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M. Blömer, Die Stele von Doliche, in: E. Winter

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A S I A M I N O R S T U D I E N B A N D 64


Forschungsstelle Asia M<strong>in</strong>or im Sem<strong>in</strong>ar für Alte Geschichte<br />

der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster<br />

ASIA MINOR STUDIEN<br />

Band 64<br />

Von Kummuḫ nach Telouch<br />

Historische und archäologische Untersuchungen <strong>in</strong> Kommagene<br />

<strong>Doliche</strong>ner und Kommagenische Forschungen IV<br />

2011<br />

DR. RUDOLF HABELT GMBH ∙ BONN


Forschungsstelle Asia M<strong>in</strong>or im Sem<strong>in</strong>ar für Alte Geschichte<br />

der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster<br />

Von Kummuḫ nach Telouch<br />

Historische und archäologische Untersuchungen <strong>in</strong> Kommagene<br />

herausgegeben <strong>von</strong><br />

Engelbert W<strong>in</strong>ter<br />

2011<br />

DR. RUDOLF HABELT GMBH ∙ BONN


Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgeme<strong>in</strong>schaft und<br />

des Exzellenzclusters »Religion und Politik <strong>in</strong> den Kulturen der Vormoderne und Moderne«<br />

an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster<br />

Abbildung Umschlag: Nekropole <strong>von</strong> Perrhe, Ausschnitt (Foto: M. <strong>Blömer</strong>)<br />

Beiträge und Anfragen s<strong>in</strong>d zu richten an:<br />

Forschungsstelle ASIA MINOR im Sem<strong>in</strong>ar für Alte Geschichte der<br />

Westfälischen Wilhelms-Universität Münster<br />

Georgskommende 25<br />

D– 48143 Münster<br />

Redaktion: Eva Strothenke<br />

ISBN 978-3-7749-3646-1<br />

E<strong>in</strong> Titeldatensatz ist bei der Deutschen Bibliothek erhältlich.<br />

(http://www.ddb.de)<br />

Copyright 2011 by Dr. Rudolf Habelt GmbH, Bonn


InhaltsverzeIchnIs<br />

Vorwort – Önsöz VIII<br />

Dülük Baba Tepesi, <strong>Doliche</strong> und Iupiter <strong>Doliche</strong>nus<br />

E. W<strong>in</strong>ter<br />

Der Kult des Iupiter <strong>Doliche</strong>nus und se<strong>in</strong>e Ursprünge.<br />

Das Heiligtum auf dem Dülük Baba Tepesi bei <strong>Doliche</strong> 1<br />

A. Schachner<br />

<strong>Die</strong> Welt des östlichen Mittelmeers <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en Bildern ‒ Weitere Beobachtungen<br />

zu den Siegeln und Kle<strong>in</strong>funden der späten Eisenzeit vom Dülük Baba Tepesi 19<br />

N. Pöllath ‒ J. Peters<br />

ʽSmoke on the Mounta<strong>in</strong>ʼ– Animal Sacrifices for the Lord of <strong>Doliche</strong> 47<br />

M. <strong>Blömer</strong><br />

<strong>Die</strong> <strong>Stele</strong> <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> 69<br />

T. Fischer<br />

Teile <strong>von</strong> römischen Waffen und militärischer Ausrüstung aus den<br />

Grabungen auf dem Dülük Baba Tepesi <strong>in</strong> den Jahren 2004‒2009 105<br />

E. Strothenke<br />

Bemalte Nordsyrische Amphoren vom Dülük Baba Tepesi 121<br />

C. Höpken<br />

Antike Spielbretter, Spielste<strong>in</strong>e und Würfel vom Dülük Baba Tepesi 141<br />

M. Facella – M. Stanke<br />

E<strong>in</strong>e Inschriftenplatte für Theodoros Stratelates und weitere christliche<br />

Zeugnisse vom Dülük Baba Tepesi 157<br />

P. G. Borbone – W. Oenbr<strong>in</strong>k<br />

Das christianisierte Heiligtum auf dem Dülük Baba Tepesi.<br />

E<strong>in</strong>e syrische Inschrift, Architekturbefunde und Bauglieder 187<br />

M. Facella – M. A. Speidel<br />

From Dacia to <strong>Doliche</strong> (and back). A New Gravestone for a Roman Soldier 207<br />

A. Collar Military Networks and the Cult of Jupiter <strong>Doliche</strong>nus 217<br />

M. Önal <strong>Die</strong> Tonbullae <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> 247


VI<br />

Varia – Kommagene<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

W. Messerschmidt<br />

Grabstele e<strong>in</strong>es Herrschers <strong>von</strong> Kummuḫ – zu den späthethitischen Wurzeln des<br />

kommagenischen Königs- und Ahnenkultes 283<br />

N. Şah<strong>in</strong> Güçhan<br />

The Commagene Nemrut Conservation and Development Program:<br />

An Approach to the Conservation Problem of Nemrut Dağ Tumulus 309<br />

K.-P. Krüger – M. <strong>Blömer</strong><br />

Das Potenzial historischer Aufklärungssysteme zur virtuellen Generierung<br />

rezenter Landschaften am Beispiel <strong>von</strong> Samosata 341<br />

C. Crowther – M. Facella<br />

A New Commagenian Nomos Text from Samosata 355<br />

C. Crowther – M. Facella<br />

Inscriptions from the Necropolis of Perrhe 367<br />

M. <strong>Blömer</strong><br />

Das Felsrelief <strong>von</strong> Haydaran (Taşgedık) <strong>in</strong> der Kommagene 395<br />

A. Beyazlar – C. Crowther<br />

A New Severan Milestone <strong>in</strong> Gaziantep Museum 409<br />

K. Görkay<br />

New Piece, New Reconstruction and New Theories:<br />

The Athena Statue from Zeugma 417<br />

K. Görkay<br />

A Votive <strong>Stele</strong> from Zeugma 437<br />

Tafeln 1−81<br />

Farbtafeln 1–15<br />

3D-Brille, Tasche h<strong>in</strong>tere Umschlagseite, für: K.-P. Krüger – M. <strong>Blömer</strong>, Das Potenzial historischer<br />

Aufklärungssysteme zur virtuellen Generierung rezenter Landschaften am Beispiel <strong>von</strong> Samosata,<br />

Farbtaf. 14 ‒15


Vorwort<br />

1968 wurde die Forschungsstelle Asia M<strong>in</strong>or im Sem<strong>in</strong>ar für Alte Geschichte der Westfälischen<br />

Wilhelms-Universität Münster <strong>von</strong> Friedrich Karl Dörner gegründet. E<strong>in</strong>es der <strong>von</strong> ihm verfolgten<br />

Ziele war die dauerhafte Förderung <strong>von</strong> Forschungen <strong>in</strong> Kommagene. Zu diesem Zeitpunkt<br />

hatte er sich bereits 30 Jahre lang mit dieser Landschaft beschäftigt. Den Beg<strong>in</strong>n markierte e<strong>in</strong>e<br />

Forschungsreise, die er 1938 geme<strong>in</strong>sam mit Rudolf Naumann unternommen hatte und deren<br />

Ergebnisse bereits im folgenden Jahr als Band der Istanbuler Forschungen publiziert werden<br />

konnten. Es folgten <strong>in</strong> den 1950er und 1960er Jahren die großen Entdeckungen <strong>in</strong> Arsameia<br />

a. Nymphaios und geme<strong>in</strong>sam mit Theresa Goell auf dem Nemrud Dağ. Im Umfeld dieser<br />

Arbeiten begannen auch se<strong>in</strong>e Schüler eigene Forschungen, die e<strong>in</strong> breites Spektrum <strong>von</strong> der<br />

hellenistischen Zeit bis <strong>in</strong> das christliche Mittelalter abdeckten. Besonders hervorzuheben<br />

s<strong>in</strong>d hier die Arbeiten Hansgerd Hellenkempers, Sencer Şah<strong>in</strong>s, Elmar Schwertheims und Jörg<br />

Wagners.<br />

E<strong>in</strong> neues Kapitel der <strong>von</strong> der Forschungsstelle Asia M<strong>in</strong>or <strong>in</strong> Kommagene durchgeführten<br />

Arbeiten begann 30 Jahre nach ihrer Gründung 1998, als <strong>in</strong> der antiken Stadt <strong>Doliche</strong> mit den<br />

Grabungen <strong>in</strong> zwei dort entdeckten Mithräen begonnen wurde. Seit 2001 stellt das nahe der<br />

Stadt gelegene Zentralheiligtum des Iupiter <strong>Doliche</strong>nus auf dem Dülük Baba Tepesi e<strong>in</strong>en<br />

neuen Forschungsschwerpunkt dar. <strong>Die</strong> Grabungen im Heiligtum dauern seitdem an und s<strong>in</strong>d<br />

im Lauf der Zeit <strong>von</strong> e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en Projekt mit wenigen Mitarbeitern zu e<strong>in</strong>er Unternehmung<br />

angewachsen, an der im Jahr 2010 <strong>in</strong>sgesamt 52 Wissenschaftler<strong>in</strong>nen und Wissenschaftler,<br />

Studierende und Grabungshelfer beteiligt waren. Der vorliegende Band möchte zunächst<br />

Rechenschaft ablegen über die <strong>von</strong> 2007 bis 2009 durchgeführten Arbeiten und präsentiert e<strong>in</strong><br />

breites Spektrum <strong>von</strong> Ergebnissen aus den e<strong>in</strong>zelnen Arbeitsbereichen und Epochen der langen<br />

Geschichte dieses Kultplatzes (vgl. zu den jüngsten Resultaten www.doliche.de).<br />

Darüber h<strong>in</strong>aus s<strong>in</strong>d während der vergangenen Jahre im Umfeld der <strong>Doliche</strong>ner Grabung Studien,<br />

Projekte und Forschungen zu verschiedenen Aspekten der Geschichte und Archäologie der<br />

gesamten Region realisiert worden. E<strong>in</strong>en neuen Schwerpunkt stellt dabei die wissenschaftliche<br />

Aufarbeitung der Bestände des Museums Adɩyaman und <strong>in</strong>sbesondere der Funde aus der<br />

Grabung <strong>in</strong> der Nekropole <strong>von</strong> Perrhe dar. Daneben s<strong>in</strong>d landeskundliche Studien zu nennen,<br />

die regelmäßig <strong>in</strong> enger Kooperation mit den Museen Gaziantep und Adɩyaman durchgeführt<br />

werden und immer wieder wichtige neue Denkmäler zu erschließen vermögen. Ergebnisse<br />

dieser Arbeiten s<strong>in</strong>d ebenfalls <strong>in</strong> diesem Band vorgelegt, weitere Publikationen <strong>in</strong> Vorbereitung.<br />

Ziel dieses Bandes ist es nicht nur, die eigenen Arbeiten zu dokumentieren. Er soll gleichzeitig<br />

e<strong>in</strong>e Plattform für alle Forscher <strong>in</strong> Kommagene bieten, ihre Arbeiten vorzustellen. Hier<br />

ist vor allem das Zeugma-Projekt zu nennen, das unter der Leitung <strong>von</strong> Kutalmɩş Görkay<br />

(Ankara) <strong>in</strong> Kooperation mit türkischen und <strong>in</strong>ternationalen Forschern neben dem eigentlichen<br />

Stadtgebiet zunehmend auch die weitere Umgebung <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e Untersuchungen e<strong>in</strong>bezieht.


ÖnsÖz<br />

1968 yılında Münster Westfalya Wilhelms Üniversitesi, Eski Çağ Tarihi bölümüne bağlı olarak<br />

Friedrich Karl Dörner tarafından Küçük Asya Araştırma Merkezi kurulmuştur. Dörnerʼ<strong>in</strong><br />

bu araştırma merkez<strong>in</strong>i kurmasının hedefler<strong>in</strong>den birisi de Kommagene bölges<strong>in</strong>de sürekli<br />

gelişecek araştırmaların desteklenmesidir. Dörner bu kurumu kurduğu dönemde amade 30 yıldır<br />

bu bölgede araştırmalarını gerçekleştirmekteydi. Bu araştırmaların başlangıcını, 1938 yılında<br />

Rudolf Naumann ile beraber yapmış olduğu ve bunun sonuçlarının bir sonraki yılda Istanbul<br />

Araştırmalarıʼnda (Istanbuler Forschungen) bütün bir cild olarak yayınlanmış olan araştırma<br />

gezisi damgalamıştır. Bunları 1950ʼli ve 1960ʼlı yıllarda Nymphaios Arsameiaʼsındaki ve<br />

Theresa Goell ile beraber Nemrut Dağıʼndaki büyük keşifleri takip etmiştir. Bu çalışmaların<br />

çerçeves<strong>in</strong>de öğrenciler de bölgede, Hellenistik dönem<strong>in</strong>den Hıristiyanlığın Orta Çağına kadarki<br />

evreyi kapsayan, kendi araştırmalarına başlamışlardır. Burada özellikle değ<strong>in</strong>ilmesi gereken<br />

isimler Hansgerd Hellenkempers, Wolfram Hoepfners, Sencer Şah<strong>in</strong>, Elmar Schwertheim ve<br />

Jörg Wagnerʼdir.<br />

Küçük Asya Araştırma Merkezi tarafından Kommageneʼdeki çalışmalarının yeni bir başlığını,<br />

kuruluşundan 30 yıl sonra, 1998 yılında antik kent <strong>Doliche</strong>ʼde keşfedilmiş iki Mithraeum<br />

kazısının yapılmasıyla oluşturmuştur. 2001 yılından beri antik kent<strong>in</strong> yakınında yer alan Dülük<br />

Baba Tepesiʼndeki Jüpiter <strong>Doliche</strong>nusʼun merkezi kutsal alanı araştırmaların ağırlık noktasını<br />

kazanmıştır. Kutsal alandaki kazı çalışmaları bu tarihten günümüze dek devam etmekte ve<br />

zamanla az sayıdaki personele sahip küçük bir proje konumundan daha büyük bir müessese<br />

konumuna ulaşmıştır. 2010 yılında akademisyen, üniversite öğrencileri ve kazının fiziksel<br />

iş gücünü sağlayan elemanlarla toplam 52 kişilik bir ekip çalışmaları gerçekleştirmiştir.<br />

Önümüzdeki kitap öncelikle 2007ʼden 2009 yılına dek sürdürülmüş olunan çalışmalar hakkında<br />

bilgi vermekte ve bu kült alanında gerçekleştirilmiş her bir çalışma sahasına ve uzun tarih<strong>in</strong><strong>in</strong><br />

her bir evres<strong>in</strong>e ait çeşitli sonuçlarını sunmaktadır (en genç neticler iç<strong>in</strong> bkz.: www.doliche.de).<br />

Bunun ötes<strong>in</strong>de <strong>Doliche</strong> kazılarının kapsamında geçmiş yıllarda bilimsel <strong>in</strong>celemeler,<br />

projeler ve araştırmalar bölgede tarihi ve arkeolojik açıdan değişik değerlendirme şekilleri<br />

gerçekleştirilmiştir. Bunların arasında en önemli çalışma noktasını Adıyaman Müzesi`nde<br />

bulunan eserler<strong>in</strong> ve özellikle Perrhe Nekropolü kazılarından gelen eserler<strong>in</strong> bilimsel <strong>in</strong>celenip,<br />

belgelenme çalışmaları oluşturmaktadır. Bunun yanı sıra devamlı Gaziantep Müzesi ve Adıyaman<br />

Müzesi ile yakın ilişkilerle gerçekleştirilen ve her sefer<strong>in</strong>de önemli, yeni anıtları ortaya koyan,<br />

coğrafi araştırmalar da belirtilmelidir. Bu çalışmaların sonuçları da bu ciltte toplanmış olup,<br />

gelecek yayınlar ise hazırlanma aşamasındadır.<br />

Fakat bu cild<strong>in</strong> amacı sadece kendi çalışmalarımızı belgelemek değildir. Aynı zamada<br />

Kommageneʼde bütün araştırmacıların çalışmalarını sunabilecekleri bir platform oluşturmak<br />

istenmiştir. Bu noktada özellikle Kutalmış Görkay (Ankara) başkanlığında Türk ve uluslararası<br />

araştırmacılarla beraber yürütülen, sadece kent iç<strong>in</strong>de değil çevres<strong>in</strong>de de araştırmaları kapsayan,


X<br />

Vorwort<br />

Daneben hat e<strong>in</strong> neues Nemrud Dağ-Projekt der Middle East Technical University unter der<br />

Leitung <strong>von</strong> Neriman Şah<strong>in</strong> Güçhan (Ankara) damit begonnen, diese herausragende Kult- und<br />

Grabstätte Antiochos I. <strong>von</strong> Kommagene systematisch zu dokumentieren und zu konservieren<br />

sowie das Kerngebiet des kommagenischen Königreiches besser zu erschließen.<br />

Insgesamt hoffen wir, e<strong>in</strong>en Band vorlegen zu können, der e<strong>in</strong> umfangreiches Tableau neuer<br />

Forschungsergebnisse zu Kommagene präsentiert. <strong>Die</strong>se Vielfalt sollte sich auch im Titel des<br />

Bandes niederschlagen: »Von Kummuḫ nach Telouch«. Er drückt die große Bandbreite der hier<br />

versammelten Beiträge aus, die vom eisenzeitlichen Königreich Kummuḫ bis zum <strong>Doliche</strong> der<br />

mittelbyzant<strong>in</strong>ischen Zeit reicht, als der Ort unter dem Namen Telouch bekannt war.<br />

Angesichts der sich abzeichnenden weitreichenden Perspektiven sowohl für die Grabungen <strong>in</strong><br />

<strong>Doliche</strong> als auch für die Vielzahl laufender wie geplanter Projekte <strong>in</strong> Kommagene ersche<strong>in</strong>t<br />

es uns s<strong>in</strong>nvoll, <strong>in</strong>nerhalb der etablierten Asia M<strong>in</strong>or Studien die Unterreihe ʽ<strong>Doliche</strong>ner und<br />

Kommagenische Forschungenʼ zu begründen, die der regelmäßigen Veröffentlichung <strong>von</strong><br />

E<strong>in</strong>zelstudien und Sammelbänden zur Geschichte und Archäologie Kommagenes verpflichtet<br />

ist. Da der vorliegende Band nach den Bänden 47 (2003), 52 (2004) und 60 (2008) bereits der<br />

vierte ist, der sich ausschließlich der Kommagene widmet, ersche<strong>in</strong>t er nun als Band IV dieser<br />

neuen Reihe. <strong>Die</strong> drei vorangegangenen Bände werden rückwirkend <strong>in</strong> die Reihe e<strong>in</strong>gebunden.<br />

Deren vorrangiges Ziel ist es, die wissenschaftliche Erforschung der Region zwischen Taurus<br />

und Euphrat zu fördern und wichtige Neufunde zeitnah der wissenschaftlichen Diskussion<br />

zugänglich zu machen. Allen Forschern, die zur Geschichte und Archäologie der Landschaft<br />

Kommagene arbeiten, soll auf diesem Wege die Möglichkeit geboten werden, ihre Ergebnisse<br />

<strong>in</strong> dieser Reihe zu veröffentlichen.<br />

Abschließend ist es e<strong>in</strong>e angenehme Pflicht, all denen zu danken, ohne deren Engagement die<br />

erfolgreiche Durchführung der Arbeiten vor Ort nicht möglich gewesen wäre. Hier sei zunächst<br />

allen Mitarbeitern der Grabung <strong>in</strong> <strong>Doliche</strong> und der weiteren <strong>von</strong> der Forschungsstelle Asia<br />

M<strong>in</strong>or <strong>in</strong>itiierten Projekte <strong>in</strong> Kommagene gedankt, die mit großem Engagement den Erfolg<br />

der Grabung und auch der Forschungen <strong>in</strong> deren Umfeld erst möglich gemacht haben. Für die<br />

f<strong>in</strong>anzielle Förderung gilt unser Dank <strong>in</strong>sbesondere der Deutschen Forschungsgeme<strong>in</strong>schaft,<br />

ebenso der Gerda Henkel Stiftung, der Fritz Thyssen Stiftung, der Gesellschaft zur Förderung<br />

der Westfälischen Wilhelms-Universität zu Münster e. V., dem Exzellenzcluster „Religion<br />

und Politik <strong>in</strong> den Kulturen der Vormoderne und Moderne“ an der WWU Münster sowie dem<br />

Historisch-Archäologischen Freundeskreis Münster e.V. <strong>Die</strong> Generaldirektion für Kulturschätze<br />

und Museen im Kultusm<strong>in</strong>isterium der Republik Türkei erteilte uns dankenswerterweise<br />

kont<strong>in</strong>uierlich die Erlaubnis zu unseren Arbeiten <strong>in</strong> Kommagene. Darüber h<strong>in</strong>aus gilt unser<br />

Dank den Direktoren der Museen <strong>in</strong> Adɩyaman und Gaziantep, Fehmi Erarslan und Ahmet<br />

Denizhanoğullarɩ für ihre Gastfreundschaft, ebenso allen weiteren Mitarbeitern der beiden<br />

genannten Museen. Ahmet Beyazlar (Gaziantep) und Memet Önal (Urfa), die mit eigenen<br />

Aufsätzen diesen Band bereichert haben, sowie Fatma Bulgan (Gaziantep) danken wir zudem


Önsöz XI<br />

Zeugma-Projesi anılmalıdır. Bunun yanı sıra Orta Doğu Teknik Üniversitesi tarafından Neriman<br />

Şah<strong>in</strong> Güçhan (Ankara) başkanlığında başlatılmış olunan yeni Nemrut Dağı-Projesi; Kommagene<br />

kraliyet<strong>in</strong><strong>in</strong> merkezi alanını daha iyi değerlendirebilmek iç<strong>in</strong>, Kommagene`n<strong>in</strong> I. Antiochosʼun<br />

muhteşem kült ve mezar alanını sistematik olarak belgelemeye ve koruma altına alınmaya<br />

başlanmıştır.<br />

Böylelikle bütünüyle Kommageneʼdeki araştırmalarının sonuçlarını kapsamlı bir tablo<br />

hal<strong>in</strong>de sunan bir cild yayınlayabilmeyi ümit etmekteyiz. Bu çeşitlilik kitabın başlığında da<br />

belirtilmeliydi. Başlık »Kummuhʼtan Telouchʼa« olarak seçildi ve böylelikle burada sunulan,<br />

Demir Çağının Kummuh Kraliyetiʼnden; ismi bu dönemde Telouch olarak bil<strong>in</strong>en, Orta Bizans<br />

Dönemi <strong>Doliche</strong>`s<strong>in</strong>e dek konulu makaleleri ifade etmektedir.<br />

Hem <strong>Doliche</strong>ʼdeki arkeolojik kazıların hem de Kommageneʼde çok sayıdaki devam eden ve<br />

de planlanan projeler<strong>in</strong> uzun süreli perspektif<strong>in</strong>de bizim iç<strong>in</strong> kend<strong>in</strong>e has bir yayın sırasının<br />

başlatılması mantıklı gelmektedir. Bu yayında, Kommageneʼdeki hem tekil çalışmalar hem de<br />

bölgen<strong>in</strong> tarihi ve arkeolojik çalışmalarının düzenli olarak yer alabilir. Böylelikle Asia M<strong>in</strong>or<br />

Studien yayın silsiles<strong>in</strong><strong>in</strong> „<strong>Doliche</strong> ve Kommagene Araştırmaları“ başlığı altında bir alt yayın<br />

sırası kurulmuştur. Önümüzdeki kitap, 47 (2003), 52 (2004) ve 60 (2008) cildler<strong>in</strong>den sonra<br />

tamamen Kommagene konulu dördüncü cild olduğundan bu yayın sırasının Cild IV olarak<br />

yayınlanmaktadır. Bundan önceki diğer üç cild de geriye dönük olarak bu sıraya bağlanacaktır.<br />

Bunların öncelikli hedefi; Toros ile Fırat arasındaki bölgede gerçekleştirilen bilimsel araştırmaları<br />

desteklemek ve önemli yeni buluntuları bilimsel tartışmaların güncelliğ<strong>in</strong>de sunabilmektir.<br />

Kommagene coğrafyasında tarihi ve arkeolojik çalışmalarını yürüten bütün araştırmacılar iç<strong>in</strong><br />

çalışmalarının sonuçlarını bu yayın sırasında yayınlayabilmeler<strong>in</strong>e olasılık tanınması arzu<br />

edilmektedir.<br />

Bu noktada son sözü mahhal<strong>in</strong>de yapılan çalışmalar esnasında angajmanı olmadan bu çalışmanın<br />

gerçekleşemeyeceği <strong>in</strong>sanlara teşekkür etmek isterim. Burada ilk olarak, angajmanlarıyla kazı<br />

çalışmalarında ve çevres<strong>in</strong>deki araştırmaların gerçekleştirilebilmesi sağlanabildiği, <strong>Doliche</strong> Kazı<br />

Ekib<strong>in</strong>e ve de Küçük Asya Araştırma Merkeziʼn<strong>in</strong> ön ayak olmuş olduğu Kommagene projeler<strong>in</strong>e<br />

takdirde bulunulmaktadır. Maddi destekler<strong>in</strong>i sağladıkları iç<strong>in</strong> Alman Araştırma Kurumu`na,<br />

Gerda Henkel Vakfıʼna, Fritz Thyssen Vakfıʼna, Münster Westfalya-Wilhelms Üniversitesiʼn<strong>in</strong><br />

Destekleme Dernekʼ<strong>in</strong>e, WWU Münsterʼdeki „Modern Öncesi ve Modern Kültürler<strong>in</strong> D<strong>in</strong> ve<br />

Siyaset“ başlıklı Exzellensclusterʼ<strong>in</strong>e ve de Tarih-Arkeoloji Dostluk Birliğiʼne takdirlerimizi<br />

sunmaktayız. T. C. Kültür Varlıkları ve Müzeler Genel Müdürlüğü takdire şayan bir şekilde<br />

aralıksız olarak Kommageneʼdeki çalışmalarımız iç<strong>in</strong> iz<strong>in</strong> yazılarını bize ulaştırmıştır. Bunun<br />

dışında teşekkürlerimiz misafirperverlikleri iç<strong>in</strong> Adıyaman ve Gaziantep Müzeleriʼn<strong>in</strong> Müdürleri<br />

Fehmi Erarslan ve Ahmet Denizhanoğullarıʼnadır. Bu aynı şekilde iki müzen<strong>in</strong> de çalışanları<br />

iç<strong>in</strong> geçerlidir. Makaleleriyle yayınımıza zeng<strong>in</strong>lik katmış olan Ahmet Beyazlarʼa (Gaziantep)<br />

ve Mehmet Önalʼa (Urfa); bütün yardımlarıyla her zaman Kommageneʼde miras kalmış<br />

kültürler<strong>in</strong> açıklanmasında bilimsel çabaları ile işbirliğ<strong>in</strong>e hazır olan Fatma Bulganʼa (Gaziantep)


XII<br />

Vorwort<br />

für ihre Großzügigkeit und ihre Kooperationsbereitschaft bei dem geme<strong>in</strong>samen Bemühen um<br />

die wissenschaftliche Erschließung der kulturellen H<strong>in</strong>terlassenschaften Kommagenes. Taner<br />

Atalay (Gaziantep), Mahmut Altunçan (Karaman) und Saf<strong>in</strong>as Akbaş (Karamanmaraş) waren<br />

uns im Berichtszeitraum als zuständige Kommissare während der Grabungen auf dem Dülük<br />

Baba Tepesi stets e<strong>in</strong>e große Hilfe. Dilek Çobanoğlu (Münster) und Ayl<strong>in</strong> Tanrɩöver (Münster)<br />

haben dankenswerterweise für den vorliegenden Band die <strong>in</strong> türkischer Sprache verfassten<br />

Beiträge <strong>in</strong>s Deutsche übertragen.<br />

Münster im Januar 2011 Engelbert W<strong>in</strong>ter


Önsöz XIII<br />

sonsuz Teşekkürlerimizi sunarız. Taner Atalay (Gaziantep), Mahmut Altunçan (Karaman) ve<br />

Saf<strong>in</strong>az Akbaş (Kahramanmaraş) Dülük Baba Tepesiʼnde gerçekleştirilen kazı dönemler<strong>in</strong>de<br />

bakanlık temsilcisi olarak kazı ekibi iç<strong>in</strong> büyük yardımlar sağlamışlardır. Dilek Çobanoğlu<br />

(Münster) ve Ayl<strong>in</strong> Tanrıöver (Münster) takdire şayan bir şekilde önümüzdeki yayının Türkçe<br />

ve Almanca çeviriler<strong>in</strong>i gerçekleştirmişlerdir.<br />

Münster, Ocak 2011 Engelbert W<strong>in</strong>ter


­<strong>Die</strong>­<strong>Stele</strong>­<strong>von</strong>­<strong>Doliche</strong> *<br />

(Taf. 1‒ 4. 19‒24)<br />

Darstellungen des Gottes <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> wie auch sonstige Zeugnisse se<strong>in</strong>er Verehrung s<strong>in</strong>d zwar<br />

aus dem Westen des Imperium Romanum zahlreich überliefert, im Nahen Osten und <strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>asien<br />

gibt es sie jedoch kaum. 1 Sogar <strong>in</strong> Nordsyrien, <strong>in</strong> Kyrrhestike und Kommagene, im Umfeld der<br />

Stadt <strong>Doliche</strong>, dem Heimatort des Gottes, s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>deutig auf ihn zu beziehende Denkmäler rar<br />

(Taf. 1). 2 Letztlich ist auch die Zahl der aus <strong>Doliche</strong> selbst überlieferten Bildnisse ger<strong>in</strong>g. Bislang<br />

handelte es sich dabei <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie um Darstellungen auf Siegelabdrücken der Stadt oder des<br />

Heiligtums, die bis vor kurzem fast ausschließlich aus dem Kunsthandel bekannt waren. 3 Darüber<br />

h<strong>in</strong>aus s<strong>in</strong>d Darstellungen des Gottes auf zwei bronzenen Standartenaufsätzen überliefert, die<br />

angeblich <strong>in</strong> <strong>Doliche</strong> gefunden worden s<strong>in</strong>d. 4 Weitere aussagekräftige Bildnisse fehlen. 5<br />

Vor diesem H<strong>in</strong>tergrund ist der Fund e<strong>in</strong>er <strong>Stele</strong> im Heiligtum des Gottes, die ihn geme<strong>in</strong>sam<br />

mit se<strong>in</strong>er parhedros darstellt, <strong>von</strong> großer Bedeutung. Sie überliefert das erste großformatige<br />

Bildnis des Götterpaares aus <strong>Doliche</strong>. Vor allem aber weist sie e<strong>in</strong>e Reihe <strong>von</strong> ikonographischen<br />

Besonderheiten auf, die mehr als sämtliche bislang bekannten Zeugnisse e<strong>in</strong>e Annäherung an<br />

die lokale Verehrung des Gottes <strong>in</strong> <strong>Doliche</strong> erlauben. Insbesondere die enge Verwandtschaft<br />

mit eisenzeitlichen Kultdenkmälern ist frappierend. Erst <strong>in</strong> den Details der Darstellung gibt sich<br />

das Götterbild als Zeugnis e<strong>in</strong>er sehr viel späteren Epoche zu erkennen. <strong>Die</strong> <strong>Stele</strong> lädt daher<br />

<strong>in</strong> besonderer Weise dazu e<strong>in</strong>, im Kontext der Ergebnisse der Ausgrabungen im Heiligtum der<br />

Frage nachzugehen, auf welche Weise das alte Motiv des vorderasiatischen Wettergottes, das<br />

der Ikonographie des römischen Iupiter <strong>Doliche</strong>nus zugrunde liegt, tradiert wurde. Gab es<br />

e<strong>in</strong>e ungebrochene, <strong>in</strong> der Eisenzeit begründete kultische Tradition oder fand <strong>in</strong> hellenistischrömischer<br />

Zeit e<strong>in</strong>e weitgehende Neuschöpfung statt, bei der man sich lediglich e<strong>in</strong>er nach wie<br />

* <strong>Die</strong> Möglichkeit, die <strong>Stele</strong> <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> im Kontext der kultischen Denkmäler Nordsyriens zu untersuchen, bot<br />

das Projekt »Statuen und Reliefs aus Zeugma und Umgebung. Akkulturation und kulturelle Tradition im Osten<br />

des römischen Reiches« unter der Leitung <strong>von</strong> Prof. <strong>Die</strong>ter Salzmann, gefördert durch die Deutsche Forschungsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

(DFG).<br />

1 Trotz zahlreicher Neufunde ist die vollständigste Sammlung der Denkmäler des Iupiter <strong>Doliche</strong>nus immer noch das<br />

<strong>von</strong> Monika Hörig und Elmar Schwertheim zusammengestellte, 1987 erschienene Corpus Cultus Iovis <strong>Doliche</strong>ni.<br />

E<strong>in</strong>e neue Zusammenstellung der Zeugnisse für die Verehrung des Gottes im Osten des römischen Reiches bei M.<br />

<strong>Blömer</strong>, Iupiter <strong>Doliche</strong>nus <strong>in</strong> the East, <strong>in</strong>: J. Quack ‒ Chr. Witschel, Religious Flows <strong>in</strong> the Roman Empire, ORA<br />

(Tüb<strong>in</strong>gen 2011) (im Druck).<br />

2 Zu dem Problem, welche Zeugnisse für die Verehrung des Wettergottes <strong>in</strong> Nordsyrien tatsächlich auf den Gott<br />

<strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> bezogen werden können, vgl. G. Bunnens, The Storm-God <strong>in</strong> Northern Syria and Southern Anatolia<br />

from Hadad of Aleppo to Iupiter <strong>Doliche</strong>nus, <strong>in</strong>: M. Hutter ‒ S. Hutter-Braunsar (Hrsg.), Offizielle Religion, lokale<br />

Kulte und <strong>in</strong>dividuelle Religiösität, AOAT 318 (Münster 2004) 57–82 und <strong>Blömer</strong> 2009, 13– 47.<br />

3 Vgl. G. Heedemann, Hellenistisch-Römische Bullae vom Dülük Baba Tepesi, <strong>in</strong>: W<strong>in</strong>ter 2008, 97–106 mit der<br />

älteren Literatur. E<strong>in</strong>e wesentliche Bereicherung stellen die <strong>von</strong> M. Önal publizierten Siegelabdrücke aus <strong>Doliche</strong><br />

dar, vgl. dazu den Beitrag <strong>in</strong> diesem Band: M. Önal, <strong>Die</strong> Tonbullae <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong>, S. 247–279. <strong>Die</strong>se stammen<br />

zweifelsfrei aus dem Stadtgebiet <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> und zeigen bislang unbekannte Typen <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong>nusdarstellungen.<br />

4 H.-J. Kellner, Der römische Verwahrfund <strong>von</strong> E<strong>in</strong><strong>in</strong>g, Münchener Beiträge zur Vor- und Frühgeschichte 29,<br />

(München 1978); CCID Nr. 5–6 Taf. 2–3.<br />

5 Erwähnt sei allerd<strong>in</strong>gs, dass e<strong>in</strong> R<strong>in</strong>gste<strong>in</strong> mit dem Bild des Gottes, den Cumont <strong>in</strong> Gaziantep sah (CCID Nr. 10<br />

Abb. 2), ebenfalls aus <strong>Doliche</strong> selbst stammen mag. Gleiches könnte für die Marmorstatuette CCID Nr. 18 Taf. 6<br />

gelten, doch bleiben diese Zuweisungen spekulativ.


