Juenger, Ernst - Der Kampf als inneres Erlebnis
Juenger, Ernst - Der Kampf als inneres Erlebnis
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13. Vom Feinde<br />
Dieses Gefühl hat man oft in den Nächten des <strong>Kampf</strong>es: Von<br />
einem sagenhaften <strong>Erlebnis</strong> zu träumen. Man geht durch den<br />
Graben wie im Traum, der ursächliche Zusammenhang ist dem<br />
Bewußtsein fern; schneidet ein Ereignis sich ins Hirn, so ist man<br />
kaum überrascht, <strong>als</strong> hätte man alles längst zuvor gewußt.<br />
Das scheint mir ganz verständlich. Zwei Stunden wälzt man<br />
sich im Halbschlaf auf der Drahtmatte des Unterstandes, zwei<br />
Stunden schleicht man übermüdet im Graben auf und ab; das<br />
wiederholt sich Nacht für Nacht. Da hält man zuletzt erregte<br />
Träume für Wirklichkeit und die Wirklichkeit für einen blassen<br />
Traum.<br />
Auch ist die Nacht heute so seltsam. <strong>Der</strong> Vollmond ist hinter<br />
schimmernden Nebeln verdeckt, die <strong>als</strong> seine Ausstrahlung über<br />
der Landschaft stehen. Sein wie durch Milchglas abgeblendetes<br />
Licht saugt die Wirklichkeit aus den Dingen, man sieht nichts<br />
und glaubt doch viel zu sehen. Die schwere Luft schluckt die<br />
Töne ein, man geht lautlos wie auf Meeresgrund.<br />
Das sind so Erklärungen, durch die man sich zu beruhigen<br />
sucht. Was man erklären kann, das braucht man nicht zu<br />
fürchten. Wir setzen unser Hirn in den Mittelpunkt und lassen es<br />
von allen Dingen umkreisen.<br />
Aber wenn man in solcher Nacht verlassen und einsam steht,<br />
dann ahnt man erst, wie oberflächlich diese ganze Fragestellung<br />
ist. Dann fühlt man sich ausgeliefert wie ein Kind, dann wird<br />
das Tollste Gewißheit wie in einem grausigen Traum. Wohl sagt<br />
man sich, daß Müdigkeit und eine spukhafte Nacht ihr Spiel mit<br />
den Nerven treiben, doch eine Beruhigung ist das ebensowenig<br />
wie der Trost des Vaters im Erlkönig: "Mein Sohn, es ist ein<br />
Nebelstreif."<br />
Und dann dieses dumpfe Raunen: Es ist etwas los. Man<br />
möchte es gern im Hirn behalten, nicht daran denken, doch es<br />
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