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Juenger, Ernst - Der Kampf als inneres Erlebnis

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uns Zustand geworden, ein Element, mit dessen Erscheinungen<br />

wir uns abgefunden hatten wie mit denen des Himmels und der<br />

Erde. Unser früheres Leben war uns nur noch ein dumpfer<br />

Traum, mit dem wir immer mehr den Zusammenhang verloren.<br />

Schickten wir Briefe in die Heimat, so schrieben wir über<br />

Allgemeines oder schilderten das äußere Gesicht des Krieges,<br />

nicht seine Seele. Die wenigen von uns, die sich darüber klar<br />

waren, wußten wohl, daß die dahinten sie nie verstehen würden.<br />

Langsam wurde es Herbst.<br />

Da geschah etwas ganz Unerwartetes, etwas, das wir nie für<br />

möglich gehalten hätten. In einer stürmischen Nacht prasselte<br />

ein wilder Regen auf die Gräben herab. Frierend und naß<br />

standen die Posten im Winde und versuchten vergeblich, die<br />

erloschenen Pfeifen wieder zu entzünden. In Bächen gurgelte<br />

das Wasser an den Grabenwänden auf die Sohle herab,<br />

klatschend zerfiel eine Sandsackmauer, eine Schulterwehr nach<br />

der anderen in zähen Brei. Schlammbedeckt krochen die<br />

Besatzungen wie verscheuchte Rattenschwärme aus den<br />

Unterständen, in denen das Wasser immer höher stieg. Als<br />

langsam und traurig der Morgen hinter feuchten Schleiern<br />

dämmerte, erkannten wir, daß eine wahre Sintflut über uns<br />

hereingebrochen war. Schweigend und erstarrt kauerten wir auf<br />

letzten Vorsprüngen, die auch schon zu bröckeln begannen.<br />

Längst war der letzte Fluch erloschen, ein schlimmes Zeichen.<br />

Was sollten wir tun? Wir waren verloren. Die Gewehre waren<br />

verkrustet. Bleiben konnten wir nicht, und sich über der Erde<br />

zeigen war sicherer Tod. Das wußten wir aus tausendfacher<br />

Erfahrung.<br />

Plötzlich scholl ein Ruf herüber. Jenseits der Drähte tauchten<br />

Gestalten auf in langen gelben Mänteln, sich kaum vom<br />

Hintergrunde der lehmigen Einöde abzeichnende. Engländer, die<br />

sich auch nicht länger in ihren Gräben halten konnten. Das war<br />

wirklich wie eine Erlösung, denn wir waren am Ende unserer<br />

Kraft. Wir schritten ihnen entgegen.<br />

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