70<br />

Michael <strong>Blömer</strong><br />

vor bekannten altehrwürdigen Bildsprache bediente? <strong>Die</strong> Möglichkeit, durch die Ergebnisse der<br />

Forschungen im Heiligtum des Iupiter <strong>Doliche</strong>nus Genese und Entwicklung des Kultes besser<br />

zu verstehen, kann zudem für weitere Kulte des römischen Nahen Ostens, die ähnliche Fragen<br />

aufwerfen, <strong>von</strong> beispielhafter Bedeutung se<strong>in</strong>.<br />

Bei diesem Beitrag handelt es sich allerd<strong>in</strong>gs nicht um die Erstpublikation der <strong>Stele</strong>. Nach ihrer<br />

Entdeckung hatte sie schnell breites Interesse hervorgerufen und ist bereits an verschiedenen<br />

Stellen abgebildet und kurz vorgestellt worden. 6 Gleichwohl soll im Folgenden erstmals der<br />

Versuch unternommen werden, sie möglichst umfassend zu besprechen und den ikonographischen<br />

und religionsgeschichtlichen Kontext zu beleuchten.<br />

Fundsituation, Erhaltungszustand, Form und Material der <strong>Stele</strong><br />

<strong>Die</strong> <strong>Stele</strong> (Taf. 19; 20, 1‒2) wurde 2007 bei den Ausgrabungen der Forschungsstelle Asia M<strong>in</strong>or<br />

im Heiligtum des Iupiter <strong>Doliche</strong>nus auf dem Dülük Baba Tepesi bei <strong>Doliche</strong> (Taf. 1‒ 4) <strong>in</strong> der<br />

Südosttürkei geborgen, als e<strong>in</strong> Profilsteg, der die Schnitte 06-07 und 06-10 des vorangegangenen<br />

Jahres <strong>von</strong>e<strong>in</strong>ander trennte, entfernt wurde. 7 Der Steg lief quer durch e<strong>in</strong>en breiten Korridor<br />

zwischen zwei Mauerzügen, die zu separaten nachantiken Bauschichten gehören. 8 Antike<br />

Horizonte waren hier gänzlich verloren, nur mittelalterliche und rezente Füllschichten zu fassen.<br />

In e<strong>in</strong>er solchen Füllschicht lag die <strong>Stele</strong> mit dem Bildfeld nach unten. Aus der Fundsituation<br />

lassen sich daher ke<strong>in</strong>e Rückschlüsse auf den Ort und die Art ihrer ursprünglichen Aufstellung<br />

ziehen. Auch ist nicht klar, wie die <strong>Stele</strong> <strong>in</strong> die Füllschicht gelangte, zumal sie ke<strong>in</strong>e Spuren<br />

e<strong>in</strong>er Zweitverwendung aufweist.<br />

Heute wird die <strong>Stele</strong> im Archäologischen Museum <strong>von</strong> Gaziantep aufbewahrt. 9 Sie hat e<strong>in</strong>e<br />

rezente Höhe <strong>von</strong> 1,30 m, ist bis zu 0,7 m breit und max. 0,3 m tief. Nach oben verjüngt sie<br />

sich leicht und läuft bogenförmig aus. <strong>Die</strong> Vorderseite ist flach, die Seiten und die Rückseite<br />

gewölbt, so dass e<strong>in</strong>e Brotlaibform entsteht. <strong>Die</strong> Unterseite ist eben hergerichtet und diente<br />

wohl als e<strong>in</strong>fache Standfläche. Vorrichtungen zum E<strong>in</strong>setzen <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Postament oder ähnliches<br />

s<strong>in</strong>d nicht vorhanden.<br />

Abgebrochen s<strong>in</strong>d die Ränder des oberen <strong>Stele</strong>nabschlusses, wodurch <strong>in</strong> diesem Bereich auch<br />

das Relief beschädigt ist. Vor allem betroffen ist die rechte Seite, wo Teile des Kopfes und der<br />

Kopfbedeckung der Gött<strong>in</strong> fehlen. Auf der l<strong>in</strong>ken Seite s<strong>in</strong>d der Oberarm des Gottes sowie die<br />

Doppelaxt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Hand beschädigt. Durch die Fehlstellen <strong>in</strong> diesem Bereich ist zudem nicht<br />

6 M. <strong>Blömer</strong> ‒ E. W<strong>in</strong>ter, Das Zentralheiligtum des Iupiter <strong>Doliche</strong>nus auf dem Dülük Baba Tepesi bei <strong>Doliche</strong> –<br />

Forschungen des Jahres 2007, KST 30/1, 2008, 67–84 <strong>in</strong>sb. 74–76 mit Abb. 12. E<strong>in</strong>e ausführlichere Darstellung<br />

bereits bei <strong>Blömer</strong> 2009, 31–35; Bunnens 2011.<br />

7 Zu den Ergebnissen der Grabung s<strong>in</strong>d verschiedene Vorberichte veröffentlicht, vgl. M. <strong>Blömer</strong> ‒ E. W<strong>in</strong>ter, <strong>Doliche</strong><br />

und das Heiligtum des Iupiter <strong>Doliche</strong>nus auf dem Dülük Baba Tepesi. 1. Vorbericht (2001–2003), IstMitt 55,<br />

2005, 197–214; <strong>Blömer</strong> ‒ W<strong>in</strong>ter 2006, 185–205; E. W<strong>in</strong>ter, <strong>Doliche</strong>, das Heiligtum des Iupiter <strong>Doliche</strong>nus und<br />

die Grabung auf dem Dülük Baba Tepesi, <strong>in</strong>: E. W<strong>in</strong>ter (Hrsg.), ΠATPIΣ ΠANTPOΦOS KOMMAΓHNH. Neue<br />

Funde und Forschungen zwischen Taurus und Kommagene, AMS 60 (Bonn 2008) 53– 68. Vgl. auch <strong>in</strong> diesem<br />

Band E. W<strong>in</strong>ter, Der Kult des Iupiter <strong>Doliche</strong>nus und se<strong>in</strong>e Ursprünge. Das Heiligtum auf dem Dülük Baba Tepesi<br />

bei <strong>Doliche</strong>, S. 1‒17.<br />

8 Zur Befundsituation vorläufig <strong>Blömer</strong> ‒ W<strong>in</strong>ter 2008 a. O. (Anm. 7) 61‒62 und <strong>in</strong> diesem Band P. G. Borbone ‒<br />

W. Oenbr<strong>in</strong>k, Das christianisierte Heiligtum auf dem Dülük Baba Tepesi. E<strong>in</strong>e syrische Inschrift, Architekturbefunde<br />

und Bauglieder, S. 187–205.<br />

9 Fund-Nr. der Grabung: 06_718-400. E<strong>in</strong> Gipsabguss der <strong>Stele</strong> ist im Archäologischen Museum der Universität<br />

Münster ausgestellt.


<strong>Die</strong> <strong>Stele</strong> <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> 71<br />

mehr zu rekonstruieren, wie hoch die <strong>Stele</strong> ursprünglich gewesen ist. Ebenfalls gebrochen ist<br />

e<strong>in</strong> großer Teil der l<strong>in</strong>ken unteren Ecke der <strong>Stele</strong>, offenbar aber ohne dass Teile der Darstellung<br />

verloren gegangen s<strong>in</strong>d. <strong>Die</strong> Oberfläche des Reliefs ist <strong>in</strong>sgesamt gut erhalten, bestoßen s<strong>in</strong>d im<br />

Wesentlichen lediglich die Wade des l<strong>in</strong>ken Be<strong>in</strong>s des Gottes sowie Teile der unteren Partie des<br />

Hirschkopfes. E<strong>in</strong>e S<strong>in</strong>terschicht, die weite Teile der Vorderseite überzog, wurde 2009 entfernt.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Stele</strong> ist aus e<strong>in</strong>em vesikulären Basalt gearbeitet. <strong>Die</strong>ses Geste<strong>in</strong> steht <strong>in</strong> <strong>Doliche</strong> und auf dem<br />

Dülük Baba Tepesi nicht an, reiche Vorkommen bef<strong>in</strong>den sich aber <strong>in</strong> der näheren Umgebung. 10<br />

<strong>Die</strong> nächsten Lagerstätten s<strong>in</strong>d ca. 10 km entfernt. 11 Im Heiligtum auf dem Dülük Baba<br />

Tepesi fand Basalt trotz des im Vergleich zum lokal anstehenden Kalkste<strong>in</strong> erheblich längeren<br />

Transportweges <strong>in</strong> verschiedenen Kontexten Verwendung. Vor allem wurde er <strong>in</strong> römischer<br />

Zeit zur Pflasterung <strong>von</strong> Hofbereichen genutzt. 12 Hierfür ausschlaggebend war sicherlich die<br />

schlechte Qualität des sehr weichen lokalen Kalkste<strong>in</strong>s, der kaum witterungsbeständig ist<br />

und als Bodenbelag nicht geeignet war. Im Zuge der Ausgrabungen s<strong>in</strong>d zudem verschiedene<br />

Bauglieder aus Basalt entdeckt worden, offenbar vor allem solche, die der Frühzeit des<br />

Heiligtums zuzuordnen s<strong>in</strong>d. 13 Basaltplastik ist zwar relativ selten, angesichts der <strong>in</strong>sgesamt<br />

ger<strong>in</strong>gen Zahl <strong>von</strong> Skulpturenfunden jedoch vergleichsweise gut belegt. 14 Neben Funden aus der<br />

aktuellen Grabung existieren zudem Skulpturen aus Basalt, die bereits <strong>in</strong> den 1970er Jahren <strong>von</strong><br />

J. Wagner entdeckt wurden und im Museum <strong>von</strong> Gaziantep aufbewahrt werden. 15 Insgesamt<br />

s<strong>in</strong>d die Basaltskulpturen vom Dülük Baba Tepesi dem Kreis der lokalen Kunst zuzurechnen.<br />

<strong>Die</strong>s deckt sich mit dem sonstigen Bild <strong>von</strong> römerzeitlicher Plastik <strong>in</strong> Nordsyrien. Als Werkstoff<br />

für lokale Skulpturen spielte Basalt hier e<strong>in</strong>e besondere Rolle. Wo er obertägig ansteht und das<br />

Landschaftsbild prägt, ist er <strong>von</strong> der Antike bis <strong>in</strong> die Neuzeit <strong>in</strong>tensiv genutzt worden. So hat<br />

man <strong>in</strong> römischer Zeit vor allem <strong>in</strong> der ländlichen Kyrrhestike zwischen den Städten <strong>Doliche</strong><br />

und Hierapolis Architektur und Skulptur fast ausschließlich aus Basalt hergestellt. E<strong>in</strong>e große<br />

Zahl <strong>von</strong> Denkmälern aus dieser Region ist überliefert und gibt Aufschluss über ihr kulturelles<br />

Milieu. 16 Im Gegensatz dazu dom<strong>in</strong>ieren <strong>in</strong> den urbanen Zentren – Kyrrhos, Zeugma, <strong>Doliche</strong><br />

und Hierapolis – Skulpturen aus lokalem Kalkste<strong>in</strong>. 17 Allerd<strong>in</strong>gs ist zu beobachten, dass auch<br />

dort e<strong>in</strong>e auffallend große Zahl <strong>von</strong> Denkmälern, die sich auf lokale Kulte beziehen, aus Basalt<br />

10 Zur Geologie der Region M. L. P. Blankenhorn, Grundzüge der Geologie und physikalischen Geographie <strong>von</strong><br />

Nordsyrien (Berl<strong>in</strong> 1891) 31–36.<br />

11 Nach Süden liegen die nächsten Basaltvorkommen beim Gazianteper Stadteil Karataş, nach Norden jenseits der<br />

Ebene <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> bei Karacaören und Yalangoz. <strong>Die</strong> Basaltvorkommen der Region s<strong>in</strong>d verzeichnet <strong>in</strong>: General<br />

Directorate of M<strong>in</strong>eral Research and Exploration, Geologic Map of the Gaziantep – K24 Quadrangle, Geological<br />

Reconnaissance Maps of Turkey 1:100 000 No. 44 (Ankara 1994).<br />

12 <strong>Blömer</strong> ‒ W<strong>in</strong>ter 2006, 195f. 199f.<br />

13 Schachner 2008, 81‒83 Taf. 14‒17. H<strong>in</strong>zu kommt e<strong>in</strong> Torusbasisfragment aus Basalt. Zu der Stierkopfprotome<br />

s. u. S. 96.<br />

14 Es s<strong>in</strong>d vor allem Fragmente weiterer Reliefs, vgl. etwa e<strong>in</strong> Fragment, dessen Bedeutung noch unklar ist, <strong>in</strong><br />

M. Önal ‒ M. <strong>Blömer</strong> ‒ E. W<strong>in</strong>ter, Das Zentralheiligtum des Iupiter <strong>Doliche</strong>nus auf dem Dülük Baba Tepesi bei<br />

<strong>Doliche</strong> ‒ Forschungen des Jahres 2006, KST 29/1, 2007, 380 Abb. 2.<br />

15 Wagner 1982, 161‒164. Vor allem sei auf zwei Altäre h<strong>in</strong>gewiesen, vgl. CCID Nr. 2 Taf. 1 (hier Taf. 22, 1) und<br />

E. W<strong>in</strong>ter, E<strong>in</strong>leitung. Ziele, Forschungsgeschichte und Topographie, <strong>in</strong>: Schütte-Maischatz ‒ W<strong>in</strong>ter 2004, 4 mit<br />

Taf. 1, 1.<br />

16 M. <strong>Blömer</strong>, Ste<strong>in</strong>denkmäler römischer Zeit aus Nordsyrien (Diss. Univ. Münster 2009) (unpubliziert).<br />

17 Zur nordsyrischen Plastik römischer Zeit s<strong>in</strong>d bislang nur wenige Arbeiten erschienen, vgl. <strong>in</strong>sbesondere Parlasca<br />

1982, 9–16; Skup<strong>in</strong>ska-Løvset 1999, 132–167. Marmor musste importiert werden und ist entsprechend selten<br />

verwendet worden.


72<br />

Michael <strong>Blömer</strong><br />

gefertigt ist. E<strong>in</strong>e Erklärung dafür kann se<strong>in</strong>, dass die Herstellung <strong>von</strong> Bildwerken aus Basalt<br />

<strong>in</strong> Nordsyrien e<strong>in</strong>e lange Tradition besitzt. Fast alle syrischen Skulpturen der Eisenzeit s<strong>in</strong>d aus<br />

eben diesem Material hergestellt. 18 Wenn <strong>in</strong> hellenistisch-römischer Zeit auch <strong>in</strong> Gebieten, <strong>in</strong><br />

denen Kalkste<strong>in</strong> als Material e<strong>in</strong>deutig dom<strong>in</strong>iert, Weihungen an <strong>in</strong>digene Gottheiten aus Basalt<br />

gearbeitet wurden, sche<strong>in</strong>t dies daher als bewusste Anknüpfung an traditionelle Verfahren bzw.<br />

e<strong>in</strong> Zeichen des Fortlebens dieser Traditionen zu se<strong>in</strong>. Das exemplum der Bilder der Eisenzeit,<br />

die an vielen Stellen offensichtlich auch noch <strong>in</strong> der Kaiserzeit die religiöse Topographie auf dem<br />

Lande prägten, sche<strong>in</strong>t auch <strong>in</strong> Zeiten, als für andere Zwecke Bildnisse aus Kalkste<strong>in</strong> gearbeitet<br />

wurden, verb<strong>in</strong>dlich geblieben zu se<strong>in</strong>. 19<br />

E<strong>in</strong> Fortleben traditioneller <strong>in</strong>digener Typologie wird auch <strong>in</strong> der eigentümlichen Gestaltung<br />

der <strong>Stele</strong> mit bogenförmigem Abschluss und gewölbter Rückseite manifest, die sich sehr gut <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er lokalen eisenzeitlichen Tradition verorten lässt. <strong>Die</strong>ser auch als ʽbaguetteʼ-förmig bekannte<br />

<strong>Stele</strong>ntypus ist seit dem frühen 1. Jt. im aramäischen Nordsyrien für Weihungen, vor allem aber<br />

für Grabstelen üblich. 20 Dass die <strong>Doliche</strong>ner <strong>Stele</strong> diese alte Form aufgreift, hat <strong>in</strong> Nordsyrien<br />

zahlreiche Parallelen. Typologisch vergleichbare römerzeitliche Basaltstelen aus kultischem<br />

Kontext s<strong>in</strong>d aus der Region zwischen <strong>Doliche</strong>, Hierapolis und Kyrrhos und aus dem Amuqtal<br />

bekannt. 21 Vor allem aber greifen die lokalen kyrrhestikischen Grabstelen aus Basalt die Form<br />

bevorzugt auf. 22 Zwar s<strong>in</strong>d diese häufig um griechisch-römische Elemente bereichert, so dass<br />

z. B. <strong>in</strong> den Bogenabschluss e<strong>in</strong> Giebel e<strong>in</strong>geschrieben se<strong>in</strong> kann, doch bleibt die Grundform<br />

mit ihren Wurzeln <strong>in</strong> der Eisenzeit meist klar erkennbar.<br />

<strong>Die</strong> Darstellung<br />

<strong>Die</strong> gesamte Oberfläche der Vorderseite dient als Bildfeld. E<strong>in</strong> Rahmen oder e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>fassung<br />

existiert nicht. 23 Das Relief ist sehr flach gearbeitet und erhebt sich nicht weiter als max. 3 cm<br />

vom H<strong>in</strong>tergrund. Gegliedert ist die Darstellung auf der <strong>Stele</strong> <strong>in</strong> zwei Zonen, die durch e<strong>in</strong>en<br />

schmalen Steg <strong>von</strong>e<strong>in</strong>ander getrennt s<strong>in</strong>d. Dabei nimmt die obere Zone deutlich mehr Raum<br />

e<strong>in</strong> als die untere. E<strong>in</strong>e solche Unterteilung des Bildfeldes hat im Korpus der lokal gefertigten<br />

kultbezogenen Reliefs aus Nordsyrien ke<strong>in</strong>e unmittelbare Parallele. <strong>Die</strong> zahlreichen <strong>Stele</strong>n mit<br />

18 Vgl. vor allem Orthmann 1971; J. Börker-Klähn, Altvorderasiatische Bildstelen und vergleichbare Felsreliefs,<br />

BaF 4 (Ma<strong>in</strong>z 1982) 77–82; e<strong>in</strong>e umfassende Zusammenstellung der Grabdenkmäler bei Bonatz 2000.<br />

19 In diese Überlegungen e<strong>in</strong>zubeziehen s<strong>in</strong>d auch Basaltstelen des kommagenischen Königs Antiochos I., zumal<br />

sie an Orten wie Ancoz und Boybeyp<strong>in</strong>ari <strong>in</strong> Heiligtümer <strong>in</strong>tegriert wurden, an denen auch späthethitische Bildwerke<br />

aufgestellt waren.<br />

20 Börker-Klähn a. O. (Anm. 19) 79. 81.<br />

21 <strong>Die</strong> meisten der römerzeitlichen Wettergottstelen folgen dieser Form, vgl. <strong>Blömer</strong> 2009, 17; weitere Beispiele:<br />

Seyrig 1971, 115–118 Nr. 1–3; Bunnens 2011.Vgl. auch die trotz ihrer Bedeutung wenig beachtete <strong>Stele</strong> des Apollon<br />

Hadad: E. Schwertheim, Apollon und Hadad, <strong>in</strong>: M. de Boer ‒ T. A. Edrigde (Hrsg.), Hommages à Maarten<br />

J. Vermaseren. Recueil dʼétudes offert par les auteurs de la série Études prélim<strong>in</strong>aires aux religions orientales<br />

dans lʼempire roma<strong>in</strong> à Maarten J. Vermaseren à lʼoccasion de son 60. anniversaire le 7 Avril 1978 III, EPRO 68<br />

(Leiden 1978) 1143–1147.<br />

22 Parlasca 1982, 15‒16 Taf. 18; Skup<strong>in</strong>ska-Løvset 1999, 165–167. E<strong>in</strong>e Zusammenstellung bei <strong>Blömer</strong> a. O.<br />

(Anm. 17).<br />

23 Rahmenlose Darstellungen überwiegen bei lokalen Reliefs mit Götterdarstellungen <strong>in</strong> Nordsyrien sowohl <strong>in</strong> der<br />

Eisenzeit als auch <strong>in</strong> römischer Zeit. Dagegen s<strong>in</strong>d sie auf den syro-hethitischen wie den römerzeitlichen Grabreliefs<br />

fast immer vorhanden. Zur möglichen Bedeutung der Rahmenl<strong>in</strong>ie <strong>in</strong> diesem Kontext E. J. Struble ‒ V. Rimmer<br />

Hermann, An Eternal Feast at Samʽal: The New Iron Age Mortuary <strong>Stele</strong> from Z<strong>in</strong>cirli <strong>in</strong> Context, BASOR 356,<br />

2009, 15– 49 <strong>in</strong>sb. 17–20.


<strong>Die</strong> <strong>Stele</strong> <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> 73<br />

Wettergottdarstellungen etwa weisen sämtlich nur e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziges Bildfeld auf, <strong>in</strong> dem die Gottheit<br />

oder e<strong>in</strong> Götterpaar dargestellt ist. 24 Generell zeigt der erhaltene Denkmälerbestand, dass die<br />

Darstellung <strong>von</strong> Priestern oder Opfernden geme<strong>in</strong>sam mit der verehrten Gottheit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Bild<br />

<strong>in</strong> der Lokalkunst Nordsyriens nicht üblich war. 25<br />

Als möglicher Vergleich kann lediglich e<strong>in</strong> Relieffragment aus Kilis herangezogen werden<br />

(Taf. 21, 1). 26 Es zeigt e<strong>in</strong>en Priester, der auf e<strong>in</strong>em Altar opfert. Gerahmt wird die Szene <strong>von</strong><br />

zwei mächtigen, frontal wiedergegebenen Stiervorderteilen, die heute zwar stark bestoßen s<strong>in</strong>d,<br />

e<strong>in</strong>st jedoch weit aus dem Reliefgrund herausgeragt haben müssen. Wie aus e<strong>in</strong>er griechischen<br />

Inschrift hervorgeht, handelt es sich bei dem Relief um e<strong>in</strong>e Weihung an den Gott Bel, also e<strong>in</strong>en<br />

lokalen Wettergott. <strong>Die</strong> im lokalen Kontext ungewöhnlichen Proportionen des Reliefs und die<br />

halbplastischen, weit hervorragenden Stiervorderteile legen die Vermutung nahe, dass es sich<br />

nicht um e<strong>in</strong> eigenständiges Relief, sondern um die Sockelzone e<strong>in</strong>es größeren Monuments<br />

handeln könnte. <strong>Die</strong> Stiere hätten dann als Sockeltiere e<strong>in</strong>er Darstellung des Wettergottes gedient,<br />

im weitesten S<strong>in</strong>ne vergleichbar mit altorientalischen Doppelstierbasen. 27<br />

Bei der Herstellung des <strong>Doliche</strong>ner Reliefs ist zuerst das obere Bildfeld fertiggestellt worden,<br />

anschließend hat man mit dem unteren begonnen. Das zeigt der Verlauf des Begrenzungsstegs,<br />

der nicht waagerecht ist, sondern den nach unten gezogenen Mäulern der Basistiere ausweicht.<br />

Dass der Steg trotzdem e<strong>in</strong>e gleichbleibende Breite aufweist, kann nur bedeuten, dass man die<br />

untere Reliefzone noch nicht angelegt hatte und über den entsprechenden Spielraum verfügte.<br />

24 E<strong>in</strong>e Zusammenstellung der <strong>Stele</strong>n bei <strong>Blömer</strong> 2009. Auf e<strong>in</strong>er erst kürzlich bekannt gewordenen nordsyrischen<br />

<strong>Stele</strong> römischer Zeit s<strong>in</strong>d Gott und Priester geme<strong>in</strong>sam dargestellt, Bunnens 2011. Der Priester, durch se<strong>in</strong>e Tracht<br />

und se<strong>in</strong>e deutlich ger<strong>in</strong>gere Größe gekennzeichnet, ist allerd<strong>in</strong>gs nicht dem Gott zugewandt, sondern blickt <strong>in</strong> die<br />

gleiche Richtung wie der Gott. E<strong>in</strong>e Parallele hat dieses eigentümliche Motiv, wie Bunnens 2011 zeigt, <strong>in</strong> der bekannten<br />

Baalstele <strong>von</strong> Ugarit, vgl. C. F.-A. Schaeffer, Le Fouilles de M<strong>in</strong>et-el Beida-et de Ras Shamra. Grand <strong>Stele</strong><br />

du Baal au foudre, Syria 14, 1933, 93–127. – Bei dem römischen Wettergottrelief aus Hammam (CCID Nr. 29 Taf.<br />

10; J.-B. Yon ‒ P.-L. Gatier, Choix dʼ<strong>in</strong>scriptions grecques et lat<strong>in</strong>es de la Syrie [Amman u. a. 2009] 156‒157) ist<br />

zwar ebenfalls e<strong>in</strong> Priester dargestellt, jedoch auf der Schmalseite der <strong>Stele</strong> ohne direkte Interaktion mit dem Gott.<br />

25 E<strong>in</strong>e Ausnahme stellt e<strong>in</strong> Relief ohne Herkunftsangabe <strong>in</strong> Privatbesitz dar, vgl. P. Bordreuil ‒ P.-L. Gatier, Le<br />

Relief du Prêtre Philôtas, Syria 67, 1990, 329–338 mit Abb. 1 f. <strong>Die</strong> Autoren haben das Relief zwar mit guten<br />

Argumenten als nordsyrische Arbeit frühhellenistischer Zeit gesehen, doch bleibt diese Zuweisung hypothetisch.<br />

Viele Details der Darstellung kennen ke<strong>in</strong>e Parallele <strong>in</strong> der nordsyrischen Plastik, wobei zu betonen ist, dass aus<br />

dem nordsyrischen B<strong>in</strong>nenland ansonsten ke<strong>in</strong>e Skulpturen frühhellenistischer Zeit bekannt s<strong>in</strong>d.<br />

26 Heute <strong>in</strong> Brüssel, Musées Royaux du C<strong>in</strong>quantenaire, Inv. A 1623. Vgl. zu dem Stück F. Cumont, Musées Royaux<br />

de C<strong>in</strong>quantenaire. Catalogue des Sculpteurs & Inscriptions Antiques (Monuments Lapidaires) (Paris 1913) 71‒73;<br />

F. Cumont, Études Syriennes (Paris 1917) 257–262; R. A. Stucky, Prêtres Syriens III. Le relief votif du prêtre<br />

Gaios de Killiz et la cont<strong>in</strong>uité des motifs proche-orientaux aux époques hellénistique et roma<strong>in</strong>e, <strong>in</strong>: P. Biel<strong>in</strong>ski ‒<br />

F. M. Stepniowski (Hrsg.), Aux pays dʼAllat. Mélanges offerts à Michal Gawl<strong>in</strong>owski (Warschau 2005) 277–284.<br />

27 Zu den öfter vorkommenden Doppelstierbasen Orthmann 1971, 480 Taf. 4d; 482 Taf. 6b; Bunnens 2006, 120 Kat.<br />

23 Abb. 81; 128 Kat. 46 Abb. 103; F. Kulakoğlu, Late-Hittite Sculptures from the Şanlıurfa Region, <strong>in</strong>: T. Mikasa<br />

(Hrsg.), Essays on Ancient Anatolia, Bullet<strong>in</strong> of the Middle Eastern Culture Center <strong>in</strong> Japan 11 (Wiesbaden 1999)<br />

170 ‒173; H. Çambel ‒ A. Özyar, Karatepe-Aslantaş: Azatiwataya. <strong>Die</strong> Bildwerke (Ma<strong>in</strong>z 2003) 115 Abb. 218–220.<br />

Weitere, offenbar unpublizierte Exemplare bef<strong>in</strong>den sich zudem <strong>in</strong> den Museen Kahramanmaraş und Urfa. Der<br />

Wettergott auf e<strong>in</strong>em Stierpaar begegnet <strong>in</strong> römischer Zeit auf der <strong>Stele</strong> vom Zeyt<strong>in</strong>tepe bei Başpınar, vgl. CCID<br />

Nr. 22 Taf. 7. – Im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Doppelstierbasis <strong>in</strong>terpretiert worden s<strong>in</strong>d auch die beiden Stiere aus Zugmantel,<br />

CCID Nr. 493 Taf. 107, vgl. Merlat 1960, 330‒331; G. M. Bellelli, Quelques observations sur les sanctuaires de<br />

Iuppiter <strong>Doliche</strong>nus, <strong>in</strong>: G. M. Bellelli ‒ U. Bianchi, Orientalia Sacra Urbis Romae. <strong>Doliche</strong>na et Heliopolitana.<br />

Recueil d’études archéologiques et historico-religieuses sur les cultes cosmopolites d’orig<strong>in</strong>e commagénienne et<br />

syrienne, Studia Archaeologica 84 (Rom 1996) 349‒356 <strong>in</strong>sb. 350–352. Zur möglichen Existenz e<strong>in</strong>er DoppelDoppelstierbasis auch im Heiligtum <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> s. u. S. 96.


