Pressespiegel 02_13 vom 05.01. bis 11.01.2013.pdf - Evangelisch ...
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Klosterser Zeitung <strong>vom</strong> 11.01.20<strong>13</strong>, Seite 19.1.pdf<br />
KIRCHENFENSTER – GOTT UND DIE WELT<br />
«Denn Gott ist im Himmel, und Du <strong>bis</strong>t<br />
auf Erden»<br />
Dieser Satz aus dem Buch<br />
Prediger 5,1 kommt mir immer<br />
dann in den Sinn, wenn<br />
ich mich dabei beobachte, wie<br />
ich Gott meinen Bedürfnissen<br />
anpassen und ihn dabei vermenschlichen<br />
möchte. Das<br />
kann während der Predigtarbeit,<br />
beim Nachdenken über<br />
den Inhalt seelsorgerlicher<br />
Gespräche und natürlich auch<br />
dann geschehen, wenn es um<br />
mein eigenes Leben geht. Der<br />
Satz aus dem Prediger hilft<br />
mir, mich und meine Wünsche<br />
und Hoffnungen dann zurückzunehmen,<br />
wenn ich schlechte<br />
Erfahrungen mache, oder<br />
wenn etwas mir Unverständliches<br />
geschieht.<br />
Nach diesem Satz gibt es kein<br />
Rezept, das uns zeigte, wo<br />
Gott zu finden ist. Wer in der<br />
Nacht geweint hat, war ihm<br />
nicht ferner oder näher als<br />
diejenige, die einen sorglosen<br />
Schlaf hatte. Das bedeutet jedoch<br />
nicht, dass dieser unser<br />
Gott im Himmel überhaupt<br />
nicht auf seiner Erde zu erfahren<br />
wäre. Die biblischen Geschichten,<br />
die Evangelien und<br />
die Briefe der Apostel zeugen<br />
von diesen Erfahrungen. An<br />
ihnen können wir uns orientieren,<br />
wenn wir etwas über<br />
unseren Gott erfahren wollen.<br />
Dazu ein Beispiel:<br />
Wir haben eben Weihnachten<br />
gefeiert. Nach dem Zeugnis<br />
des Neuen Testaments ist in<br />
der Geburt von Jesus Christus<br />
Gott in die Welt gekommen.<br />
Über der Welt lässt er seine<br />
Gegenwart aufleuchten. Doch<br />
wie zeigt er sich ihr? Entspricht<br />
das den gängigen Vorstellungen?<br />
Jesus wird als<br />
Kind einer völlig bedeutungslosen<br />
Frau in einem Stall geboren<br />
und nach einem relativ<br />
kurzen Leben als Verbrecher<br />
am Kreuz hingerichtet. Nicht<br />
Mitleid und Mitgefühl begleiten<br />
seine letzten Stunden,<br />
sondern Worte wie: «Wenn du<br />
der Sohn Gottes <strong>bis</strong>t, dann<br />
steig’ herab <strong>vom</strong> Kreuz und<br />
wir werden an dich glauben»<br />
(vgl. Mt 27,42b).<br />
«Er hat auf Gott vertraut, der<br />
helfe ihm jetzt heraus, wenn<br />
er ihn liebhat» (Mt 27,43).<br />
Diese Worte, die der Evangelist<br />
Matthäus den Hohepriestern<br />
und Schriftgelehrten in<br />
den Mund legt, zeugen von<br />
solcherlei Vermenschlichungen:<br />
Es ist eben jene Versuchung,<br />
sich Gott nach den eigenen<br />
Bedürfnissen zurechtzulegen.<br />
Will ich Spuren<br />
Gottes in meinem und im Leben<br />
der Anderen finden oder<br />
in der Predigt über ihn unseren<br />
Gott sprechen, dann habe<br />
ich mich daran zu orientieren,<br />
wie er sich uns in Jesus Christus<br />
zu erkennen gegeben hat.<br />
Sich dem hinzugeben und an<br />
das zu glauben, was nicht ich<br />
auf Erden mache, sondern was<br />
Gott im Himmel schafft, das<br />
bleibt eine lebenslange Herausforderung.<br />
Pfarrerin Dr. Ivana Bendik<br />
<strong>Pressespiegel</strong> der <strong>Evangelisch</strong>-reformierten Landeskirche Graubünden