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M. Blömer, Die Stele von Doliche, in: E. Winter

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Michael <strong>Blömer</strong><br />

<strong>Die</strong> Tradition des Götterpaares <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> und das Heiligtum <strong>in</strong> römischer Zeit<br />

Vor Beg<strong>in</strong>n der Grabungen im Heiligtum existierten kaum H<strong>in</strong>weise, die über das Alter des Kultes<br />

<strong>in</strong> <strong>Doliche</strong> Auskunft geben konnten. Der früheste datierte Beleg für die Verehrung des Iupiter<br />

<strong>Doliche</strong>nus im Westen des Imperiums ist e<strong>in</strong>e Weihung aus Lambaesis, die <strong>in</strong> das Jahr 125/126<br />

n. Chr. datiert wird. 169 Ältestes, festdatiertes Zeugnis aus <strong>Doliche</strong> selbst war der bereits erwähnte,<br />

<strong>von</strong> Wagner entdeckte Altar aus dem Heiligtum mit der Weihung an den Theos Dolichaios aus<br />

dem Jahr 57/58 n. Chr. (Taf. 22, 1 ). 170 E<strong>in</strong>ige Siegel mit dem Bild des Gottes s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> augusteische<br />

Zeit datiert worden, wobei e<strong>in</strong>e präzise zeitliche E<strong>in</strong>ordnung der Siegel grundsätzlich nur unter<br />

Vorbehalt möglich ist. 171 Der Fund e<strong>in</strong>es Fragmentes e<strong>in</strong>er Nomos<strong>in</strong>schrift Antiochosʼ I. auf<br />

dem Dülük Baba Tepesi beweist allerd<strong>in</strong>gs, dass das Heiligtum bereits <strong>in</strong> späthellenistischer<br />

Zeit etabliert war. 172 In noch weitaus frühere Zeit wies freilich stets die Ikonographie des Gottes,<br />

deren deutliche Aff<strong>in</strong>ität zu eisenzeitlichen Traditionen nie <strong>in</strong> Frage gestellt und immer wieder<br />

als H<strong>in</strong>weis auf e<strong>in</strong> hohes Alter des Kultes gewertet wurde. 173 Jedoch fehlten sichere Belege<br />

dafür, dass die ikonographische und motivische Nähe des Iupiter <strong>Doliche</strong>nus zum eisenzeitlichen<br />

Wettergott Resultat e<strong>in</strong>er tatsächlichen Kultkont<strong>in</strong>uität war. 174 Mitunter ist daher die Vermutung<br />

geäußert worden, dass der Kult der Götter <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> erst spät, womöglich <strong>in</strong> hellenistischer<br />

Zeit, geprägt worden sei und <strong>in</strong> ihm somit bereits <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er formativen Phase <strong>in</strong>digene Elemente<br />

mit griechisch-römischen Vorstellungen amalgamiert worden seien. 175 Das Fort-, mehr noch<br />

aber das Wiederaufleben vorhellenistischer ikonographischer Elemente <strong>in</strong> lokaler Tradition<br />

lässt sich im römischen Orient schließlich auch an vielen anderen Orten feststellen. 176 Oft ist<br />

169 CCID Nr. 620; A. Hilali, La mentalité religieuse des soldats de lʼArmée roma<strong>in</strong>e dʼAfrique: Lʼexample des dieux<br />

syriens et palmyréniens, <strong>in</strong>: L. DeBlois ‒ P. Funke ‒ J. Hahn (Hrsg.), The Impact of Imperial Rome on Religions,<br />

Ritual and Religious Life <strong>in</strong> the Roman Empire, Proceed<strong>in</strong>gs of the Fifth Workshop of the International Network<br />