74<br />

Das untere Bildfeld ‒ Syrische Priester<br />

Michael <strong>Blömer</strong><br />

<strong>Die</strong> untere Zone der <strong>Stele</strong> zeigt e<strong>in</strong>e Opferszene (Taf. 21, 2). Zwei Männer stehen um e<strong>in</strong>en Altar.<br />

Sie s<strong>in</strong>d beide wechselansichtig dargestellt, Be<strong>in</strong>e und Kopf im Profil, der Oberkörper frontal.<br />

<strong>Die</strong> Gesichtsmerkmale s<strong>in</strong>d nur summarisch angegeben. Beide s<strong>in</strong>d bärtig. Ihre Köpfe s<strong>in</strong>d <strong>von</strong><br />

spitz zulaufenden hohen Kappen bedeckt. In ihrer rechten Hand tragen sie jeweils e<strong>in</strong>en Zweig<br />

oder e<strong>in</strong> Zweigbündel und opfern mit der l<strong>in</strong>ken Hand auf dem Altar. Gewisse Unterschiede<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Gewandangabe festzustellen. Der Mann auf der l<strong>in</strong>ken Seite trägt e<strong>in</strong> knielanges<br />

Gewand mit langen Ärmeln. Es fällt ohne Gürtung senkrecht am Körper herab. Der Saum ist<br />

als schmaler Streifen abgesetzt und wird durch parallele senkrechte Ritzungen gegliedert. Vor<br />

dem Körper ist das Gewand, soweit es nicht vom rechten Arm verdeckt wird, durch schematisch<br />

angelegte Bogenfalten strukturiert. Sie werden gerahmt <strong>von</strong> zwei senkrechten Streifen, bei denen<br />

zunächst unklar ist, ob es sich um Falten handelt oder um aufgesetzte Zierstreifen <strong>in</strong> der Art<br />

<strong>von</strong> Clavi bei e<strong>in</strong>er Tunika. Für letzteres spricht, dass man bei dem Gewand des Mannes rechts<br />

‒ ebenfalls knielang und nicht gegürtet – auf die Angabe dieser senkrechten Streifen verzichtet<br />

hat. Bei ihm ist es lediglich <strong>in</strong> parallel laufende sehr schematische Bogenfalten gelegt. Zudem<br />

ist bei dem rechten Priester das Gewand unterhalb der Hüften deutlich ausgestellt. Der untere<br />

Saum ist zwar ebenfalls abgesetzt, weist jedoch ke<strong>in</strong>e B<strong>in</strong>nenstruktur auf.<br />

Vergleichbare Darstellungen <strong>von</strong> Opfernden mit spitzen Kappen und Zweigbündeln s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der<br />

römerzeitlichen Lokalkunst Nord- und Mittelsyriens weit verbreitet. Es handelt sich stets um<br />

Priester <strong>in</strong>digener Kulte. Besonders zahlreich s<strong>in</strong>d sie aus Hierapolis/Manbig überliefert. 28 Über<br />

die Priester <strong>in</strong> dieser Stadt und ihre wichtige Stellung <strong>in</strong> dem überregional bedeutenden Heiligtum<br />

der ʽDea Syriaʼ berichtet auch Lukian. 29 Der Archiereus des Heiligtums ist zudem schon auf den<br />

frühen Münzen der Stadt, die im ausgehenden 4. Jh. v. Chr. geprägt wurden, dargestellt. 30 Er trägt<br />

auf diesen Münzen bereits e<strong>in</strong>e hohe konische Mütze, wie sie auf den späteren Darstellungen<br />

hierapolitanischer und sonstiger Priester lokaler Kulte <strong>in</strong> Nordsyrien üblich ist. 31 <strong>Die</strong>se<br />

Priesterhüte s<strong>in</strong>d im 6. Jh. v. Chr. bereits für neubabylonische Priester <strong>in</strong> Nordmesopotamien<br />

und Nordsyrien bezeugt, entwickeln sich aber offenbar erst <strong>in</strong> der nachfolgenden Epoche zum<br />

verb<strong>in</strong>dlichen Kennzeichen, zum charakteristischen Erkennungsmerkmal <strong>von</strong> Priestern. 32<br />

28 Zu den Priesterbildnissen aus Hierapolis vgl. vor allem H. Seyrig, Antiquités Syriennes 27. Stèle dʼun grand-prêtre<br />

de Hiérapolis, Syria 20, 1939, 183–188; Stucky 1976, 127–140. Allgeme<strong>in</strong> und umfassend zur Priesterikonographie<br />

im Nahen Osten Krumeich 1998, 171–200.<br />

29 Lukian, Dea Syria 42– 44; Lightfoot 2003, 479– 488.<br />

30 P. S. Ronzevalle, Les monnaies de la dynastie de Abd-Hadad et les cultes de Hiérapolis-Bambycé, MelBeyrouth<br />

23/2, 1940, 3–82; H. Seyrig, Le monnayage de Hiérapolis de Syrie à lʼépoque dʼAlexandre, RN 13, 1971, 1–21;<br />

A. Johnston, Hierapolis revisited, NC 144, 1984, 52–80; L. Mildenberg, A Note on the Co<strong>in</strong>age of Hierapolis-<br />

Bambyce, <strong>in</strong>: M. Amandry ‒ S. Hurter (Hrsg.), Travaux de numismatique grecque offerts à Georges Le Rider (London<br />

1999) 277–284; L. Mildenberg, A Note on the Co<strong>in</strong> Issues of Mazday, INJ 11, 1990/1991, 9–23; A. Lemaire,<br />

Remarques sur certa<strong>in</strong>s légendes monétaires ciliciennes (Ve–IVe siècle av. J.-C.), <strong>in</strong>: O. Casabonne (Hrsg.), Mécanismes<br />

et <strong>in</strong>novations monétaires dans L’Anatolie achéménide. Numismatique et histoire. Actes de la Table ronde<br />

d’Istanbul 22–23 mai 1997 (Paris 2000) 136–140; L. Mildenberg, A Note on the Co<strong>in</strong>age of Hierapolis-Bambyce,<br />

<strong>in</strong>: C. Augé ‒ F. Duyrat (Hrsg.), Les monnayages syriens. Quel apport pour lʼhistoire du Proche-Orient hellénistique<br />

et roma<strong>in</strong>? Actes de la table ronde de Damas, 1–12 novembre 1999 (Beirut 2002) 277–284. Zusammenfassend<br />

F. Duyrat, Bibliographie Numismatique de la Syrie, Syria 80, 2003, 241‒242.<br />

31 <strong>Die</strong> Pristermützen werden <strong>von</strong> Lukian als piloi bezeichnet, vgl. Lukian, De Dea Syria 42.<br />

32 Allgeme<strong>in</strong> zu Priestern im Nahen Osten im 2./1. Jt. v. Chr. J. Á. Zamora Lopez, El sacerdocio en el Levante<br />

próximo-oriental (Siria, Fenicia y el mundo púnico): las relaciones entre el culto y el poder y la cont<strong>in</strong>uidad en<br />

el cambio, <strong>in</strong>: J. L. Escacena Carrasco ‒ E. F. Albelda (Hrsg.), Entre dios y los hombres: El sacerdocio en la antigüedad<br />

(Sevilla 2006) 57–82.


<strong>Die</strong> <strong>Stele</strong> <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> 75<br />

Außerhalb <strong>von</strong> Hierapolis s<strong>in</strong>d entsprechende Priesterdarstellungen vor allem im nordsyrischen<br />

B<strong>in</strong>nenland verbreitet. 33 Auf Basaltgrabstelen, die aus der Region zwischen Hierapolis und<br />

<strong>Doliche</strong> stammen, treten sie besonders häufig <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung und auch aus <strong>Doliche</strong> selbst<br />

ist bereits seit längerem e<strong>in</strong> Altar mit e<strong>in</strong>er entsprechenden Priesterdarstellung bekannt (Taf.<br />

22, 1). 34 In anderen Regionen Syriens s<strong>in</strong>d Bilder <strong>von</strong> Priestern mit spitz zulaufender Kappe<br />

ebenfalls belegt, vor allem im Libanon und <strong>in</strong> Dura Europos. 35 Gleichwohl s<strong>in</strong>d sie dort deutlich<br />

seltener als <strong>in</strong> Nordsyrien. <strong>Die</strong> Priester Palmyras, deren Bildnisse <strong>in</strong> großer Zahl überliefert s<strong>in</strong>d,<br />

tragen h<strong>in</strong>gegen flache Kappen und haben ihre Köpfe rasiert. 36 Auch s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Palmyra wie auch<br />

<strong>in</strong> anderen Teilen Syriens Kränze ohne weitere Kopfbedeckung als Zeichen des Priesteramtes<br />

weit verbreitet. 37<br />

Im Gegensatz zu den konischen Kappen s<strong>in</strong>d Zweige oder Zweigbündel, wie sie <strong>von</strong> den<br />

Priestern auf der <strong>Doliche</strong>ner <strong>Stele</strong> getragen werden, als priesterliches Insigne <strong>in</strong> ganz Syrien<br />

und weit darüber h<strong>in</strong>aus verbreitet und üblich. 38 Priester, aber auch e<strong>in</strong>fache Betende halten<br />

sie regelmäßig <strong>in</strong> Opferszenen, ob <strong>in</strong> Assur oder Hatra 39 , <strong>in</strong> Dura Europos 40 , Palmyra 41 oder<br />

eben häufig auch <strong>in</strong> Nordsyrien 42 . Kaiser Elagabal lässt sich mit e<strong>in</strong>em Zweigbündel sogar auf<br />

stadtrömischen Münzen abbilden, die ihn als Priester des Elagabal <strong>von</strong> Emesa präsentieren. 43<br />

Form und Gestaltung des vegetabilen Insigne können dabei stark variieren. Handelt es sich<br />

33 K. Chédadeh ‒ M. Griesheimer, Les reliefs funéraires du tombeau de prêtre Rapsones (Babul<strong>in</strong>, Syrie du Nord),<br />

Syria 75, 1998, 171–175; M. Griesheimer, Cimetières et tombeaux des villages de la Syrie du Nord, Syria 74, 1997,<br />

191 f. Abb. 32; M. Griesheimer, Le sanctuaire du Schnaan, Topoi 9/2, 1999, 703 Abb. 18; Stucky a. O. (Anm. 26)<br />

277–284; Parlasca 1982, 16 Taf. 18, 2. Weitere Denkmäler aus Basalt <strong>in</strong> <strong>Blömer</strong> a. O. (Anm. 17).<br />

34 Vgl. Wagner 1982, 162–164 Kat. 5 Abb. 26 f.; CCID Nr. 2 Taf. 1. E<strong>in</strong> weiterer Altar, der aus ʽ<strong>Doliche</strong>ʼ, womöglich<br />

aber auch aus dem Heiligtum stammt, zeigt ebenfalls e<strong>in</strong>e Opferszene, vgl. Schütte-Maischatz ‒ W<strong>in</strong>ter<br />

2004, 4 mit Taf. 1, 1: E<strong>in</strong> Mann führt e<strong>in</strong> Tier zum Altar. Er trägt ke<strong>in</strong>e Kopfbedeckung und ist daher wohl nicht<br />

als Priester zu verstehen.<br />

35 Krumeich 1998, 171–200. Weitere Beispiele bei Z. Fani, Le tympan ouest et les couronnes du temple A de Niha,<br />

Topoi 16/1, 2009, 153 –167, <strong>in</strong>sb. 155–160. – Zu den Priesterbildern aus Dura, vgl. S. B. Downey, The Stone<br />

and Plaster Sculpture. The Excavation at Dura Europos. F<strong>in</strong>al Report III, 1. 2, Monumenta Archaeologica 5 (Los<br />

Angeles 1976) 7–10 Taf. 1, 1; 14–16 Taf. 4, 5; 29–31 Taf. 4, 9. Zu den berühmten Wandmalereien mit Opferszene<br />

<strong>in</strong> Anwesenheit des Legaten Iulius Terentius vgl. zuletzt T. Kaizer, A Note on the Fresco of Iulius Terentius from<br />

Dura Europos, <strong>in</strong>: R. Roll<strong>in</strong>ger – B. Truschnegg (Hrsg.), Altertum und Mittelmeerraum. <strong>Die</strong> antike Welt diesseits<br />

und jenseits der Levante. Festschrift für P. W. Haider zum 60. Geburtstag, OrOcc 12 (Stuttgart 2006) 151–159 mit<br />

weiterer Literatur.<br />

36 R. A. Stucky, Prêtres Syriens I. Palmyre, Syria 50, 1973, 163–180.<br />

37 J. Rumscheid, Kranz und Krone. Zu Insignien, Siegespreisen und Ehrenzeichen der römischen Kaiserzeit, Ist-<br />

Forsch 43 (Tüb<strong>in</strong>gen 2000) 110–111.<br />

38 <strong>Die</strong> bislang umfassendste Bearbeitung dieses Insigne im römischen Orient bietet Krumeich 1998, 176–187.<br />

39 Assur: W. Andreae ‒ H. Lenzen, <strong>Die</strong> Partherstadt Assur (Berl<strong>in</strong> 1933) 105‒106 Taf. 59 a. c‒d. In Hatra tragen<br />

nicht die Priester, sondern alle e<strong>in</strong>e Gottheit Ehrenden den Palmzweig, vgl. L. Dirven, Aspects of Hatrene Religion:<br />

A Note on the Statues of K<strong>in</strong>gs and Nobles from Hatra, <strong>in</strong>: Kaizer 2008, 209 –246, <strong>in</strong>sb. 238–239.<br />

40 Vgl. die Beispiele <strong>in</strong> Anm. 35.<br />

41 Beispiele bei Krumeich 1998, 181–184.<br />

42 Vgl. beispielhaft das bei Parlasca 1982, 16 mit Taf. 18, 2 publizierte Priesterrelief aus Aydınkaya/Kantara.<br />

43 R. Krumeich, Der Kaiser als syrischer Priester: Zur Repräsentation Elagabals als sacerdos dei Solis Elagabali,<br />

Boreas 23/24, 2000/2001, 107–112. Wohl zu Recht hat allerd<strong>in</strong>gs L. Dirven darauf verwiesen, dass die Tracht des<br />

Elagabal <strong>in</strong>sgesamt nicht die e<strong>in</strong>es syrischen Priesters ist, vgl. L. Dirven, The Emperorʼs New Clothes: A Note on<br />

Elagabalusʼ Priestly Dress, <strong>in</strong>: S. G. Vashalomidze ‒ L. Greisiger (Hrsg.), Der christliche Orient und se<strong>in</strong>e Umwelt.<br />

Gesammelte Studien zu Ehren Jürgen Tubachs anlässlich se<strong>in</strong>es 60. Geburtstages, Studies <strong>in</strong> Oriental Religions 56<br />

(Wiesbaden 2007) 21–36. <strong>Die</strong> Gestalt und die prom<strong>in</strong>ente Rolle des Zweiges zeigen gleichwohl, dass es sich um<br />

das orientalische Zweigbündel handelt.


76<br />

Michael <strong>Blömer</strong><br />

zum Teil deutlich erkennbar um e<strong>in</strong>fache Zweigbüschel oder Äste ‒ ohne dass freilich e<strong>in</strong>e<br />

sichere botanische Bestimmung möglich wäre ‒, zeigen andere Darstellungen e<strong>in</strong>e komplexere<br />

Gestaltung, etwa mit e<strong>in</strong>em gesondert gearbeiteten Griff. 44 <strong>Die</strong> Funktion der Bündel und Zweige<br />

ist umstritten. Häufig werden sie als aspergilla, als Geräte zum Verspritzen <strong>von</strong> Flüssigkeiten<br />

im Kult, beschrieben. 45 Naheliegender sche<strong>in</strong>t jedoch, dass es sich dabei im Kontext syrischer<br />

Lokalkulte um e<strong>in</strong> Symbol für die lebenspendende Kraft der verehrten Gottheit handelt. Denn<br />

auch die verehrten Gottheiten selbst und die ihnen beigeordneten Götter s<strong>in</strong>d nicht selten<br />

mit dem gleichen Symbol ausgestattet. 46 Im Kosmos der Götter <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> z. B. können die<br />

sogenannten Dioskures oder Castores, die auf den dreieckigen Aufsätzen <strong>von</strong> Kultstandarten<br />

mehrfach belegt s<strong>in</strong>d, vergleichbare vegetabile Insignien tragen. 47 <strong>Die</strong> eigentümlich geformten<br />

Gottheiten mit kegelförmigen, berggestaltigen Unterleibern stehen dabei ganz offensichtlich<br />

<strong>in</strong> der Tradition altorientalischer Berggötter. 48 <strong>Die</strong>se häufig mit Wettergöttern assoziierten<br />

Gottheiten s<strong>in</strong>d regelmäßig mit vegetabilen Symbolen ausgestattet, die ihre leben- und<br />

fruchtbarkeitspendende Kraft symbolisieren. 49 Schließlich kann auch der Wettergott selbst<br />

Zweigbündel oder vergleichbare vegetabile Insignien tragen. 50<br />

44 E<strong>in</strong>fache Zweige: Deutlich mit Griffen versehen s<strong>in</strong>d die volum<strong>in</strong>ösen Bündel des Priesters Narkissos im Tempel<br />

<strong>von</strong> Chhim, vgl. Krumeich 1998, 171–200; zum Heiligtum selbst vgl. I. Périssé-Valéro, Le sanctuaire roma<strong>in</strong> de<br />

Chhim. Évolution et mutations dʼun site cultuel de la montagne libanaise, Topoi 16/2, 2009, 65–92. Ganz ähnlich<br />

gestaltet ist das Gerät auf dem Altar <strong>von</strong> Brahilya, vgl. Y. Hajjar, Une dédicace de Brahlia a Zeus et Apis, AAAS<br />

27/28, 1978/79, 187–195 (dort als P<strong>in</strong>ienzapfen gedeutet); J.-P. Rey-Coquais, Sur quelques div<strong>in</strong>ités de la Syrie<br />

antique, <strong>in</strong>: M.-M. Mactoux ‒ E. Geny (Hrsg.), Mélanges Pierre Léveque 6. Religion (Paris 1992) 247‒260 <strong>in</strong>sb.<br />

256 Taf. 2, 2; auf dem Grabmonument des Germanos aus Qartaba, P.-L. Gatier, La «colonna de Quartba» et la<br />

romanisation de la montagne libanaise, <strong>in</strong>: P. Biel<strong>in</strong>ski ‒ F. M. Stepniowski (Hrsg.), Aux pays dʼAllat. Mélanges<br />

offerts à Michal Gawl<strong>in</strong>owski (Warschau 2005) 77–98.<br />

45 Zu aspergilla allgeme<strong>in</strong> A. V. Siebert, Instrumenta Sacra. Untersuchungen zu römischen Opfer-, Kult und Priestergeräten<br />

(Berl<strong>in</strong> 1999); A. V. Siebert, Römische Opfer- und Kultgeräte. E<strong>in</strong> Beitrag zur Sachkultur römischer<br />

Opferpraxis, <strong>in</strong>: Ch. Batsch ‒ U. Egelhaaf-Gaiser ‒ R. Stepper (Hrsg.), Zwischen Krise und Alltag. Antike Religionen<br />

im Mittelmeerraum (Stuttgart 1999) 125–42 bes. 132–135. – Zur Interpretation der syrischen Zweigbündel<br />

als aspergilla: Rey-Coquais a. O. (Anm. 44) 256. P.-L. Gatier, La colonne de Qartba, <strong>in</strong>: P.-L. Gatier, Mission de<br />

Yanouh et de la haute vallée du Nahr-Ibrahim, Baal 8, 2004, 193 geht kurz auf die Zweige e<strong>in</strong> und kündigt e<strong>in</strong>e<br />

separate Studie zu diesen an. Vgl. auch Gatier a. O. (Anm. 45) 85‒86; J. Aliquot, La vie religieuse au Libanon<br />

sous lʼempire roma<strong>in</strong> (Beirut 2009) 117‒119.<br />

46 Vgl. zu Zweigbündeln bei Gottheiten <strong>in</strong> römischer Zeit etwa K. Butcher, Acolytes and Aspergilla. On Five Co<strong>in</strong><br />

Types of Heliopolis, Topoi 16/1, 2009, 169–187, wo es auf S. 186‒187 treffend heißt: »The bouquet or bunch of<br />

foliage, whatever its function, was clearly not a device particular to any one deity, and could be used alone as a<br />

symbol of the div<strong>in</strong>e, <strong>in</strong> the same way as the caduceus and purse symbols of Mercury, the standards and cornucopia<br />

of the Tyche of Heliopolis, or the ear of corn (of Jupiter or Mercury?)«. Stärker betont werden sollte freilich die<br />

Herkunft des Symbols aus der altorientalischen Ikonographie.<br />

47 Vgl. CCID Nr. 80 Taf. 22; Nr. 103 Taf. 26; Nr. 202 Taf. 39; Nr. 281Taf. 52; Nr. 512 Taf. 108. Ähnliche vegetabile<br />

Objekte tragen auch die Castores auf dem dalmatischen Altar CCID Nr. 125 Taf. 28.<br />

48 Vgl. allgeme<strong>in</strong> E. Will, Les castores dolichéniens, MelBeyrouth 27, 1947/1948, 23–36; P. Merlat, Observations<br />

sur les Castores Dolichéniens, Syria 28, 1951, 229–249.<br />

49 Vgl. z. B. die Berggötter auf den Orthostaten <strong>von</strong> A<strong>in</strong> Dara, vgl. A. Abu Assaf, Der Tempel <strong>von</strong> A<strong>in</strong> Dara, DaF 3<br />

(Ma<strong>in</strong>z 1990) Sockelreliefs E 1–7, Taf. 44 a‒b; 45 a‒b; 46 a; Sockel G 1, Seite A, Taf. 49 a; Sockel G 1, Seite C,<br />

Taf. 50b oder Aleppo, vgl. J. Gonella ‒ W. Khayyata ‒ K. Kohlmeyer, <strong>Die</strong> Zitadelle <strong>von</strong> Aleppo und der Tempel<br />

des Wettergottes. Neue Forschungen und Entdeckungen (Münster 2005) 101 Abb. 142 t. Allgeme<strong>in</strong> auch P. Calmeyer,<br />

Wandernde Berggötter, <strong>in</strong>: P. Van den Berghe ‒ G. Voet (Hrsg.), Languages and Cultures <strong>in</strong> Context. At the<br />

Crossroads of Civilizations <strong>in</strong> the Syro-Mesopotamian Realm (Leuven 1999) 1–32.<br />

50 Vgl. Bunnens 2006, 58‒59. Zum fruchtbarkeitspendenden Aspekt der Wettergötter allgeme<strong>in</strong> s. u. S. 90–92. Aus<br />

dem Westen zeigt der dreieckige Standartenaufsatz CCID Nr. 295 Taf. 58 Iupiter <strong>Doliche</strong>nus mit e<strong>in</strong>em Zweigbündel,<br />

vgl. auch die römerzeitliche Wettergottstele aus Zafer, CCID Nr. 8 Taf. 4, wo der Gott mit vegetabilem<br />

Symbol anstelle e<strong>in</strong>es Blitzes ausgestattet ist.


<strong>Die</strong> <strong>Stele</strong> <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> 77<br />

Im Gegensatz zur spitzen Kappe und zum Zweigbündel ist die sonstige Tracht der Priester auf<br />

der <strong>Stele</strong> <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> wenig charakteristisch. Vergleicht man sie mit den anderen Darstellungen<br />

<strong>von</strong> Priestern aus Nordsyrien, fällt im Gegenteil auf, dass typische Trachtbestandteile<br />

fehlen. Üblicherweise s<strong>in</strong>d die Priester mit e<strong>in</strong>em knöchellangen, <strong>von</strong> e<strong>in</strong>em breiten Gürtel<br />

zusammengehaltenen Gewand bekleidet. Das gilt zum Beispiel auch für den Priester auf dem Altar<br />

aus dem <strong>Doliche</strong>ner Heiligtum gilt. 51 Auf den sorgfältig gearbeiteten Darstellungen <strong>von</strong> Priestern<br />

aus Hierapolis ist zudem zu erkennen, dass zwischen zwei übere<strong>in</strong>ander liegenden Gewändern<br />

unterschieden werden muss, <strong>von</strong> denen das obere ähnlich e<strong>in</strong>em assyrischen Wickelrock getragen<br />

wurde. 52 Da<strong>von</strong> hebt sich die Tracht der Priester auf der <strong>Stele</strong> <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> deutlich ab. Interessant<br />

ist zudem die Frage, ob die bei beiden Priestern jeweils leicht differenzierte Trachtwiedergabe<br />

unterschiedliche Funktionen oder Hierarchieebenen bezeichnet oder lediglich willkürlich ist.<br />

Beide Priester legen mit der rechten Hand etwas auf den Altar. Dass es sich dabei um die verkürzte<br />

Darstellung e<strong>in</strong>es Tieropfers handelt, ist nicht anzunehmen. Auf den vergleichbaren Denkmälern<br />

der Region wird, soweit diesbezüglich überhaupt Aussagen gemacht werden können, <strong>in</strong> der Regel<br />

das Verbrennen <strong>von</strong> Räucherwerk dargestellt. Der schlichte Altar selbst ist rechteckig geformt.<br />

Über e<strong>in</strong>er flachen Basis setzt e<strong>in</strong> geschwungenes unteres Abschlussprofil an, über dem sich,<br />

getrennt durch e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>fache Leiste, der schlanke Altarkörper erhebt. Er weist ke<strong>in</strong> Dekor auf und<br />

endet <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er weiteren e<strong>in</strong>fachen Leiste, über der sich e<strong>in</strong> vertikal ausladendes Abschlussprofil<br />

anschließt. Darüber liegt e<strong>in</strong>e mächtige Deckplatte. Solche e<strong>in</strong>fachen blockförmigen Altäre<br />

mit ausladenden Profilen oben und unten s<strong>in</strong>d seit hellenistischer Zeit verbreitet und wenig<br />

spezifisch. 53 In römischer Zeit waren die e<strong>in</strong>fachen Blockaltäre <strong>in</strong> Syrien üblich, nachdem zuvor<br />

Altäre mit Akroteren an den Ecken der Deckplatte, sogenannte Hörneraltäre, die ihren Ursprung<br />

im Orient haben und <strong>in</strong> syrischen Kulten häufig vertreten s<strong>in</strong>d, überwogen. 54 Im Heiligtum <strong>von</strong><br />

<strong>Doliche</strong> s<strong>in</strong>d archäologisch bislang ganz verschiedene Altarformen nachzuweisen: e<strong>in</strong>fache<br />

Blockaltäre, 55 Hörneraltäre, 56 Altäre mit mehrfach gestufter Deckplatte 57 und Rundaltäre. 58<br />

51 CCID Nr. 2 Taf. 1.<br />

52 Seyrig a. O. (Anm. 28) 184‒185;Stucky 1976, 131. 136.<br />

53 C. G. Yavis, Greek Altars. Orig<strong>in</strong>s and Typology (Sa<strong>in</strong>t Louis 1949) 154–158.<br />

54 Zu den Hörneraltären allgeme<strong>in</strong> vgl. K. Gall<strong>in</strong>g, Der Altar <strong>in</strong> den Kulturen des alten Orients. E<strong>in</strong>e archäologische<br />

Studie (Berl<strong>in</strong> 1925); W. Deonna, Mobilier Délien II. Bomoi Keraouchoi, BCH 58, 1934, 381–441; L. A. Hitchcock,<br />

Levant<strong>in</strong>e Horned Altars: An Aegean Perspective on the Transformation of Social-Religious Reproduction, <strong>in</strong>:<br />

D. M. Gunn ‒ P. M. McNutt (Hrsg.), «Imag<strong>in</strong><strong>in</strong>g» Biblical Worlds. Studies <strong>in</strong> Spatial, Social and Historical Constructs<br />

<strong>in</strong> Honor of James W. Flanagan (New York 2002) 233–249; W. Zwickel, Der Hörneraltar auf Siegeln aus<br />

Paläst<strong>in</strong>a/Israel, <strong>in</strong>. S. Bickel ‒ S. Schroer ‒ R. Schurte ‒ Ch. Uehl<strong>in</strong>ger (Hrsg.), Bilder als Quellen. Studies on<br />

Ancient Near Eastern Artefacts and the Bible Inspired by the Work of Othmar Keel, OBO (Fribourg 2007) 269–292.<br />

55 F. Bulgan ‒ M. <strong>Blömer</strong> ‒ E. W<strong>in</strong>ter, Das Zentralheiligtum des Iupiter <strong>Doliche</strong>nus auf dem Dülük Baba Tepesi<br />

bei <strong>Doliche</strong>. Forschungen des Jahres 2005, KST 28/1, 2006, 251 Abb. 5; Fund-Nr. 05_001-410 (unpubliziert).<br />

56 E<strong>in</strong> Altfund vom Dülük Baba Tepesi ist der Hörneraltar CCID Nr. 2 Taf. 1; h<strong>in</strong>zu kommt das Altarfragment,<br />

Dülük Baba Tepesi Fund-Nr. 06_001 –401 (unpubliziert); vgl. des Weiteren die Darstellung e<strong>in</strong>es Hörneraltars auf<br />

der angeblich aus <strong>Doliche</strong> stammenden dreieckigen Standartenbekrönung CCID Nr. 5 Taf. 2.<br />

57 Vgl. Schütte-Maischatz ‒ W<strong>in</strong>ter 2004, 4 Taf. 1, 1.<br />

58 Fund-Nr. 05_402-400, Fragment e<strong>in</strong>es Rundaltars mit Graffitti (unpubliziert); Fund-Nr. 05_001-470 (unpubliziert).


78<br />

Michael <strong>Blömer</strong><br />

Es bleibt <strong>in</strong> jedem Fall zu konstatieren, dass der e<strong>in</strong>fache Blockaltar, wie er auf der <strong>Stele</strong><br />

dargestellt ist, e<strong>in</strong> Indiz für die Entstehungszeit des Reliefs ist. Während andere Altarformen<br />

bereits <strong>in</strong> vor- und frühhellenistischer Zeit im nordsyrischen B<strong>in</strong>nenland nachgewiesen s<strong>in</strong>d,<br />

verbreiteten sich die Blockaltäre erst langsam im Laufe der hellenistischen Epoche, treten dann<br />

aber <strong>in</strong> römischer Zeit regelmäßig <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung. 59<br />

Als letztes Bildelement sei auf die über dem Altar hängenden Trauben verwiesen. Trauben<br />

treten auch im oberen Register prom<strong>in</strong>ent <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung, wo sie im Feld zwischen den Köpfen<br />

des Götterpaares herabhängen. <strong>Die</strong> Verb<strong>in</strong>dung <strong>von</strong> Opferszene und vegetabilen Symbolen<br />

ist auch auf dem bereits erwähnten Relieffragment aus Kilis zu sehen, wo h<strong>in</strong>ter dem Priester<br />

Efeu emporrankt (Taf. 21, 1). 60 Das Motiv verdeutlicht wohl die Rolle des Wettergottes als<br />

Vegetationsgottheit. 61 Konkret mag <strong>in</strong> beiden Darstellungen der erfolgreiche, <strong>von</strong> den Göttern<br />

wohlwollend bedachte Vollzug des Opfers verbildlicht se<strong>in</strong>.<br />

Das Götterpaar im oberen Bildfeld<br />

Im oberen Bildfeld, das aufgrund se<strong>in</strong>er Größe e<strong>in</strong>deutig als das Hauptfeld angesprochen werden<br />

kann, ist l<strong>in</strong>ks der Gott auf e<strong>in</strong>em Stier, rechts die Gött<strong>in</strong> auf e<strong>in</strong>em Hirsch dargestellt. Zwischen<br />

ihnen steht e<strong>in</strong> Objekt, das wahrsche<strong>in</strong>lich als stilisiertes vegetabiles Symbol zu verstehen ist.<br />

<strong>Die</strong> Darstellung im Bogen des oberen <strong>Stele</strong>nabschlusses ist wegen der Bruchstellen nicht mehr<br />

mit Sicherheit zu erschließen. <strong>Die</strong> e<strong>in</strong>zelnen Komponenten des Reliefs sollen im Folgenden<br />

h<strong>in</strong>sichtlich ihrer Phänomenologie und Ikonographie besprochen werden.<br />

Der Stier<br />

Der Stier dient dem Gott als Basis-Tier. Se<strong>in</strong>e Darstellung ist wenig proportional. Während der<br />

im Profil gezeigte Körper stark gelängt ist, s<strong>in</strong>d die Be<strong>in</strong>e kurz und gedrungen. Der Rücken bildet<br />

e<strong>in</strong>en flachen Höcker, womit der Stier womöglich als Buckelr<strong>in</strong>d gekennzeichnet werden soll. 62<br />

Um den Leib des Stiers ist e<strong>in</strong>e B<strong>in</strong>de gelegt, die durch zwei parallele senkrechte Ritzungen<br />

angegeben ist. Den stark vergrößerten Kopf wendet das Tier aus dem Bild dem Betrachter zu:<br />

Er ist frontal dargestellt. Nüstern, sehr große Augen, die langen Stirnhaare und die Ohren s<strong>in</strong>d<br />

kursorisch angegeben, Hörner dagegen fehlen.<br />

Das Motiv des Stehens auf Tieren ist für Hochgötter <strong>in</strong> vorderasiatischen Religionen üblich und<br />

Zeichen ihrer Göttlichkeit. 63 <strong>Die</strong> Tiere drücken gleichzeitig Qualitäten des jeweiligen Gottes aus.<br />

59 E<strong>in</strong> frühes Beispiel für e<strong>in</strong>en Hörneraltar, der wahrsche<strong>in</strong>lich aus Nordsyrien stammt, ist besprochen bei Bordreuil<br />

‒ Gatier a. O. (Anm. 26) 329–338 Abb. 1. 2.<br />

60 Stucky a. O. (Anm. 26) 277‒284.<br />

61 Dazu ausführlich unten S. 90‒92.<br />

62 B. J. Coll<strong>in</strong>s – A. Spyket, It<strong>in</strong>éraire du zébu au Proche-Orient ancien, <strong>in</strong>: P. Butterl<strong>in</strong> u. a. (Hrsg.), Les Espaces<br />

Syro-Mésopotamiens. Dimensions de lʼExpérience Huma<strong>in</strong>e au Proche-Orient Ancien. Volume dʼHommage Offert<br />

à Jean-Claude Margueron, Subartu 17 (Turnhout 2006) 451– 459.<br />

63 I. Cornelius, The Iconography of the Canaanite Gods Reshef and Baʼal. Late Bronze Age and Iron Age I Periods<br />

(1500–1000 BCE), OBO 140 (Fribourg 1994) 262; zum Verhältnis Gott und Tier allgeme<strong>in</strong> auch J. Eggler, 2009,<br />

15. May, Art. Iconography of Animals <strong>in</strong> the Representation of the Div<strong>in</strong>e (Palest<strong>in</strong>e/Israel), <strong>in</strong>: J. Eggler ‒<br />

Ch. Uehl<strong>in</strong>ger (Hrsg.)., Iconography of Deities and Demons <strong>in</strong> the Ancient Near East, http://www.religionswissenschaft.unizh.ch/idd/prepublications/e_idd_iconography_of_animals.pdf<br />

(02.07.2010).


