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Anwaltsblatt 2002/04 - Österreichischer Rechtsanwaltskammertag

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Resonanz<br />

Weg mit den „Privilegien“<br />

der Anwälte!<br />

Sie haben richtig gelesen. Aber vielleicht falsch gedacht. Es ist<br />

höchste Zeit, dass auch in der Öffentlichkeit umgedacht wird. Wir<br />

als Rechtsanwälte habe keine Privilegien!<br />

Die Rechte, die ein Klient gegenüber uns, als seinen Rechtsanwälten<br />

hat, sind nicht unsere Privilegien, sind nicht Privilegien der<br />

Anwälte, sondern Rechte der Klienten und Pflichten des Anwalts.<br />

So wie die ärztliche Verschwiegenheit kein Privileg des Arztes,<br />

sondern ein Recht des Patienten ist. Daraus ergibt sich die Verpflichtung<br />

des Arztes.<br />

Und genauso ist es mit den „Privilegien“ der Anwälte. Es gibt keine<br />

Privilegien der Anwälte! Deshalb müssen auch die Hinweise auf so<br />

genannte „Privilegien“ der Anwälte endlich unterbunden werden,<br />

aus dem Gedankengut der Öffentlichkeit entfernt werden.<br />

Denn es gibt eben nur Rechte des Klienten. Diese Rechte des Klienten<br />

verpflichten den Anwalt und den Gesetzgeber, alles zu unternehmen,<br />

um diese Rechte auch für die Zukunft abzusichern.<br />

Um der Öffentlichkeit eine übersichtliche Sammlung der Rechte des<br />

Klienten zu unterbreiten, hat die Tiroler Rechtsanwaltskammer am<br />

18. Mai 2001 aus Anlass der Feier ihres 150-jährigen Bestehens<br />

die „Charta der Rechte des Klienten“ im Kongresshaus Innsbruck<br />

präsentiert.<br />

Bei der Feier und in den Medien ist die Charta auf großes Interesse<br />

gestoßen.<br />

Auch über Österreich hinaus wurde die Idee der Charta der Rechte<br />

des Klienten aufgegriffen und veröffentlicht: Im Deutschen <strong>Anwaltsblatt</strong><br />

vom September 2001 (Seite 508), im Bulletin Advocacie der<br />

Tschechischen Anwaltskammer vom Oktober 2001 (Seite 93) und<br />

in der Anwaltsrevue des Schweizerischen Anwaltsverbandes vom<br />

Januar <strong>2002</strong> (Seite 20) wurde die Charta bereits abgedruckt. Der<br />

Präsident der Pariser Rechtsanwaltskammer, Mr. Francois Teitgen,<br />

hat mir im November 2001 zugesagt, die Charta auch ins Nachrichtenblatt<br />

(Bulletin) der Pariser Anwaltschaft zu übernehmen.<br />

Bei der Konferenz der World Jurist Association (vgl AnwBl 1999/<br />

495 und 1999/777) in Dublin wurden am 4. Oktober 2001 die<br />

Punkte 1–14 der Charta einstimmig als Resolution angenommen<br />

und allen Ländern empfohlen, entsprechende gleiche Grundsätze<br />

zu verabschieden: „The World Jurist Association appreciates the<br />

Charter of the Rights of a Client presented by the Tyrolean Law<br />

Society on the occasion of their 150 th Anniversary in Innsbruck and<br />

recommends that all states should adopt similar rules.“<br />

Es ist erfreulich, dass von der Österreichischen Anwaltschaft<br />

Impulse nicht nur nach Europa, sondern in die Welt hinausgehen.<br />

Damit soll auch auf breiter Ebene dokumentiert werden, wie wichtig<br />

eben der Anwalt ist, wenn es um die Wahrung der Rechte seiner<br />

Klienten geht. Um dies weiter zu fördern und zu erleichtern,<br />

wird im Folgenden der Wortlaut der Charta der Rechte des Klienten<br />

nicht nur auf Deutsch, sondern auch auf Französisch und Englisch<br />

wiedergegeben.<br />

RA Dr. Ivo Greiter, Mitglied des Ausschusses der<br />

Tiroler Rechtsanwaltskammer<br />

Charta der Rechte des Klienten<br />

präsentiert von der Tiroler Rechtsanwaltskammer<br />

aus Anlass ihres 150-jährigen Bestehens<br />

am 18. Mai 2001 in Innsbruck<br />

Der Klient hat<br />

1. das Recht auf Verschwiegenheit seines Rechtsanwalts;<br />

2. das Recht auf vertrauliche Gespräche mit seinem Anwalt;<br />

3. das Recht, dass sein Anwalt nicht als Zeuge im gerichtlichen oder<br />

behördlichen Verfahren aussagen darf, soferne ihn der Klient nicht entbunden<br />

hat;<br />

4. das Recht, dass seine Schriftstücke bei seinem Anwalt nicht beschlagnahmt<br />

werden dürfen;<br />

5. das Recht auf einen Anwalt, der gegenüber seinem Klienten uneingeschränkt<br />

treu ist;<br />

6. das Recht auf einen Anwalt, der nur von seinem Klienten Weisungen<br />

und Aufträge entgegen nimmt und von Weisungen Dritter völlig unabhängig<br />

ist;<br />

7. das Recht auf einen Anwalt, der frei von jeder Interessenskollision ist,<br />

also weder direkt noch indirekt für die Gegenseite oder einen Dritten tätig<br />

ist und der unabhängig von sachfremden Einflüssen ist;<br />

8. das Recht auf unumwundenes schriftliches und mündliches Vorbringen<br />

durch seinen Anwalt;<br />

9. das Recht auf einen geprüften, umfassend ausgebildeten und qualifizierten<br />

Anwalt;<br />

10. das Recht auf laufende Information, fachkundigen Rat, sorgfältige Vertretung<br />

und gewissenhafte Pflichterfüllung durch seinen Anwalt;<br />

11. das Recht auf eine detaillierte und überprüfbare Honorarlegung durch<br />

den Anwalt;<br />

12. das Recht, dass die dem Klienten zustehenden Gelder als Fremdgelder<br />

getrennt verwahrt werden;<br />

13. das Recht, in allen Lebenslagen anwaltlichen Schutz zu verlangen und<br />

auch zu bekommen;<br />

14. das Recht auf anwaltliche Vertretung, auch wenn er keine ausreichenden<br />

Mittel hat, um den Rechtsanwalt zu honorieren;<br />

15. das Recht auf Ersatz der Kosten durch die Gegenseite, wenn sich<br />

herausstellt, dass er zu Unrecht in ein Verfahren verwickelt wurde.<br />

Charte des Droits du Client<br />

Présentée par l’ordre des avocats du Tyrol<br />

À l’occasion du 150ème anniversaire de sa fondation<br />

le 18 mai 2001 á Innsbruck<br />

Le client a<br />

1. droit à la discrétion absolue de son avocat;<br />

2. droit à des entretiens confidentiels avec son avocat;<br />

3. droit à ce que son avocat ne soit pas obligé de faire une déposition<br />

comme témoin dans des procédures juridiques ou administratives, à la<br />

seule exception que le client l’ait autorisé à témoigner;<br />

4. droit à ce que ses dossiers ne puissent pas être saisis chez son avocat;<br />

228 AnwBl <strong>2002</strong>/4

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