KSR Skripten Nr. 3 und 4 - Moritz Brinkmann
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RHEINISCHE<br />
FRIEDRICH-WILHELMS-<br />
UNIVERSITÄT BONN<br />
Fachbereich Rechtswissenschaft<br />
Prof. Dr. <strong>Moritz</strong> <strong>Brinkmann</strong>, LL.M. (McGill)<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, dt. <strong>und</strong> europ.<br />
Zivilverfahrensrecht sowie Insolvenzrecht<br />
http://moritzbrinkmann.de<br />
Skript <strong>Nr</strong>. 3<br />
§ 4 Sittenwidrigkeit von Personalsicherheiten<br />
Bülow, Rn. 867 ff.; Looschelders, Schuldrecht BT, Rn. 957 ff.; Medicus/Lorenz, Schuldrecht II,<br />
Rn. 1007.<br />
I. Der verfassungsrechtliche Ausgangspunkt (BVerfGE 89, 214 ff.)<br />
II. Die Anwendung des § 138 I auf Personalsicherheiten<br />
1. Objektiver TB des § 138 I<br />
a) Var. 1 „Überforderung + Zwangslage“<br />
b) Var. 2 „Überforderung + weitere belastende Umstände“<br />
2. Subjektiver TB des § 138 I<br />
a) Kenntnis d. Überforderung (Nachforschungspflicht d. Gl.!)<br />
b) Kenntnis der die Zwangslage begründenden Umstände<br />
c) Ausnutzen der Zwangslage<br />
Mitgefangen, mitgehangen?<br />
Die B <strong>und</strong> ihr Ehemann waren über viele Jahre im Transportgewerbe tätig. Im Jahre<br />
1997 verdienten die Eheleute zusammen mehr als 100.000 € brutto, wovon r<strong>und</strong> 35.000 €<br />
auf die als Prokuristin tätige B entfielen.<br />
Als beide ihren Arbeitsplatz verloren hatten, wandte sich der Ehemann der B im September<br />
1998 an die klagende Sparkasse KS, um staatlich geförderte Existenzgründungsdarlehen<br />
<strong>und</strong> weitere Kredite über insgesamt ca. Euro 60.000 für die von ihm beabsichtigte<br />
Gründung einer Einzelfirma zu erhalten. Nach dem vorgelegten Gründungskonzept sollte<br />
der Betrieb auf dem Gebiet des Transportwesens tätig werden. Ferner war vorgesehen,<br />
dass die B die Büroleitung zusammen mit der Auftragsbearbeitung übernimmt <strong>und</strong> ab<br />
März 1999 ein steigerungsfähiges Jahresgehalt von Euro 38.000 brutto bezieht. Mit notariellem<br />
Vertrag vom 29. Dezember 1998 gründeten die Eheleute eine GmbH, die später<br />
das Unternehmen des Ehemannes der B übernehmen <strong>und</strong> fortführen sollte, aber den Geschäftsbetrieb<br />
nie aufgenommen hat. Am 26. Februar 1999 übernahm die damals 51 Jahre<br />
alte arbeitslose B eine Höchstbetragsbürgschaft über Euro 150.000 gegenüber der KS<br />
für Kredite, die diese dem Ehemann im Hinblick auf die Geschäftsgründung gewähren<br />
würde.<br />
Am 15. März bewilligte die KS die beantragten Kredite. Insgesamt waren auf die Darlehenssumme<br />
von Euro 600.000 Zinsen in Höhe von Euro 38.000 pro Jahr (r<strong>und</strong> 6,3 %) zu<br />
leisten, dies entspricht einem auf die B entfallenden Anteil von r<strong>und</strong> Euro 800 pro Monat.<br />
Im Jahre 1999 hätte der Nettolohn r<strong>und</strong> Euro 1800,- betragen müssen, um einen pfändbaren<br />
Betrag in entsprechender Höhe zu erzielen.<br />