<strong>Die</strong> <strong>Stele</strong> <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> 79<br />

Der Stier ist dabei seit ältester Zeit vor allem dem Wettergott zugeordnet. 64 Vielfach wird dieser<br />

auf e<strong>in</strong>em Stierpaar, später auch auf e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>zelnen Stier stehend dargestellt. 65 Damit steht der<br />

Stier auf der <strong>Stele</strong> <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> auf den ersten Blick ganz <strong>in</strong> altorientalischer Tradition. E<strong>in</strong>zig<br />

der Gurt um den Körper hat <strong>in</strong> der altorientalischen Ikonographie ke<strong>in</strong>e Parallele, ersche<strong>in</strong>t<br />

dafür aber auf zahlreichen römischen Darstellungen des Iupiter <strong>Doliche</strong>nus. 66 In der Forschung<br />

ist der Leibgurt zum Teil als Zaumzeug verstanden und als Zeichen der Bändigung des Tieres<br />

durch den Gott gesehen worden. 67 <strong>Die</strong>ser Aspekt f<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> der Tat auch auf bronze- und<br />

eisenzeitlichen Darstellungen ausgedrückt, nicht jedoch durch e<strong>in</strong>e B<strong>in</strong>de um den Leib, sondern<br />

durch Zügel, die der Gott <strong>in</strong> der ausgestreckten Hand hält. 68 Zügel s<strong>in</strong>d aber auf den Bildern<br />

mit Iupiter <strong>Doliche</strong>nus auf dem Stier nie angegeben. Viel naheliegender ist daher die Deutung<br />

des Leibgurtes als dorsuale, als Gurt also, der Opfertieren als Zeremonialschmuck umgelegt<br />

wurde. 69 Das dorsuale ist eng mit römischen Opferriten verknüpft, woh<strong>in</strong>gegen <strong>in</strong> Griechenland<br />

entsprechender Schmuck <strong>von</strong> Tieren nicht üblich war. 70 Erst mit der Etablierung der römischen<br />

Herrschaft verbreitet sich das dorsuale im gesamten Mittelmeergebiet und auch aus Syrien s<strong>in</strong>d<br />

zahlreiche Beispiele überliefert. 71 Nimmt man das Bildzeichen auf der <strong>Stele</strong> <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> ernst,<br />

wäre der Stier nicht mehr als e<strong>in</strong> Zeichen der göttlichen Kraft und Ausdruck der Macht des Gottes<br />

gedacht, als etwas also, was dem Gott <strong>in</strong>härent ist, sondern als victima, als Opfertier, und damit<br />

Zeichen se<strong>in</strong>er Verehrung bzw. Verehrungswürdigkeit. Er stünde dann für die Opferhandlungen,<br />

die zu Ehren des Gottes vollzogen wurden und wiese implizit auf das Schlachten des Stiers h<strong>in</strong>.<br />

Im E<strong>in</strong>klang mit e<strong>in</strong>er solchen Deutung stehen Denkmäler des Iupiter <strong>Doliche</strong>nus, welche die<br />

Darstellung des Stiers noch stärker <strong>in</strong> Richtung Opfertier abwandeln. So zeigen Skulpturen aus<br />

Carnuntum und Porolissum den Gott auf e<strong>in</strong>em zusammengebrochenen Stier, der motivisch<br />

eng mit getöteten Opferstieren verwandt ist. 72 Der Aspekt des Stiertötens er<strong>in</strong>nert dabei an<br />

die mithrischen Reliefs. Hier mag es zu Angleichungen und Wandlungen gekommen se<strong>in</strong>, die<br />

dem Nebene<strong>in</strong>ander und Austausch verschiedener Kulte im Westen des Imperiums geschuldet<br />

64 Demirçioğlu 1939; Bunnens 2006, 69‒70. Gleichzeitig ist der Stier eng mit dem Mondgott verbunden, was dann<br />

zu Kontam<strong>in</strong>ationen führen konnte, vgl. T. Ornan, The Bull and his two Masters – Moon and Storm Deities <strong>in</strong><br />

Relation to the Bull <strong>in</strong> the Ancient Near Eastern Art, IEJ 51, 2002, 1–26; M. Novák, Zur Verb<strong>in</strong>dung <strong>von</strong> Mondgott<br />

und Wettergott bei den Aramäern im 1. Jt. v. Chr., UF 33, 2001, 437– 465.<br />

65 E<strong>in</strong>e knappe Zusammenfassung der Motivgeschichte mit der älteren Literatur gibt M. Meyer, A Naked ʽSmit<strong>in</strong>g<br />

Godʼ Stand<strong>in</strong>g on a Bull ‒ a Puzzle of the Distant or Recent Past?, Berytus 50, 2007, 37–47 <strong>in</strong>sb. 40‒ 42.<br />

66 Vgl. etwa CCID Nr. 91 Taf. 24; Nr. 157 Taf. 31; Nr. 201–202; Taf. 39; Nr. 222 Taf. 44; Nr. 239 Taf. 46; Nr.<br />

291–292 Taf. 54–55; Nr. 298 Taf. 60; Nr. 588 Taf. 129. Aus Gaziantep, möglicherweise also aus <strong>Doliche</strong> selbst,<br />

stammt die Gemme CCID Nr. 10 Abb. 2. Bei den Basis-Tieren des weiblichen parhedros gibt es e<strong>in</strong> solches Band<br />

dagegen nie.<br />

67 A. H. Kan, Iuppiter <strong>Doliche</strong>nus (Leiden 1943); Merlat 1951, Kat. 5 A 1; Merlat 1960, 115‒119.<br />

68 Auf Reliefs s<strong>in</strong>d die Zügel selten gezeigt, vgl. aber die <strong>Stele</strong> <strong>von</strong> Jekke, M. Dunand, Stèle Hittite à lʼeffigie<br />

de Adad Teshoub, Bullet<strong>in</strong> du Musée de Beyrouth 4, 1940, 85–92. Viel häufiger ersche<strong>in</strong>t die Darstellung <strong>in</strong> der<br />

Kle<strong>in</strong>kunst und Glyptik.<br />

69 So auch schon R. Fleischer, <strong>Die</strong> römischen Bronzen aus Österreich (Ma<strong>in</strong>z 1967) 34; CCID Nr. 10. Zu den römischen<br />

dorsualia V. Siebert, Instrumenta Sacra. Untersuchungen zu römischen Opfer-, Kult- und Priestergeräten,<br />

Religionsgeschichtliche Versuche und Vorarbeiten 44 (Berl<strong>in</strong> 1999) 139–143.<br />

70 F. T. Van Straten, Hierà Kalà. Images of Animal Sacrifice <strong>in</strong> Archaic and Classical Greece (Leiden 1995) 162<br />

mit Anm. 14.<br />

71 Vgl. z. B. K. Chédadeh ‒ M. Griesheimer, Les reliefs funéraires du tombeau de prêtre Rapsones (Babul<strong>in</strong>, Syrie<br />

du Nord), Syria 75, 1998, 171–192 <strong>in</strong>sb. 179 mit Abb. 7.<br />

72 Carnuntum: CCID Nr. 230 Taf. 42. Porolissum: N. Gudea ‒ D. Tamba, Porolissum. E<strong>in</strong> dakisch-römischer<br />

archäologischer Komplex an der Nordgrenze des römischen Reiches. Über e<strong>in</strong> Iupiter <strong>Doliche</strong>nus-Heiligtum im<br />

Municipium Septimium Porolissensium (Zalau 2001) 98 Nr. 2 Abb. 18–19.


80<br />

Michael <strong>Blömer</strong><br />

waren. 73 Der Stier sche<strong>in</strong>t <strong>in</strong> diesem Prozess – zum<strong>in</strong>dest an manchen Orten – se<strong>in</strong>e ursprüngliche<br />

Bedeutung e<strong>in</strong>gebüßt zu haben und analog zu römischen Vorstellungen als Opfertier verstanden<br />

worden zu se<strong>in</strong>. Ob sich e<strong>in</strong> solcher Bedeutungswandel aber auch <strong>in</strong> der Angabe des dorsuale auf<br />

lokalen syrischen Reliefs ausdrückt, oder ob mit ihm lediglich e<strong>in</strong> Zeichen aus der griechischrömischen<br />

Ikonographie übernommen wurde, ohne dass dessen konkrete Bedeutung verstanden<br />

wurde, lässt sich wohl ebenso wenig beantworten wie die Frage, wann die Übernahme des<br />

dorsuale <strong>in</strong> die Ikonographie des Gottes zeitlich zu verorten ist.<br />

E<strong>in</strong> weiteres Bildelement, das ke<strong>in</strong>e Vergleiche <strong>in</strong> vorhellenistischer Zeit hat, ist die Drehung<br />

des Kopfes aus dem Bild heraus. Auf den eisenzeitlichen Reliefs ersche<strong>in</strong>en die Basis-Tiere stets<br />

<strong>in</strong> strenger Profilansicht. Erst auf Reliefs römischer Zeit kann man diese Kopfwendung fassen,<br />

dann sogar konsistent bei Darstellungen des Iupiter <strong>Doliche</strong>nus oder anderer Wettergötter <strong>in</strong><br />

Nordsyrien.<br />

Der Gott<br />

Der Gott ist wechselseitig wiedergegeben. Kopf und Be<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>d im Profil gezeigt, der Oberkörper<br />

frontal. <strong>Die</strong> Haltung des Gottes entspricht dem Motiv des »smit<strong>in</strong>g god« oder »menac<strong>in</strong>g god«,<br />

die Waffen drohend erhoben, wie es seit der Bronzezeit für Wettergottheiten des Nahen Ostens<br />

üblich war. 74 Dem gleichen Motiv folgt auch die Mehrzahl der Denkmäler des Iupiter <strong>Doliche</strong>nus<br />

aus dem Westen des Imperiums. Dennoch unterscheidet sich das Bild des Gottes auf der<br />

<strong>Doliche</strong>ner <strong>Stele</strong> <strong>in</strong> vielen Details <strong>von</strong> sämtlichen westlichen Zeugnissen und f<strong>in</strong>det auch unter<br />

den wenigen Darstellungen aus Syrien ke<strong>in</strong>e exakten Entsprechungen. Alle bislang bekannten<br />

Bilder des Gottes weisen Elemente auf, die dem E<strong>in</strong>fluss griechisch-römischer Bildersprache<br />

geschuldet s<strong>in</strong>d. Solche fehlen auf der <strong>Doliche</strong>ner <strong>Stele</strong> jedoch fast vollständig, so dass der Gott<br />

auf den ersten Blick e<strong>in</strong>er viel früheren Epoche zu entstammen sche<strong>in</strong>t.<br />

Bekleidet ist der Gott mit e<strong>in</strong>em knielangen Schurzrock mit Fransen am unteren Saum. Er<br />

wird <strong>von</strong> e<strong>in</strong>em dreifach quergeriefelten Gürtel gehalten. E<strong>in</strong> Schwert ist an se<strong>in</strong>er l<strong>in</strong>ken Seite<br />

befestigt und verläuft fast waagerecht h<strong>in</strong>ter dem Körper. <strong>Die</strong> Bekleidung des Oberkörpers<br />

ist nicht weiter ausdifferenziert, weder an den Armen noch am Hals markiert e<strong>in</strong> Saum den<br />

Übergang <strong>von</strong> verhüllten zu unbedeckten Körperpartien. Auch fehlt jede B<strong>in</strong>nengliederung. <strong>Die</strong><br />

Halspartie wird <strong>von</strong> e<strong>in</strong>em langen, spitz zulaufenden Bart verdeckt, der <strong>in</strong> welligen Strähnen<br />

weit auf die Brust herabfällt. Der Kopf ist ganz flach gearbeitet. Lediglich Auge, Nase und<br />

Mund s<strong>in</strong>d kursorisch angegeben. Dom<strong>in</strong>ant ist dabei das übergroße mandelförmige Auge, das<br />

<strong>von</strong> wulstigen Lidern gerahmt wird. Über e<strong>in</strong>er schmalen Stirnpartie ist der Haaransatz sichtbar,<br />

darüber bedeckt e<strong>in</strong>e konische Kappe den Kopf. An der Kappe, die <strong>in</strong> drei horizontale Streifen<br />

gegliedert ist, s<strong>in</strong>d zwei Hörnerpaare befestigt. Das Haupthaar fällt zum Zopf geflochten weit <strong>in</strong><br />

73 E<strong>in</strong> paralleles Phänomen ist das Ersche<strong>in</strong>en der B<strong>in</strong>de um den Körper des Stiers auf e<strong>in</strong>igen Denkmälern des<br />

Mithras, obwohl auch diese ke<strong>in</strong>e Opferstiere s<strong>in</strong>d, vgl. dazu F. Prescendi, Riflessioni e ipotesi sulla tauroctoniamitraica<br />

e il sacrificio romano, <strong>in</strong>: C. Bonnet ‒ J. Rüpke ‒ P. Scarpi (Hrsg.), Religiones Orientales ‒ Culti misterici:<br />

Neue Perspektiven – Nouvelles Perspectives ‒ Prospettive nuove, Potsdamer Altertumswissenschaftliche Beiträge<br />

16 (Stuttgart 2006) 113–122 <strong>in</strong>sb. 115.<br />

74 I. Cornelius, The Iconography of the Canaanite Gods Reshef and Baal. Late Bronze and Iron Age I Periods<br />

(c 1500–1000 BCE), OBO 140 (Fribourg 1994) 23–45; Vanel 1965, 103. 110; H. Seeden, The Stand<strong>in</strong>g Armed<br />

Figur<strong>in</strong>es <strong>in</strong> the Levant, Prähistorische Bronzefunde I 1 (München 1980); P. R. S. Moorey ‒ S. Flem<strong>in</strong>g, Problems<br />

<strong>in</strong> the Study of Anthropomorphic Metal Statuary from Syro-Palest<strong>in</strong>e before 330 B. C., Levant 16, 1984, 67–90<br />

<strong>in</strong>sb. 79‒80.


<strong>Die</strong> <strong>Stele</strong> <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> 81<br />

den Rücken h<strong>in</strong>ab und ist am Ende e<strong>in</strong>gerollt. Der Zopf ist aus zwei parallelen Strähnen gebildet,<br />

die, Perllocken ähnlich, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelne Kompartimente gegliedert s<strong>in</strong>d. In der angew<strong>in</strong>kelten L<strong>in</strong>ken<br />

hält der Gott e<strong>in</strong> Blitzbündel. Wegen der Bestoßungen im Bereich des erhobenen rechten Arms<br />

ist der Gegenstand <strong>in</strong> der Rechten des Gottes nicht mehr vollständig erhalten. Noch zu erkennen<br />

ist aber e<strong>in</strong> Schaft, <strong>von</strong> dem die schmalen Blätter e<strong>in</strong>er Doppelaxt abgehen. 75<br />

Das Blitzbündel <strong>in</strong> der vorgestreckten l<strong>in</strong>ken Hand ist seit der Bronzezeit die prom<strong>in</strong>enteste<br />

Waffe des Wettergottes. 76 Auf altbabylonischen Rollsiegeln trägt er bereits das dreizackige<br />

Blitzzeichen. 77 Der Blitz wird später zum Symbol des Wettergottes schlechth<strong>in</strong> und kann ihn<br />

als isoliertes Bildzeichen repräsentieren. So ersche<strong>in</strong>t er <strong>in</strong> assyrischer Zeit häufig als isoliertes<br />

Symbol auf Reliefs. 78 In dieser Tradition stehen auch noch <strong>in</strong> römischer Zeit <strong>Stele</strong>n aus lokalem<br />

kultischen Kontext, die lediglich den Blitz zeigen, wenn auch zumeist geme<strong>in</strong>sam mit e<strong>in</strong>er<br />

Hand, die den Blitz hält. 79<br />

Auf der <strong>Doliche</strong>ner <strong>Stele</strong> ist der Blitz doppelt dreistrahlig. Das Strahlenbündel wächst nach<br />

oben und unten, wobei die e<strong>in</strong>zelnen Strahlen spannungslos und weich wirken. Auf den meisten<br />

altorientalischen Darstellungen des Wettergottes ist der Blitz dagegen als e<strong>in</strong>facher Zwei- oder<br />

Dreizack geformt. Erst spät, <strong>in</strong> neuassyrischer Zeit, tritt auch der doppelte Dreizack, bei dem<br />

die Zacken sowohl nach oben als auch nach unten abgehen, <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung. 80 Es bleibt aber<br />

auch bei diesem Darstellungsschema stets der gabelförmige Aufbau oder die wellige Form der<br />

Strahlen erkennbar. Beide Eigenschaften fehlen dem Blitzbündel auf der <strong>Doliche</strong>ner <strong>Stele</strong>.<br />

<strong>Die</strong> Doppelaxt <strong>in</strong> der rechten Hand des Gottes steht ebenfalls <strong>in</strong> vorhellenistischer Tradition.<br />

Sie entwickelte sich während der Eisenzeit zur üblichen Waffe des Wettergottes, woh<strong>in</strong>gegen<br />

<strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> der Bronzezeit Keule und Streitaxt üblich waren. 81 Während allerd<strong>in</strong>gs der Gott<br />

<strong>in</strong> <strong>Doliche</strong> und im Westen, soweit dies beurteilt werden kann, fast ausschließlich die Doppelaxt<br />

75 Zur Axt als Waffe des Wettergottes vgl. Vanel 1965, 136‒137; Bunnens 2006, 65‒66.<br />

76 P. Jacobsthal, Der Blitz <strong>in</strong> der orientalischen und griechischen Kunst (Berl<strong>in</strong> 1906); RlA 2 (1938) 55–57 s. v.<br />

Blitz (E. Unger); Vanel 1965; Bunnens 2006, 67–69.<br />

77 So z. B. D. Collon, Catalogue of the Western Asiatic Seals <strong>in</strong> the British Museum. Cyl<strong>in</strong>der Seals 3, Is<strong>in</strong>-Larsa<br />

and Old Babylonian Periods (London 1986) 31. 41. 52‒53.<br />

78 J. E. Reade, Shikaft-i Gugal: Its Date and Symbolism, Iranica Antiqua 12, 1977, 33–44. E<strong>in</strong>e Zusammenstellung<br />

der Blitzdarstellungen auf den assyrischen Reliefs bei R. E. Ellis, A Curious Lightn<strong>in</strong>g Symbol, <strong>in</strong>: M. J. Mell<strong>in</strong>k<br />

‒ E. Porada ‒ T. Özgüç (Hrsg.), Aspects of Art and Iconography: Anatolia and its Neighbors. Studies <strong>in</strong> Honor<br />

of Nimet Özgüç (Ankara 1993) 164 Tabelle 1. Vom Tell Halaf schließlich ist e<strong>in</strong>e Reihe <strong>von</strong> <strong>Stele</strong>n erhalten, die<br />

e<strong>in</strong>zig mit dem Blitz geschmückt s<strong>in</strong>d: M. <strong>von</strong> Oppenheim, <strong>Die</strong> Embleme der Buntkeramik des Tell Halaf und das<br />

Alter der Tell Halaf-Ste<strong>in</strong>bilder, <strong>in</strong>: Mélanges Syriens offerts a Monsieur René Dussaud II (Paris 1939) 611. 623<br />

Taf. 3, 1. 3; 4, 2. 7; J. Börker-Klähn, Altvorderasiatische Bildstelen und vergleichbare Felsreliefs, BaF 4 (Ma<strong>in</strong>z<br />

1982) 244 Nr. 295; 344 f. Nr. 299.<br />

79 H. Seyrig, Antiquités Syriennes 28. Représentations de la ma<strong>in</strong> div<strong>in</strong>e, Syria 20, 1939, 189–194.<br />

80 Vanel 1965, 152–156. So zeigen doppelten Dreizack die <strong>Stele</strong>n <strong>von</strong> Arslantaş, vgl. Bunnens 2006, 116–117 mit<br />

Abb. 73 und Turlu, vgl. B. Balcıoğlu ‒ W. R. Mayer, E<strong>in</strong>e neuassyrische Votivstele aus Turlu Höyük, 177–181<br />

mit Taf. 13.<br />

81 Bunnens 2006, 67–69. Allerd<strong>in</strong>gs kann der Wettergott auch <strong>in</strong> der Eisenzeit noch andere Waffen tragen, vor<br />

allem e<strong>in</strong>en sichelförmigen Stab, vgl. Bunnens 2006, 59–61 und Ph. C. Schmitz, Phoenician KRNTYŠ, Archaic<br />

Greek *KORYNHTHRIOΣ, and the Storm God of Aleppo, KUSATU 10, 2009, 119–160. – Ungewöhnlich ist die<br />

Bewaffnung mit Pfeil und Bogen, die sowohl auf der erst kürzlich entdeckten <strong>Stele</strong> <strong>von</strong> Turlu, vgl. Balcıoğlu ‒<br />

Mayer a. O. (Anm. 81) aus neuassyrischer Zeit als auch auf der römerzeitlichen <strong>Stele</strong> aus Hammam zu beobachten<br />

ist, vgl. Gatier 1998, 162–163 Abb. 2–3.


82<br />

Michael <strong>Blömer</strong><br />

trägt, kann die Bewaffnung bei anderen römerzeitlichen Wettergottgestalten Nordsyriens<br />

variieren. 82 Das Schwert wird zu allen Zeiten vom Wettergott getragen und zeigt se<strong>in</strong>e Wehrkraft<br />

und se<strong>in</strong>en Kriegerstatus an. 83<br />

E<strong>in</strong> besonders altertümliches Element der Darstellung ist die Hörnerkrone des Gottes. Sie drückt<br />

<strong>in</strong> der altorientalischen Ikonographie die Göttlichkeit der Person aus, die sie trägt. 84 <strong>Die</strong> <strong>in</strong> der<br />

Eisenzeit übliche Form <strong>in</strong> Nordsyrien zeigt e<strong>in</strong>e konische Kappe mit zwei Hörnerpaaren, die unter<br />

dem Apex e<strong>in</strong>zieht, um dann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em fast kreisrunden Abschluss zu enden. E<strong>in</strong>zelne Beispiele<br />

zeigen aber auch e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache, spitz zulaufende konische Kappe mit doppeltem Hörnerpaar,<br />

wie sie auf der <strong>Doliche</strong>ner <strong>Stele</strong> vorliegt (Taf. 19; 20, 1–2 ). 85 Im 7. Jh. v. Chr. etablierte sich<br />

unter assyrischem E<strong>in</strong>fluss neben der Hörnerkrone auch die polosartige hörnerbesetzte Kappe<br />

mit Federbesatz als Kopfbedeckung <strong>von</strong> Göttern. 86 Während der Zeit der persischen Herrschaft<br />

verschw<strong>in</strong>det die Hörnerkrone dann, soweit dies angesichts des Fehlens <strong>von</strong> Bildwerken dieser<br />

und der Folgezeit beurteilt werden kann, sche<strong>in</strong>bar vollständig aus dem ikonographischen<br />

Repertoire. 87 Auch für die hellenistische Epoche fehlen me<strong>in</strong>es Wissens entsprechende<br />

Darstellungen aus Syrien. Erst <strong>in</strong> römischer Zeit tauchen Hörnerkronen sehr vere<strong>in</strong>zelt wieder<br />

auf. So s<strong>in</strong>d auf den nordsyrischen Wettergottstelen aus Khaltan und vom Zeyt<strong>in</strong>tepe bei Başpınar<br />

die Kopfbedeckungen der Götter mit doppelten Hörnerpaaren versehen (Taf. 22, 3‒ 4). 88 Dabei<br />

entspricht die Kopfbedeckung jedoch nicht den eisenzeitlichen Formen der Hörnerkrone, sondern<br />

er<strong>in</strong>nert auf dem Relief vom Zeyt<strong>in</strong>tepe zunächst an e<strong>in</strong>e Tiara, im Falle des Reliefs aus Khaltan<br />

an e<strong>in</strong>e Federkrone. Lediglich die Hörner an sich stehen zeichenhaft <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er unmittelbaren<br />

altorientalischen Tradition. Gleiches gilt für Münzen aus Dion, auf denen der Stadtgott e<strong>in</strong>en<br />

Kalathos trägt, an dem möglicherweise e<strong>in</strong> Hörnerpaar befestigt ist. 89 Da jedoch nicht e<strong>in</strong>deutig<br />

zu bestimmen ist, ob es sich tatsächlich um e<strong>in</strong> Hörnerpaar oder nicht doch um e<strong>in</strong>en liegenden<br />

Halbmond handelt, ist das Beispiel der Münzen aus Dion nur bed<strong>in</strong>gt aussagekräftig.<br />

82 <strong>Blömer</strong> 2009, 25‒26. Auf der <strong>Stele</strong> <strong>von</strong> Hammam trägt er zusätzlich Bogen und Köcher, vgl. CCID Nr. 29 Taf.<br />

10. Auf der <strong>Stele</strong> aus Bakır Köy, vgl. <strong>Blömer</strong> 2009, 19‒20 Abb. 17 (dort noch ohne Angabe des Fundortes!), hält<br />

der Gott das Blitzbündel <strong>in</strong> der erhobenen Rechten, während der Gegenstand <strong>in</strong> der L<strong>in</strong>ken wegen des schlechten<br />

Erhaltungszustands der <strong>Stele</strong> kaum zu identifizieren ist.<br />

83 Bunnens 2006, 66.<br />

84 Allgeme<strong>in</strong> zur Hörnerkrone im Alten Orient Hrouda 1965, 41– 43; RlA III (1957/1971) 483–495 s. v. Göttersymbole<br />

und -attribute. A. Archäologisch II. Syrien/Paläst<strong>in</strong>a (B. Horuda); RlA IV (1972/1975) 431– 434 s. v.<br />

Hörnerkrone (R. M. Böhmer).<br />

85 So auch das Relief aus der Umgebung <strong>von</strong> Körkün (heute: Büyükşah<strong>in</strong>bey), unweit <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong>, vgl. M. Kalaç,<br />

<strong>Die</strong> Wettergottstele mit Hieroglyphen aus Körkün, Athenaeum 47, 1949, 160–167; Orthmann 1917, 551 mit Taf.<br />

38‒39; Bunnens 2006, 113 Nr. 8.<br />

86 <strong>Die</strong> <strong>Stele</strong> aus Ashura und Gözlühöyük zeigt h<strong>in</strong>gegen phönizisch bee<strong>in</strong>flusste Kopfbedeckungen: hohe spitze<br />

Mütze, konvex unter dem Apex, <strong>von</strong> deren Spitzen e<strong>in</strong> Band herabhängt. An der Kappe aus Gözlühöyük ist zudem<br />

deutlich e<strong>in</strong>e Uräusschlange über der Stirn zu erkennen, vgl. Bunnens 2006, 114 Kat. 11 Abb. 66. Interessanterweise<br />

trägt Atargatis auf frühen hierapolitanischen Münzen e<strong>in</strong>e ganz ähnliche Kopfbedeckung, möglicherweise<br />

ebenfalls mit e<strong>in</strong>er Uräusschlange, vgl. H. Seyrig, Monnaies hellénistiques 19. Le monnayage de Hiérapolis de<br />

Syrie à lʼépoque dʼAlexandre, RN 13, 1971, 19 Nr. 5 Abb. 2.<br />

87 A. Nunn, Der figürliche Motivschatz Phöniziens, Syriens und Transjordaniens vom 6. bis zum 4. Jahrhundert<br />

v. Chr., OBO 18 (Freiburg 2000) 185.<br />

88 Khaltan: CCID Nr. 26 Taf. 9; Zeyt<strong>in</strong>tepe: CCID Nr. 22 Taf. 7. Vgl. auch <strong>Blömer</strong> 2009, 26‒28.<br />

89 A. Lichtenberger, Kult und Kultur <strong>in</strong> der Dekapolis. Untersuchungen zu numismatischen, archäologischen und<br />

epigraphischen Zeugnissen (Wiesbaden 2003) 53‒54; A. Kropp ‒ Q. Mohammed, Dion of the Decapolis. Tell al-<br />

Ash‘arī <strong>in</strong> Southern Syria <strong>in</strong> the Light of Ancient Documents and Recent Discoveries, Levant 38, 2006, 125–144<br />

<strong>in</strong>sb. 135.


