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Unbequem Nr. 46/47 - Kritische Polizisten

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UNBEQU~<br />

<br />

eine Ansammlung<br />

uniformierter Duckmäuser?!<br />

DIETMAR HÜBNER, I. VORSITZENDER PROPOLTCE E.V.<br />

Der Berliner Polizei verein "ProPolice"<br />

beobachtet die z.Zt in Berlin Schlagzeilen<br />

bringende Diskussion um "die Duckmäuser<br />

in Uniform" ernsthaft, doch mit<br />

einem leichten Schmunzeln. Als kritische<br />

Berliner Polizei vereinigung. zusammengesetzt<br />

aus Mitgliedern aller<br />

Ebenen der Polizeihierarchie. sowie<br />

sachkundigen wissenschaftlichen Beratern,<br />

hat er eigene, leidvolle Erfahrungen<br />

mit den sich streitenden ,,Nagetieren".<br />

Der kollektive Aufschrei und die etwas<br />

hilflos wirkende Reaktion der ins<br />

Mark getroffenen Polizeiführungsspitze<br />

zeigt, dass der GdP-Vorsitzende Schönberg<br />

zwar einen Tiefschlag, doch auf jeden<br />

Fall einen Treffer gelandet hat. Auch<br />

der Zeitpunkt der Schönberg-Auacke<br />

war klug gewählt. Nachjahrzehntelanger<br />

CDU-Regierung mit Stillhalteabkommen<br />

und Vorteilen für beide Seiten klafft nun<br />

ein Machtvakuum, das gefüllt werden<br />

muss. Da heißt es, rechtzeitig Pflöcke in<br />

den Boden zu rammen.<br />

Wie es um die von beiden Seiten beschworene<br />

Behörden- und loder Streitkultur<br />

bestellt ist, kann man an der jetzt<br />

geführten, eigentlich sprachlosen Form<br />

der Auseinandersetzung gut erkennen.<br />

Man schreibt sich Briefe, aber redet und<br />

diskutiert nicht und hört schon gar nicht<br />

einander zu. Jeder spricht dem Anderen<br />

die Kompetenz ab und das meistgebrauchte<br />

Verb in der Auseinandersetzung<br />

ist "unanständig". D.h. ungehörig, unschicklich,<br />

unpassend und so geht man<br />

auch miteinander um, altdeutsch, wie zu<br />

"Kaiserszeiten".<br />

Beide Seiten glauben nur ihren eigenen<br />

Wahrnehmungen und hoffen, die<br />

vorhandenen Defizite lassen sich durch<br />

Personalisierung des Problems begradigen.<br />

Dein Schönberg ist mein Sabersehinsky,<br />

doch unsere kleine Welt ist<br />

heil.<br />

Damit untermauern sie nur die These<br />

des Bielefelder Soziologen Prof. Dr. W.<br />

Heitmeyer, der den Hamburger Polizeiskandal<br />

untersuchte und feststellte: "Jede<br />

Ebene innerhalb von Polizeibehörden entspricht<br />

der einer Subkultur. In sich geschlossen,<br />

nach außen abgeschottet und<br />

mit eigener Sprache und Logik versehen".<br />

(Fast) alle Angehörigen der drei Stufen,<br />

mittlerer, gehobener und höherer<br />

Dienst, nehmen ihre jeweiligen Rollen<br />

dankbar an und die jeweils anderen als<br />

notwendig und "gottgegeben" hin. Nur<br />

wer dazu gehört, hat auch das Recht zur<br />

Kritik.<br />

Wir von ProPolice versuchen seit Jahren<br />

in mühevoller Kleinarbeit, diese konzentrischen<br />

Kreise zu durchbrechen. Die<br />

,,Duckmäuserdebatte", von allen Seiten<br />

ernsthaft geführt, bietet die große Chance<br />

für die Berliner Polizeibehörde, endlich<br />

einiges grundSätzlich zu verändern.<br />

Wrschlagen deshalb vor und suchen:<br />

Einen am Streit unbeteiligten, glaubwürdigen<br />

und von beiden Seiten akzeptierten<br />

Moderator, der alle Seiten an einen öffentlichen<br />

Tisch bringt. Inhalte müssen<br />

ausgetauscht und ein dem zweiten Jahrtausend<br />

würdiger Umgang miteinander<br />

gefunden werden. Eine dankbare Rolle<br />

für eineIn guteIn Medienvertreter/in.<br />

ZeitlTagesspiegellMoPolTaZ usw. bitte<br />

übernehmen Sie!<br />

Berlin braucht nicht die beste,<br />

doch die bestmögliche Polizei.<br />

Im Zusammenhang mit: Keine uniformierten Duckmäuser?!<br />

Der Zwergenaufstand<br />

(Seh'n Se das ist Berlin, seh'n Se das ist Berlin) *<br />

VON HEINZ UTH<br />

Vor etwa einem Monat verursachte ein<br />

kleiner, ziemlich unscheinbarer Satz in<br />

einer von Polizeibeamten eher selten gelesenen<br />

deutschen Wochenzeitung eine<br />

geradezu hysterische Reaktion innerhalb<br />

der obersten Führung der Berliner Polizei.<br />

Eingebettet zwischen den Zeilen eines<br />

Artikels, den der Vorsitzende der<br />

Berliner Gewerkschaft der Polizei<br />

(GdP), Eberhard Schönberg, geschrieben<br />

und der Zeitung übersandt hatte, war seine<br />

Brisanz nicht sofort erkannt worden.<br />

In dem Brief listete Herr Sch. die seit<br />

Jahren bekannten Versäumnisse der Berliner<br />

Polizeibehörde und ihres Präsidenten<br />

noch einmal auf und verknüpfte an<br />

die Veröffentlichung seinen Anspruch,<br />

zusammen mit einem neuen Präsidenten<br />

notwendige Veränderungen nun endlich<br />

umsetzen zu können. Die Berliner Presse<br />

war von der sensationellen Aufzählung<br />

derartig begeistert, dass nicht eine Zeitung<br />

ihr auch nur eine Zeile widmete.<br />

Alle hatten den Schlüsselsatz der insgesamt<br />

berechtigten Vorwürfe:<br />

"Die Hauptstadtpolizei ist eine<br />

Ansammlung uniformierter Duckmäuser"<br />

entweder überlesen oder ihn als wahr<br />

eingestuft. Warum sollten sie darüber<br />

schreiben? Als die ,,zeit" am 25. Okt.<br />

200 1 die herben Zeilen veröffentlichte<br />

und sich die ersten der zu Recht oder Unrecht<br />

kritisierten Polizeiführer aufgeregt<br />

zu Wort meldeten, war es zu spät.<br />

Eine sachliche, von neutralen Institutionen<br />

moderierte, unbedingt notwendige<br />

Diskussion war nicht mehr möglich. Die<br />

Fronten waren derartig verhärtet, dass<br />

man nieht mehr miteinander redete, sondern<br />

sich Briefe sehrieb. Wie so oft, dominierte<br />

der Bauch den Kopf.<br />

Soviel zu den Fakten der Geschichte.<br />

Nun ist aber der Wahrheitsgehalt einer<br />

Behauptung häufig vom Standpunkt<br />

und damit von der Sichtweise des Be-<br />

34<br />

Dezember 2001

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