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Fachtagung 25 Jahre Wildwasser

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<strong>Wildwasser</strong> e.V.<br />

natürlich, dass dieses Angebot jede Nacht zur Verfügung steht, das ist jedoch eine Frage der<br />

Finanzierung.<br />

Gerade die Angebote im Frauenbereich werden sehr intensiv genutzt, was uns momentan eher an<br />

die Grenzen unserer Kapazitäten bringt, da die Frauen oft mit vielen verschiedenen<br />

Schwierigkeiten zu uns kommen: Neben der sexuellen Gewalterfahrung, deren Folgen sie<br />

belasten, haben viele Frauen gesundheitliche Probleme, sind bereits psychiatrisiert worden,<br />

nehmen Medikamente, sind arbeitslos, erleben als Erwachsene erneut häusliche Gewalt – haben<br />

also mit vielfältigen Problemen zu kämpfen. Daher reichen oft wenige Beratungsgespräche nicht<br />

aus und der Bedarf an längeren Beratungsreihen steigt. Hier besteht aus unserer Sicht dringender<br />

Handlungsbedarf, da wir sonst nicht mehr alle Anfragen nach Erstberatungen in der<br />

angemessenen Zeit bearbeiten können.<br />

Wie sehr sich das Konzept der Selbsthilfearbeit – die übrigens in dieser Form einzigartig in<br />

Deutschland ist – bewährt hat, zeigt sich auch daran, dass es auch an anderen Orten genutzt<br />

werden kann. Unsere ehrenamtliche Mitarbeiterin Brigitte Hauschild hat in den letzten <strong>Jahre</strong>n den<br />

Leitfaden für Selbsthilfegruppen auf Spanisch übersetzt, ihn mit anderen Frauen in Nicaragua<br />

gemeinsam auf die dortigen Verhältnisse angepasst und im letzten Jahr vor Ort die Gründung von<br />

Selbsthilfegruppen nach dem <strong>Wildwasser</strong> Modell begleitet. Wir freuen uns, dass sich mit Aguas<br />

Bravas eine Schwesterorganisation in Nicaragua gegründet hat, die in der kurzen Zeit ihres<br />

Bestehens schon unglaublich viel erreicht hat. Manches, was mich persönlich sehr beeindruckt<br />

z.B. dass die Bewegung gegen sexuellen Missbrauch, die sie mit initiiert haben, jede Woche einen<br />

Zeitungsartikel zum Thema sexuelle Gewalt in Tageszeitungen veröffentlicht. Hier gilt unser Dank<br />

besonders dem unermüdlichen Engagement von Brigitte, die diese großartige Arbeit mit auf den<br />

Weg gebracht hat.<br />

Eine andere Säule unserer Arbeit, die schon 1987 im Modellprojekt wissenschaftlich begleitet<br />

wurde, ist die Arbeit der Mädchenberatungsstellen im Wedding und in der Dircksenstr. in Mitte.<br />

Die Mädchenberatungsstelle in der Dircksenstr. gibt es in diesem Jahr seit 15 <strong>Jahre</strong>n, ein weiteres<br />

Jubiläum. Herzlichen Glückwunsch an die Kolleginnen, die fast alle seitdem schon bei <strong>Wildwasser</strong><br />

arbeiten. Und auch das <strong>Wildwasser</strong> Haus im Wedding feiert ein Jubiläum, vor 5 <strong>Jahre</strong>n haben wir<br />

es eingeweiht. Am nächsten Mittwoch veranstalten wir deshalb einen Tag der offenen Tür, zu dem<br />

wir Sie herzlich einladen. Dort können Sie sich vor Ort ein Bild von unserer Arbeit machen.<br />

In beiden Mädchenberatungsstellen werden Mädchen, die sexuelle Gewalt erleben oder erlebt<br />

haben, sowie alle Personen, die sie unterstützen, beraten. Es gibt ebenso Beratungsangebote<br />

(telefonisch, persönlich, per Mail und im Chat) und Gruppenangebote wie im Frauenbereich. Wir<br />

bieten auch Fachberatungen für Professionelle an, die mit dem Thema zu tun haben. Dies ist –<br />

auch im Kontext der Veränderungen zum § 8a SGB VIII – ein Angebot, dass noch nicht allen<br />

ausreichend bekannt ist. Situationen, in denen ein Verdacht sexuellen Missbrauchs im Raum steht,<br />

sind oft außerordentlich schwierig. Daher ist es sehr sinnvoll, sich von Fachfrauen, die sich schon<br />

viele <strong>Jahre</strong> mit dem Thema beschäftigen, beraten zu lassen.<br />

An dieser Stelle sei mir ein kleiner Ausflug gestattet: In den letzten <strong>Jahre</strong>n wurde – auch aufgrund<br />

der spektakulären Fälle, die sich ereignet haben – sehr viel über Kindesmisshandlung und<br />

Vernachlässigung geschrieben, diskutiert. Mit dem Netzwerk Kinderschutz wurden für diesen<br />

Bereich auch Verbesserungen angestrebt und einiges entwickelt. Aus unserer Sicht ist in diesen<br />

Netzwerken jedoch das Thema sexueller Missbrauch, das als drittes Kinderschutzthema genauso<br />

wichtig ist wie Misshandlung und Vernachlässigung, nicht ausreichend berücksichtigt worden. Es<br />

fehlen verbindliche Standards und Verfahren, die auch bei einem Verdacht auf sexuellen<br />

Missbrauch angewendet werden. Und es fehlt aus unserer Sicht an vielen Stellen an Wissen und<br />

Fortbildung zum Thema. Hier wünschen wir uns von der Politik und den Verantwortlichen in den<br />

Senatsverwaltungen und Jugendämtern, dass sie das Thema sexuelle Gewalt nicht aus dem Auge<br />

verlieren, dass es mitgedacht und in seiner Spezifik angemessen berücksichtigt wird.<br />

<strong>Wildwasser</strong> und alle Kolleginnen sind natürlich sehr gerne bereit, unser Wissen und die jahrelange<br />

Erfahrung in solche Prozesse einzubringen.<br />

Wir freuen uns, dass Barbara Kavemann in ihrem Eingangsvortrag noch einmal auf die Verortung<br />

des Themas in den aktuellen Debatten eingehen wird.<br />

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