<strong>Die</strong> <strong>Stele</strong> <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> 83<br />

Anders verhält es sich bei dem bemerkenswerten Relief aus Myranaz, das offenbar e<strong>in</strong>e<br />

Berggottheit zeigt, deren Haupt e<strong>in</strong>e Hörnerkrone bedeckt (Taf. 23, 1). 90 <strong>Die</strong>se ist identisch<br />

geformt wie Hörnermützen z. B. auf den Orthostatenreliefs des Wettergotttempels <strong>in</strong> Aleppo. 91<br />

Das Gleiche gilt für e<strong>in</strong>e neu publizierte <strong>Stele</strong> mit Wettergottdarstellung im Museum Aleppo, auf<br />

welcher der Gott mit e<strong>in</strong>em griechisch-römischen Panzer gerüstet ist, dazu aber e<strong>in</strong>e Hörnerkrone<br />

trägt. 92 Von diesen wenigen Beispielen abgesehen sche<strong>in</strong>en Darstellungen <strong>von</strong> Hörnerkronen aus<br />

dem hellenistisch-römischen Syrien bislang nicht publiziert worden zu se<strong>in</strong>. 93 Auch im Korpus<br />

der Bildzeugnisse des Iupiter <strong>Doliche</strong>nus aus dem Westen f<strong>in</strong>den sich ke<strong>in</strong>e weiteren Belege<br />

für die Hörnerkrone. Gleiches gilt offenbar für Denkmäler anderer orientalischer Gottheiten im<br />

Westen des Imperiums.<br />

Bemerkenswert ist, dass mit der möglichen Ausnahme des Gottes <strong>von</strong> Dion sämtliche<br />

Beispiele für Hörner als Götterattribute <strong>in</strong> römischer Zeit aus dem nordsyrischen B<strong>in</strong>nenland<br />

stammen. Trotz der nur ger<strong>in</strong>gen Zahl <strong>von</strong> Zeugnissen weichen die e<strong>in</strong>zelnen Darstellungen<br />

der Hörnermützen jeweils stark <strong>von</strong>e<strong>in</strong>ander ab. Sie s<strong>in</strong>d daher kaum auf e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zelne Vorlage<br />

oder e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>zelnen Überlieferungsstrang zurückzuführen. Vielmehr liegt es nahe, dass sich im<br />

nordsyrischen B<strong>in</strong>nenland die Vorstellung <strong>von</strong> Hörnern bzw. der Hörnerkrone als Götterattribut<br />

im Bewusstse<strong>in</strong> der lokalen Bevölkerung ungebrochen tradiert hat und auch noch <strong>in</strong> römischer<br />

Zeit verankert war. 94 Als dann im 1./2. Jh. n. Chr. der sculptural habit wiederauflebte, stellte<br />

man die Hörnerkrone dann trotz des langen Hiats <strong>in</strong> der bildlichen Überlieferung wieder dar.<br />

Auch weitere ikonographische Details der <strong>Stele</strong> beziehen sich auf vorhellenistische Motive,<br />

die über e<strong>in</strong>en Zeitraum <strong>von</strong> mehreren hundert Jahren <strong>in</strong> der Bildkunst Nordsyriens nicht mehr<br />

zu fassen waren. So ist der lange Zopf mit e<strong>in</strong>gerolltem Ende, den der Gott trägt, e<strong>in</strong> Attribut,<br />

das auf die bronze- und eisenzeitlichen Darstellungen <strong>von</strong> Göttern zurückgeht. 95 Wiederum<br />

muss man festhalten, dass diese Frisur <strong>in</strong> römischer Zeit nur extrem selten bezeugt ist. Neben<br />

verschiedenen Darstellungen nordsyrischer Wettergötter zeigt lediglich das bereits erwähnte<br />

Relief aus Myranaz e<strong>in</strong>e entsprechende Haartracht. 96 Hervorzuheben ist allerd<strong>in</strong>gs, dass auch aus<br />

Rom zwei Reliefs überliefert s<strong>in</strong>d, die Iupiter <strong>Doliche</strong>nus mit e<strong>in</strong>em langen Zopf zeigen (Taf.<br />

23, 3). 97 Beide zeichnen sich <strong>in</strong>sgesamt durch e<strong>in</strong>e größere Nähe zur <strong>in</strong>digenen Ikonographie des<br />

Gottes aus, was auf e<strong>in</strong>e enge Beziehung der Stifter mit dem Heiligtum <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> zurückgehen<br />

mag. Darüber h<strong>in</strong>aus jedoch sche<strong>in</strong>t es jenseits <strong>von</strong> Nordsyrien ke<strong>in</strong>e weiteren Beispiele für den<br />

langen e<strong>in</strong>gerollten Zopf als Götterattribut zu geben.<br />

90 Zum Relief aus Myranaz Seyrig 1971, 117‒118 mit Abb. 3 – dort fälschlicherweise als Gött<strong>in</strong> bezeichnet. Es<br />

handelt sich <strong>in</strong> der Tat um e<strong>in</strong>en Gott <strong>in</strong> der Tradition altorientalischer Berggottheiten, wie sie etwa <strong>in</strong> A<strong>in</strong> Dara<br />

dargestellt s<strong>in</strong>d, vgl. etwa H. Seyrig, Antiquités Syriennes 40. Sur une idole hiérapolita<strong>in</strong>e, Syria 26, 1949, 17–28.<br />

Ähnliche Figuren s<strong>in</strong>d aus dem Kult des Iupiter <strong>Doliche</strong>nus gut bekannt.<br />

91 Zu den vergleichbaren Hörnerkronen <strong>in</strong> Aleppo s. K. Kohlmeyer, Der Tempel des Wettergottes <strong>von</strong> Aleppo<br />

(Münster 2000).<br />

92 Bunnens 2011.<br />

93 Unter den unpublizierten Skulpturen z. B. im Museum Aleppo bef<strong>in</strong>den sich jedoch noch weitere entsprechende<br />

Denkmäler.<br />

94 Gleichzeitig wird aber deutlich, dass außerhalb dieser Region auch <strong>in</strong> Syrien die Hörner ihre Bedeutung als<br />

Götterattribut verloren hatten. <strong>Die</strong>s ist als kritisch zu betrachten, wenn etwa die Hörner bei Seleukidenporträts <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>e altorientalische Tradition gestellt werden.<br />

95 Bunnens 2006, 42.<br />

96 Seyrig 1971, 117‒118 mit Abb. 3.<br />

97 CCID Nr. 428 Abb. Frontispiz; Nr. 371 Taf. 81. Fraglich ist die Existenz e<strong>in</strong>es Zopfes bei dem verschollenen,<br />

nur <strong>in</strong> Zeichnung überlieferten Relief CCID Nr. 429 Taf. 101.


84<br />

Michael <strong>Blömer</strong><br />

Das Gewand, das der Gott trägt, ist ebenfalls nach altorientalischen Vorbildern gearbeitet. Kurzer<br />

Schurz mit Fransenbesatz am Saum, breiter Gürtel und e<strong>in</strong>faches Obergewand mit kurzen Armen<br />

s<strong>in</strong>d bei den eisenzeitlichen Darstellungen des Wettergottes und darüber h<strong>in</strong>aus e<strong>in</strong>e sehr weit<br />

verbreitete Tracht. 98 Ungewöhnlich ist allerd<strong>in</strong>gs, dass der Gürtel quergeriefelt ist, wie er <strong>in</strong> der<br />

nordsyrischen Bildkunst der Eisenzeit üblicherweise nur <strong>von</strong> Frauen getragen wird. 99 Männer<br />

und männliche Gottheiten tragen h<strong>in</strong>gegen e<strong>in</strong>en als e<strong>in</strong>faches Band geformten Gürtel, der meist<br />

Randverstärkungen aufweist.<br />

Das Gewand des Gottes kennt unter den römerzeitlichen Denkmälern Nordsyriens, die<br />

Iupiter <strong>Doliche</strong>nus oder verwandte Götter zeigen, ke<strong>in</strong>e Vergleiche. <strong>Die</strong>se s<strong>in</strong>d stets <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

unterschiedlich stark durch westliche E<strong>in</strong>flüsse transformierten Gestalt gezeigt. <strong>Die</strong> Götter tragen<br />

zumeist e<strong>in</strong> griechisch-römisches Militärkostüm mit Panzer, pteryges, oft auch e<strong>in</strong>em Mantel,<br />

was ihre Wehrhaftigkeit auf e<strong>in</strong>e zeitgemäße Weise zum Ausdruck brachte. 100 Lediglich e<strong>in</strong>e<br />

sehr ger<strong>in</strong>ge Zahl <strong>von</strong> Denkmälern verzichtet auf die Panzertracht. 101 Gleichwohl ist, soweit<br />

dies aufgrund des Erhaltungszustandes noch zu beurteilen ist, auch bei diesen Ausnahmen<br />

die Wiedergabe der Kleidung <strong>von</strong> griechisch-römischen Mustern bee<strong>in</strong>flusst. Ähnlich enge<br />

Übere<strong>in</strong>stimmung mit vorhellenistischen Gewändern wie auf der <strong>Stele</strong> <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> zeigen<br />

lediglich die bereits erwähnten Darstellungen <strong>von</strong> Priestern lokaler Kulte. 102<br />

Betrachtet man die weiteren Details der Trachtangabe des Gottes auf der <strong>Stele</strong> <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong>,<br />

fällt zunächst auf, dass die Be<strong>in</strong>e des Gottes nackt s<strong>in</strong>d. <strong>Die</strong>s entspricht den Darstellungen auf<br />

eisenzeitlichen Reliefs <strong>von</strong> Wettergöttern aus Syrien. Dagegen zeigt die Masse der vor allem<br />

westlichen Bildnisse des Iupiter <strong>Doliche</strong>nus den Gott mit Hosen bekleidet. <strong>Die</strong>se Tracht hat<br />

allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> Nordsyrien ke<strong>in</strong>e lokale Tradition und kann frühestens <strong>in</strong> persischer Zeit <strong>in</strong> die<br />

Bildwelt der Region aufgenommen worden se<strong>in</strong>. 103 Viel wahrsche<strong>in</strong>licher ist allerd<strong>in</strong>gs, dass sie<br />

erst unter römischer Herrschaft und unter römischem E<strong>in</strong>fluss Teil der Ikonographie des Iupiter<br />

<strong>Doliche</strong>nus wurde ‒ <strong>in</strong> Anklang an die Ikonographie anderer ʽorientalischerʼ Gottheiten, die<br />

stärker iranisch geprägt war und damit dem westlichen Topos des Hosen tragenden Orientalen<br />

besser genüge tat. 104 Dass sie dann auch bei e<strong>in</strong>igen der <strong>in</strong> Syrien gefundenen Darstellungen,<br />

98 Bunnens 2006, 42‒43 mit Kat. 1–5. 8. 9. 12. 13. 32. 33. 37. 45. 48. 51. 53. 57. Im Gegensatz zu den nordsyrischen<br />

Schurzröcken zeigen die assyrischen Fransen an der Schmalseite des Schurzes, vgl. Hrouda 1965, 30‒31.<br />

99 Orthmann 1971, 156. Besonders deutlich wird die Beziehung zwischen Geschlecht und Gürtelform auf den<br />

Grabstelen, die Paare zeigen, vgl. Bonatz 2000, Kat. C 21‒27. 29. 60. 62.<br />

100 Dabei ist das Tragen des Panzers <strong>in</strong> Syrien ke<strong>in</strong>eswegs ausschließlich mit Iupiter <strong>Doliche</strong>nus verbunden. Seit<br />

dem ausgehenden Hellenismus ist zu beobachten, dass e<strong>in</strong>e Vielzahl <strong>von</strong> Hauptgöttern <strong>in</strong> Syrien und Mesopotamien<br />

Panzertracht trägt, vgl. H. Seyrig, Antiquités Syriennes 89. Les dieux armés et les Arabes en Syrie, Syria 47,<br />

1970, 77–112; zu hellenistischen Panzern bei syrischen Göttern I. Laube, Thorakophoroi. Gestalt und Semantik<br />

des Brustpanzers <strong>in</strong> der Darstellung des 4.–1. Jh. v. Chr., Tüb<strong>in</strong>ger Archäologische Forschungen 1 (Rahden 2006)<br />

70–72. Auch <strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>asien ist dieses Phänomen geläufig, vgl. z. B. die erst kürzlich publizierten Felsreliefs im<br />

H<strong>in</strong>terland <strong>von</strong> Termessos und anderen lykischen Orten bei R. Fleischer, Unbekannte Felsheiligtümer <strong>in</strong> Termessos,<br />

IstMitt 58, 2008, 197–242. Wo dieser Kostümwechsel se<strong>in</strong>en Ausgang nahm, ist nicht geklärt. Nichts deutet aber<br />

bislang darauf h<strong>in</strong>, dass <strong>Doliche</strong> hier e<strong>in</strong>e Vorreiterrolle spielte.<br />

101 CCID Nr. 8 Taf. 4; Nr. 9; Nr. 17 Taf. 5; Nr. 29 Taf. 10. H<strong>in</strong>zu kommen die Reliefs aus Çatal Ziyaret, vgl. Gatier<br />

1998, 161‒162 Abb. 1; aus Ceylanlı vgl. P. Perdrizet ‒ Ch. Fossey, Voyage dans la Syrie du Nord, BCH 21, 1897,<br />

88‒89 Abb. 4 Taf. 4. Wegen ihres schlechten Erhaltungszustandes ist bei den Denkmälern CCID Nr. 19 Taf. 6 und<br />

Nr. 21 Taf. 6 nicht def<strong>in</strong>itiv zu klären, wie die Tracht beschaffen ist.<br />

102 Vgl. <strong>in</strong>sbesondere die bereits bei Stucky 1976 vorgestellten Denkmäler.<br />

103 So sieht z. B. bereits Demirçioğlu 1939, 81‒82 im Relief aus ʽMaraşʼ CCID Nr. 17 Taf. 5 <strong>in</strong> den Hosen und im<br />

Mantel e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>terpretatio persica.<br />

104 Vgl. dazu auch M. <strong>Blömer</strong> – M. Facella, E<strong>in</strong> neues Weihrelief für Iupiter <strong>Doliche</strong>nus aus Perrhe, <strong>in</strong>: W<strong>in</strong>ter


<strong>Die</strong> <strong>Stele</strong> <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> 85<br />

auch im Heiligtum <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> selbst, ersche<strong>in</strong>t, erklärt sich aus der Dom<strong>in</strong>anz der neuen Bilder<br />

und ihre Rückwirkung auf die traditionelle Bildsprache. Gleichwohl hat man neben der <strong>Stele</strong><br />

<strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> auch bei e<strong>in</strong>igen weiteren römerzeitlichen Wettergottdarstellungen auf die Angabe<br />

<strong>von</strong> Hosen verzichtet. 105<br />

Schuhwerk trägt der Gott auf der <strong>Doliche</strong>ner <strong>Stele</strong> ebenfalls nicht. <strong>Die</strong> amorph vorragenden<br />

Füße weisen ke<strong>in</strong>e B<strong>in</strong>nenzeichnung auf. Sie s<strong>in</strong>d auch nicht an der Spitze hochgebogen, wie<br />

dies bei eisenzeitlichen Götterdarstellungen <strong>in</strong> bronzezeitlicher Tradition regelmäßig der Fall<br />

ist. 106 Das Tragen <strong>von</strong> Schuhen oder Stiefeln ist zwar auf der Mehrzahl der eisenzeitlichen<br />

Darstellungen <strong>von</strong> Wettergöttern zu beobachten, es existieren jedoch Fälle, <strong>in</strong> denen der Gott<br />

barfuß dargestellt ist. Dagegen zeigen westliche Darstellungen den Gott stets mit Schuhwerk,<br />

wenn dieses auch stark variieren kann.<br />

<strong>Die</strong> Gött<strong>in</strong> auf dem Hirsch<br />

Dem Iupiter <strong>Doliche</strong>nus gegenüber steht e<strong>in</strong>e weibliche Gött<strong>in</strong> als se<strong>in</strong>e parhedros. <strong>Die</strong><br />

Verb<strong>in</strong>dung des Gottes mit e<strong>in</strong>er weiblichen Partner<strong>in</strong> ist geläufig und f<strong>in</strong>det sich ähnlich auch<br />

auf zahlreichen anderen Bildzeugnissen des <strong>Doliche</strong>nus-Kultes. 107 Wie der Gott steht auch die<br />

Gött<strong>in</strong> auf e<strong>in</strong>em Basistier, e<strong>in</strong>em Hirsch.<br />

Der Hirsch<br />

Das Tier macht – dem Stier ähnlich, auf dem der Gott steht – e<strong>in</strong>en geradezu verkümmerten<br />

E<strong>in</strong>druck, der vor allem durch das nicht proportionale Größenverhältnis zur Gottheit evoziert<br />

wird. Kurze Be<strong>in</strong>e tragen e<strong>in</strong>en gestreckten Körper und der Schwanz ist als kurzer Stummel<br />

gebildet. Der Kopf mit großen, runden Augen ist aus dem Bild gedreht und frontal wiedergegeben.<br />

Er trägt e<strong>in</strong> kurzes, kaum verästeltes Geweih. Der kurze Schwanz, das Geweih sowie die<br />

schlanken Gliedmaßen erlauben es, das Tier als Hirsch zu klassifizieren.<br />

Auch bei der Gött<strong>in</strong> ist das Stehen auf dem Tier <strong>in</strong> altorientalischer Tradition Symbol ihrer<br />

Göttlichkeit und Ausdruck ihrer Potenz. Allerd<strong>in</strong>gs fehlt der Verb<strong>in</strong>dung Gött<strong>in</strong>-Hirsch e<strong>in</strong>e<br />

entsprechende ältere Bildvorlage, wie sie beim männlichen Gott so prägnant auf der Hand liegt.<br />

Als Basisfiguren treten Hirsche <strong>in</strong> der späthethitischen Ikonographie zwar häufig <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung,<br />

vorwiegend jedoch bei Schutzgöttern des Feldes und der Jagd. 108 Entsprechende Darstellungen<br />

s<strong>in</strong>d sowohl aus Nordsyrien als auch aus dem benachbarten Nordmesopotamien überliefert<br />

und auch aus der näheren Umgebung <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> bekannt (Taf. 23, 2). 109 <strong>Die</strong> Gottheiten auf<br />

2008, 189–200, <strong>in</strong>sb. 198‒199.<br />

105 CCID Nr. 22. 24. 26. 29 sowie Gatier 1998, Abb. 1, die beiden <strong>Stele</strong>n <strong>Blömer</strong> 2009, 19‒20 Abb. 16. 17 und die<br />

<strong>Stele</strong> bei Bunnens 2011.Wegen des schlechten Erhaltungszustandes oder der ger<strong>in</strong>gen Präzision der Bildhauerarbeit<br />

nicht mit letzter Gewissheit zu beurteilen ist die Frage für die Darstellungen CCID Nr. 8. 19. 21.<br />

106 Bunnens 2006, 43‒44.<br />

107 In der <strong>Doliche</strong>nus-Forschung hat die Gött<strong>in</strong> bislang wenig Beachtung gefunden, vgl. vor allem Seyrig 1933,<br />

368–380; Merlat 1960.<br />

108 Orthmann 1971, 258–263; A. Archi, Div<strong>in</strong>ità tutelari e Sondergötter ittiti, SMEA 16, 1975, 89–117; M. Hutter,<br />

Aspects of Luwian Religion, <strong>in</strong>: H. Craig Melchert, The Luwians, HdO I 68 (Leiden u. a. 2003) 229‒230;<br />

J. D. Hawk<strong>in</strong>s, The God of the Countryside and Related Problems, <strong>in</strong>: J. H. W. Penney (Hrsg.), Indo-European<br />

Perspectives. Studies <strong>in</strong> Honour of Anna Morpurgo Davies (Oxford 2004) 355–369; Bonatz 2007, 4‒5. 14.<br />

109 Beispiele bei Orthmann 1971, 258‒259. Zu dem unweit <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> angebrachten Felsrelief am Karasu vgl.


86<br />

Michael <strong>Blömer</strong><br />

dem Hirsch s<strong>in</strong>d dabei stets männlich. 110 Als s<strong>in</strong>guläre Ausnahme galt lange Zeit e<strong>in</strong>e <strong>Stele</strong> aus<br />

Malatya, auf der Kubaba und der Schutzgott Karhuhas dargestellt s<strong>in</strong>d. 111 Letzterer steht dort<br />

nicht wie üblich auf e<strong>in</strong>em Hirsch, sondern auf e<strong>in</strong>em Löwen. Kubaba dagegen thront auf e<strong>in</strong>em<br />

Tier, das häufig als Hirsch bezeichnet wird. 112 Tatsächlich handelt es sich aber um e<strong>in</strong>en Stier. 113<br />

Für diese Verb<strong>in</strong>dung <strong>von</strong> Gött<strong>in</strong> und Stier s<strong>in</strong>d auch sonst vere<strong>in</strong>zelt Belege überliefert. 114<br />

Trotzdem ist anzunehmen, dass <strong>in</strong> die Ikonographie der Gött<strong>in</strong> <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> Elemente des<br />

luwischen Schutzgottes der Flur und der Jagd e<strong>in</strong>geflossen s<strong>in</strong>d. 115 So ist denn auch die geme<strong>in</strong>same<br />

Verehrung <strong>von</strong> Kubaba und Karhuhas <strong>in</strong> den syro-hethitischen Staaten gut bezeugt.<br />

In Kargamiş stellten sie geme<strong>in</strong>sam mit dem Wettergott die obersten Stadtgottheiten<br />

dar. 116 Möglicherweise ist es <strong>in</strong> Nordsyrien zu e<strong>in</strong>em relativ späten Zeitpunkt, da aus den<br />

vorangegangenen Epochen ke<strong>in</strong>e Belege existieren, vielleicht erst <strong>in</strong> postassyrischer Zeit, zu<br />

e<strong>in</strong>er Verschmelzung <strong>von</strong> Kubaba und Karhuhas gekommen. 117 Aus dieser Verb<strong>in</strong>dung könnten<br />

sich dann die Gött<strong>in</strong> <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> und verwandte Gött<strong>in</strong>nen entwickelt haben. 118 Dabei bleibt<br />

freilich e<strong>in</strong>schränkend zu bemerken, dass die Ikonographie der Gött<strong>in</strong>en ansonsten lediglich<br />

Elemente aufweist, die <strong>von</strong> der luwischen Kubaba oder auch <strong>von</strong> Atargatis, deren Basistier<br />

ebenfalls der Löwe ist, abzuleiten s<strong>in</strong>d.<br />

auch H. Hellenkemper ‒ J. Wagner, The God on the Stag. A Late Hittite Rock-Relief on the River Karasu, AnSt<br />

27, 1977, 167–173. Aus dem benachbarten Nordmesopotamien stammt das Relief e<strong>in</strong>es Schutzgottes auf e<strong>in</strong>em<br />

Hirsch, vgl. Kulakoğlu a. O. (Anm. 72) 168–170 mit Taf. 2. E<strong>in</strong> Siegel mit (Schutz-)Gott auf Hirsch aus Tell el-<br />

Ğudeideh ist publiziert bei J.-W. Meyer, <strong>Die</strong> eisenzeitlichen Stempelsiegel aus dem ʽAmuq-Gebiet. E<strong>in</strong> Beitrag<br />

zur Ikonographie altorientalischer Siegelbilder, OBO 28 (Gött<strong>in</strong>gen 2008) 231‒232 mit Abb. 103.<br />

110 Zum<strong>in</strong>dest für das bronzezeitliche Anatolien ist allerd<strong>in</strong>gs nahegelegt worden, dass ihr Geschlecht variieren<br />

kann, vgl. O. Caruba, Anatolico Runda, SMEA 5, 1968, 36–41, <strong>in</strong>sb. 40‒41; E. L. Brown, In Search of Anatolian<br />

Apollo, <strong>in</strong>: Charis. Essays <strong>in</strong> Honor of Sara A. Immerwahr, Hesperia Supl. 33 (Pr<strong>in</strong>ceton 2004) 243–257 <strong>in</strong>sb.<br />

250–254 mit weiterer Literatur.<br />

111 Vgl. Orthmann 1971, 275 Malatya B 4, Taf. 42; Hawk<strong>in</strong>s 2000, 328‒239 Taf. 164.<br />

112 Hawk<strong>in</strong>s 2000, 328; S. Aro, Art and Architecture, <strong>in</strong>: H. Craig Melchart (Hrsg.), The Luwians, HdO I 68 (Leiden<br />

2003) 321; Bonatz 2007, 13.<br />

113 T. Ornan, The Lady and the Bull, <strong>in</strong>: Y. Amit ‒ E. Ben Zvi ‒ I. F<strong>in</strong>kelste<strong>in</strong> ‒ O. Lipschits (Hrsg.), Essays on<br />

Ancient Israel <strong>in</strong> its Near Eastern Context. A Tribute to Nadav Naʼaman (W<strong>in</strong>ona Lake 2006) 297–312 und zuvor<br />

schon Orthmann, 1971, 275: Malatya B 4; P. Taracha, Göttertiere und Kultfassaden. E<strong>in</strong> Beitrag zur Interpretation<br />

hethitischer Kultdarstellungen, AOF 14, 1987, 263–273, <strong>in</strong>sb. 270; B. J. Coll<strong>in</strong>s, Animals <strong>in</strong> the Religions of Ancient<br />

Anatolia, <strong>in</strong>: B. J. Coll<strong>in</strong>s (Hrsg.), A History of the Animal World <strong>in</strong> the Ancient Near East, HdO (Leiden 2002)<br />

309–394, <strong>in</strong>sb. 331; B. J. Coll<strong>in</strong>s, The Politics of Hittite Religious Iconography, <strong>in</strong>: M. Hutter ‒ S. Hutter-Braunsar<br />

(Hrsg.), Offizielle Religion, lokale Kulte und <strong>in</strong>dividuelle Religiösität, AOAT 318 (Münster 2004) 83–115 <strong>in</strong>sb.<br />

89‒90.<br />

114 Ornan a. O. (Anm. 114) 297–312.<br />

115 S. Przeworski, Notes dʼArchéologie Syrienne et Hittite IV. Le culte du cerf en Anatolie, Syria 21, 1940, 62‒76.<br />

Auch die griechische Artemis mit dem Hirsch könnte aus e<strong>in</strong>er solchen Tradition entspr<strong>in</strong>gen, vgl. Brown a. O.<br />

(Anm. 111) 250–254.<br />

116 J. D. Hawk<strong>in</strong>s, Kubaba at Karkemish and Elsewhere, AnSt 31, 1981, 147‒176; V. Haas, Geschichte der hethitischen<br />

Religion, HdO I 15 (Leiden 1994) 578; M. Hutter, Das Ine<strong>in</strong>anderfließen <strong>von</strong> luwischen und aramäischen religiösen<br />

Vorstellungen <strong>in</strong> Nordsyrien, <strong>in</strong>: P. W. Haider – M. Hutter – S. Kreuzer (Hrsg.), Religionsgeschichte Syriens. Von<br />

der Frühzeit bis zur Gegenwart (Stuttgart 1996) 116‒122; Bonatz 2007, 13.<br />

117 So bereits H. Th. Bossert, Zu dem Aufsatz <strong>von</strong> Otten, Pirva – Der Gott auf dem Pferd, JKF 2, 1953, 208‒209:<br />

»In römischer Zeit sche<strong>in</strong>t Kupapa mit dem Hirschgott, ihrem Sohne, zusammengeflossen zu se<strong>in</strong>.«<br />

118 Als lokale Gött<strong>in</strong>nen und nicht als Darstellungen der Gött<strong>in</strong> <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> können die <strong>Stele</strong>n mit Bild der Gött<strong>in</strong><br />

auf Hirsch/H<strong>in</strong>d<strong>in</strong> aus Khaltan, CCID Nr. 27 Abb. 9; Kurçuoğlu: CCID Nr. 25 Taf. 8 und Zeyt<strong>in</strong>tepe: CCID Nr.<br />

23 Taf. 7 angesprochen werden, vgl. dazu generell <strong>Blömer</strong> 2009.


<strong>Die</strong> <strong>Stele</strong> <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> 87<br />

Angemerkt sei noch, dass sich im Laufe der Zeit das Geschlecht des Tieres ändert. <strong>Die</strong> Gött<strong>in</strong><br />

steht auf den meisten Darstellungen auf e<strong>in</strong>em Hirsch, sondern auf e<strong>in</strong>er H<strong>in</strong>d<strong>in</strong>, offenkundig <strong>in</strong><br />

Analogie zu ihrem eigenen Geschlecht. 119 <strong>Die</strong>s gilt für die meisten der westlichen Darstellungen,<br />

aber auch für zwei der drei <strong>Stele</strong>n mit dem Bild e<strong>in</strong>er Gött<strong>in</strong> auf e<strong>in</strong>em Basis-Tier aus<br />

Nordsyrien. 120<br />

Abschließend sei noch darauf h<strong>in</strong>gewiesen, dass <strong>in</strong> der Bilderwelt des <strong>Doliche</strong>ner Paares mitunter<br />

e<strong>in</strong> Adler auf e<strong>in</strong>em Hirschkopf stehend gezeigt wird. 121 <strong>Die</strong>ses Motiv ist jedoch, ähnlich wie der<br />

Adler auf dem Stier, ke<strong>in</strong>esfalls spezifisch mit dem Kult <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> verbunden. Im Gegenteil<br />

s<strong>in</strong>d entsprechende Darstellungen, meist handelt es sich um Kle<strong>in</strong>bronzen, schwerpunktmäßig<br />

<strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>asien verbreitet und dort mit <strong>in</strong>digenen Kulten verknüpft. 122<br />

<strong>Die</strong> Gött<strong>in</strong><br />

<strong>Die</strong> Gött<strong>in</strong> selbst steht nach l<strong>in</strong>ks gewendet dem Gott gegenüber. Sie ist ebenfalls wechselansichtig<br />

gezeigt, Kopf und Be<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>d im Profil wiedergegeben, der Oberkörper dagegen frontal. Ihr<br />

Gesicht ist deutlich gelängt und läuft <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em spitzen, vorgestreckten K<strong>in</strong>n aus. <strong>Die</strong> Gesichtszüge<br />

s<strong>in</strong>d stark verrieben, schwach zeichnet sich e<strong>in</strong> überproportional großes Auge ab. Das Haar fällt <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em nach h<strong>in</strong>ten aufgerollten Zopf, der aus zwei wulstigen und durch Querstreifen gegliederten<br />

Haarsträngen gebildet ist, <strong>in</strong> den Nacken. <strong>Die</strong> Kopfbedeckung der Gött<strong>in</strong> ist weitgehend verloren.<br />

Über der Stirn ist oberhalb des Haaransatzes der vordere Teil e<strong>in</strong>er Kappe zu erkennen, die <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er geraden, leicht e<strong>in</strong>ziehenden L<strong>in</strong>ie nach oben läuft.<br />

Bekleidet ist die Gött<strong>in</strong> mit e<strong>in</strong>em knöchellangen Gewand, das um die Taille mit e<strong>in</strong>em sehr<br />

breiten, geriefelten Gürtel gehalten ist. E<strong>in</strong> Mantel fällt über die l<strong>in</strong>ke Schulter herab und verhüllt<br />

die h<strong>in</strong>tere Körperhälfte, so dass auch e<strong>in</strong> Teil des Gürtels verdeckt ist. Schuhwerk ist nicht<br />

angegeben. <strong>Die</strong> Arme der Gött<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d angew<strong>in</strong>kelt und erhoben. Mit der rechten Hand hält sie<br />

e<strong>in</strong>en Handspiegel mit kreisrunder Scheibe <strong>in</strong> die Höhe gestreckt. <strong>Die</strong> l<strong>in</strong>ke Hand umfasst e<strong>in</strong>en<br />

deutlich kle<strong>in</strong>eren, runden Gegenstand.<br />

Insgesamt ist die Ikonographie der Gött<strong>in</strong> wie die des Gottes fest <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er eisenzeitlichen<br />

Tradition verwurzelt. <strong>Die</strong> engsten Parallelen stellen syro-hethische Darstellungen der Kubaba<br />

aus Nordsyrien dar. 123 In den Panthea der nordsyrischen Staaten spielte sie als weibliche<br />

119 Vgl. CCID Nr. 43 Taf. 14; Nr. 89 Taf. 23; Nr. 103 Taf. 26; Nr. 292 Taf. 55; Nr. 294 Taf. 57; Nr. 296 Taf. 58–59;<br />

Nr. 364 Taf. 76; Nr. 365 Taf. 77; Nr. 371 Taf. 81; Nr. 512 Taf. 108; Nr. 587 Taf. 128. Dagegen ist sie auf e<strong>in</strong>em<br />

Hirsch stehend nur auf den Denkmälern CCID Nr. 80 Taf. 22; Nr. 405 Taf. 93; Nr. 428 Abb. Frontispiz; Nr. 430;<br />

Nr. 563 Taf. 123 dargestellt. Auch auf e<strong>in</strong>em Stier steht die Gött<strong>in</strong> <strong>in</strong> zwei Fällen, vgl. CCID Nr. 295 Taf. 57; Nr.<br />

477. Unklar ist, um welches Tier es sich bei CCID Nr. 386 Taf. 87 handelt.<br />

120 CCID Nr. 23. 25. Auf der <strong>Stele</strong> <strong>von</strong> Azaz, Seyrig 1933, 374 Taf. 39, 1, ist dagegen e<strong>in</strong> Hirsch zu sehen. Gleiches<br />

gilt für die Gött<strong>in</strong> auf der Bronzehand aus Komana CCID Nr. 43 Taf. 14. Auf den <strong>Stele</strong>n CCID Nr. 27 Taf. 9 und<br />

<strong>Blömer</strong> 2009, 15‒16 Abb. 3, haben die Gött<strong>in</strong>en gar ke<strong>in</strong> Basis-Tier.<br />

121 <strong>Die</strong> Bronzehand CCID Nr. 43 Taf. 14 und die Skulptur CCID Nr. 411 Taf. 97 zeigen das Motiv des Adlers auf<br />

e<strong>in</strong>em Hirschkopf.<br />

122 Przeworski a. O. (Anm. 116). Vgl. auch A. Hillert, Der Adler auf dem Berg. Bergkulte im kle<strong>in</strong>asiatisch-syrischen<br />

Raum. Anmerkungen zur Ikonographie römischer Adlermotive, Archäologisches Korrespondenzblatt 27, 1997,<br />

285‒300. E<strong>in</strong>e Zusammenstellung der zahlreichen Votive stellt e<strong>in</strong> Desiderat dar.<br />

123 Vgl. Orthmann 1971, 276‒277; F. Naumann, <strong>Die</strong> Ikonographie der Kybele <strong>in</strong> der phrygischen und der griechischen<br />

Kunst, IstMitt Beih. 28 (Tüb<strong>in</strong>gen 1983) 27 –36 mit Taf. 1–3. RlA 6 (1980/1983) 261–264 s. v. Kubaba<br />

(K. Bittel); allgeme<strong>in</strong> zur syro-hethitischen Kubaba und ihrem Verhältnis zur anatolischen Kybele E. Roller, In<br />

Search of God the Mother. The Cult of the Anatolian Cybele (Berkeley 1999) 42–53; e<strong>in</strong>e knappe Zusammenfas-


88<br />

Michael <strong>Blömer</strong><br />

Hauptgottheit e<strong>in</strong>e große Rolle. Besonders prom<strong>in</strong>ent war sie <strong>in</strong> Karkemiş. 124 Vergleicht man<br />

die Darstellung der Gött<strong>in</strong> auf der <strong>Stele</strong> <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> mit dem Kubabarelief aus Birecik, s<strong>in</strong>d<br />

die Übere<strong>in</strong>stimmungen sofort evident (Taf. 24, 1 ). 125 <strong>Die</strong> Bekleidung ist weitgehend identisch,<br />

wobei bei beiden Reliefs ungewöhnlich ist, dass weder das Manteltuch als Schleier über den<br />

