Die Presse Schaufenster
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Bohème<br />
und Business<br />
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<br />
<br />
Familiär. Veronica Etro und ihre<br />
Brüder Kean, Jacopo und Ippolito<br />
führen gemeinsam die Firma (v. l.).<br />
Linientreu. Das<br />
Paisley-Muster ist<br />
Etro-DNA – und<br />
frei kombinierbar.<br />
Deutsch kommt in der Modewelt ja eher nur in<br />
Ausnahmefällen als Konversationssprache zum<br />
Einsatz. Mit Veronica Etro lässt sich aber blendend<br />
in Goethes und Schillers Zunge plaudern,<br />
schließlich ist die italienische Designerin von<br />
Kindesbeinen an ausgesprochen germanophil.<br />
So groß die Versuchung aber sein könnte, die<br />
sympathische Enddreißigerin nach ihrer Lesart des „Faust“ oder der<br />
„Räuber“ zu fragen, hat das „<strong>Schaufenster</strong>“ sie doch lieber um Einblicke<br />
in ihre Rolle als Damenmodedesignerin des von ihrem Vater<br />
gegründeten Modehauses gebeten. Außerdem erinnert sich Etro an<br />
ihre kreativen Lehrjahre in London, und sie begrüßt, dass sich in<br />
Mailand letzthin einiges in puncto Nachwuchsförderung tut.<br />
Sie besuchten die deutsche Schule in Mailand, ebenso wie heute<br />
Ihre Kinder: Woher kommt diese Zuneigung zur deutschen Sprache<br />
und Kultur?<br />
Das ist ganz einfach, meine Mutter steckt dahinter. Als ich drei Jahre<br />
alt war, beschloss sie, ich sollte eine gute Schule besuchen, und das<br />
war eben die deutsche Schule in Mailand. Anfangs habe ich verstanden,<br />
ohne zu sprechen, weil man bei mir zu Hause ja nur Italienisch<br />
redete. Mit fünf Jahren wurde ich dann nach Deutschland geschickt,<br />
zu einer Familie, und als ich zurückkam, war mein Deutsch perfekt.<br />
Und Ihre Verbundenheit zu deutschsprachigen Ländern hält bis<br />
zum heutigen Tag an?<br />
Ja. Jedesmal, wenn ich in ein deutschsprachiges Land komme, nach<br />
Deutschland oder natürlich auch Österreich, fühle ich mich auf<br />
Anhieb wohl. Wahrscheinlich, weil ich zweisprachig aufgewachsen<br />
bin und auch von Jugend an die deutsche Literatur und Philosophie<br />
sehr gern gelesen habe.<br />
Formt eine solch frühe kulturelle Öffnung die Mentalität?<br />
Bestimmt. Ich fühle mich heute wirklich als Europäerin, nicht nur<br />
als Italienerin. Denn ich habe nach der italienisch-deutschen Doppelmatura<br />
ja in London studiert, das hat dann noch einmal eine Öffnung<br />
bewirkt. Je mehr man seinen Horizont erweitert, desto besser.<br />
Apropos Öffnung: In den letzten Monaten ist ein auffälliger<br />
Zustrom internationaler Luxus-Brands nach Wien zu bemerken,<br />
auch Etro hat einen eigenen Flagshipstore eröffnet. An wen wenden<br />
Sie sich hier? An eine Wiener Klientel oder an internationale<br />
Luxustouristen?<br />
An beide, keine Frage. Auch in unseren Shops in Mailand verkaufen<br />
wir viel an Touristen. Nur wenige Milanesen können sich Luxusar-<br />
Fotos: Beigestellt, APA (3)<br />
18 <strong>Schaufenster</strong>