Impact of Empire (Roman Empire, 200 BC – AD 476), Münster 2004 (Leiden 2006) 150–168, <strong>in</strong>sb. 152‒153<br />

mit 161 Nr. 1. – <strong>Die</strong> Weihung setzt freilich voraus, dass der Gott zu diesem Zeitpunkt bereits <strong>in</strong> gewisser Weise<br />

etabliert war, vgl. Speidel 1978, 4–11. Möglicherweise noch <strong>in</strong> das 1. Jh. n. Chr. datiert e<strong>in</strong>e Inschrift aus Rom,<br />

die jedoch seit dem 16. Jh. verschollen ist, vgl. B. Fowlkes-Childs, The Cult of Jupiter <strong>Doliche</strong>nus <strong>in</strong> the City of<br />

Rome. Syrian Connections and Local Contexts, <strong>in</strong>: M. <strong>Blömer</strong> – E. W<strong>in</strong>ter (Hrsg.), Iupiter <strong>Doliche</strong>nus. Lokalkult<br />

und Reichsreligion im Vergleich (<strong>in</strong> Vorbereitung).<br />

170 CCID Nr. 2 Taf. 1.<br />

171 H. Seyrig, Antiquités Syriennes 42. Sur les ères de quelques villes de Syrie, Syria 27, 1950, 5–56, <strong>in</strong>sb. 49‒50.<br />

172 Wagner 1982, 161‒162 Abb. 25.<br />

173 Demirçioğlu 1939, 80–82.<br />

174 Zu betonen ist allerd<strong>in</strong>gs, dass Bossert 1959 an abgelegener Stelle e<strong>in</strong>e Reihe e<strong>in</strong>deutiger Belege für e<strong>in</strong>e<br />

vorhellenistische Phase des Dülük Baba Tepesi publizierte, die <strong>in</strong> der Folge jedoch nie rezipiert wurden, vgl.<br />

Bossert 1959, 13–24.<br />

175 F. Millar, The Roman Near East (Cambrigde 1993) 249; K. Butcher, Roman Syria and the Near East (London<br />

2003) 337. Kritisch auch Lightfoot 2003, 83–85. <strong>Die</strong>se These schien zu stützen, dass die Stadt <strong>Doliche</strong> wegen<br />

ihres <strong>von</strong> der thessalischen Stadt <strong>Doliche</strong> übernommenen Namens, der sich dann ja auch auf den Gott übertrug,<br />

meist als hellenistische Neugründung gesehen wird, vgl. zur Diskussion M. Theotikou, <strong>Doliche</strong>. Überlegungen<br />

zum Namen und zu den Ursprüngen der Stadt, <strong>in</strong>: Schütte-Maischatz –W<strong>in</strong>ter 2004, 12–29. In der Tat s<strong>in</strong>d aus dem<br />

Stadtgebiet <strong>von</strong> <strong>Doliche</strong> bislang ke<strong>in</strong>e Funde aus vorhellenistischer Zeit bekannt, wobei sich das Bild angesichts<br />

noch ausstehender Feldforschungen noch ändern mag. In jedem Fall war das Umland dicht besiedelt, vgl. z. B. A.<br />

Archi – P. E. Pecorella – M. Salv<strong>in</strong>i, Gaziantep e la sua regione (Rom 1971).<br />

176 Vgl. z. B. Bunnens a. O. (Anm. 2) 13–47; A. Lichtenberger, Kulte und Kultur der Dekapolis. Untersuchungen zu<br />

numismatischen, archäologischen und epigraphischen Zeugnissen (Wiesbaden 2003) 323–331 und A. Lichtenberger,<br />

Probleme der <strong>in</strong>terpretatio graeca <strong>von</strong> Gottheiten <strong>in</strong> der syrischen Dekapolis, <strong>in</strong>: B. Groneberg – H. Spiekermann<br />

(Hrsg.), <strong>Die</strong> Welt der Götterbilder (Berl<strong>in</strong> 2007) 237–254; A. Lichtenberger, Tyros und Berytos. Zwei Fallbeispiele<br />

städtischer Identitäten <strong>in</strong> Phönikien, <strong>in</strong>: M. <strong>Blömer</strong> ‒ M. Facella ‒ E. W<strong>in</strong>ter (Hrsg.), Lokale Identität im Römischen<br />

Nahen Osten. Kontexte und Perspektiven, OrOcc 18 (Stuttgart 2009) 151–175; Bunnens 2011.

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