Juenger, Ernst - Der Kampf als inneres Erlebnis
Juenger, Ernst - Der Kampf als inneres Erlebnis
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Nahe genug ist es immer daran gewesen. Gestern noch. Jeder<br />
Tag, den ich noch atme, ist ein Geschenk, ein großes, göttliches,<br />
unverdientes Geschenk, das genossen werden muß in langen,<br />
berauschenden Zügen wie köstlicher Wein.<br />
Ich springe auf und stecke den Kopf ins Wasser. Dem<br />
Handtuch, in dem ich mich abtrockne, entströmt ein ganz zarter<br />
Duft, irgendwie an die Hände schöner, gepflegter Frauen<br />
erinnernd. Das Überstreifen des Hemdes ist eine feierliche<br />
Handlung, eine Krönung meiner neuen Menschwerdung. Wie<br />
das weiße, knisternde Leinen den Körper streichelt, so<br />
beruhigend und anregend zugleich. Wie überreich ist doch das<br />
Leben an feinen Dingen, an Genüssen, die man jetzt erst zu<br />
würdigen weiß. Das verdanken wir dem Kriege, dieses<br />
Bedürfnis, jedes Fäserchen unseres Wesens ins Leben zu<br />
senken, um es in seiner ganzen Pracht zu fassen. Dazu muß man<br />
die Verwesung kennen, denn nur wer die Nacht kennt, weiß das<br />
Licht zu schätzen.<br />
Draußen auf der Straße frage ich einen Zivilisten nach dem<br />
Schwimmbade. Es macht mir Vergnügen, französisch zu<br />
sprechen. Ich habe dabei das Gefühl, <strong>als</strong> ob mich doch etwas<br />
verbindet mit dem Lande, dem ich Wunden schlage.<br />
Im Schwimmbade ist es herrlich. Die Sonne wirft durch das<br />
Glasdach zitternde Kringel auf den grünen Fliesenbelag. Ich<br />
gleite mit Inbrunst durch das Wasser. Vom Sprungbrett lachen<br />
mir einige nackte Gestalten zu. Die Kameraden sind auch schon<br />
da; ich habe sie zuerst gar nicht erkannt. Wenn man sie immer<br />
so gebückt und in erstarrten Dreck verkrustet durch die Gräben<br />
schleichen gesehen hat, erstaunt man über die straffen,<br />
schlanken Körper, deren Muskeln unter dem feuchten Glanze<br />
wie flüssiger Marmor spielen. Was sind sie doch für<br />
Prachtkerle! Fast alle haben rote Narbenmale, die ihnen im<br />
<strong>Kampf</strong>e springender Stahl aufs Fleisch glühte. Wenn sie von<br />
oben wie schwingende Pfeile sich ins Wasser schnellen, fühlt<br />
man instinktiv: Die haben Mut.<br />
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