Ab Juli 1999 bezog sie als Angestellte im Unternehmen ihres Ehemannes ein Monatsgehalt<br />
von Euro 1150,- netto. Die Existenzgründung ihres Ehemannes scheiterte. Nach Einstellung<br />
des Gewerbebetriebes wurde im November 2000 über sein Vermögen das Insol-
venzverfahren eröffnet. Die ausgereichten Geschäftskredite wurden deshalb von der KS<br />
fristlos gekündigt.<br />
Die KS hat die Forderung gegen den Ehemann mittlerweile an die Inkassofirma „Geld<br />
oder...“ abgetreten. Kann das Inkassobüro (GO) Zahlung von der B verlangen?<br />
Übungsfall<br />
Das letzte Hemd für die Firma<br />
Der B war bei H-GmbH als Bauleiter angestellt. Sein monatliches Nettoeinkommen, von<br />
dem er 350 € Unterhalt für seine Tochter zu leisten hatte, betrug <strong>und</strong> beträgt 2150,- €.<br />
Nachdem die Gesellschaft in finanzielle Schwierigkeiten geraten war, verhandelte ihr Geschäftsführer<br />
mit der Sparkasse über die Gewährung eines kurzfristigen Kontokorrentkredits<br />
von 230.000 €. Die Sparkasse erklärte sich dazu unter der Voraussetzung bereit,<br />
dass die Gesellschaft hinreichende Sicherheiten stellen würde. Daraufhin übernahmen<br />
der B <strong>und</strong> zwei andere Arbeitnehmer je eine selbstschuldnerische Bürgschaft bis zum<br />
Höchstbetrag von 230.000 € (zzgl. Zinsen <strong>und</strong> Kosten). Kurze Zeit später gab die H-<br />
GmbH das von ihr betriebene Baugeschäft auf <strong>und</strong> stellte einen Antrag auf Eröffnung des<br />
Insolvenzverfahrens, der mangels Masse abgelehnt wurde. Die Sparkasse kündigte das<br />
Darlehen fristlos. Zu diesem Zeitpunkt betrugen die Verbindlichkeiten der Hauptschuldnerin<br />
150.000 €. Die Sparkasse nahm den B aus dem Bürgschaftsvertrag insoweit auf<br />
Zahlung zuzüglich Zinsen iHv. 6 % in Anspruch. Der B verfügt über ein von ihm bewohntes<br />
Hausgr<strong>und</strong>stück im Wert von 300.000 €, das aber mit Gr<strong>und</strong>schulden iHv. 270.000<br />
belastet ist.<br />
Prof. Dr. <strong>Moritz</strong> <strong>Brinkmann</strong> Kreditsicherungsrecht SS 2013 S. 11
RHEINISCHE<br />
FRIEDRICH-WILHELMS-<br />
UNIVERSITÄT BONN<br />
Fachbereich Rechtswissenschaft<br />
Prof. Dr. <strong>Moritz</strong> <strong>Brinkmann</strong>, LL.M. (McGill)<br />
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, dt. <strong>und</strong> europ.<br />
Zivilverfahrensrecht sowie Insolvenzrecht<br />
http://moritzbrinkmann.de<br />
Skript <strong>Nr</strong>. 4<br />
Teil 2 Sicherheiten an beweglichen Sachen <strong>und</strong><br />
Forderungen (Mobiliarsicherheiten)<br />
§ 5 Das Mobiliarpfandrecht<br />
Bülow, Rn. 466 ff.; Prütting, §§ 69 ff.<br />
A. Allgemeines<br />
-‐ Das Pfandrecht als dingliches Recht<br />
-‐ Abgrenzung zum Flaschenpfand: BGH NJW 2007, 2912 (Hoeren/Neurauter, JuS<br />
2010, 412)<br />
I. Funktion des Pfandrechts<br />
-‐ Sicherungs- <strong>und</strong> Befriedigungsrecht an einer beweglichen Sache<br />
II. Arten des Pfandrechts<br />
-‐ Vertragspfandrecht an beweglichen Sachen („Faustpfandrecht“) oder Rechten<br />
-‐ Gesetzliche Pfandrechte<br />
