M. Blömer, Die Stele von Doliche, in: E. Winter
M. Blömer, Die Stele von Doliche, in: E. Winter
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Das untere Bildfeld ‒ Syrische Priester<br />
Michael <strong>Blömer</strong><br />
<strong>Die</strong> untere Zone der <strong>Stele</strong> zeigt e<strong>in</strong>e Opferszene (Taf. 21, 2). Zwei Männer stehen um e<strong>in</strong>en Altar.<br />
Sie s<strong>in</strong>d beide wechselansichtig dargestellt, Be<strong>in</strong>e und Kopf im Profil, der Oberkörper frontal.<br />
<strong>Die</strong> Gesichtsmerkmale s<strong>in</strong>d nur summarisch angegeben. Beide s<strong>in</strong>d bärtig. Ihre Köpfe s<strong>in</strong>d <strong>von</strong><br />
spitz zulaufenden hohen Kappen bedeckt. In ihrer rechten Hand tragen sie jeweils e<strong>in</strong>en Zweig<br />
oder e<strong>in</strong> Zweigbündel und opfern mit der l<strong>in</strong>ken Hand auf dem Altar. Gewisse Unterschiede<br />
s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Gewandangabe festzustellen. Der Mann auf der l<strong>in</strong>ken Seite trägt e<strong>in</strong> knielanges<br />
Gewand mit langen Ärmeln. Es fällt ohne Gürtung senkrecht am Körper herab. Der Saum ist<br />
als schmaler Streifen abgesetzt und wird durch parallele senkrechte Ritzungen gegliedert. Vor<br />
dem Körper ist das Gewand, soweit es nicht vom rechten Arm verdeckt wird, durch schematisch<br />
angelegte Bogenfalten strukturiert. Sie werden gerahmt <strong>von</strong> zwei senkrechten Streifen, bei denen<br />
zunächst unklar ist, ob es sich um Falten handelt oder um aufgesetzte Zierstreifen <strong>in</strong> der Art<br />
<strong>von</strong> Clavi bei e<strong>in</strong>er Tunika. Für letzteres spricht, dass man bei dem Gewand des Mannes rechts<br />
‒ ebenfalls knielang und nicht gegürtet – auf die Angabe dieser senkrechten Streifen verzichtet<br />
hat. Bei ihm ist es lediglich <strong>in</strong> parallel laufende sehr schematische Bogenfalten gelegt. Zudem<br />
ist bei dem rechten Priester das Gewand unterhalb der Hüften deutlich ausgestellt. Der untere<br />
Saum ist zwar ebenfalls abgesetzt, weist jedoch ke<strong>in</strong>e B<strong>in</strong>nenstruktur auf.<br />
Vergleichbare Darstellungen <strong>von</strong> Opfernden mit spitzen Kappen und Zweigbündeln s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der<br />
römerzeitlichen Lokalkunst Nord- und Mittelsyriens weit verbreitet. Es handelt sich stets um<br />
Priester <strong>in</strong>digener Kulte. Besonders zahlreich s<strong>in</strong>d sie aus Hierapolis/Manbig überliefert. 28 Über<br />
die Priester <strong>in</strong> dieser Stadt und ihre wichtige Stellung <strong>in</strong> dem überregional bedeutenden Heiligtum<br />
der ʽDea Syriaʼ berichtet auch Lukian. 29 Der Archiereus des Heiligtums ist zudem schon auf den<br />
frühen Münzen der Stadt, die im ausgehenden 4. Jh. v. Chr. geprägt wurden, dargestellt. 30 Er trägt<br />
auf diesen Münzen bereits e<strong>in</strong>e hohe konische Mütze, wie sie auf den späteren Darstellungen<br />
hierapolitanischer und sonstiger Priester lokaler Kulte <strong>in</strong> Nordsyrien üblich ist. 31 <strong>Die</strong>se<br />
Priesterhüte s<strong>in</strong>d im 6. Jh. v. Chr. bereits für neubabylonische Priester <strong>in</strong> Nordmesopotamien<br />
und Nordsyrien bezeugt, entwickeln sich aber offenbar erst <strong>in</strong> der nachfolgenden Epoche zum<br />
verb<strong>in</strong>dlichen Kennzeichen, zum charakteristischen Erkennungsmerkmal <strong>von</strong> Priestern. 32<br />
28 Zu den Priesterbildnissen aus Hierapolis vgl. vor allem H. Seyrig, Antiquités Syriennes 27. Stèle dʼun grand-prêtre<br />
de Hiérapolis, Syria 20, 1939, 183–188; Stucky 1976, 127–140. Allgeme<strong>in</strong> und umfassend zur Priesterikonographie<br />
im Nahen Osten Krumeich 1998, 171–200.<br />
29 Lukian, Dea Syria 42– 44; Lightfoot 2003, 479– 488.<br />
30 P. S. Ronzevalle, Les monnaies de la dynastie de Abd-Hadad et les cultes de Hiérapolis-Bambycé, MelBeyrouth<br />
23/2, 1940, 3–82; H. Seyrig, Le monnayage de Hiérapolis de Syrie à lʼépoque dʼAlexandre, RN 13, 1971, 1–21;<br />
A. Johnston, Hierapolis revisited, NC 144, 1984, 52–80; L. Mildenberg, A Note on the Co<strong>in</strong>age of Hierapolis-<br />
Bambyce, <strong>in</strong>: M. Amandry ‒ S. Hurter (Hrsg.), Travaux de numismatique grecque offerts à Georges Le Rider (London<br />
1999) 277–284; L. Mildenberg, A Note on the Co<strong>in</strong> Issues of Mazday, INJ 11, 1990/1991, 9–23; A. Lemaire,<br />
Remarques sur certa<strong>in</strong>s légendes monétaires ciliciennes (Ve–IVe siècle av. J.-C.), <strong>in</strong>: O. Casabonne (Hrsg.), Mécanismes<br />
et <strong>in</strong>novations monétaires dans L’Anatolie achéménide. Numismatique et histoire. Actes de la Table ronde<br />
d’Istanbul 22–23 mai 1997 (Paris 2000) 136–140; L. Mildenberg, A Note on the Co<strong>in</strong>age of Hierapolis-Bambyce,<br />
<strong>in</strong>: C. Augé ‒ F. Duyrat (Hrsg.), Les monnayages syriens. Quel apport pour lʼhistoire du Proche-Orient hellénistique<br />
et roma<strong>in</strong>? Actes de la table ronde de Damas, 1–12 novembre 1999 (Beirut 2002) 277–284. Zusammenfassend<br />
F. Duyrat, Bibliographie Numismatique de la Syrie, Syria 80, 2003, 241‒242.<br />
31 <strong>Die</strong> Pristermützen werden <strong>von</strong> Lukian als piloi bezeichnet, vgl. Lukian, De Dea Syria 42.<br />
32 Allgeme<strong>in</strong> zu Priestern im Nahen Osten im 2./1. Jt. v. Chr. J. Á. Zamora Lopez, El sacerdocio en el Levante<br />
próximo-oriental (Siria, Fenicia y el mundo púnico): las relaciones entre el culto y el poder y la cont<strong>in</strong>uidad en<br />
el cambio, <strong>in</strong>: J. L. Escacena Carrasco ‒ E. F. Albelda (Hrsg.), Entre dios y los hombres: El sacerdocio en la antigüedad<br />
(Sevilla 2006) 57–82.