Querstand Nr. 13 Jg. 10 SS 2005 - Querstand - Zeitschrift für junge ...
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der untersuchten Stücke und sozial vermittelten Klassifizierungen<br />
derselben. Es folgte eine große Zahl von Vorträgen,<br />
deren Themen in den Bereich deutscher<br />
Vergangenheitsbewältigung zu zählen sind. Den Anfang<br />
machte Mathias Lehmann (Hamburg) unter der Überschrift<br />
„Der Holocaust, die Musik und das 21. Jahrhundert“: Er<br />
untersuchte Kompositionen, die den Holocaust<br />
thematisieren und klassifizierte die Thematisierung als entweder<br />
explizit oder implizit. Unter der impliziten Weise sei<br />
eine „Entkonkretisierung“, eine „entpolitisierende<br />
Erinnerungsform“ zu verstehen. Als Beispiel <strong>für</strong> eine solche<br />
Komposition nannte er Karlheinz Stockhausens Gesang<br />
der Jünglinge im Feuerofen. Demgegenüber stellte Lehmann<br />
Arnold Schönbergs A Survivor from Warsaw als ein Werk<br />
mit expliziter Thematisierung des Holocaust dar.<br />
Mit den Distributionsformen von Musik im Spannungsfeld<br />
zwischen Major Labels und individuellen<br />
Vermarktungsformen setzte sich Sabine Vogt (Berlin) auseinander.<br />
Die Majors bezeichnete sie als „konzerngebundene<br />
Wertschöpfungsketten“, während zum Beispiel ein DJ<br />
als eigenkreativer Produzent zu sehen sei. Vogt erläuterte<br />
die mikroökonomische Organisation der DJ-Kultur mit<br />
ihren Klubs und bezeichnete deren Funktion als<br />
„Rekontextualisierung“, als individuelle Heimat <strong>für</strong> die jeweilige<br />
Musik.<br />
Bebilderungsreich wurde dem Auditorium von Christopher<br />
Gangl (Graz) ein relativ unbekanntes Gebiet der Musikwissenschaft,<br />
die Makulaturforschung, vorgestellt. Gezeigt<br />
wurde, wie mittelalterliche Chorbücher und Folianten seinerzeit<br />
hergestellt und nun mit denselben Verfahrensweisen<br />
restauriert werden. Durch die damalige Papierknappheit<br />
wurden oft bereits beschriebene Seiten wiederverwendet,<br />
weshalb bei der Restaurierung von Zeit zu Zeit bisher unbekannte,<br />
leidlich erhaltene Schriften und Noten zu Tage<br />
kommen, deren Herkunft zu ermitteln versucht wird.<br />
Jörn Handschke (Berlin) ging „ostinaten Prinzipien in Klang<br />
und sozialer Gemeinschaft“ nach. Das Phänomen „Pop“<br />
bezeichnete er als sich wechselseitig umstrukturierende<br />
Prozessualität. Alle Klanggemeinschaften besäßen ein „ohrenfälliges<br />
Kopplungsprinzip“, welches als<br />
Synchronisationsvorgabe diene. Handschke beschrieb Pop<br />
als eine solche klangvermittelte Gemeinschaft, eine Synthese<br />
aus „Ich“ und „Wir“, in die Individuen auf der Suche<br />
nach eigener Zeiterfahrung eintreten. Eine beherrschende<br />
Rolle spiele die „Chronokratie“, der „Rhythmus des Wirklichen“,<br />
welcher dem jeweiligen sozialen Raum seine Metrik<br />
gebe.<br />
NACHSCHLAG<br />
Die Kaffeepause als<br />
Form musikwissenschaftlicher<br />
Kommunikation...<br />
XXI