Völkerrechtliche Praxis der Bundesrepublik Deutschland im Jahre ...

82
Berichte und Urkunden - Deutsche Völkerrechtspraxis 1966
Die Verwal-
legung des Begriffs der politischen Verfolgung42) Sorge zu tragen.
tungsvorschriften zu diesen Verfahren und die Behandlung der Zuwanderer aus
totalitären Staaten sollen dieser Auslegung entsprechen.
Der Ausschuß hat mit Befriedigung davon Kenntnis genommen, daß seit
Oktober 1965 Abschiebungen43) in totalitäre Staaten nicht vorgenommen wor-
den sind. Der Ausschuß empfiehlt, abgelehnten Asylbewerbern und Arbeitswil-
ligen
aus totalitären Staaten befristete Aufenthaltsgenehmigungen zu gewähren.
nach Ablauf von sechs Mo-
Das Bundesministerium des Innern wurde gebeten,
naten dem Auswärtigen Ausschuß über die auf Grund dieser Empfehlungen
erfolgten Maßnahmen zu berichten.
9. Durch die 1. Anderungsverordnung vom 10. März 1967 44) der Durch-
führungsverordnung,11)
zum AusländergesetZ46) wurde u. a. die auf drei Mo-
nate begrenzte Befreiung von der Aufenthaltserlaubnis für Inhaber von vati-
kanischen Pässen geregelt. Zu dem eingefügten § 1 Abs. 4 der geänderten
Durchführungsverordnung heißt es in der Regierungsbegründung:
Aus politischen und praktischen Gründen erscheint es angebracht, den Bediensteten
und Staatsangehörigen des Vatikans für die Einreise und einen Auf-
enthalt bis zu drei Monaten im Bundesgebiet die gleichen Erleichterungen zu
gewähren wie den Staatsangehörigen der zahlreichen in der Anlage zu der
weisungsunabhängigen Ausschüsse des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer
Flüchtlinge vgl. Bundesaußenminister S c h r ö d e r in BT-Drs. V/121.
'12) Vgl. hierzu Art. 16 Abs. 2 GG: Kein Deutscher darf an das Ausland ausgeliefert
werden. Politisch Verfolgte genießen Asylrecht. § 14 Abs. 1 Satz 1 des Ausländergesetzes
vom 28.4.1965 (BGBl. 1, S. 353) bestimmt für die Abschiebung: Ein Ausländer darf
nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen
seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten
sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen überzeugung bedroht ist. Staatssekretär
S c h ä f e r führte im Bundestag hierzu aus, daß sog. Wirtschaftsflüchtlinge nicht unter
den Asylbegriff des GG und den Flüchtlingsbegriff der Genfer Konvention vom 28. 7.
1951 (BGBl. 1953 11, S. 560) fielen (5. BT, 16. Sitzung, Sten.Ber., S. 615 A); auch § 14
Abs. 1 des Ausländergesetzes befasse sich in Übereinstimmung mit den genannten Vor-
schriften nur mit den Fällen des echten politischen Asyls (a. a. 0., S. 615 D, 616 A/B).
Vgl. VRPr. 1965, ZaöRV Bd. 27, S. 168 f.
43) Nach einer Auskunft des Staatssekretärs S c h ä f e r vom 9. 2. 1966 (5. BT, 18. Sit-
zung, Sten.Ber., S. 713 C/D) hat das Land Bayern, das zuletzt Ende September 1965 den
ungarischen Flüchtling Pal Feher (zu diesem Fall vgl. die Anfrage des Abgeordneten
R o 11 m a n n BT-Drs. V/57, VII 1-3, und die Antwort des Staatssekretärs S c h ä f e r
in 5. BT, 10. Sitzung, Sten.Ber., S. 401 f., Anlage 8) abgeschoben hatte, keine weiteren
Abschiebungen vorgenommen. In dem Zeitraum von 1952 bis 1965 sind 21 000 Personen
aus den Ostblockstaaten als politische Flüchtlinge in der BRD anerkannt worden: S c h ä -
f e r 5. BT, 35. Sitzung, Sten.Ber., S. 1648 Anlage 4. Siehe auch K a n e i n Zum Asylrecht
der Bundesrepublik, Bayerische Verwaltungsblätter 1967, S. 291 ff.
44) BGBl. I, S. 283.
'45) Durchführungsverordnung zum Ausländergesetz (DVAusIG) vom 10. 9. 1965
(BGBl. 1, S. 1341 ff.).
46) Gesetz vom 28. 4.1965 (BGBl. I, S. 353 ff.): vgl. VRPr. 1965, ZaöRV Bd. 27, S. 166
Anm. 116, mit weiteren Nachweisen.
http://www.zaoerv.de
© 1969, Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht