Concept Ophthalmologie, Heft 2/2012 - Klinikum Ernst von ...
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ophthalmo-chirurgie amnionmembran-transplantation<br />
Abb. 2a: Persistierendes Ulcus corneae<br />
nach intensiv antibiotisch behandelter<br />
Keratouveitis durch Pseudomonas<br />
aeruginosa<br />
2. AMT statt Keratoplastik<br />
Diese wird bei schmerzhafter Hornhaut-Endothel-Epithel-<br />
Dekompensation mit Keratopathia bullosa bei (fast) blinden<br />
Augen eingesetzt [14] und in Homburg/Saar mit aggressiver<br />
PTK und – bei hohem intraokularen Druck – mit einer Zyklophotokoagulation<br />
kombiniert. Hierbei erfolgt zunächst<br />
eine zirkuläre lamelläre Keratotomie mit dem Keratoplastik-<br />
Trepan. Diese Keratotomie wird nach peripher untertunnelt.<br />
Anschließend werden die peripheren Anteile einer etwas überdimensionierten<br />
AM als Graft in diesen lamellären Tunnel<br />
eingefalzt und mit multiplen 10x0 Nylon-Einzelknüpfnähten<br />
fixiert. Zusätzlich nähen wir meist einen AM-Patch episkleral<br />
auf (im Sinne eines Sandwich) und setzen eine therapeutische<br />
Kontaktlinse mit großem Durchmesser ein.<br />
3. AMT simultan mit Keratoplastik<br />
Die AM stellt selbst ein immunprivilegiertes Gewebe dar und<br />
kann diese Eigenschaft auf co-transplantierte Hornhäute übertragen,<br />
so dass deren Alloimmunität deutlich abnimmt [9] .<br />
Indikationsgebiete<br />
In folgenden Situationen halten wir einen Amnion-Patch<br />
simultan mit der Keratoplastik für erwägenswert [19] :<br />
1. Keratoplastik à chaud, z.B. perforiertes herpetisches oder<br />
rheumatischen Ulcus<br />
2. partielle Limbusstammzellinsuffizienz, z.B. bei Aniridie<br />
3. chronische Polyarthritis/Sjögren-Syndrom<br />
4. suboptimale Spenderqualität bei Notfalleingriffen<br />
5. bei der Hochrisiko-Keratoplastik unter Ausnutzung der immunmodulatorischen<br />
Eigenschaften der AM [9] .<br />
Vorteile der AMT simultan mit Keratoplastik<br />
1. Rasche und dauerhafte Epithelialisierung des Transplantates,<br />
2. immunologische Vorteile durch Blockade des afferenten<br />
(und möglicherweise auch des efferenten) Schenkels der<br />
Transplantatreaktion,<br />
3. keine längerfristige optische Beeinträchtigung (der Patch<br />
fällt in der Regel nach einer bis max. zwei Wochen ohne<br />
Residuen ab),<br />
4. Verbesserung der Prognose des Transplantates.<br />
26<br />
Abb. 2b: 2 Tage nach AMT („Triple Graft<br />
Sandwich“) zur Vermeidung einer<br />
Keratoplastik à chaud („AMT vor Keratoplastik“)<br />
Abb. 2 c: 3 Monate nach AMT: Stabile<br />
Hornhautnarbe in ruhigem Auge (direkt<br />
vor elektiver Keratoplastik im reizfreien<br />
Intervall)<br />
Abb. 2d: 6 Monate nach elektiver<br />
perforierender Excimerlaser-Keratoplastik<br />
(8,0/8,1 mm) mit doppelt fortlaufender<br />
Kreuzstichnaht nach Hoffmann<br />
4. AMT nach Keratoplastik<br />
Die Diagnosen sind vielfältig. Auch hier steht die herpetische<br />
Genese ganz im Vordergrund. Die Technik (Patch, Graft oder<br />
Sandwich) hängt <strong>von</strong> der Lokalisation und dem zu erwartenden<br />
Visus ab. Ebenso spielt eine entscheidende Rolle, ob<br />
eine spätere Re-Keratoplastik geplant ist [20] .<br />
Fazit für die Praxis<br />
1. Die AMT ist heute in der Therapie persistierender Hornhaut-Epitheldefekte<br />
nicht mehr wegzudenken und hilft, die<br />
ehemals oft mehrwöchigen stationären Liegezeiten bis zum<br />
Epithelschluss drastisch zu verringern.<br />
2. Es sollte grundsätzlich nicht <strong>von</strong> „Amnionaufnähung“ oder<br />
„Amniondeckung“ gesprochen werden. Vielmehr sollte jeder<br />
Indikationsstellung zur differenzierten Technik der AMT ein<br />
Konzept zur intendierten Wundheilung zugrunde liegen.<br />
3. Die Sandwich-Technik scheint im Vergleich zur reinen<br />
Graft- oder Patch-Technik Vorteile zu haben bezüglich der primären<br />
Erfolgs- und Rezidivrate.<br />
4. Postoperativ sollte auf phosphathaltige Augentropfen verzichtet<br />
werden, um Verkalkungen zu vermeiden.<br />
5. Infektionen nach AMT sind extrem rar, aber nicht ausgeschlossen<br />
(< 1%).<br />
6. Die AMT hat vielfältige Vorzüge vor/statt/während/nach<br />
der Keratoplastik.<br />
7. Die Untersuchung eines großen Pools exzidierter Hornhäute<br />
gab Aufschluss über das Wachstumsverhalten des Hornhautepithels<br />
und -stromas in Relation zur AM beim Menschen.<br />
Die klassischen „Integrationsmuster“ sind (1) intraepithelial,<br />
(2) subepithelial und (3) stromal.<br />
8. Die AMT kann darüber hinaus zur Therapie iatrogener<br />
conjunctivaler Defekte, im Akutstadium der Verätzung und als<br />
Carrier für ex vivo expandierte epitheliale Stammzellen verwendet<br />
werden.<br />
9. Lidfehlstellungen mit Trichiasis bedürfen der vorherigen<br />
oder simultanen chirurgischen Sanierung.<br />
10. Eine konsequente Therapie der Grunderkrankung ist für<br />
den Therapieerfolg absolut unerlässlich.<br />
Die Literaturliste kann per E-Mail in der Redaktion angefordert werden: sw@autentic.info<br />
<strong>Concept</strong> <strong>Ophthalmologie</strong><br />
Abb. 2e: Drei Lagen <strong>von</strong> AM eingebettet<br />
in Kollagenlamellen (sog, „stromale Integration“<br />
[15,16,18]); der Pfeil markiert das<br />
ursprüngliche Stromabett vor AMT<br />
02 / <strong>2012</strong>