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Die Presse Schaufenster

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SCHLUSS<br />

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<br />

In der ewigen „Best things in life are<br />

free“-Liste rangiert ganz oben mit:<br />

eine funktionierende Kinderbetreuungseinrichtung.<br />

Ich weiß schon, von<br />

free kann keine Rede sein. Eher im<br />

Gegenteil. Aber beim Best-things-Gedanken<br />

geht es ja um Dinge, die man<br />

mit Geld nicht kaufen kann. Und bei<br />

einer Kinderbetreuungseinrichtung<br />

hilft Geld gar nix. Man kann hundert<br />

Jahre auf irgendeinem aussichtlosen<br />

Platz auf irgendeiner vermaledeiten<br />

Warteliste für den gehyptesten Kindergarten<br />

von Feldkirch bis Eisenstadt<br />

(der heißt natürlich nicht Kindergarten,<br />

sondern Waldzwerge oder Kreativmäuse)<br />

gestanden und letztlich irgendwie<br />

(Bettelmails, Weinkrampftelefonate,<br />

offene Drohungen) tatsächlich<br />

reingerutscht sein. Und das Kind mag<br />

vom ersten Tag an nicht hingehen, weil<br />

es sich dort nicht wohlfühlt. Es kann<br />

genauso umgekehrt ein „Gratis“-Platz<br />

in irgendeiner staatlichen Nullachtfünfzehn-Einrichtung,<br />

der einem aufgrund<br />

der Wohnadresse ohne Mitsprache<br />

zugeteilt wird, zum Volltreffer für<br />

Kind und Eltern werden. Man weiß es<br />

nicht. Der Jüngste jedenfalls ist bis vor<br />

ein paar Tagen noch ausgesprochen<br />

gern in den Kindergarten gegangen.<br />

Aufstehen, frühstücken, anziehen und<br />

nichts wie hin. Doch seit Kurzem zieht<br />

sich das morgendliche Prozedere<br />

merklich hin. „Können wir noch ein<br />

bisschen spielen?“, „Ich will noch ein<br />

zweites Brot!“, „Ich will in die Badewanne!“<br />

– alles ist recht, um den<br />

Abmarsch hinauszuzögern. Wenn wir<br />

uns dann verabschiedet haben, bleibt<br />

immer ein ungutes Gefühl zurück. Es<br />

gehört zu den grauslicheren Dingen,<br />

ein Kind, das sich nicht trennen will,<br />

zurückzulassen. Am Abend nach dem<br />

Vorlesen erzählt der Jüngste dann<br />

unvermittelt, dass jemand aus seiner<br />

Gruppe gerade nicht mehr sein Freund<br />

ist. Ich bin sehr erleichtert. Er wird<br />

bald wieder gern hingehen. <br />

„Ein Buch<br />

ist wie ein<br />

Garten, den<br />

man in der<br />

Tasche trägt.“<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Medieninhaber, Redaktion und Herausgeber:<br />

„<strong>Die</strong> <strong>Presse</strong>“ Verlags-Gesellschaft m.b.H. & Co KG, 1030 Wien, Hainburger Straße 33.<br />

Tel.: 01/514 14-Serie. E-Mail: schaufenster@diepresse.com vorname.name@diepresse.com<br />

Geschäftsführung: Dr. Michael Tillian (Vorsitz), Mag. Herwig Langanger.<br />

Chefredaktion: Rainer Nowak. Chefredaktion <strong>Schaufenster</strong>: Mag. Petra Percher.<br />

Stellvertretende Chefredaktion: Mag. Daniel Kalt. Chefin vom <strong>Die</strong>nst: Mag. Anna Burghardt.<br />

Mode/Kosmetik: Mag. Petra Percher, Mag. Daniel Kalt. Wohnen/Design: Mag. Norbert Philipp.<br />

Essen/Trinken: Mag. Anna Burghardt. Kultur: Barbara Petsch mit Feuilleton-Redaktion.<br />