-‐ Pfändungspfandrecht, §§ 803 ff. ZPO<br />
B. Vertragliches Pfandrecht nach §§ 1204 ff. BGB<br />
I. Entstehungsvoraussetzungen<br />
-‐ Einigung<br />
-‐ Übergabe oder Übergabesurrogat<br />
-‐ Berechtigung des Verpfänders<br />
o Beachte für die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs § 1207<br />
-‐ Bestehen der gesicherten Forderung, vgl. § 1210.<br />
II. Erlöschen des Pfandrechts<br />
III. Verwertung des Pfandrechts<br />
-‐ Verbot des Verfallspfands (sog. lex commissoria), § 1229 aber § 1259<br />
-‐ Verwertung durch Pfandverkauf, § 1228,<br />
o Erwerb des Ersteigerers nach § 1242 iVm §§ 929 ff.<br />
-‐ Für das Schicksal des Erlöses siehe § 1247
IV. Übertragung des Pfandrechts, § 1250<br />
C. Pfandrechte an Rechten, §§ 1273 ff.<br />
-‐ Beachte das Anzeigerfordernis aus § 1280<br />
D. Gesetzliche Pfandrechte<br />
I. Funktion<br />
II. Arten<br />
-‐<br />
-‐<br />
besitzgeb<strong>und</strong>ene<br />
besitzlose<br />
III. Voraussetzungen<br />
IV. Wirkungen, § 1257<br />
Übungsfall<br />
Schiefe Töne<br />
Musikproduzent DB schließt einen Kaufvertrag mit V über eine neue Tonstudioausstattung<br />
ab. Der Kauf wird durch den Thomas A finanziert, dem der DB als Sicherheit die<br />
Kaufgegenstände übereignen will.<br />
DB holt die Geräte bei V ab <strong>und</strong> stellt sie in sein Tonstudio, das er von Robert B gemietet<br />
hat.<br />
DB wird zahlungsunfähig, da seine Platten Ladenhüter sind. Daraufhin macht TA seine<br />
Rechte aus der Sicherungsübereignung geltend. Dem widerspricht Robert B, der meint an<br />
der Einrichtung ein Vermieterpfandrecht zu haben. Dennoch holt TA die Sachen ab. Robert<br />
B verlangt von ihm Herausgabe, um die Ausrüstung auf das Gr<strong>und</strong>stück zurückzuschaffen.<br />
V. Der gutgläubige Erwerb eines gesetzlichen Pfandrechts<br />
Der Kleinbusfall (BGHZ 34, 122)<br />
Der Transportunternehmer K kaufte Mitte 2009 bei V einen gebrauchten VW-Kleinbus für<br />
Euro 36.000,-. Der V behielt sich das Eigentum an dem Wagen vor <strong>und</strong> händigte deshalb<br />
den Kraftfahrzeugbrief nicht an K aus. Dem Kauf lagen die Geschäftsbedingungen für<br />
den Verkauf von gebrauchten Kraftfahrzeugen zu Gr<strong>und</strong>e, deren <strong>Nr</strong>. III 8 lautet: „Der<br />
Käufer hat die Pflicht, während der Dauer des Eigentumsvorbehalts den Kaufgegenstand<br />
in ordnungsmäßigem Zustand zu halten <strong>und</strong> erforderlich werdende Reparaturen sofort<br />
ausführen zu lassen.“ K bezahlte den Kaufpreis nicht vollständig. Ende 2009 verunglückte<br />
K mit dem Wagen, ließ ihn von U abschleppen <strong>und</strong> gab ihn ihr zur Reparatur. Die<br />
Rechnung der U., die sich auf Euro 25.740,- belief, wurde von K. nicht beglichen. Nachdem<br />
K in Insolvenz gefallen war <strong>und</strong> V wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten ist, verlangte<br />
V die Herausgabe des Kraftfahrzeuges von U.<br />
Prof. Dr. <strong>Moritz</strong> <strong>Brinkmann</strong> Kreditsicherungsrecht SS 2013 S. 13