Kopf gezogen ist noch e<strong>in</strong> separater Schleier getragen wird, wie es bei Kubababildnissen und<br />

auch sonstigen Frauenbildern üblich ist. 126 Insgesamt gilt dabei, dass die Kleidung weiblicher<br />

Gottheiten der Eisenzeit sich nicht <strong>von</strong> der normalen weiblichen Tracht, wie sie vor allem <strong>von</strong><br />

den syro-hethitischen Grabstelen bekannt ist, abhebt. 127 Auch der Polos, den die nordsyrische<br />

Kubaba stets trägt, ist nicht auf Gött<strong>in</strong>nen beschränkt. E<strong>in</strong>zig e<strong>in</strong> Hörnerpaar kann als e<strong>in</strong>deutiger<br />

Marker <strong>von</strong> Göttlichkeit gelten. 128 E<strong>in</strong>e präzise Bestimmung der Kopfbedeckung der Gött<strong>in</strong> auf<br />

der <strong>Doliche</strong>ner <strong>Stele</strong> ist aufgrund der Fehlstellen <strong>in</strong> diesem Bereich nicht möglich. Ob es sich<br />

um e<strong>in</strong>en Polos handelt, lässt sich daher nicht abschließend feststellen, ist aber zu vermuten.<br />

E<strong>in</strong> Hörnerpaar als Götterattribut ist allerd<strong>in</strong>gs mit Sicherheit auszuschließen.<br />

Mit dieser Tracht setzt sich die Darstellung der Gött<strong>in</strong> auf der <strong>Doliche</strong>ner <strong>Stele</strong> deutlich <strong>von</strong><br />

den aus dem Westen des Reiches bekannten Darstellungen der Iuno <strong>Doliche</strong>na ab, und auch e<strong>in</strong><br />

Vergleich mit den römerzeitlichen <strong>Stele</strong>n aus Nordsyrien, die parhedroi lokaler Wettergötter<br />

darstellen, zeigt deutliche Unterschiede. 129 Während die westlichen Bildnisse meist römische<br />

Iunotypen zum Vorbild haben, s<strong>in</strong>d letztere <strong>in</strong> der Regel nach dem Vorbild hellenistischer<br />

Gewandstatuen mit Himation-Hüftwulst gearbeitet. 130 Das Bild der Gött<strong>in</strong> war also wie das des<br />

römischen Iupiter <strong>Doliche</strong>nus e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>terpretatio graeca bzw. <strong>in</strong>terpretatio romana unterworfen.<br />

E<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>guläre Ausnahme stellt das bislang kaum beachtete Fragment e<strong>in</strong>er <strong>Stele</strong> aus Azaz <strong>in</strong><br />

Nordsyrien dar (Taf. 24, 2). 131 Deren obere Hälfte ist gebrochen und fehlt. Sie zeigt oberhalb<br />

e<strong>in</strong>es schmalen Stegs, der als Standfläche dient, e<strong>in</strong>e weibliche Gött<strong>in</strong>, die auf e<strong>in</strong>em Hirsch steht.<br />

Sie ist lediglich bis zur Höhe der Hüften erhalten. Bekleidet ist sie mit e<strong>in</strong>em nach unten leicht<br />

ausgestellten Gewand, das bis zu den Fußknöcheln reicht und ke<strong>in</strong>e B<strong>in</strong>nenzeichnung aufweist.<br />

sung bei Bonatz 2007, 13‒14.<br />

124 J. D. Hawk<strong>in</strong>s, Kubaba at Karkemiš and Elsewhere, AnSt 31, 1981, 147–176 zur textlichen Evidenz für Kubaba<br />

<strong>in</strong> der Region; K. Radner, Kubaba und die Fische. Bemerkungen zur Herr<strong>in</strong> <strong>von</strong> Karkemiš, <strong>in</strong>: R. Roll<strong>in</strong>ger (Hrsg.),<br />

Von Sumer bis Homer: Festschrift für M. Schretter, AOAT 325 (Münster 2005) 543–556.<br />

125 Besonders nahe steht e<strong>in</strong>e <strong>Stele</strong>, die <strong>in</strong> Birecik entdeckt wurde, jedoch nicht <strong>von</strong> dort stammt, vgl. Orthmann<br />

1971, Taf. 5 c (Birecik 1); Naumann 1983, 31‒32.<br />

126 vgl. Naumann 1983, Taf. 1, 2 (Malatya). 1, 3 (Karkemis). Taf. 2, 2 (Karkemis).<br />

127 Orthmann 1971, 276.<br />

128 Mit e<strong>in</strong>em Hörnerpaar ausgezeichnet s<strong>in</strong>d die Kubababildnisse bei Orthmann 1971, Taf. 5 (Birecik 1). Taf. 23<br />

(Karkemiş C/3). Taf. 58 (Z<strong>in</strong>cirli B/14).<br />

129 CCID Nr. 23 Taf. 7; 29 Kat. 25 Taf. 8; 30 Kat. 27 Taf. 9.<br />

130 Bemerkenswert ist, dass weder die zahlreichen nordsyrischen Grabreliefs noch die rundplastischen Bildnisse<br />

diesen Typ der weiblichen Gewandstatue kennen. Er ist ausschließlich auf die Darstellungen dieser Gött<strong>in</strong>nen<br />

beschränkt.<br />

131 Seyrig 1933, 374 Taf. 39, 1. Ebenfalls zu nennen ist die <strong>Stele</strong> mit weiblicher Gött<strong>in</strong> aus Ceylanlı, vgl. <strong>Blömer</strong><br />

2009, 14–18 Abb. 3, die jedoch nicht auf e<strong>in</strong>em Basistier steht und nur durch e<strong>in</strong>e Skizze bekannt ist.


<strong>Die</strong> <strong>Stele</strong> <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> 89<br />

Das <strong>Stele</strong>nfragment wurde bislang eisenzeitlich oder noch früher datiert. 132 <strong>Die</strong> Drehung des<br />

Hirschkopfes h<strong>in</strong> zum Betrachter weist jedoch ebenso wie die Proportionen des Tieres und<br />

<strong>in</strong>sbesondere die Gestaltung des Geweihs mit ihren engen Verb<strong>in</strong>dungen zur <strong>Doliche</strong>ner <strong>Stele</strong><br />

auf e<strong>in</strong>e Entstehung <strong>in</strong> römischer Zeit.<br />

<strong>Die</strong> Gött<strong>in</strong> auf der <strong>Stele</strong> ist durch je e<strong>in</strong> Attribut <strong>in</strong> jeder Hand ausgezeichnet. Zweifelsfrei als<br />

Spiegel zu identifizieren ist das Objekt <strong>in</strong> der vorgestreckten rechten Hand der Gött<strong>in</strong>. Der<br />

Spiegel ist auch auf den westlichen Darstellungen der Iuno <strong>Doliche</strong>na e<strong>in</strong> übliches und vor<br />

allem charakteristischstes Insigne, das sie <strong>von</strong> anderen orientalischen Gött<strong>in</strong>nen abgrenzt. 133 Als<br />

Attribut <strong>von</strong> Gött<strong>in</strong>nen ist der Spiegel seit der Eisenzeit üblich. In Nordsyrien ist er vor allem mit<br />

Kubaba verknüpft. 134 Der Grund für die Präsenz des Spiegels ist vordergründig die Funktion als<br />

Statussymbol und Marker <strong>von</strong> Weiblichkeit. Er soll im Kontrast zu den Waffen des männlichen<br />

Gottes das Fem<strong>in</strong><strong>in</strong>e repräsentieren. 135 Über diese vordergründige Bedeutung h<strong>in</strong>aus mag der<br />

Spiegel im kultischen, aber auch im Sepulkralkontext als magisches Zeichen verstanden worden<br />

se<strong>in</strong>, das mit Wissen und Erkennen konnotiert war. 136 Schließlich ist der Spiegel Symbol der<br />

Regeneration und semantisch eng mit der Unterwelt verknüpft. 137<br />

Weniger e<strong>in</strong>deutig zu identifizieren ist das kreisrunde Objekt <strong>in</strong> der l<strong>in</strong>ken Hand der Gött<strong>in</strong>. In<br />

Analogie zu den Kubababildnissen könnte es sich aber um e<strong>in</strong>en Granatapfel handeln, der zu<br />

den geläufigsten Attributen der Gött<strong>in</strong> zählt. 138 Der Granatapfel ist als allgeme<strong>in</strong>es Zeichen für<br />

Fruchtbarkeit vor allem im Zusammenhang mit der Darstellung <strong>von</strong> Frauen und Gött<strong>in</strong>nen e<strong>in</strong><br />

<strong>in</strong> der Antike ubiquitär auftauchendes Bildelement. 139 Allerd<strong>in</strong>gs ist auf den späthethitischen<br />

Bildern stets auch der Rest des Blütenstands der Frucht angegeben, der auf der <strong>Doliche</strong>ner <strong>Stele</strong><br />

fehlt. Im Korpus der Darstellungen der Iuno <strong>Doliche</strong>na gibt es ansonsten ke<strong>in</strong>e Belege für den<br />

Granatapfel als Attribut. 140<br />

132 Das Stück ist <strong>von</strong> Seyrig 1933, 374 als eisenzeitlich angesehen worden, ebenso <strong>von</strong> Th. Bossert, Altanatolien<br />

(Berl<strong>in</strong> 1942) Nr. 1007. Bei Börker-Klähn 1982, 237‒238 Kat. 283 ist das Fragment unter die syrischen Erzeugnisse<br />

des 3./2. Jt. v. Chr. e<strong>in</strong>geordnet, wobei die Autor<strong>in</strong> auch e<strong>in</strong>e deutlich spätere Entstehung für denkbar hält.<br />

133 Vgl. CCID Nr. 80 Taf. 22; Nr. 103 Taf. 26; Nr. 364 Taf. 76; Nr. 365 Taf. 77; Nr. 371 Taf. 81; Nr. 386 Taf. 87;<br />

Nr. 428 Abb. Frontispiz; Nr. 430; Nr. 587 Taf. 128. Der Altar CCID Nr. 538 zeigt auf der l<strong>in</strong>ken Schmalseite e<strong>in</strong>en<br />

Spiegel mit Füllhörnern und P<strong>in</strong>ienzapfen. In römischer Zeit kann vere<strong>in</strong>zelt auch Atargatis/Dea Syria e<strong>in</strong>en<br />

Spiegel tragen, vgl. M. Hörig, Dea Syria. Studien zur religiösen Tradition der Fruchtbarkeitsgött<strong>in</strong> <strong>in</strong> Vorderasien,<br />

AOAT 208 (Neukirchen-Vluyn 1979) 109‒110 und LIMC 3 (1986) 355‒358 s.v. dea Syria (H. J. W. Drijvers)<br />

Nr. 30, wobei es sich aber, wie auch Lightfoot 2003, 30–31 <strong>in</strong> Erwägung zieht, durchaus um e<strong>in</strong>e synkretistische<br />

Kontam<strong>in</strong>ation <strong>in</strong> Folge des Kontakts mit Iuno <strong>Doliche</strong>na handeln kann.<br />

134 Vgl. die Tabelle bei Naumann 1983, 37 Beilage 1 zu den Darstellungen der Gött<strong>in</strong> mit Spiegel. Zur Bedeutung<br />

Bonatz 2000, 83. 85; Rova 2008.<br />

135 E. Roller, In Search of God the Mother: The Cult of the Anatolian Cybele (Berkeley 1999) 48; Lightfoot 2003,<br />

30–32; Rova 2008, 557–570.<br />

136 Bonatz 2000, 83–86 geht ausführlich auf die Bedeutung und Funktion der Spiegel <strong>in</strong> der Eisenzeit e<strong>in</strong>, ausgehend<br />

<strong>von</strong> ihrem Vorkommen auf den syro-hethitischen Grabstelen.<br />

137 Rova 2008, 557–570.<br />

138 Kubaba mit Granatapfel: Tabelle bei Naumann 1983, 37 Beilage 1; Rova 2008, 557–570.<br />

139 Zum Granatapfel und se<strong>in</strong>er Ikonographie vgl. J. Börker-Klähn, Granatapfel, RlA 3 (1957/71) 616–630; Rova<br />

2008, 557–570. Allgeme<strong>in</strong> zum Granatapfel F. Muthmann, Der Granatapfel. Symbol des Lebens <strong>in</strong> der Alten Welt<br />

(Ma<strong>in</strong>z 1982).<br />

140 Das übliche Attribut <strong>in</strong> der l<strong>in</strong>ken Hand der Gött<strong>in</strong> wird auf den westlichen Darstellungen das Standszepter. <strong>Die</strong><br />

syrische <strong>Stele</strong> aus Khaltan CCID Nr. 27 Taf. 9 zeigt e<strong>in</strong>e Mohnkapsel. Auf der <strong>Stele</strong> vom Zeyt<strong>in</strong>tepe CCID 27‒28 Nr.<br />

23 Taf. 7 ist h<strong>in</strong>gegen nicht mehr zu erkennen, was die Gött<strong>in</strong> hielt, da Hand und Arm weitgehend abgeplatzt s<strong>in</strong>d.


90<br />

Michael <strong>Blömer</strong><br />

<strong>Die</strong> Gött<strong>in</strong> <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> wirft mehr noch als ihr Partner e<strong>in</strong>e Reihe grundsätzlicher Fragen<br />

auf. Während der Gott e<strong>in</strong>deutig als Wettergottheit zu identifizieren ist, hat die Gött<strong>in</strong> ke<strong>in</strong>e<br />

unmittelbare Parallele unter den bekannten eisenzeitlichen Gött<strong>in</strong>nen und nimmt auch unter den<br />

syrischen Gött<strong>in</strong>nen der römischen Zeit e<strong>in</strong>e Sonderstellung e<strong>in</strong>. Wie bereits dargelegt, hat der<br />

Hirsch als Basistier e<strong>in</strong>er Gött<strong>in</strong> ke<strong>in</strong>e Vorläufer. Kubaba, aber auch die Atargatis/Dea Syria <strong>von</strong><br />

Hierapolis, die sich <strong>in</strong> römischer Zeit zu der weiblichen Hauptgött<strong>in</strong> Nordsyriens schlechth<strong>in</strong><br />

entwickelt, s<strong>in</strong>d stets mit dem Löwen verbunden. Zudem stehen diese Gött<strong>in</strong>nen nicht auf ihren<br />

Basistieren, sondern thronen bzw. reiten auf ihnen. Ansonsten ist die ikonographische Nähe<br />

zur syro-hethitischen Kubaba aber so offensichtlich, dass e<strong>in</strong>e Beziehung bestanden haben<br />

muss. <strong>Die</strong>s gilt umso mehr, als die Verehrung der Kubaba <strong>in</strong> Nordsyrien <strong>in</strong> hellenistischer und<br />

römischer Zeit nicht mehr bezeugt ist. 141 Kaum Ähnlichkeiten lassen sich h<strong>in</strong>gegen zu Atargatis/<br />

Dea Syria, der dann wichtigsten weiblichen Gött<strong>in</strong> Nordsyriens, feststellen. 142 <strong>Die</strong>s überrascht,<br />

da die Gött<strong>in</strong> aus dem nahen Hierapolis-Manbig ebenfalls parhedros des Wettergottes ist und<br />

ihr Heiligtum sich ganz ähnlich wie das <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> entwickelte. 143<br />

Angesichts dieser Fragen s<strong>in</strong>d weitere Forschungen notwendig, um zu e<strong>in</strong>em besseren Verständnis<br />

der Gött<strong>in</strong> zu gelangen. Während man dem männlichen Gott stets große Aufmerksamkeit<br />

geschenkt hat, ist die Gött<strong>in</strong> als se<strong>in</strong>e Begleiter<strong>in</strong> lediglich am Rande beachtet worden. Ihre<br />

Herkunft, Ikonographie, ihr Verhältnis zu den anderen großen Gött<strong>in</strong>nen des römischen Orients,<br />

aber auch ihr Status im westlichen Kult s<strong>in</strong>d bislang nie e<strong>in</strong>gehend untersucht worden. 144<br />

<strong>Die</strong> weiteren Bildelemente<br />

Im Feld zwischen dem Götterpaar steht e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnes Symbol. Aus e<strong>in</strong>er Art Basis, die aus<br />

zwei horizontalen Streifen gebildet ist, steigt e<strong>in</strong> schlankes, spitz zulaufendes Objekt empor. Es<br />

besteht aus e<strong>in</strong>er Mittelrippe, <strong>von</strong> der zu beiden Seiten vertikal Rippen abgehen, die nach oben<br />

h<strong>in</strong> kont<strong>in</strong>uierlich kürzer werden. Auf westlichen Darstellungen, die das Götterpaar e<strong>in</strong>ander<br />

gegenüberstehend zeigen, ist an dieser Stelle häufig e<strong>in</strong> Altar dargestellt, auf dem zumeist e<strong>in</strong>e<br />

Flamme brennt. 145 E<strong>in</strong>en Altar kann das Objekt auf der <strong>Doliche</strong>ner <strong>Stele</strong> jedoch nicht me<strong>in</strong>en.<br />

141 Zu bedenken ist allerd<strong>in</strong>gs, dass <strong>in</strong> Kommagene manche der eisenzeitlichen Kultplätze der Kubaba noch <strong>in</strong><br />

hellenistischer und römischer Zeit existierten, ohne dass Zeugnisse zur Verfügung stehen, die über e<strong>in</strong>e mögliche<br />

Kultkont<strong>in</strong>uität Auskunft geben, so etwa <strong>in</strong> Ancoz oder Boybeypınarı, vgl. J. Wagner ‒ G. Petzl, Relief- und<br />

Inschriftenfragmente des kommagenischen Herrscherkultes aus Ancoz, <strong>in</strong>: G. Heedemann ‒ E. W<strong>in</strong>ter (Hrsg.),<br />

Neue Forschungen zur Religionsgeschichte Kle<strong>in</strong>asien, AMS 49 (Bonn 2003) 85‒96.<br />

142 Aus der vielfältigen Literatur zu Atargatis/Dea Syria sei <strong>in</strong>sbesondere verwiesen auf Lightfoot 2003; J. Lightfoot,<br />

Pilgrims and Ethnographers: In Search of the Syrian Goddess, <strong>in</strong>: J. Elsner ‒ I. Rutherford (Hrsg.), Pilgrimage <strong>in</strong><br />

Graeco-Roman & Early Christian Antiquity. See<strong>in</strong>g the Gods (Oxford 2005) 333–345; zu Fragen <strong>von</strong> Kulttransfer<br />

und -transformation vgl. N. Belayche, «DEAE SVRIAE SACRUM» La Romanità des Cultes ʽorienteuxʼ, RH 302.3,<br />

2000, 565–592; H.-J. Gehrke, Kulte und Akkulturation. Zur Rolle <strong>von</strong> religiösen Vorstellungen und Ritualen <strong>in</strong><br />

kulturellen Austauschprozessen, <strong>in</strong>: H.-J. Gehrke ‒ A. Mastroc<strong>in</strong>que (Hrsg.), Rom und der Osten im 1. Jh. v. Chr.<br />

(Akkulturation oder Kampf der Kulturen?), Hiera 13 (Cosenza 2009) 65–122.<br />

143 Wie <strong>in</strong> <strong>Doliche</strong> blüht das Heiligtum erst spät, offenbar <strong>in</strong> persischer Zeit auf, entwickelt sich dann aber rasch<br />

zu e<strong>in</strong>em Kultzentrum <strong>von</strong> <strong>in</strong>ternationaler Bedeutung. Kritisch zu verme<strong>in</strong>tlich frühen Zeugnissen der Besiedlung<br />

des Ortes J. Böse, Murmuriga und Napiggu. Zur historischen Topographie am nördlichen syrischen Euphrat vom<br />

15. bis zum 7. Jh. v. Chr., MDOG 141, 2009, 65–84, <strong>in</strong>sb. 78–80.<br />

144 Um dieses Desiderat e<strong>in</strong>zulösen, ist e<strong>in</strong>e ausführliche Bearbeitung des e<strong>in</strong>schlägigen epigraphischen und archäologischen<br />

Materials durch Margherita Facella (Pisa) und den Verfasser <strong>in</strong> Vorbereitung.<br />

145 Vgl. CCID Nr. 202 Taf. 39; Nr. 295 Taf. 58; Nr. 518; Nr. 587 Taf. 128.


<strong>Die</strong> <strong>Stele</strong> <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> 91<br />

Trotz der Basis er<strong>in</strong>nert se<strong>in</strong>e Gestalt vielmehr an e<strong>in</strong> Blatt oder allgeme<strong>in</strong> e<strong>in</strong> vegetabiles Symbol.<br />

E<strong>in</strong>e parallele Darstellung zeigt das Fragment e<strong>in</strong>es dreieckigen Standartenaufsatzes aus Aalen,<br />

wo zwischen dem Götterpaar e<strong>in</strong> verästeltes Bäumchen steht (Taf. 24, 3). 146 E<strong>in</strong>e enge Verb<strong>in</strong>dung<br />

<strong>von</strong> Baum und Iupiter <strong>Doliche</strong>nus zeigt auch e<strong>in</strong> vermutlich aus Obernburg stammender Altar, auf<br />

dessen l<strong>in</strong>ker Schmalseite als Symbol für den Gott e<strong>in</strong> Baum neben e<strong>in</strong>em Blitzbündel zu sehen<br />

ist. 147 Nimmt man also an, dass das Objekt zwischen den Göttern e<strong>in</strong>en vegetabilen Charakter<br />

hat, lässt es sich ebenfalls gut aus der altorientalischen Ikonographie ableiten. Es handelt sich<br />

offenbar um e<strong>in</strong>en stark stilisierten ʽheiligen Baumʼ, wie er im Kontext zahlreicher Gottheiten<br />

und auch als E<strong>in</strong>zelmotiv <strong>in</strong> der religiösen Bildsprache des Orients weit verbreitet ist. 148 Auf<br />

die Diskussion um die genaue Herkunft und die Deutung dieses komplexen Symbols soll hier<br />

nicht e<strong>in</strong>gegangen werden. 149 Es drückt, vere<strong>in</strong>facht gesagt, den Leben spendenden Aspekt<br />

der Götter aus. Dabei handelt es sich allerd<strong>in</strong>gs nicht um e<strong>in</strong>en tatsächlichen Baum oder e<strong>in</strong>e<br />

Pflanze, sondern vielmehr um e<strong>in</strong>en artifiziellen Kultgegenstand, der die Gottheit vertritt und<br />

selbst göttlichen Charakter hat. 150 Als Beispiel sei e<strong>in</strong> neuassyrisches Stempelsiegel aus dem<br />

<strong>Doliche</strong>ner Heiligtum gezeigt, auf dem e<strong>in</strong> heiliger Baum flankiert <strong>von</strong> zwei Genien, darüber<br />

Ahuramazda, zu sehen ist (Taf. 24, 4). 151<br />

Neben diesem zentralen Objekt weisen Trauben auf die Rolle des Götterpaares als<br />

Vegetationsgottheiten h<strong>in</strong>. Sie hängen, parallel zur Opferszene im unteren Register, oberhalb<br />

<strong>in</strong> der <strong>Stele</strong>nmitte zwischen den Köpfen des Götterpaars, an e<strong>in</strong>em Stiel herab.<br />

<strong>Die</strong> Verb<strong>in</strong>dung <strong>von</strong> Trauben und Wettergott f<strong>in</strong>det sich bereits im 2. Jt. v. Chr. 152 Verschiedene<br />

Darstellungen des Wettergottes weisen ikonographische Parallelen auf, vor allem solche aus<br />

Kappadokien. Als bekanntes Beispiel sei auf das Felsrelief <strong>von</strong> Ivriz aus dem späten 8. Jh. v. Chr.<br />

verwiesen. 153 Dargestellt ist jeweils Tarhunzas, ihm gegenüber der zu ihm betende König <strong>von</strong><br />

Tabal Warpalawa. Der Gott ist auf diesem Relief vorrangig als Gott der Fruchtbarkeit präsentiert.<br />

In der rechten Hand hält er die Trauben, <strong>in</strong> der l<strong>in</strong>ken, aus der sich auch e<strong>in</strong> Wasserstrom ergießt,<br />

Ähren. Se<strong>in</strong>e Haltung weicht dabei <strong>von</strong> der des ʽSmit<strong>in</strong>g Godʼ ab und er steht nicht auf e<strong>in</strong>em<br />

Stier. Ähnlich s<strong>in</strong>d drei weitere Reliefs, sämtlich aus dem Königreich Tabal. 154 In der gleichen<br />

146 CCID Nr. 475 Taf. 106.<br />

147 CCID Nr. 538. E<strong>in</strong> Baum ist wohl auch auf der Gemme CCID Nr. 10 Abb. 2 vor dem Bild des Gottes zu sehen,<br />

obwohl F. Cumont, Études Syriennes (Paris 1917) 188 hier e<strong>in</strong>e Flamme sieht. Merlat 1951, Nr. 2 denkt an e<strong>in</strong>e<br />

Abbreviation für e<strong>in</strong>e Opferhandlung und auch die Autoren des CCID, S. 16 sehen <strong>in</strong> dem Objekt e<strong>in</strong>en Altar. Auf<br />

die Bedeutung des Baums im Kult des Iupiter <strong>Doliche</strong>nus hat bereits Speidel 1978, 31 h<strong>in</strong>gewiesen.<br />

148 S. Parpola, The Assyrian Tree of Life: Trac<strong>in</strong>g the Orig<strong>in</strong>s of Jewish Monotheism and Greek Philosophy, JNES<br />

52/3, 1993, 161–208. Dazu B. N. Porter, Trees, K<strong>in</strong>gs, and Politics. Studies <strong>in</strong> Assyrian Iconography, OBO 197<br />

(Fribourg 2003) 21–29. Zu den verschiedenen Darstellungsmöglichkeiten des Baums vgl. C. Kep<strong>in</strong>ski, Lʼarbre<br />

stylize en Asie occidentale au 2ème millénaire avant J.-C. (Paris 1982).<br />

149 Zur Forschungsgeschichte ausführlich M. Giov<strong>in</strong>o, The Assyrian Sacred Tree. A History of Interpretations,<br />

OBO 230 (Fribourg 2007).<br />

150 M. Giov<strong>in</strong>o, Assyrian Trees as Cult Objects, <strong>in</strong>: P. Taylor, The Iconography of Cyl<strong>in</strong>der Seals (London 2006)<br />

110 –125.<br />

151 Fund-Nr. 06_1305-501.<br />

152 Bunnens 2006, 41. 58‒59.<br />

153 Zu dem Relief Orthmann 1971, 242; M. Cremer, Der bewaffnete Dionysos, IstMitt 38, 1988, 179–187; M.<br />

Şah<strong>in</strong>, Neue Beobachtungen zum Felsrelief <strong>von</strong> Ivriz/Konya. Nicht <strong>in</strong> den Krieg, sondern zur Ernte: Der Gott mit<br />

der Sichel, AnatSt 49, 1999, 165–176.<br />

154 Bunnens 2006, 121‒122 Kat. 27–29.


92<br />

Michael <strong>Blömer</strong><br />

Tradition steht auch der Baal/Zeus <strong>von</strong> Tarsos, ebenfalls e<strong>in</strong> Gott <strong>in</strong> späthethitischer Tradition.<br />

Auf Münzbildern der Stadt sieht man den thronenden Zeus, der durch Trauben <strong>von</strong> We<strong>in</strong>beeren<br />

als Spender <strong>von</strong> Fruchtbarkeit ausgezeichnet ist. 155<br />

We<strong>in</strong>trauben als Symbol für Fruchtbarkeit, <strong>in</strong> der Form des We<strong>in</strong>stocks aber auch als Symbol<br />

für die politische und göttliche Ordnung, spielen <strong>in</strong> der altorientalischen Literatur und<br />

Bildsprache e<strong>in</strong>e große Rolle. 156 In Nordsyrien war We<strong>in</strong> schließlich auch ganz konkret e<strong>in</strong><br />

wichtiges ökonomisches Gut, bereits im 18. Jh. v. Chr. ist Karkamiș als Exporteur <strong>von</strong> We<strong>in</strong><br />

nach Mesopotamien belegt. 157 Schließlich ersche<strong>in</strong>t die We<strong>in</strong>traube als Symbol recht häufig<br />

auf den syro-hethitischen Grabdenkmälern, wo sie zeichenhaft die Fülle des vergangenen<br />

Lebens darstellte. 158 Auf den westlichen Denkmälern für Iupiter <strong>Doliche</strong>nus wird dieses Motiv<br />

nicht rezipiert. Lediglich auf e<strong>in</strong>er der dreieckigen Kultstandartenaufsätze aus Kömlöd ist e<strong>in</strong>e<br />

identische Konstellation wie auf der <strong>Doliche</strong>ner <strong>Stele</strong> gezeigt. 159 Zwischen dem Götterpaar<br />

hängen dort We<strong>in</strong>beeren herab, flankiert <strong>von</strong> Tänien. 160<br />

Was oberhalb der Trauben im Apex der <strong>Stele</strong> dargestellt war, ist wegen der Fehlstellen und<br />

Bestoßungen nicht mehr sicher zu rekonstruieren. Noch zu erkennen ist aber e<strong>in</strong> zentrales,<br />

offenbar kreisförmiges Objekt, <strong>von</strong> dem strahlenförmig L<strong>in</strong>ien abgehen. Möglich ist, dass es sich<br />

hierbei um e<strong>in</strong> Sonnensymbol, vielleicht sogar um e<strong>in</strong>e Flügelsonne handelte, wie sie regelmäßig<br />

auf den Wettergottstelen der Eisenzeit zu sehen ist. 161 In der Bilderwelt des römischen Iupiter<br />

<strong>Doliche</strong>nus-Kultes spielen Sonne und Mond zwar e<strong>in</strong>e wichtige Rolle, doch fehlen Belege für<br />

Flügelsonnen <strong>in</strong> dieser Zeit. 162 Lediglich auf der Wettergottstele aus Bakır Köy zwischen <strong>Doliche</strong><br />

und Kyrrhos ist möglicherweise ebenfalls e<strong>in</strong>e Sonne zu sehen, allerd<strong>in</strong>gs ist auch bei dieser<br />

<strong>Stele</strong> die Darstellung im Apex beschädigt. 163<br />

Datierung<br />

Auf den ersten Blick sche<strong>in</strong>t die <strong>Stele</strong>, zumal wenn man das obere Bildfeld betrachtet, angesichts<br />

der ikonographischen, stilistischen und typologischen Merkmale e<strong>in</strong> Erzeugnis der mittleren/<br />

späten Eisenzeit zu se<strong>in</strong>. Verschiedene Details, das hat die Analyse der e<strong>in</strong>zelnen Bildelemente<br />

155 Pohl 2004, 63–73. Zum vorhellenistischen Gott Casabonne 2002, 21–31.<br />

156 G. Elsen-Novák ‒ M. Novák, „Ich b<strong>in</strong> der wahre We<strong>in</strong>stock und me<strong>in</strong> Vater ist der We<strong>in</strong>gärtner“. Zur Semiotik<br />

des We<strong>in</strong>stocks <strong>in</strong> Joh. 15,1–8 aus der Sicht der Altorientalistik, <strong>in</strong>: A. Weissenrieder ‒ F. Wendt ‒ P. <strong>von</strong> Gemünden<br />

(Hrsg.), Pictur<strong>in</strong>g the New Testament. Studies <strong>in</strong> Ancient Visual Image, Wissenschaftliche Untersuchungen zum<br />

Neuen Testament 193 (Tüb<strong>in</strong>gen 2005) 197–206.<br />

157 M. Heltzer, V<strong>in</strong>eyards and W<strong>in</strong>e <strong>in</strong> Ugarit, UF 22, 1990, 119–135.<br />

158 Bonatz 2000, 88–90 zur Bedeutung der Traube.<br />

159 CCID Nr. 202. Taf. 39.<br />

160 Im CCID 134 heißt es » (…) Kranz, vermutlich aus – sehr ungeschickt dargestellten – Blumen, <strong>von</strong> dem zwei<br />

Bänder herabhängen«. E<strong>in</strong>e Deutung als Kranz ist allerd<strong>in</strong>gs kaum möglich. Eher wäre noch an e<strong>in</strong>e Rosette zu<br />

denken, vor dem H<strong>in</strong>tergrund des <strong>Doliche</strong>ner Reliefs sche<strong>in</strong>t aber die Traubenlösung deutlich plausibler.<br />

161 R. Mayer-Opificius, <strong>Die</strong> geflügelte Sonne: Himmels- und Regendarstellungen im Alten Vorderasien, UF 16,<br />

1984, 189–236; D. Parayre, Carchemish entre Anatolie et Syrie à travers lʼimage du disque solaire ailé (ca. 1800–71<br />

avant J.C.), Hethitica 8, 1987, 319–360; Bunnens 2006, 70–73.<br />

162 Zur Bedeutung <strong>von</strong> Sonne und Mond im Kult Speidel 1978, 25–32, vgl. auch E. Sanzi, La coppia Sol-Luna nellʼ<br />

iconografia mitriaca, dolichena e cristiana. Sovrapposizione o rielaborazione?, <strong>in</strong>: M. Cecchelli ‒ G. L. Zann<strong>in</strong>i<br />

(Hrsg.), In labore virtus. Studi offerti a Dante Balboni nel 50º di sacerdozio, 1941–1991 (Roma 1993) 175–182.<br />

163 <strong>Blömer</strong> 2009, 19‒20 Abb. 17. Vgl. aber die <strong>Stele</strong> aus Myranaz, Seyrig 1971, 117‒118 Abb. 3, auf der das hethitische<br />

Sonnensymbol mit Flügeln gezeigt ist.


