Gesamte Ausgabe runterladen - Zentralverband der Ärzte für ...
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gehen, werden vermin<strong>der</strong>te Immunantworten<br />
von NKs (natural killer<br />
cells) beobachtet. Darüber hinaus<br />
sinkt die Zahl <strong>der</strong> T-Helfer-Zellen und<br />
die Sekretion von Interferonen. Einschneidende<br />
Lebensereignisse, die<br />
z.B. wie Scheidungen o<strong>der</strong> Naturkatastrophen<br />
mit depressiven Reaktionen<br />
assoziiert sein können, sind dadurch<br />
gekennzeichnet, daß höhere<br />
Antikörperkonzentrationen gegen<br />
Epstein-Barr-Viren, Herpesviren o<strong>der</strong><br />
Zytomegalieviren gefunden werden.<br />
Allerdings ist es <strong>der</strong>zeit nicht möglich,<br />
aus exogenem Streß und den entsprechenden<br />
Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong><br />
HHN-(Hypothalamus-Hypophysen-<br />
Nebennieren-)Achse auf bestimmte<br />
immunologische Folgen zu schließen.<br />
Therapeutische Ansätze und<br />
Ausblick<br />
Bis heute existieren nur erste Ansätze,<br />
die psychoneuroimmunologischen Zusammenhänge<br />
<strong>für</strong> die Therapie nutzbar<br />
zu machen. Sie spielen aber sicherlich<br />
nicht nur bei verschiedenen<br />
pharmakologischen Behandlungen eine<br />
Rolle, son<strong>der</strong>n könnten auch bei<br />
psychotherapeutischen Interventionen,<br />
insbeson<strong>der</strong>e den Verfahren, die<br />
auf den Pawlowschen Versuchen o<strong>der</strong><br />
den Lerntheorien aufbauen, von Bedeutung<br />
sein, wobei eindeutige experimentelle<br />
Belege noch ausstehen.<br />
Neuroleptika, o<strong>der</strong> allgemeiner<br />
dopaminantagonistische Pharmaka,<br />
erhöhen die Prolaktinkonzentration,<br />
die sich günstig auf die Immunantwort<br />
auswirkt. Bevor man hierin eine thera-<br />
Originalarbeit<br />
peutische Alternative sehen kann,<br />
muß das Risiko schwerwiegen<strong>der</strong><br />
Nebenwirkungen, vor allem <strong>der</strong> Spätdyskinesien<br />
o<strong>der</strong> Agranulozytosen,<br />
gegen den potentiellen Nutzen abgewogen<br />
werden. Möglicherweise bieten<br />
die mo<strong>der</strong>nen Neuroleptika wie<br />
z.B. Olanzapin o<strong>der</strong> Risperdal hier<br />
neue Optionen. Im Gegensatz dazu<br />
können Dopaminantgonisten, z.B.<br />
Parkinsontherapeutika wie Bromocriptin,<br />
die Immunantwort hemmen<br />
und könnten bei Allergien und Autoimmunerkrankungen<br />
hilfreich sein.<br />
Lithium hat sich experimentell als<br />
Stimulans des Immunsystems erwiesen.<br />
In diesem Zusammenhang ist die<br />
Beobachtung interessant, daß Chlorpromazin<br />
in schlafinduzieren<strong>der</strong> Dosis<br />
die bakterielle Phagozytose blokkiert,<br />
also die zelluläre Immunantwort<br />
eher hemmt. Benzodiazepine können<br />
über Monozyten durch eine verbesserte<br />
Chemotaxis das Tumorwachstum<br />
im experimentellen Setting hemmen,<br />
wobei auch hier praktische Probleme<br />
wie die Abhängigkeit im Moment einer<br />
klinischen Prüfung im Wege stehen.<br />
Ähnliche Bedenken bestehen<br />
auch gegen die Anwendung von<br />
Morphin<strong>der</strong>ivaten bei überschießen<strong>der</strong><br />
humoraler Immunantwort.<br />
Wird die Substanz-P-Wirkung<br />
blockiert, vermin<strong>der</strong>n sich die Symptome<br />
von Herpes zoster o<strong>der</strong> rheumatoi<strong>der</strong><br />
Arthritis. Die selektive Modulation<br />
<strong>der</strong> Substanz-P-Freisetzung<br />
könnte therapeutisch bei entzündlichen<br />
Erkrankungen genutzt werden.<br />
Denkbar ist auch <strong>der</strong> Einsatz von<br />
Beta-Blockern, um noradrenalinvermittelte<br />
Reaktionen (z.B. auf Thymo-<br />
704<br />
zyten, IgM-Produktion) zu inhibieren.<br />
Umgekehrt würden diese Reaktionen<br />
durch Beta-Mimetika (z.B. Asthmatherapeutika<br />
wie Salbutamol) gesteigert.<br />
Sicher ist es verfrüht, die Bedeutung<br />
<strong>der</strong> Psychoneuroimmunologie<br />
<strong>für</strong> die praktische Therapie zu beurteilen.<br />
Zu verwirrend sind oft die Zusammenhänge<br />
und zu wi<strong>der</strong>sprüchlich<br />
ein Teil <strong>der</strong> Befunde. Erst prospektive<br />
klinische Studien können die experimentellen<br />
Befunde <strong>für</strong> die Praxis im<br />
Sinne einer „evidence-based medicine“<br />
zugänglich machen. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />
Seite ist es faszinierend, zu verfolgen<br />
und immer besser zu verstehen,<br />
wie Immunsystem, Endokrinium und<br />
Nervensystem sich gegenseitig beeinflussen.<br />
Hier liegen nicht nur Chancen<br />
<strong>für</strong> Diagnostik und Therapie, son<strong>der</strong>n<br />
auch <strong>für</strong> neue Ansätze, die Pathogenese<br />
von Erkrankungen zwischen Psyche<br />
und Soma besser zu verstehen.<br />
Für die Verfasser:<br />
Dr. mult. C. Raschka<br />
Edith-Stein-Str. 34<br />
36100 Petersberg<br />
<strong>Ärzte</strong>zeitschrift <strong>für</strong> Naturheilverfahren 39, 10 (1998)