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M. Blömer, Die Stele von Doliche, in: E. Winter

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86<br />

Michael <strong>Blömer</strong><br />

dem Hirsch s<strong>in</strong>d dabei stets männlich. 110 Als s<strong>in</strong>guläre Ausnahme galt lange Zeit e<strong>in</strong>e <strong>Stele</strong> aus<br />

Malatya, auf der Kubaba und der Schutzgott Karhuhas dargestellt s<strong>in</strong>d. 111 Letzterer steht dort<br />

nicht wie üblich auf e<strong>in</strong>em Hirsch, sondern auf e<strong>in</strong>em Löwen. Kubaba dagegen thront auf e<strong>in</strong>em<br />

Tier, das häufig als Hirsch bezeichnet wird. 112 Tatsächlich handelt es sich aber um e<strong>in</strong>en Stier. 113<br />

Für diese Verb<strong>in</strong>dung <strong>von</strong> Gött<strong>in</strong> und Stier s<strong>in</strong>d auch sonst vere<strong>in</strong>zelt Belege überliefert. 114<br />

Trotzdem ist anzunehmen, dass <strong>in</strong> die Ikonographie der Gött<strong>in</strong> <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> Elemente des<br />

luwischen Schutzgottes der Flur und der Jagd e<strong>in</strong>geflossen s<strong>in</strong>d. 115 So ist denn auch die geme<strong>in</strong>same<br />

Verehrung <strong>von</strong> Kubaba und Karhuhas <strong>in</strong> den syro-hethitischen Staaten gut bezeugt.<br />

In Kargamiş stellten sie geme<strong>in</strong>sam mit dem Wettergott die obersten Stadtgottheiten<br />

dar. 116 Möglicherweise ist es <strong>in</strong> Nordsyrien zu e<strong>in</strong>em relativ späten Zeitpunkt, da aus den<br />

vorangegangenen Epochen ke<strong>in</strong>e Belege existieren, vielleicht erst <strong>in</strong> postassyrischer Zeit, zu<br />

e<strong>in</strong>er Verschmelzung <strong>von</strong> Kubaba und Karhuhas gekommen. 117 Aus dieser Verb<strong>in</strong>dung könnten<br />

sich dann die Gött<strong>in</strong> <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> und verwandte Gött<strong>in</strong>nen entwickelt haben. 118 Dabei bleibt<br />

freilich e<strong>in</strong>schränkend zu bemerken, dass die Ikonographie der Gött<strong>in</strong>en ansonsten lediglich<br />

Elemente aufweist, die <strong>von</strong> der luwischen Kubaba oder auch <strong>von</strong> Atargatis, deren Basistier<br />

ebenfalls der Löwe ist, abzuleiten s<strong>in</strong>d.<br />

auch H. Hellenkemper ‒ J. Wagner, The God on the Stag. A Late Hittite Rock-Relief on the River Karasu, AnSt<br />

27, 1977, 167–173. Aus dem benachbarten Nordmesopotamien stammt das Relief e<strong>in</strong>es Schutzgottes auf e<strong>in</strong>em<br />

Hirsch, vgl. Kulakoğlu a. O. (Anm. 72) 168–170 mit Taf. 2. E<strong>in</strong> Siegel mit (Schutz-)Gott auf Hirsch aus Tell el-<br />

Ğudeideh ist publiziert bei J.-W. Meyer, <strong>Die</strong> eisenzeitlichen Stempelsiegel aus dem ʽAmuq-Gebiet. E<strong>in</strong> Beitrag<br />

zur Ikonographie altorientalischer Siegelbilder, OBO 28 (Gött<strong>in</strong>gen 2008) 231‒232 mit Abb. 103.<br />

110 Zum<strong>in</strong>dest für das bronzezeitliche Anatolien ist allerd<strong>in</strong>gs nahegelegt worden, dass ihr Geschlecht variieren<br />

kann, vgl. O. Caruba, Anatolico Runda, SMEA 5, 1968, 36–41, <strong>in</strong>sb. 40‒41; E. L. Brown, In Search of Anatolian<br />

Apollo, <strong>in</strong>: Charis. Essays <strong>in</strong> Honor of Sara A. Immerwahr, Hesperia Supl. 33 (Pr<strong>in</strong>ceton 2004) 243–257 <strong>in</strong>sb.<br />