<strong>Die</strong> <strong>Stele</strong> <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> 93<br />

deutlich machen können, zeigen jedoch e<strong>in</strong>deutig, dass die <strong>Stele</strong> erst <strong>in</strong> wesentlich späterer Zeit<br />

entstanden ist. So lassen sich für die Form des Blitzbündels und die wellenförmige Gestaltung<br />

des Bartes ke<strong>in</strong>e guten Parallelen auf eisenzeitlichen Reliefs f<strong>in</strong>den. Viel aussagekräftiger ist aber<br />

die Darstellung der Basis-Tiere. Sowohl ihre Kopfwendung als auch die um den Stier gehängte<br />

B<strong>in</strong>de, die sich auf e<strong>in</strong> dorsuale zurückführen lässt, deuten sehr konkret auf e<strong>in</strong>e Entstehung <strong>in</strong><br />

römischer Zeit h<strong>in</strong>. E<strong>in</strong>e noch deutlichere Sprache spricht die Opferszene im unteren Bildfeld.<br />

Sie ist <strong>in</strong>sgesamt stark <strong>von</strong> der griechisch-römischen Bildersprache geprägt. So schließt die<br />

Gestaltung des Altars als e<strong>in</strong>facher Blockaltar e<strong>in</strong>e Entstehung <strong>in</strong> vorhellenistischer Zeit aus<br />

und lässt sich wiederum am besten mit e<strong>in</strong>er Datierung <strong>in</strong> römischer Zeit <strong>in</strong> E<strong>in</strong>klang br<strong>in</strong>gen.<br />

Der Habitus der Priester hat se<strong>in</strong>e Wurzeln zwar <strong>in</strong> der späteisenzeitlichen Ikonographie, doch<br />

zeigen ihre Kleidung und die Art der Ausarbeitung der Falten hellenistisch-römischen E<strong>in</strong>fluss.<br />

Für e<strong>in</strong>e römerzeitliche Datierung spricht schließlich auch, dass hellenistische Plastik aus dem<br />

nordsyrischen B<strong>in</strong>nenland bisher weitgehend unbekannt ist. 164 Nachdem dort über Jahrhunderte<br />

ke<strong>in</strong>e Plastik mehr geschaffen wurde, bewirkte offenkundig erst die römische Eroberung e<strong>in</strong>e<br />

Wiederbelebung des »sculptural habit« 165 . Seit dem 1. Jh. n. Chr. nimmt die Skulpturenproduktion<br />

wieder zu, um dann im 2. Jh. n. Chr. auf allen Ebenen e<strong>in</strong>en Höhepunkt zu erleben. 166 <strong>Die</strong>se<br />

Entwicklung lässt sich <strong>in</strong> den urbanen Zentren, etwa <strong>in</strong> Zeugma, sehr gut nachvollziehen, wo e<strong>in</strong>e<br />

große Zahl festdatierter Denkmäler zur Verfügung steht, aber auch die Möglichkeit stilistischer<br />

E<strong>in</strong>ordnung gegeben ist. 167 Der lokale Stil der Basaltplastik des ländlichen Raums bietet zwar<br />

deutlich weniger Anhaltspunkte für e<strong>in</strong>e zeitliche E<strong>in</strong>ordnung, doch stammen die zahlreichen<br />

festdatierten Beispiele ausschließlich aus dem 2. Jh. n. Chr. 168<br />

Gegen e<strong>in</strong>e allzu späte Datierung spricht wiederum die fehlende Frontalität der Figuren. <strong>Die</strong><br />

e<strong>in</strong>fache Darstellung setzt sich im römischen Orient seit dem 1. Jh. n. Chr. fast durchweg als<br />

verb<strong>in</strong>dlich durch. Insgesamt sche<strong>in</strong>t es bei aller Vorsicht naheliegend, e<strong>in</strong>e Entstehung der<br />

<strong>Stele</strong> im 1./2. Jh. n. Chr. anzunehmen. Kriterien für e<strong>in</strong>e präzisere Datierung lassen sich wegen<br />

der handwerklich zwar ordentlichen, jedoch wenig charakteristischen, geradezu jedem Stil<br />

enthobenen Ausführung der <strong>Stele</strong> nicht festmachen.<br />

164 In Kommagene stellen lediglich die königlich-hellenistischen Bildwerke Antiochosʼ I. e<strong>in</strong>e Ausnahme dar. Mit<br />

der Verbreitung se<strong>in</strong>es Herrscherkultes kam es zur Verbreitung <strong>von</strong> eigens für den Kult geschaffener Reliefs auch<br />

<strong>in</strong> ländlichen Regionen. <strong>Die</strong>se Reliefs stehen aber <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>er lokalen Tradition und haben offenkundig auch ke<strong>in</strong>en<br />

prägenden E<strong>in</strong>fluss auf die dann wenig später e<strong>in</strong>setzende e<strong>in</strong>heimische Skulpturenproduktion.<br />

165 Vgl. generell Skup<strong>in</strong>ska-Løvset 1999, 265–267. Das Priesterrelief des Alexandros wird üblicherweise noch<br />

<strong>in</strong> das 1. Jh. v. Chr. datiert, vgl. Stucky 1976, 137–140; daran schließen sich Skup<strong>in</strong>ska-Løvset 1999, 42‒44 und<br />

Rumscheid a. O. (Anm. 37) 58 an; wenig überzeugen kann allerd<strong>in</strong>gs der Vergleich mit den späthellenistischen<br />

kommagenischen Reliefs als Datierungskriterium.<br />

166 Skup<strong>in</strong>ska-Løvset 1999, 259–267.<br />

167 Zur Plastik aus Zeugma vor allem J. Wagner, Seleukeia a. Euphrat/Zeugma. Tavo Beih. B 10 (Wiesbaden<br />

1976); Parlasca 1982, 9–14; I. Skup<strong>in</strong>ska-Løvset, Funerary Portraiture of Seleukeia-on-the-Euphrates, Acta Archaeologica<br />

56, 1985, 101–129; K. Parlasca, Skulpturen aus Zeugma ‒ Seleukeia am Euphrat. Idealplastik und<br />

sepulkrale Bildwerke <strong>in</strong>: D. Kreikenbom ‒ K.-U. Mahler ‒ T. M. Weber (Hrsg.), Urbanistik und städtische Kultur<br />

<strong>in</strong> Westasien und Nordafrika unter den Severern. Beiträge zur Table Ronde <strong>in</strong> Ma<strong>in</strong>z am 3. und 4. Dezember 2004<br />

(Ma<strong>in</strong>z 2005) 231–239.<br />

168 Parlasca 1982,15‒16 Taf. 18; Skup<strong>in</strong>ska-Løvset 1999, 165–167; <strong>Blömer</strong> a. O. (Anm. 16).


94<br />

Michael <strong>Blömer</strong><br />

<strong>Die</strong> Tradition des Götterpaares <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> und das Heiligtum <strong>in</strong> römischer Zeit<br />

Vor Beg<strong>in</strong>n der Grabungen im Heiligtum existierten kaum H<strong>in</strong>weise, die über das Alter des Kultes<br />

<strong>in</strong> <strong>Doliche</strong> Auskunft geben konnten. Der früheste datierte Beleg für die Verehrung des Iupiter<br />

<strong>Doliche</strong>nus im Westen des Imperiums ist e<strong>in</strong>e Weihung aus Lambaesis, die <strong>in</strong> das Jahr 125/126<br />

n. Chr. datiert wird. 169 Ältestes, festdatiertes Zeugnis aus <strong>Doliche</strong> selbst war der bereits erwähnte,<br />

<strong>von</strong> Wagner entdeckte Altar aus dem Heiligtum mit der Weihung an den Theos Dolichaios aus<br />

dem Jahr 57/58 n. Chr. (Taf. 22, 1 ). 170 E<strong>in</strong>ige Siegel mit dem Bild des Gottes s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> augusteische<br />

Zeit datiert worden, wobei e<strong>in</strong>e präzise zeitliche E<strong>in</strong>ordnung der Siegel grundsätzlich nur unter<br />

Vorbehalt möglich ist. 171 Der Fund e<strong>in</strong>es Fragmentes e<strong>in</strong>er Nomos<strong>in</strong>schrift Antiochosʼ I. auf<br />

dem Dülük Baba Tepesi beweist allerd<strong>in</strong>gs, dass das Heiligtum bereits <strong>in</strong> späthellenistischer<br />

Zeit etabliert war. 172 In noch weitaus frühere Zeit wies freilich stets die Ikonographie des Gottes,<br />

deren deutliche Aff<strong>in</strong>ität zu eisenzeitlichen Traditionen nie <strong>in</strong> Frage gestellt und immer wieder<br />

als H<strong>in</strong>weis auf e<strong>in</strong> hohes Alter des Kultes gewertet wurde. 173 Jedoch fehlten sichere Belege<br />

dafür, dass die ikonographische und motivische Nähe des Iupiter <strong>Doliche</strong>nus zum eisenzeitlichen<br />

Wettergott Resultat e<strong>in</strong>er tatsächlichen Kultkont<strong>in</strong>uität war. 174 Mitunter ist daher die Vermutung<br />

geäußert worden, dass der Kult der Götter <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> erst spät, womöglich <strong>in</strong> hellenistischer<br />

Zeit, geprägt worden sei und <strong>in</strong> ihm somit bereits <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er formativen Phase <strong>in</strong>digene Elemente<br />

mit griechisch-römischen Vorstellungen amalgamiert worden seien. 175 Das Fort-, mehr noch<br />

aber das Wiederaufleben vorhellenistischer ikonographischer Elemente <strong>in</strong> lokaler Tradition<br />

lässt sich im römischen Orient schließlich auch an vielen anderen Orten feststellen. 176 Oft ist<br />

169 CCID Nr. 620; A. Hilali, La mentalité religieuse des soldats de lʼArmée roma<strong>in</strong>e dʼAfrique: Lʼexample des dieux<br />

syriens et palmyréniens, <strong>in</strong>: L. DeBlois ‒ P. Funke ‒ J. Hahn (Hrsg.), The Impact of Imperial Rome on Religions,<br />

Ritual and Religious Life <strong>in</strong> the Roman Empire, Proceed<strong>in</strong>gs of the Fifth Workshop of the International Network<br />

Impact of Empire (Roman Empire, 200 BC – AD 476), Münster 2004 (Leiden 2006) 150–168, <strong>in</strong>sb. 152‒153<br />

mit 161 Nr. 1. – <strong>Die</strong> Weihung setzt freilich voraus, dass der Gott zu diesem Zeitpunkt bereits <strong>in</strong> gewisser Weise<br />

etabliert war, vgl. Speidel 1978, 4–11. Möglicherweise noch <strong>in</strong> das 1. Jh. n. Chr. datiert e<strong>in</strong>e Inschrift aus Rom,<br />

die jedoch seit dem 16. Jh. verschollen ist, vgl. B. Fowlkes-Childs, The Cult of Jupiter <strong>Doliche</strong>nus <strong>in</strong> the City of<br />

Rome. Syrian Connections and Local Contexts, <strong>in</strong>: M. <strong>Blömer</strong> – E. W<strong>in</strong>ter (Hrsg.), Iupiter <strong>Doliche</strong>nus. Lokalkult<br />

und Reichsreligion im Vergleich (<strong>in</strong> Vorbereitung).<br />

170 CCID Nr. 2 Taf. 1.<br />

171 H. Seyrig, Antiquités Syriennes 42. Sur les ères de quelques villes de Syrie, Syria 27, 1950, 5–56, <strong>in</strong>sb. 49‒50.<br />

172 Wagner 1982, 161‒162 Abb. 25.<br />

173 Demirçioğlu 1939, 80–82.<br />

174 Zu betonen ist allerd<strong>in</strong>gs, dass Bossert 1959 an abgelegener Stelle e<strong>in</strong>e Reihe e<strong>in</strong>deutiger Belege für e<strong>in</strong>e<br />

vorhellenistische Phase des Dülük Baba Tepesi publizierte, die <strong>in</strong> der Folge jedoch nie rezipiert wurden, vgl.<br />

Bossert 1959, 13–24.<br />

175 F. Millar, The Roman Near East (Cambrigde 1993) 249; K. Butcher, Roman Syria and the Near East (London<br />

2003) 337. Kritisch auch Lightfoot 2003, 83–85. <strong>Die</strong>se These schien zu stützen, dass die Stadt <strong>Doliche</strong> wegen<br />

ihres <strong>von</strong> der thessalischen Stadt <strong>Doliche</strong> übernommenen Namens, der sich dann ja auch auf den Gott übertrug,<br />

meist als hellenistische Neugründung gesehen wird, vgl. zur Diskussion M. Theotikou, <strong>Doliche</strong>. Überlegungen<br />

zum Namen und zu den Ursprüngen der Stadt, <strong>in</strong>: Schütte-Maischatz –W<strong>in</strong>ter 2004, 12–29. In der Tat s<strong>in</strong>d aus dem<br />

Stadtgebiet <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> bislang ke<strong>in</strong>e Funde aus vorhellenistischer Zeit bekannt, wobei sich das Bild angesichts<br />

noch ausstehender Feldforschungen noch ändern mag. In jedem Fall war das Umland dicht besiedelt, vgl. z. B. A.<br />

Archi – P. E. Pecorella – M. Salv<strong>in</strong>i, Gaziantep e la sua regione (Rom 1971).<br />

176 Vgl. z. B. Bunnens a. O. (Anm. 2) 13–47; A. Lichtenberger, Kulte und Kultur der Dekapolis. Untersuchungen zu<br />

numismatischen, archäologischen und epigraphischen Zeugnissen (Wiesbaden 2003) 323–331 und A. Lichtenberger,<br />

Probleme der <strong>in</strong>terpretatio graeca <strong>von</strong> Gottheiten <strong>in</strong> der syrischen Dekapolis, <strong>in</strong>: B. Groneberg – H. Spiekermann<br />

(Hrsg.), <strong>Die</strong> Welt der Götterbilder (Berl<strong>in</strong> 2007) 237–254; A. Lichtenberger, Tyros und Berytos. Zwei Fallbeispiele<br />

städtischer Identitäten <strong>in</strong> Phönikien, <strong>in</strong>: M. <strong>Blömer</strong> ‒ M. Facella ‒ E. W<strong>in</strong>ter (Hrsg.), Lokale Identität im Römischen<br />

Nahen Osten. Kontexte und Perspektiven, OrOcc 18 (Stuttgart 2009) 151–175; Bunnens 2011.


<strong>Die</strong> <strong>Stele</strong> <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> 95<br />

dabei ebenfalls umstritten, ob dies noch lebendigen, jedoch für lange Zeit nicht mehr sichtbaren<br />

Traditionen geschuldet ist, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Prozess der Bewusstwerdung eigener Identität wieder<br />

belebt werden, ob es e<strong>in</strong> bewusster oder gar zufälliger Rückgriff auf bereits vergessene,<br />

<strong>in</strong>zwischen unverstandene Traditionen war, oder ob nicht auch mit Blick auf andere Städte und<br />

ihre Kulte Bilder, die e<strong>in</strong> hohes Alter der Gottheit implizierten, schlichtweg erfunden wurden,<br />

ohne dass irgende<strong>in</strong>e Form <strong>von</strong> Kont<strong>in</strong>uität existierte. 177 Es mögen aber auch verschiedene<br />

Prozesse <strong>in</strong>e<strong>in</strong>andergegriffen haben, die dazu führten, sich zum Beispiel im Wettbewerb mit<br />

anderen Städten oder anderen Kulten durch e<strong>in</strong> bewusstes Herausstellen <strong>von</strong> altertümlichen oder<br />

auch exotisch wirkenden Elementen e<strong>in</strong> schärferes und autoritativeres Profil zu verschaffen. 178<br />

Vor diesem H<strong>in</strong>tergrund ist es <strong>von</strong> Bedeutung, dass die Ausgrabungen im Heiligtum des Iupiter<br />

<strong>Doliche</strong>nus auf dem Dülük Baba Tepesi <strong>in</strong>zwischen e<strong>in</strong>deutig haben zeigen können, dass<br />

Kultbetrieb dort bereits <strong>in</strong> der späten Eisenzeit, wahrsche<strong>in</strong>lich aber auch schon früher, etabliert<br />

war und bis <strong>in</strong> spätrömische Zeit kont<strong>in</strong>uierlich fortgeführt wurde. 179 Schon <strong>in</strong> persischer Zeit<br />

muss das Heiligtum e<strong>in</strong>e gewisse Strahlkraft als Kultzentrum besessen haben. 180 Das geht zum<br />

e<strong>in</strong>en aus umfangreichen Brandopferrückständen des 6.– 4. Jh. v. Chr. hervor, die zahlreiche<br />

wertvolle Kle<strong>in</strong>funde enthielten, zum anderen aus den erhaltenen Architekturbefunden dieser<br />

Zeit. 181 <strong>Die</strong>se s<strong>in</strong>d zwar bislang nur <strong>in</strong> Ausschnitten freigelegt und bruchstückhaft erhalten, zeigen<br />

aber zum<strong>in</strong>dest an, dass bereits e<strong>in</strong>e aufwändige Bebauung existierte. 182 Welche Funktion die<br />

bislang bekannten Strukturen im E<strong>in</strong>zelnen hatten, muss freilich noch offen bleiben. Ebenso<br />

fehlen direkte Zeugnisse darüber, wem der Kult <strong>in</strong> der frühen Zeit galt. War es dasselbe Götterpaar,<br />

das noch <strong>in</strong> römischer Zeit verehrt wurde, oder hat es so tiefe E<strong>in</strong>schnitte und Wandlungen<br />

gegeben, dass man trotz e<strong>in</strong>er kont<strong>in</strong>uierlichen Nutzung des Ortes e<strong>in</strong>e kultische Diskont<strong>in</strong>uität<br />

konstatieren muss? 183 Vieles spricht zum gegenwärtigen Zeitpunkt dafür, dass bereits <strong>in</strong><br />

177 Butcher a. O. (Anm. 176) 336–342. <strong>Die</strong> Vielfalt möglicher Szenarien zeigt e<strong>in</strong>e neuassyrischen <strong>Stele</strong> aus Kilikien<br />

mit dem Bild des Wettergottes, die, wie e<strong>in</strong>e griechische Inschrift besagt, <strong>in</strong> römischer Zeit wiedergefunden<br />

und daraufh<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em nicht näher spezifizierten theos epekoos geweiht wurde, vgl. B. Jacobs – W. Messerschmidt,<br />

E<strong>in</strong>e (prov<strong>in</strong>zial-)assyrische <strong>Stele</strong> für Jupiter <strong>Doliche</strong>nus, EA 19, 1992, 105–114. Es stellt sich die Frage, ob das<br />

Alter der <strong>Stele</strong>, die Umstände des Auff<strong>in</strong>dens oder das Bild des Wettergottes für die Weihung ausschlaggebend war.<br />

178 Vgl. zum komplexen Gefüge <strong>von</strong> Kulten und den verschiedenen Diskursebenen, <strong>in</strong> die sie e<strong>in</strong>gebunden s<strong>in</strong>d, T.<br />

Kaizer, Introduction, <strong>in</strong>: Kaizer 2008, 1–36; zu den zahlreichen Problemen im Umgang mit dem überlieferten Bildmaterial<br />

am Beispiel der prov<strong>in</strong>ziellen Münzprägung K. Butcher, Information, Legitimation, or Self-Legitimation?<br />

Popular and Elite Designs on the Co<strong>in</strong> Types of Syria, <strong>in</strong>: C. Howgego ‒ V. Heuchert ‒ A. Burnett (Hrsg.), Co<strong>in</strong>age<br />

and Identity <strong>in</strong> the Roman Prov<strong>in</strong>ces (Oxford 2006) 143–156. Zudem H.-J. Gehrke, Kulte und Akkulturation.<br />

Zur Rolle <strong>von</strong> religiösen Vorstellungen und Ritualen <strong>in</strong> kulturellen Austauschprozessen, <strong>in</strong>: H. J. Gehrke – A.<br />

Mastroc<strong>in</strong>que (Hrsg.), Rom und der Osten im 1. Jh. v. Chr. (Akkulturation oder Kampf der Kulturen?), Hiera 13<br />

(Cosenza 2009) 65–122<br />

179 Zu den Funden und Befunden der Eisenzeit ist noch ke<strong>in</strong>e zusammenfassende Publikation vorgelegt worden,<br />

vgl. Schachner 2008 sowie <strong>in</strong> diesem Band E. W<strong>in</strong>ter, Der Kult des Iupiter <strong>Doliche</strong>nus und se<strong>in</strong>e Ursprünge. Das<br />

Heiligtum auf dem Dülük Baba Tepesi bei <strong>Doliche</strong>, S. 1‒17 und A. Schachner, <strong>Die</strong> Welt des östlichen Mittelmeers<br />

<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en Bildern – weitere Beobachtungen zu den Siegeln und Kle<strong>in</strong>funden der späten Eisenzeit vom Dülük Baba<br />

Tepesi, S. 19– 46. <strong>Die</strong> jüngsten Grabungsergebnisse weisen auf e<strong>in</strong>e Nutzung des Heiligtums bereits im 8. Jh. v. Chr.<br />

180 Zur Rolle des Heiligtums <strong>in</strong> persischer Zeit vgl. <strong>Blömer</strong> ‒ W<strong>in</strong>ter 2006, 200; M. Facella, Darius and the<br />

Achaemenids <strong>in</strong> Commagene, <strong>in</strong>: P. Briant ‒ M. Chauveau (Hrsg.), Organisation des pouvoirs et contacts culturels<br />

dans les pays de lʼempire achéménide, Persika 14 (Paris 2009) 379–414, <strong>in</strong>sb. 400–407; Schachner 2008 und<br />

Schachner a. O. (Anm. 179).<br />

181 Zu den vorwiegend späteisenzeitlichen Siegeln gibt Schachner 2008 und Schachner a. O. (Anm. 180) e<strong>in</strong>en<br />

Überblick, wobei der Gesamtbefund der Grabung noch nicht mit <strong>in</strong> die Betrachtung e<strong>in</strong>bezogen worden ist.<br />

182 W<strong>in</strong>ter a. O. (Anm. 179).<br />

183 In diese Richtung tendiert z. B. auch Schachner a. O. (Anm. 179).


96<br />

Michael <strong>Blömer</strong><br />

der Frühzeit das Götterpaar verehrt wurde. So zeigt sich z. B. <strong>in</strong> den spezifischen religiösen<br />

Verfahren im Heiligtum e<strong>in</strong>e deutliche Kont<strong>in</strong>uität. Anhand <strong>von</strong> Brandopferrückständen der<br />

späten Eisenzeit und der römischen Zeit lässt sich z. B. feststellen, dass die Opferrituale beider<br />

Phasen der Nutzung im Wesentlichen übere<strong>in</strong>stimmen. 184 <strong>Die</strong>se Tradierung <strong>von</strong> kultischen<br />

Verfahren spiegelt e<strong>in</strong>e Kont<strong>in</strong>uität des Kultes selbst. Zu betonen ist auch, dass es zwischen<br />

der persischen und der hellenistisch-römischen Phase ke<strong>in</strong>e Unterbrechung <strong>in</strong> der Nutzung des<br />

Heiligtums gegeben hat. 185 Zwar s<strong>in</strong>d aufgrund der ungünstigen Überlieferungsbed<strong>in</strong>gungen<br />

aussagekräftige hellenistische Horizonte oder Bauschichten nach wie vor nicht sicher zu fassen,<br />

doch lässt sich anhand des Fundmaterials e<strong>in</strong>e kont<strong>in</strong>uierliche Okkupation sicher nachweisen.<br />

Für Überlegungen zur Kultkont<strong>in</strong>uität und zur Frage, ob das Götterpaar bereits <strong>in</strong> vorhellenistischer<br />

Zeit auf dem Dülük Baba Tepesi verehrt wurde, ist auch die <strong>Stele</strong> <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong><br />

<strong>von</strong> e<strong>in</strong>iger Aussagekraft. Es stellt sich nämlich die Frage, wie e<strong>in</strong>e so deutlich altorientalisch<br />

geprägte Darstellung des Götterpaares geschaffen werden konnte, obwohl alle übrigen bekannten<br />

Bildnisse e<strong>in</strong>er deutlich sichtbaren <strong>in</strong>terpretatio graeca/<strong>in</strong>terpretatio romana unterworfen waren.<br />

<strong>Die</strong> e<strong>in</strong>zige mögliche Antwort sche<strong>in</strong>t mir, dass noch <strong>in</strong> römischer Zeit im Heiligtum e<strong>in</strong> Bild oder<br />

Bilder des Götterpaares existierten, die bereits <strong>in</strong> der Eisenzeit geschaffen worden waren. Dass es<br />

e<strong>in</strong>e solche deutlich ältere Vorlage gab, an der man sich bei der Herstellung der <strong>Stele</strong> orientierte,<br />

lässt sich an verschiedenen Punkten festmachen: <strong>Die</strong> e<strong>in</strong>zigartige Bündelung antiquarischer<br />

Details eisenzeitlicher Götterdarstellungen setzt e<strong>in</strong>e Vertrautheit mit dieser Ikonographie voraus,<br />

die kaum anders als mit der Präsenz entsprechender Vorlagen erklärt werden kann. Der deutliche<br />

Unterschied zu den sonstigen bekannten Bildnissen der Götter <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> zeigt zudem, dass es<br />

im Heiligtum verschiedene Bildnistypen des Paares gegeben haben muss, die parallel<br />

nebene<strong>in</strong>ander existierten. <strong>Die</strong> Neuschöpfung des Motivs e<strong>in</strong>er auf dem Hirsch stehenden Gött<strong>in</strong>,<br />

die ansonsten deutlich die Züge der syro-hethitischen Kubaba trägt, kann sich plausibel nur <strong>in</strong><br />

vorhellenistischer Zeit ereignet haben. Signifikant s<strong>in</strong>d auch stilistische Unterschiede <strong>in</strong> der<br />

Wiedergabe der Kleidung der Priester und der Götter. Bei der Kleidung der Priester s<strong>in</strong>d Falten<br />

angegeben. <strong>Die</strong>se s<strong>in</strong>d zwar nicht organisch gebildet und stark schematisiert, gliedern aber<br />

die gesamte Oberfläche. In deutlichem Kontrast dazu zeigt die Tracht der Götter ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige<br />

Falte. <strong>Die</strong> plausibelste Erklärung dafür ist, dass man für das Götterpaar bewusst e<strong>in</strong>e bestehende<br />

Vorlage zu kopieren suchte, während man die Priesterbildnisse dem Zeitstil entsprechend schuf.<br />

Neben den Indizien, die sich aus der <strong>Stele</strong> <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> ableiten lassen, existieren auch konkrete<br />

archäologische H<strong>in</strong>weise auf e<strong>in</strong> späteisenzeitliches Kultbild des Wettergottes. So ist während der<br />

Kampagne 2005 e<strong>in</strong> Stierkopf aus Basalt entdeckt worden, der bislang als Bauglied angesprochen<br />

und achaimenidisch datiert wurde. 186 Se<strong>in</strong>e Form und die Mulde auf dem Kopf sprechen allerd<strong>in</strong>gs<br />

184 Vgl. zu den Ergebnissen der archäozoologischen Forschungen im Heiligtum <strong>in</strong> diesem Band N. Pöllath ‒ J.<br />

Peters, Smoke on the Mounta<strong>in</strong>. Animal Sacrifices for the Lord of <strong>Doliche</strong>, S. 47–68.<br />

185 Das passt zu dem Befund, dass die Zeit nach dem Ende des assyrischen Reiches <strong>in</strong> Nordsyrien weniger <strong>von</strong><br />

Niedergang und Stagnation gezeichnet war, als häufig angenommen wurde. <strong>Die</strong> Ergebnisse neuerer Surveys und<br />

Grabungen <strong>in</strong> der Euphratregion zeigen, dass viele Siedlungen kont<strong>in</strong>uierlich besiedelt waren und <strong>in</strong> persischer<br />

Zeit prosperierten, vgl. W. Messerschmidt, Kommagene <strong>in</strong> vorhellenistischer Zeit, <strong>in</strong>: E. W<strong>in</strong>ter (Hrsg.), ΠATPIΣ<br />

ΠANTPOΦOS KOMMAΓHNH. Neue Funde und Forschungen zwischen Taurus und Kommagene, AMS 60 (Bonn<br />

2008) 29–35; Facella a. O. (Anm. 181); J. Gil-Fuentes ‒ E. Crivelli, Late Iron Age, ʽPost Assyriansʼ and Persians<br />

<strong>in</strong> the Turkish Euphrates. An Archaeological or Historical Approach?, <strong>in</strong>: P. Matthiae ‒ F. P<strong>in</strong>nock ‒ L. Nigro ‒<br />

N. Marchetti (Hrsg.), Proceed<strong>in</strong>gs of the 6th International Congress of the Archaeology of the Ancient Near East<br />

(Wiesbaden 2010) 65–76.<br />

186 <strong>Blömer</strong> – W<strong>in</strong>ter 2006, 190 Abb. 6 und vor allem Schachner 2008, 81 –83 Taf. 14 –17.


