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Juenger, Ernst - Der Kampf als inneres Erlebnis

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Es war merkwürdig: Wo immer sie beisammen waren, der<br />

Schnaps fehlte nie. Das war der Rausch, der zu ihnen paßte,<br />

gedrängt wie Explosion, kurz und brutal wie ein Schlag mit der<br />

Axtbreite. Da galt nur der Augenblick, der Tod stand an der<br />

Wand <strong>als</strong> unbeachteter Lakai. Wenn der Rausch die kantige<br />

Wirklichkeit in grelle Farben schmolz, erwachte in ihnen ein<br />

unbändiges Gefühl der Kraft, irgendein kühnes Erbe lohte im<br />

Blut, es mochte mancher Kreuzfahrer, Raubritter, Normanne<br />

oder Bundschuhträger auferstehen. Wurde das Gewirr<br />

draufgängerischer Stimmen immer toller und prasselten Schaller<br />

von Scherben an den Wänden nieder, so galt das Leben nicht<br />

mehr <strong>als</strong> eine Flasche Wein, gut, sich daran zu berauschen und<br />

gegen die nächste Wand zu feuern. Urwüchsige Gewalten,<br />

blindlings wie Sturm und Welle, drohten die Adern zu sprengen<br />

und zerflammten in Rausch, um im Bewußtlosen zu ertrinken.<br />

Oft trieb ihre Unrast sie in dunklen Nächten über den Draht.<br />

Ihnen, die das bunte Banner des Rausches auf ihres Lebens<br />

Zinnen gepflanzt hatten, lag auch ein eigenartig wilder Rausch<br />

darin, dieses Leben aufs Spiel zu setzen. Wenn der Wind in den<br />

Drähten sang und durch spärliche Grasbüschel sauste, wenn<br />

seltsame Schatten im Nebel glitten, dann drang von allen Seiten<br />

das Grauen des Niemandslandes auf sie ein, so stark, daß auch<br />

die Brust dieser Kühnsten in pfeifenden Stößen sich hob und<br />

senkte. Unermeßlich wuchs in ihnen das Gefühl der Einsamkeit,<br />

wenn vor und hinter ihnen die Grenzwälle der Völker <strong>als</strong><br />

schwarze, drohende Bänder der Nacht entragten. Die Lust des<br />

Jägers und die Angst des Wildes mischten sich in ihrem<br />

Abenteurerblut und spannten die Sinne zu tierischer Schärfe. Es<br />

war nicht gut, vor den Gräben zu schanzen, wenn sie die Nacht<br />

durchstrichen. Manchmal, wenn alle Posten schon im Halbschlaf<br />

standen, ertönte in der Einöde vor ihnen eine Reihe von<br />

krachenden Stößen, rötlicher Glanz blitzte auf, und ein Schrei<br />

glitt schrill, lang und leicht über den Raum hinaus. Da wußte<br />

jeder - wie man im Traum etwas weiß, obwohl man es nie<br />

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