Fotoredaktion: Mag. Christine Pichler. Mode/Beauty/Foto: Mag. Barbara Zach. Programm:<br />

Magdalena Mayer. Reise: Michael Reichel. Produktion und Grafik: M.S.C. Medien Service GmbH.<br />

Art Direction: Matthias Eberhart. Bildbearbeitung, Grafik: Christian Stutzig, Patricia Varga.<br />

Anzeigen: „<strong>Die</strong> <strong>Presse</strong>“ Media GmbH & Co KG. Geschäftsführer: Peter Syrch.<br />

Art Copyright: VBK/Wien. Hersteller: Niederösterreichisches <strong>Presse</strong>haus, Druck- und<br />

Verlagsgesellschaft m.b.H., 3100 St. Pölten, Gutenbergstraße 12.<br />

<strong>Die</strong> in dieser Ausgabe vorgestellten Produkte wurden der Redaktion zum Teil zu Testzwecken zur<br />

Verfügung gestellt.<br />

Meine Kollegin hat eine neue Praktikantin.<br />

Ein Glücksgriff! Geboren<br />

in Indien, aufgewachsen in Südamerika<br />

und den USA. Seit Geburt<br />

spricht sie fließend Deutsch, Englisch,<br />

Französisch, Russisch und Spanisch.<br />

Jetzt lernt sie Chinesisch und wartet<br />

auf die Aufnahme in Harvard. Sie ist<br />

ein Traum für jeden Arbeitgeber!<br />

Tüchtig, fleißig, diszipliniert. Kaum<br />

hat man ihr etwas aufgetragen, ist es<br />

auch schon erledigt. Sie ist immer<br />

frisch und munter, wissbegierig, lernbereit.<br />

Wenn ein Problem auftaucht,<br />

online oder offline, groß oder klein,<br />

geht sie nicht zuerst einmal eine rauchen<br />

oder fragt einen Kollegen, sondern<br />

setzt sich selbst hin und gibt<br />

nicht auf, bevor sie eine Lösung hat.<br />

So etwas ist ansteckend. Seit sie da ist,<br />

sind wir alle produktiver. Während<br />

ich früher gegen halb elf einmal verschlafen<br />

ins Büro gekommen bin und<br />

erst nach drei Espressi und fünf Zigaretten<br />

den Laptop aufgeklappt habe,<br />

stelle ich mir jetzt immer den Wecker<br />

auf halb sieben. Spätestens um neun<br />

sitze ich an meinem Schreibtisch. In<br />

den Arbeitspausen lese ich englischsprachige<br />

Zeitungen oder mache<br />

Gedächtnistraining. Zigarettenpausen<br />

gibt’s keine mehr.<br />

Mittags lasse ich mir von der Praktikantin<br />

ein veganes Mittagsmenü mitbringen<br />

und beim Essen tauschen wir<br />

Tipps zur effizienteren Verwendung<br />

der Office-Programme aus. Danach<br />

machen wir ein paar Konzentrationsübungen<br />

und schon geht’s weiter.<br />

Abgabestress, Nachtschichten, Terminaufschubsbettelanrufe,<br />

alkoholgeschwängerte<br />

Freundinnenabende –<br />

gibt es alles nicht mehr! Seit die Praktikantin<br />

da ist, schlafe ich neun Stunden,<br />

esse täglich fünfmal Obst und<br />

schlucke Gingkopastillen.<br />

Ich werde mich soooo für sie freuen,<br />

wenn sie in Harvard aufgenommen<br />

wird! <br />

<strong>Schaufenster</strong>.<strong>Die</strong><strong>Presse</strong>.com/Randerscheinung <strong>Schaufenster</strong>.<strong>Die</strong><strong>Presse</strong>.com/<strong>Die</strong>IchPleite<br />

Illustration: Nina Ober<br />

58 <strong>Schaufenster</strong>

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