicht der Altorientalistik, <strong>in</strong>: A. Weissenrieder ‒ F. Wendt ‒ P. <strong>von</strong> Gemünden<br />
(Hrsg.), Pictur<strong>in</strong>g the New Testament. Studies <strong>in</strong> Ancient Visual Image, Wissenschaftliche Untersuchungen zum<br />
Neuen Testament 193 (Tüb<strong>in</strong>gen 2005) 197–206.<br />
157 M. Heltzer, V<strong>in</strong>eyards and W<strong>in</strong>e <strong>in</strong> Ugarit, UF 22, 1990, 119–135.<br />
158 Bonatz 2000, 88–90 zur Bedeutung der Traube.<br />
159 CCID Nr. 202. Taf. 39.<br />
160 Im CCID 134 heißt es » (…) Kranz, vermutlich aus – sehr ungeschickt dargestellten – Blumen, <strong>von</strong> dem zwei<br />
Bänder herabhängen«. E<strong>in</strong>e Deutung als Kranz ist allerd<strong>in</strong>gs kaum möglich. Eher wäre noch an e<strong>in</strong>e Rosette zu<br />
denken, vor dem H<strong>in</strong>tergrund des <strong>Doliche</strong>ner Reliefs sche<strong>in</strong>t aber die Traubenlösung deutlich plausibler.<br />
161 R. Mayer-Opificius, <strong>Die</strong> geflügelte Sonne: Himmels- und Regendarstellungen im Alten Vorderasien, UF 16,<br />
1984, 189–236; D. Parayre, Carchemish entre Anatolie et Syrie à travers lʼimage du disque solaire ailé (ca. 1800–71<br />
avant J.C.), Hethitica 8, 1987, 319–360; Bunnens 2006, 70–73.<br />
162 Zur Bedeutung <strong>von</strong> Sonne und Mond im Kult Speidel 1978, 25–32, vgl. auch E. Sanzi, La coppia Sol-Luna nellʼ<br />
iconografia mitriaca, dolichena e cristiana. Sovrapposizione o rielaborazione?, <strong>in</strong>: M. Cecchelli ‒ G. L. Zann<strong>in</strong>i<br />
(Hrsg.), In labore virtus. Studi offerti a Dante Balboni nel 50º di sacerdozio, 1941–1991 (Roma 1993) 175–182.<br />
163 <strong>Blömer</strong> 2009, 19‒20 Abb. 17. Vgl. aber die <strong>Stele</strong> aus Myranaz, Seyrig 1971, 117‒118 Abb. 3, auf der das hethitische<br />
Sonnensymbol mit Flügeln gezeigt ist.