250–254 mit weiterer Literatur.<br />

111 Vgl. Orthmann 1971, 275 Malatya B 4, Taf. 42; Hawk<strong>in</strong>s 2000, 328‒239 Taf. 164.<br />

112 Hawk<strong>in</strong>s 2000, 328; S. Aro, Art and Architecture, <strong>in</strong>: H. Craig Melchart (Hrsg.), The Luwians, HdO I 68 (Leiden<br />

2003) 321; Bonatz 2007, 13.<br />

113 T. Ornan, The Lady and the Bull, <strong>in</strong>: Y. Amit ‒ E. Ben Zvi ‒ I. F<strong>in</strong>kelste<strong>in</strong> ‒ O. Lipschits (Hrsg.), Essays on<br />

Ancient Israel <strong>in</strong> its Near Eastern Context. A Tribute to Nadav Naʼaman (W<strong>in</strong>ona Lake 2006) 297–312 und zuvor<br />

schon Orthmann, 1971, 275: Malatya B 4; P. Taracha, Göttertiere und Kultfassaden. E<strong>in</strong> Beitrag zur Interpretation<br />

hethitischer Kultdarstellungen, AOF 14, 1987, 263–273, <strong>in</strong>sb. 270; B. J. Coll<strong>in</strong>s, Animals <strong>in</strong> the Religions of Ancient<br />

Anatolia, <strong>in</strong>: B. J. Coll<strong>in</strong>s (Hrsg.), A History of the Animal World <strong>in</strong> the Ancient Near East, HdO (Leiden 2002)<br />

309–394, <strong>in</strong>sb. 331; B. J. Coll<strong>in</strong>s, The Politics of Hittite Religious Iconography, <strong>in</strong>: M. Hutter ‒ S. Hutter-Braunsar<br />

(Hrsg.), Offizielle Religion, lokale Kulte und <strong>in</strong>dividuelle Religiösität, AOAT 318 (Münster 2004) 83–115 <strong>in</strong>sb.<br />

89‒90.<br />

114 Ornan a. O. (Anm. 114) 297–312.<br />

115 S. Przeworski, Notes dʼArchéologie Syrienne et Hittite IV. Le culte du cerf en Anatolie, Syria 21, 1940, 62‒76.<br />

Auch die griechische Artemis mit dem Hirsch könnte aus e<strong>in</strong>er solchen Tradition entspr<strong>in</strong>gen, vgl. Brown a. O.<br />

(Anm. 111) 250–254.<br />

116 J. D. Hawk<strong>in</strong>s, Kubaba at Karkemish and Elsewhere, AnSt 31, 1981, 147‒176; V. Haas, Geschichte der hethitischen<br />

Religion, HdO I 15 (Leiden 1994) 578; M. Hutter, Das Ine<strong>in</strong>anderfließen <strong>von</strong> luwischen und aramäischen religiösen<br />

Vorstellungen <strong>in</strong> Nordsyrien, <strong>in</strong>: P. W. Haider – M. Hutter – S. Kreuzer (Hrsg.), Religionsgeschichte Syriens. Von<br />

der Frühzeit bis zur Gegenwart (Stuttgart 1996) 116‒122; Bonatz 2007, 13.<br />

117 So bereits H. Th. Bossert, Zu dem Aufsatz <strong>von</strong> Otten, Pirva – Der Gott auf dem Pferd, JKF 2, 1953, 208‒209:<br />

»In römischer Zeit sche<strong>in</strong>t Kupapa mit dem Hirschgott, ihrem Sohne, zusammengeflossen zu se<strong>in</strong>.«<br />

118 Als lokale Gött<strong>in</strong>nen und nicht als Darstellungen der Gött<strong>in</strong> <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> können die <strong>Stele</strong>n mit Bild der Gött<strong>in</strong><br />

auf Hirsch/H<strong>in</strong>d<strong>in</strong> aus Khaltan, CCID Nr. 27 Abb. 9; Kurçuoğlu: CCID Nr. 25 Taf. 8 und Zeyt<strong>in</strong>tepe: CCID Nr.<br />

23 Taf. 7 angesprochen werden, vgl. dazu generell <strong>Blömer</strong> 2009.

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