<strong>Die</strong> <strong>Stele</strong> <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> 97<br />

gegen e<strong>in</strong>e konstruktive Funktion <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Architekturverband. Das Fragment e<strong>in</strong>es zweiten,<br />

identischen Stierkopfes vom Dülük Baba Tepesi hatte, <strong>von</strong> der nachfolgenden Forschung zu<br />

<strong>Doliche</strong> und Iupiter <strong>Doliche</strong>nus nicht beachtet, bereits Helmuth Theodor Bossert im Jahr 1959<br />

publiziert. 187 Er hielt den Kopf für späthethitisch und sah ihn als Teil e<strong>in</strong>er Doppelstierbasis an,<br />

wobei er die Mulde auf dem Kopf als Opfermulde ähnlich der Doppellöwenbasis <strong>von</strong> Z<strong>in</strong>cirli<br />

<strong>in</strong>terpretierte. 188 In der Tat sche<strong>in</strong>t e<strong>in</strong>e solche Deutung nicht abwegig, denn stilistisch stehen die<br />

Stierköpfe aus dem Heiligtum späthethitischen Stierdarstellungen näher als achaimenidischen<br />

Stierkopfkapitellen. 189 Akzeptiert man diese Deutung und Datierung der Stierköpfe, ließe sich<br />

zum e<strong>in</strong>en annehmen, dass sie zum Sockel e<strong>in</strong>es großformatigen rundplastischen Bildwerks<br />

gehörten, das wahrsche<strong>in</strong>lich den Wettergott darstellte. Sie wären zudem e<strong>in</strong> Beleg dafür, dass<br />

der Kult bereits <strong>in</strong> vorachaimenidischer Zeit e<strong>in</strong>ige Bedeutung besaß, da die gesamte Skulptur<br />

e<strong>in</strong>e beträchtliche Größe gehabt haben muss und wohl kaum außerhalb e<strong>in</strong>es entsprechend<br />

aufwendig gestalteten Heiligtums aufgestellt gewesen wäre.<br />

Zusammenfassend ergibt sich, dass sich trotz des Fehlens e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>deutigen Nachweises darüber,<br />

welches die Götter des frühen Heiligtums waren, aus e<strong>in</strong>er Vielzahl aussagekräftiger Indizien<br />

sicher folgern lässt, dass die Götter, die wir vor allem unter ihren römischen Namen Iupiter<br />

<strong>Doliche</strong>nus und Iuno <strong>Doliche</strong>na kennen, spätestens seit dem 6. Jh. v. Chr., sehr wahrsche<strong>in</strong>lich<br />

aber bereits noch früher, kont<strong>in</strong>uierlich im Heiligtum auf dem Dülük Baba Tepesi verehrt wurden.<br />

Und trotz aller Veränderungen und Wandlungen, die wir <strong>in</strong> der Ikonographie des Götterpaares<br />

fassen, existierte im Heiligtum weiterh<strong>in</strong> auch noch das <strong>in</strong> der späten Eisenzeit geschaffene<br />

Bild des Götterpaares und wurde im Kontext der lokalen Verehrung des Gottes parallel zu der<br />

<strong>in</strong>terpretatio graeca bzw. romana weiter tradiert.<br />

Daran ließe sich die Frage anknüpfen, wann die Vorlage für die <strong>Doliche</strong>ner <strong>Stele</strong> geschaffen<br />

wurde. Ebenso wäre im Kontext der Auswertung der Grabungsergebnisse noch zu untersuchen, <strong>in</strong><br />

welchem Maße aramäische oder luwische Elemente den Kult und se<strong>in</strong>e Bilderwelt bestimmten,<br />

wo doch <strong>in</strong> der Region beide Traditionen gleichermaßen wirksam waren und auch noch nicht<br />

abschließend geklärt ist, zu welchem Territorium das Heiligtum vor der assyrischen Eroberung<br />

gehörte. 190<br />

187 Bossert 1959, 14–15 Taf. 6 Abb. 10.<br />

188 Bossert 1959, 15; zur Doppellöwenbasis <strong>von</strong> Z<strong>in</strong>cirli Orthmann 1971, Taf. 62 c–e. Zu den Opfermulden auch<br />

D. Ussishk<strong>in</strong>, Hollows, „Cup Marks“, and Hittite Stone Monuments, AnSt 25, 1975, 85–103.<br />

189 Zu späthethitischen Doppelstierbasen vgl. oben Anm. 27.<br />

190 M. Novák, Akkulturation <strong>von</strong> Aramäern und Luwiern und der Austausch <strong>von</strong> ikonographischen Konzepten <strong>in</strong><br />

der späthethitischen Kunst, <strong>in</strong>: H. Blum - B. Faist ‒ P. Pfälzner ‒ A.-M. Wittke (Hrsg.), Brückenland Anatolien?<br />

Ursachen, Extensität und Modi des Kulturaustausches zwischen Anatolien und se<strong>in</strong>en Nachbarn (Tüb<strong>in</strong>gen 2002)<br />

147–171. Zur Religion N. Niehr, Auswirkungen der späthethitischen Kultur auf die Religion der Aramäer <strong>in</strong><br />

Südanatolien und Nordsyrien, <strong>in</strong>: M. Novák ‒ F. Prayon ‒ A.-M. Wittke, <strong>Die</strong> Außenwirkung des späthethitischen<br />

Kulturraumes. Götteraustausch ‒ Kulturkontakt ‒ Kulturtransfer, AOAT 323 (Münster 2004) 405–424. – Zur politischen<br />

Topographie Nordsyriens <strong>in</strong> der Eisenzeit vgl. J. D. Hawk<strong>in</strong>s, North Syria and South East Anatolia, <strong>in</strong>: M.<br />

Liverani (Hrsg.), Neo-Assyrian Geography (Rom 1995) 87–102 <strong>in</strong>sb. 94; Messerschmidt a. O. (Anm. 186) 15–35.<br />

Vgl. auch Theotikou a. O. (Anm. 175) 12–29.


98<br />

Der Name des Gottes<br />

Michael <strong>Blömer</strong><br />

In diesem Zusammenhang sei auch noch die Frage gestellt, unter welchen Namen das Götterpaar<br />

<strong>in</strong> <strong>Doliche</strong> verehrt wurde. <strong>Die</strong> geläufigen Namen Iupiter <strong>Doliche</strong>nus oder Zeus Dolichaios s<strong>in</strong>d<br />

e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>terpretatio romana bzw. graeca, ebenso Iuno Reg<strong>in</strong>a. Somit muss es ältere <strong>in</strong>digene<br />

Namen gegeben haben, die dann überlagert wurden. <strong>Die</strong> neue <strong>Stele</strong> trägt ke<strong>in</strong>e Inschrift, die<br />

darüber eventuell Auskunft geben könnte. Epigraphische Zeugnisse, die aus dem Heiligtum oder<br />

auch aus der Stadt <strong>Doliche</strong> stammen und sich auf die Götter beziehen, datieren bislang sämtlich<br />

<strong>in</strong> die Zeit der römischen Herrschaft und s<strong>in</strong>d entweder <strong>in</strong> griechischer oder <strong>in</strong> late<strong>in</strong>ischer<br />

Sprache verfasst. 191 Da das Late<strong>in</strong>ische <strong>in</strong> Nordsyrien nicht als Umgangssprache diente,<br />

müssen diese Inschriften <strong>von</strong> Verehrern des Gottes aus dem Westen des Reiches, zumeist wohl<br />

Soldaten, <strong>in</strong> Auftrag gegeben worden zu se<strong>in</strong>. 192 Entsprechend zeigen sie die auch im Westen<br />

übliche Nomenklatur. E<strong>in</strong>e late<strong>in</strong>ische Weih<strong>in</strong>schrift nennt den Gott I(ovi) O(timo) M(aximo)<br />

[<strong>Doliche</strong>no], e<strong>in</strong>e weitere monumentalere Inschrift lässt sich ebenso ergänzen. 193 Dass westliche<br />

Soldaten die größte Gruppe <strong>von</strong> Gläubigen, die nicht dem lokalen Umfeld <strong>Doliche</strong>s entstammt,<br />

gebildet haben, zeigen nicht nur diese Weihungen mit late<strong>in</strong>ischen Inschriften, sondern vor allem<br />

auch Funde römischer Militaria im Heiligtum, die vom 1. Jh. n. Chr. an ihre Präsenz bezeugen. 194<br />

In welchem Umfang es darüber h<strong>in</strong>aus Pilger aus dem Westen gegeben hat, die, nur um das<br />

Heiligtum aufzusuchen, aus weiter Entfernung anreisten, ist bislang nicht abzuschätzen. 195<br />

Interessanter für die Frage nach dem lokalen Namen des Gottes s<strong>in</strong>d die griechischen Inschriften.<br />

E<strong>in</strong>e Weihung auf e<strong>in</strong>em Bronzeblech aus dem Heiligtum nennt den Gott lediglich theos epekoos<br />

dolichaion. 196 Theos dolichenos heißt der Gott auf dem neronischen Basaltaltar (Taf. 22, 1). 197 In<br />

der sogenannten Priesternekropole, e<strong>in</strong>er Gruppe <strong>von</strong> Felskammergräbern römischer Zeit ca. 1, 3<br />

km westlich des Heiligtums gelegen, wird e<strong>in</strong>er der dort Begrabenen als ierateusanta <strong>Doliche</strong>no<br />

bezeichnet. 198 Auf e<strong>in</strong>em Weihrelief aus Perrhe, das <strong>von</strong> e<strong>in</strong>em Bewohner <strong>Doliche</strong>s errichtet<br />

191 Das epigraphische Material der Grabung wird <strong>von</strong> Margherita Facella (Pisa) bearbeitet, vgl. bislang M. Facella,<br />

A New Statue Base for Caracalla from Dülük Baba Tepesi, <strong>in</strong>: W<strong>in</strong>ter 2008, 125–136 und M. Facella ‒ E. W<strong>in</strong>ter,<br />

Neue Inschriften zum Kult des Iupiter <strong>Doliche</strong>nus aus Kle<strong>in</strong>asien, <strong>in</strong>: W<strong>in</strong>ter (Hrsg.), Vom Euphrat bis zum Bosporus.<br />

Kle<strong>in</strong>asien <strong>in</strong> der Antike. Festschrift für Elmar Schwertheim zum 65. Geburtstag. Bd. 1, AMS 65 (Bonn<br />

2008) 217–228.<br />

192 Der Gebrauch des Late<strong>in</strong>ischen deutet zweifellos auf die Anwesenheit westlicher Soldaten oder Verwaltungsbeamter,<br />

vgl. W. Eck, Presence, Role and Significance of Lat<strong>in</strong> <strong>in</strong> the Epigraphy and Culture of the Roman Near<br />

East, <strong>in</strong>: H. M. Cotton ‒ R. G. Hoyland ‒ J. J. Price ‒ D. J. Wasserste<strong>in</strong> (Hrsg.), From Hellenism to Islam: Cultural<br />

and L<strong>in</strong>guistic Change <strong>in</strong> the Roman Near East (Cambridge 2009) 15–42.<br />

193 Facella ‒ W<strong>in</strong>ter a. O. (Anm. 191).<br />

194 Zu ausgewählten Militariafunden <strong>in</strong> diesem Band T. Fischer, Teile <strong>von</strong> römischen Waffen und militärischer Ausrüstung<br />

aus den Grabungen auf dem Düluk Baba Tepesi <strong>in</strong> den Jahren 2002‒2009, S. 105–119. Auf e<strong>in</strong>e zeitweise<br />

Stationierung römischen Militärs <strong>in</strong> <strong>Doliche</strong> deutet der Neufund e<strong>in</strong>es Soldatengrabste<strong>in</strong>s, vgl. <strong>in</strong> diesem Band<br />

M. Facella ‒ M. Speidel, From Dacia to <strong>Doliche</strong> (and back). A new gravestone for a Roman soldier, S. 207–215. Für<br />

e<strong>in</strong>e Verbreitung des Kultes <strong>in</strong> Syrien und Kle<strong>in</strong>asien h<strong>in</strong>gegen gibt es ke<strong>in</strong>e Belege, vgl. <strong>Blömer</strong> a. O. (Anm. 17).<br />

195 Allgeme<strong>in</strong> zum Problem <strong>von</strong> Pilgern <strong>in</strong> paganen Kulten vgl. J. Elsner – I. Rutherford (Hrsg.), Pilgrimage <strong>in</strong><br />

Graeco-Roman and Early Christian Antiquity. See<strong>in</strong>g the Gods (Oxford 2005), <strong>in</strong>sbesondere die E<strong>in</strong>leitung. Entscheidend<br />

ist die hier nicht zu beantwortende Frage, <strong>in</strong>wieweit das Heiligtum <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> <strong>von</strong> den Mitgliedern<br />

westlicher Geme<strong>in</strong>schaften als konstitutives Zentrum des Kultes wahrgenommen worden ist.<br />

196 Facella ‒ W<strong>in</strong>ter a. O. (Anm. 193) 217–228.<br />

197 CCID Nr. 2 Taf. 1.<br />

198 Wagner 1982, 165‒166 Nr. 8 Abb. 29; CCID Nr. 3; Zur Schreibweise des Attributs Dolichaios/<strong>Doliche</strong>nos<br />

vgl. auch A. Cafissi, Il culto di Ζευς Δoλιχαιoς, Stefano Bizant<strong>in</strong>o ed alcune iscrizioni greche, Atti e memorie<br />

dellʼAcademia toscana di scienze 64, 1999, 9–21.


<strong>Die</strong> <strong>Stele</strong> <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> 99<br />

wurde, wird der Gott ohne weitere Spezifikation lediglich theos genannt. 199 <strong>Die</strong> Identifizierung<br />

ergibt sich hier aus dem Bild des Gottes und der Herkunft des Stifters.<br />

In den wenigen, sämtlich <strong>in</strong> griechischer Sprache verfassten Schriftzeugnissen aus dem lokalen<br />

Kontext bleibt also die Gleichsetzung mit e<strong>in</strong>em konkreten Gott des griechischen Pantheons,<br />

e<strong>in</strong>e Angleichung an Zeus, aus. 200 Er ist lediglich der Gott <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong>, e<strong>in</strong>e weitere <strong>in</strong>terpretatio<br />

war offenbar im lokalen Kontext nicht notwendig. <strong>Die</strong> Kultgeme<strong>in</strong>schaft, die sich <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie<br />

aus der Bevölkerung <strong>Doliche</strong>s und des Umlandes zusammensetzte, brauchte e<strong>in</strong>e solche nicht. 201<br />

Gleichzeitig ist zu bedenken, dass die Bevölkerung <strong>Doliche</strong>s und vor allem des Umlandes mit<br />

großer Sicherheit nicht primär griechisch, sondern aramäisch gesprochen hat. 202 Daher ist da<strong>von</strong><br />

auszugehen, dass der Gott dort vor allem unter e<strong>in</strong>em aramäischen Namen bekannt war. Da<br />

sich das Aramäische <strong>in</strong> Nordsyrien während der römischen Kaiserzeit als Schriftsprache nicht<br />

hat etablieren können, fehlen entsprechende Inschriften. Überliefert s<strong>in</strong>d jedoch aramäische<br />

theophore Namen <strong>von</strong> Bewohnern <strong>Doliche</strong>s und auch <strong>von</strong> Priestern des Gottes. Sie deuten<br />

darauf h<strong>in</strong>, dass, wie man es vermuten würde, auch der Gott <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> unter dem Name<br />

Hadad verehrt wurde. So ist vor allem der Name Barhadados, ʽSohn des Hadadʼ, mehrere Male<br />

nachzuweisen. 203 Das Fortleben dieses alten Namens Hadad für den höchsten Gott <strong>in</strong> Nordsyrien<br />

ist auch sonst mehrfach bezeugt. 204 Insbesondere sei auf e<strong>in</strong> erst kürzlich publiziertes Zeugnis für<br />

die Verehrung des Hadad <strong>in</strong> Nordsyrien aus hellenistischer Zeit h<strong>in</strong>gewiesen. 205 Es handelt sich<br />

um e<strong>in</strong> bronzenes Täfelchen, auf dem verzeichnet ist, welche Mengen <strong>von</strong> Tieren und Getreide<br />

für Zeus Hadad, für Hera und für den König Demetrios geopfert werden. Der letzte seleukidische<br />

König mit dem Namen Demetrios – Demetrios IV. – regierte bis 88 v. Chr. <strong>Die</strong>ses Jahr bildet<br />

damit e<strong>in</strong>en term<strong>in</strong>us ante quem für die Entstehung des Täfelchens. 206 Das Täfelchen ist damit das<br />

199 M. <strong>Blömer</strong> ‒ M. Facella, E<strong>in</strong> neues Weihrelief für Iupiter <strong>Doliche</strong>nus aus Perrhe, <strong>in</strong>: W<strong>in</strong>ter 2008, 189–200.<br />

200 Ebenfalls nur als theos <strong>Doliche</strong>nos bezeichnet wird der Gott <strong>in</strong> der verschollenen Inschrift zu dem Relief<br />

CCID Nr. 428 Taf. Frontispiz; P. Lombardi, Les sources épigraphiques du sanctuaire du Janicule et de Jupiter<br />

Dolichénien à Rome, <strong>in</strong>: G. M. Belelli ‒ U. Bianchi (Hrsg.), Orientalia Sacra Urbis Romae. <strong>Doliche</strong>na et Heliopo- Heliopo-<br />

litana, Studia Archaeologia 84 (Rom 1996) 71–76. Interessanterweise zeigt auch die Ikonographie des zugehörigen<br />

Bildes vergleichsweise starke Bezüge zu <strong>Doliche</strong>, etwa <strong>in</strong> der Art der Kopfbedeckung und <strong>in</strong> dem langen Zopf,<br />

der im Westen sonst kaum gezeigt wird. Man könnte also denken, dass der Auftraggeber <strong>in</strong> der Tat Kontakte nach<br />

<strong>Doliche</strong> hatte, vielleicht kam er sogar <strong>von</strong> dort.<br />

201 <strong>Die</strong>ser Verzicht auf e<strong>in</strong>en konkreten Namen ist <strong>in</strong> der Region im Kontext lokaler, stark ortsgebundener Kulte<br />

üblich.<br />

202 Zur Frage der Sprache <strong>in</strong> Nordsyrien vgl. M. C. A. Macdonald, Some Reflections on Epigraphy and Ethnicity<br />

<strong>in</strong> the Roman Near East, MedArch 11, 1998, 177–190.<br />

203 CCID Nr. 3: Aurelios Barhadados, Priester des Gottes im Heiligtum. Zu e<strong>in</strong>em Soldaten mit dem Namen aus<br />

e<strong>in</strong>em Dorf <strong>in</strong> der Chora <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> W. Eck, E<strong>in</strong> neues Militärdiplom für die misenische Flotte und Severus<br />

Alexanders Rechtsstellung im J. 221/222, ZPE 108, 1995, 15–34, <strong>in</strong>sb. 29–31. Der Name ist auch anderswo <strong>in</strong><br />

Syrien weit verbreitet, etwa <strong>in</strong> Dura Europos: L. Dirven, The Palmyrenes of Dura-Europos. A Study of Religious<br />

Interaction <strong>in</strong> Roman Syria, RGRW 138 (Leiden 1999) 226‒227.<br />

204 E<strong>in</strong> Relief aus Islahiye ist dem Apollon Hadad geweiht, vgl. E. Schwertheim, Apollon und Hadad, <strong>in</strong>: M. de<br />

Boer – T. A. Edrigde (Hrsg.), Hommages à Maarten J. Vermaseren. Recueil dʼétudes offert par les auteurs de la<br />

série Études prélim<strong>in</strong>aires aux religions orientales dans lʼempire roma<strong>in</strong> à Maarten J. Vermaseren à lʼoccasion<br />

de son 60. anniversaire le 7 Avril 1978 III, EPRO 68 (Leiden 1978) 1143–1147. Zur Verb<strong>in</strong>dung des mehrfach<br />

überlieferten Götternamens Hadaranes mit Hadad vgl. M.-L. Haack, Une nouvelle attestation de Jupiter Hadaranès?,<br />

ZPE 153, 2005, 172–175.<br />

205 S. Lücke, E<strong>in</strong> Bronzetäfelchen aus dem syrisch-ostanatolischen Grenzgebiet, Klio 86/ 1, 2004, 55–65.<br />

206 Lücke a. O. (Anm. 205) 62.


100<br />

Michael <strong>Blömer</strong><br />

früheste festdatierte Zeugnis für die Verehrung des Zeus Hadad <strong>in</strong> Nordsyrien. Bemerkenswert<br />

ist die Verknüpfung mit dem König, die man als Indiz für e<strong>in</strong>e enge Verb<strong>in</strong>dung des Kultes mit<br />

dem Herrscherkult werten kann.<br />

Während es somit sehr wahrsche<strong>in</strong>lich ist, dass Iupiter <strong>Doliche</strong>nus <strong>in</strong> <strong>Doliche</strong> selbst als Hadad<br />

bekannt war, bleibt der Name der Gött<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Rätsel. 207<br />

Zusammenfassung<br />

<strong>Die</strong> <strong>Stele</strong> <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> überliefert die erste vollständige Darstellung des im Heiligtum verehrten<br />

Götterpaares. Im unteren Register opfern zwei Männer, die durch ihre Tracht als Priester<br />

ausgewiesen s<strong>in</strong>d, auf e<strong>in</strong>em Altar. Im oberen Bildfeld stehen Gott und Gött<strong>in</strong> auf ihren<br />

Basistieren Stier und Hirsch. Das Bild des Gottes steht ganz <strong>in</strong> der Tradition des eisenzeitlichen<br />

Wettergottes. <strong>Die</strong> Darstellung der Gött<strong>in</strong> zeigt enge Bezüge zur syro-hethitischen Kubaba,<br />

wobei mit dem Stehen auf dem Hirsch e<strong>in</strong> Motiv zu fassen ist, das für Gött<strong>in</strong>nen sonst nicht<br />

bezeugt ist. Dass zahlreiche Elemente der Ikonographie des Paares altorientalische Wurzeln<br />

haben, entspricht den üblichen Darstellungskonventionen des Iupiter <strong>Doliche</strong>nus und der<br />

Iuno <strong>Doliche</strong>na. Nirgendwo jedoch ist dies so konsistent zu beobachten wie auf der <strong>Stele</strong> aus<br />

<strong>Doliche</strong>. Gleichwohl manifestiert sich <strong>in</strong> verschiedenen Details deutlich, dass es sich um e<strong>in</strong><br />

Erzeugnis der römischen Zeit handelt, das wahrsche<strong>in</strong>lich <strong>in</strong> das 1./2. Jh. n. Chr. datiert. E<strong>in</strong>e<br />

präzise Datierung der <strong>Stele</strong> ist allerd<strong>in</strong>gs schwierig, da der lokale Stil der Bildhauerarbeit nicht<br />

die notwendigen Anhaltspunkte liefert. Religionsgeschichtlich ist die <strong>Stele</strong> <strong>von</strong> Bedeutung, da<br />

die genaue Wiedergabe antiquarischer Details der altorientalischen Götterikonographie auf e<strong>in</strong>e<br />

Vorlage verweist, die bereits <strong>in</strong> der späten Eisenzeit im Heiligtum aufgestellt wurde und dort bis<br />

<strong>in</strong> die römische Zeit verblieb. <strong>Die</strong>s deckt sich mit dem durch die Ausgrabungen abgesicherten<br />

Befund e<strong>in</strong>er ungebrochenen Nutzung des Heiligtums spätestens vom 8. Jh. v. Chr. bis <strong>in</strong> die<br />

spätrömische Zeit.<br />

207 Vgl. aber G. Montesi, Nota <strong>Doliche</strong>na, SMSR 27, 1956, 142–145 und E. Sanzi, Sur une <strong>in</strong>scription roma<strong>in</strong>e en<br />

rapport avec le culte dolichénien, <strong>in</strong>: G. M. Belelli ‒ U. Bianchi (Hrsg.), Orientalia Sacra Urbis Romae. <strong>Doliche</strong>na<br />

et Heliopolitana, Studia Archaeologia 84 (Rom 1996) 257–259. Montesi, <strong>von</strong> Sanzi wieder aufgegriffen, sieht <strong>in</strong><br />

ederanis die late<strong>in</strong>ische Umschrift des <strong>in</strong>digenen Namens der Gött<strong>in</strong>.


Abkürzungsverzeichnis<br />

<strong>Die</strong> <strong>Stele</strong> <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> 101<br />

Neben den Abkürzungen gemäß den Richtl<strong>in</strong>ien des Deutschen Archäologischen Instituts <strong>von</strong> 2006 (AA<br />

2005/2, 314–399) werden folgende verwendet:<br />

CCID M. Hörig – E. Schwertheim, Corpus Cultus Iovi <strong>Doliche</strong>ni, EPRO 106,<br />

(Leiden 1987)<br />

<strong>Blömer</strong> 2009 M. <strong>Blömer</strong>, <strong>Stele</strong>n mit Darstellungen lokaler Wettergottgestalten im<br />

römischen Nordsyrien, <strong>in</strong>: M. <strong>Blömer</strong> - M. Facella - E. W<strong>in</strong>ter (Hrsg.),<br />

Lokale Identität im Römischen Nahen Osten - Konzepte und Deutungsmuster,<br />

OrOcc 18 (Stuttgart 2009) 13– 47<br />

<strong>Blömer</strong> – W<strong>in</strong>ter 2006 M. <strong>Blömer</strong> ‒ E. W<strong>in</strong>ter, Der Dülük Baba Tepesi bei <strong>Doliche</strong> und das<br />

Heiligtum des Iupiter <strong>Doliche</strong>nus. 2. Vorbericht (2004‒2005), IstMitt 56,<br />

2006, 185–205<br />

Bonatz 2000 D. Bonatz, Das syro-hethitische Grabdenkmal. Untersuchungen zur<br />

Entstehung e<strong>in</strong>er neuen Bildgattung <strong>in</strong> der Eisenzeit im nordsyrischsüdostanatolischen<br />

Raum (Ma<strong>in</strong>z 2000)<br />

Bonatz 2007 D. Bonatz, 2007, 26. February, Art. The Iconography of Religion <strong>in</strong> the<br />

Hittite, Luwian, and Aramaean K<strong>in</strong>gdoms, <strong>in</strong>: J. Eggler - Ch. Uehl<strong>in</strong>ger<br />

(Hrsg.), Iconography of Deities and Demons <strong>in</strong> the Ancient Near East,<br />

http://www.religionswissenschaft.unizh.ch/idd/prepublications/e_idd_<br />

anatolia_north_syria.pdf (07.07.2010) 1–29<br />

Börker-Klähn 1982 J. Börker-Klähn, Altvorderasiatische Bildstelen und vergleichbare<br />

Felsreliefs, BaF 4 (Ma<strong>in</strong>z 1982)<br />

Bossert 1959 H. Th. Bossert, Bemerkungen zur kle<strong>in</strong>asiatischen Religionsgeschichte,<br />

<strong>in</strong>: Studia Biblica et Orientalia III. Oriens antiquus, Analecta Biblica 12<br />

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Bunnens 2006 G. Bunnens, Tell Ahmar II: A New Luwian <strong>Stele</strong> and the Cult of the<br />

Storm-god at Til Barsib - Masuwari (Löwen 2006)<br />

Bunnens 2011 G. Bunnens, The Survival of Iron Age Religious Iconography <strong>in</strong> Roman<br />

Syria: Apropos of Three New or Little Known Stelae (unpubliziertes<br />

Manuskript)<br />

Demirçioğlu 1939 H. Demirçioğlu, Der Gott auf dem Stier. Geschichte e<strong>in</strong>es religiösen<br />

Bildtypus, Neue Deutsche Forschungen 6 (Berl<strong>in</strong> 1939)<br />

Gatier 1998 P.-L. Gatier, Monuments du culte ʽdolichénienʼ en Cyrrhestique, Syria<br />

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102<br />

Michael <strong>Blömer</strong><br />

Krumeich 1998 R. Krumeich, Darstellungen syrischer Priester an den kaiserzeitlichen<br />

Tempeln <strong>von</strong> Niha und Chehim im Libanon, DaM 10, 1998, 171–200<br />

Lightfoot 2003 J. Lightfoot, Lucian on the Syrian Goddess (Oxford 2003)<br />

Merlat 1951 P. Merlat, Répertoire des <strong>in</strong>scriptions et monuments figurés du culte de<br />

Jupiter <strong>Doliche</strong>nus (Paris 1951)<br />

Merlat 1960 P. Merlat, Jupiter <strong>Doliche</strong>nus. Essai dʼ<strong>in</strong>terpretation et de synthèse (Paris<br />

1960)<br />

Orthmann 1971 W. Orthmann, Untersuchungen zur späthethitischen Kunst, Saarbrückener<br />

Beiträge zur Altertumskunde 8 (Bonn 1971)<br />

Parlasca 1982 K. Parlasca, Syrische Grabreliefs hellenistischer und römischer Zeit.<br />

Fundgruppen und Probleme, TrWPr 3 (Ma<strong>in</strong>z 1982)<br />

Rova 2008 E. Rova, Mirror, Distaff, Pomegranate, and Poppy Capsule. On the<br />

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Schachner 2008 A. Schachner, Babylonier und Achaemeniden auf dem Dülük Baba<br />

Tepesi. Kulturelle Vielfalt <strong>in</strong> der späten Eisenzeit im Spiegel der vorhellenistischen<br />

Funde vom Dülük Baba Tepesi, <strong>in</strong>: W<strong>in</strong>ter 2008, 69–96<br />

Schütte-Maischatz ‒ A. Schütte-Maischatz - E. W<strong>in</strong>ter, <strong>Doliche</strong>. E<strong>in</strong>e kommagenische Stadt<br />

W<strong>in</strong>ter 2004 und ihre Götter. Mithras und Iupiter <strong>Doliche</strong>nus, AMS 52 (Bonn 2004)<br />

Seyrig 1933 H. Seyrig, Antiquités Syriennes 15. De Junon Dolichénien à Dionysos,<br />

Syria 14, 1933, 368–380<br />

Seyrig 1971 H. Seyrig, Antiquités Syriennes 94. Quatre Images sculptées du Musée<br />

dʼAlep, Syria 48, 1971, 115–120<br />

Skup<strong>in</strong>ska-Løvset 1999 I. Skup<strong>in</strong>ska-Løvset, Portraiture <strong>in</strong> Roman Syria. A Study <strong>in</strong> Social and<br />

Regional Differentiation with<strong>in</strong> the Art of Portraiture (Lodz 1999)<br />

Speidel 1978 M. P. Speidel, The Religion of Iuppiter <strong>Doliche</strong>nus <strong>in</strong> the Roman Army,<br />

EPRO 63 (Leiden 1978)<br />

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Vanel 1965 A. Vanel, Lʼ iconographie du dieu de lʼorage dans le Proche-Orient ancien<br />

jusqu‘au VIIe siècle avant J. C., Cahiers de la Revue biblique 3 (Paris<br />

1965)<br />

Wagner 1982 J. Wagner, Neue Denkmäler aus <strong>Doliche</strong>. Ergebnisse e<strong>in</strong>er archäolo-<br />

gischen Landesaufnahme im Ursprungsgebiet des Iupiter <strong>Doliche</strong>nus,<br />

BJb 182, 1982, 133–166<br />

W<strong>in</strong>ter 2008 E. W<strong>in</strong>ter (Hrsg.), ΠATPIΣ ΠANTPOΦOS KOMMAΓHNH. Neue Funde<br />

und Forschungen zwischen Taurus und Kommagene, AMS 60 (Bonn<br />

2008)


Verzeichnis der Tafeln<br />

<strong>Die</strong> <strong>Stele</strong> <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> 103<br />

Sofern nicht anders angegeben, s<strong>in</strong>d alle Karten und Abbildungen Eigentum der Forschungsstelle Asia<br />

M<strong>in</strong>or.<br />

Taf. 1 Kommagene und Kyrrhestike <strong>in</strong> hellenistischer und römischer Zeit (Verfasser)<br />

Taf. 2, 1 Ausschnitt des modernes Straßennetzes <strong>von</strong> Gaziantep mit <strong>Doliche</strong> und dem Dülük Baba<br />

Tepesi<br />

Taf. 2, 2 Topographische Karte <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong>, dem Dülük Baba Tepesi und Umgebung<br />

Taf. 3 Blick auf den Dülük Baba Tepesi <strong>von</strong> Norden<br />

Taf. 4 Gesamtplan des Grabungsareals auf dem Dülük Baba Tepesi<br />

Taf. 19, 1 Vorderansicht der <strong>Stele</strong> <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong><br />

Taf. 20, 1 Seitenansicht der <strong>Stele</strong> <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong><br />

Raf. 20, 2 Rückansicht der <strong>Stele</strong> <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong><br />

Taf. 21, 1 Relief aus Kilis (Foto: Verfasser)<br />

Taf. 21, 2 <strong>Stele</strong> <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong>, Detail Opferszene im unteren Register<br />

Taf. 22, 1 Altar vom Dülük Baba Tepesi, Museum Gaziantep Inv. 3576 (Foto: Verfasser)<br />

Taf. 22, 2 Grabstele aus Kantara, Museum Gaziantep Inv. 148-1-74 (Foto: Verfasser)<br />

Taf. 22, 3 <strong>Stele</strong> aus Khaltan, Museum Aleppo (Foto CCID Nr. 26, Taf. 9)<br />

Taf. 22, 4 <strong>Stele</strong> vom Zeyt<strong>in</strong> Tepe, Başp<strong>in</strong>ar, Museum Antakya (Foto: CCID Nr. 22 Taf. 7)<br />

Taf. 23, 1 <strong>Stele</strong> aus Myranaz (Foto: Seyrig 1971, 117‒118 Abb. 3)<br />

Taf. 23, 2 Felsrelief bei Süpürgüç (Foto: Verfasser)<br />

Taf. 23, 3 <strong>Doliche</strong>nusrelief aus Rom (Foto: CCID Nr. 371 Taf. 81)<br />

Taf. 24, 1 <strong>Stele</strong> mit Darstellung der Kubaba aus Birecik, British Museum (R. A. Stucky, Prêtres<br />

Syriens III. Le relief votif du prêtre Gaïos de Killiz et la cont<strong>in</strong>uité des motifs procheorientaux<br />

aux époques hellénistiques et roma<strong>in</strong>e, <strong>in</strong>: P. Biel<strong>in</strong>ski ‒ F. Stepniowski [Hrsg.],<br />

Aux pays dʼAllat. Mélanges offerts á Michael Gawlikowski [Warschau 2005] Abb. 1)<br />

Taf. 24, 2 <strong>Stele</strong>nfragment <strong>von</strong> Azaz (Foto: Verfasser)<br />

Taf. 24, 3 Dreieckiger Standartenaufsatz aus Aalen (Foto: CCID Nr. 475 Taf. 10)<br />

Taf. 24, 4 Konoides Stempelsiegel vom Dülük Baba Tepesi, Fund-Nr. 06_1305-501<br />

Michael <strong>Blömer</strong>, M.A., Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Excellenz-Cluster „Religion<br />

und Politik <strong>in</strong> den Kulturen der Vormoderne und Moderne“, Domplatz 20–22, 48143 Münster,<br />

Deutschland; E-Mail: m.bloemer@uni-muenster.de


TAFEL 1


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1<br />

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1<br />

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2


1<br />

3<br />

2<br />

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TAFEL 24<br />

1 2<br />

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