März 2007 - Verband der Ernährungswissenschafter Österreichs
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fachbericht<br />
Mag. Irene Schiefermaier<br />
irene.schiefermaier@umweltberatung.at<br />
Nachhaltig essen:<br />
Klimaschutz mit Messer und Gabel<br />
Essen ist mehr als mit Genuss satt werden! Die Auswahl unserer<br />
Nahrungsmittel hat direkte Auswirkungen auf unsere Gesundheit,<br />
das ist uns bekannt. Wie aber wirkt sich <strong>der</strong> Griff ins Obstund<br />
Gemüsefach o<strong>der</strong> in die Fleischvitrine auf unsere Umwelt<br />
aus? Zieht unsere Auswahl <strong>der</strong> Lebensmittel auch ökologische<br />
Konsequenzen mit sich?<br />
Eines ist klar: Klimaschutz ist nicht nur die Wahl des besten<br />
Kühlschranks, auch <strong>der</strong> Inhalt wirkt sich positiv o<strong>der</strong> negativ auf<br />
das Klima aus! Wir KonsumentInnen treffen im Supermarkt, auf<br />
dem Markt o<strong>der</strong> beim Ab-Hof-Verkauf gesundheitliche und ökologische<br />
Entscheidungen. Was ist nun besser für die Umwelt?<br />
Konventionelle Erdäpfel aus dem Weinviertel o<strong>der</strong> Bioerdäpfel<br />
aus Ägypten? Sind die Empfehlungen <strong>der</strong> Ernährungswissenschaft<br />
auch wirklich klimaverträglich?<br />
Die Beurteilung <strong>der</strong> Umweltauswirkungen <strong>der</strong> Ernährung beruht<br />
auf Schätzwerten. Es werden unterschiedliche Verfahren wie z. B.<br />
Öko- o<strong>der</strong> Energiebilanzen verwendet, die allerdings häufig<br />
komplex und schwer interpretierbar bzw. nachvollziehbar sind.<br />
Im Rahmen des Universitätslehrgangs Umweltmanagement an<br />
<strong>der</strong> Universität für Bodenkultur Wien wurden in Zusammenarbeit<br />
mit „die umweltberatung“ in Form einer Master Thesis die<br />
Umweltauswirkungen <strong>der</strong> typisch österreichischen Ernährung<br />
analysiert. DI Susanne Weik wählte als Indikator für den Einfluss<br />
<strong>der</strong> Ernährung auf den Treibhauseffekt „CO 2 -Äquivalente“. Der<br />
Indikator „CO 2 -Äquivalente“ hat gegenüber einer Energie- o<strong>der</strong><br />
reinen CO 2 -Bilanz den Vorteil, dass die spezifischen landwirtschaftlichen<br />
Emissionen einbezogen werden.<br />
Die treibhauswirksamen Emissionen <strong>der</strong> Ernährung setzen sich im<br />
Wesentlichen aus den Emissionen von CO 2 (Kohlendioxid), CH 4<br />
(Methan) und N 2 O (Lachgas) zusammen. Diese stammen aus<br />
<strong>der</strong> Produktion und <strong>der</strong> Verwendung von Mineraldüngern und<br />
Pestiziden o<strong>der</strong> werden durch Treibstoffe und Futtermittelimporte<br />
verursacht. Weiters wird Methan aus Exkrementen und<br />
Gülle emittiert und von Wie<strong>der</strong>käuern und im Reisanbau produziert.<br />
Innerhalb des Sektors Ernährung" tragen Landwirtschaft, Verarbeitung,<br />
Handel und die VerbraucherInnen selbst in unterschiedlichem<br />
Ausmaß zu den Gesamtemissionen bei. Der<br />
Hauptanteil (52 %) <strong>der</strong> Emissionen stammt aus <strong>der</strong> landwirtschaftlichen<br />
Produktion, wobei die Tierproduktion hier vorrangig<br />
ist.<br />
Tierische Produkte verursachen demnach wesentlich höhere<br />
Treibhausgasemissionen als pflanzliche. 1 kg konventionell hergestellte<br />
Butter verursacht z. B. 31 kg CO 2 -Äquivalente, im Vergleich<br />
dazu verursachen 1 kg pflanzliche Lebensmittel generell<br />
weniger als 1 kg CO 2 -Äquivalente.<br />
Was hat mein Schnitzel mit dem Treibhauseffekt zu tun?<br />
Mit einem deutlich geringeren Fleischverzehr lässt sich <strong>der</strong><br />
Ausstoß an CO 2 reduzieren, wie das? Pro Kopf und Tag essen wir<br />
durchschnittlich 250 g Fleisch. ErnährungsexpertInnen empfehlen<br />
nur ein Viertel dieser Menge, nämlich 65 g pro Tag! Würden<br />
alle ÖsterreicherInnen die Fleischportion um nur 10 bis 20 % verringern,<br />
könnten 4 Mio. t CO 2 -Äquivalente eingespart werden –<br />
das entspricht rund 1500 Mio. Litern Benzin.<br />
Wir ÖsterreicherInnen und unsere Lust auf Frischgemüse!<br />
Wir ÖsterreicherInnen sind wahre Tomaten- LiebhaberInnen!<br />
Tomaten sind das Liebingsgemüse von Frau und Herrn Österreicher.<br />
Mit 15 % <strong>der</strong> Ausgaben für Frischgemüse führen sie die<br />
Rangliste vor Paprika und grünem Salat an. Die in Österreich angebotenen<br />
Tomaten stammen übers Jahr gesehen bereits zu<br />
80 % aus dem Ausland. Im Jahr 2004 wurden 1951 Tonnen<br />
Tomaten aus Spanien nach Österreich importiert. Allein mit diesem<br />
Energieverbrauch, <strong>der</strong> in den Tomaten steckt, könnte man<br />
5600 Häuser (150 m 2 ) im Jahr heizen!<br />
Freilandware gegen Glashausproduktion<br />
Die restlichen 20 % <strong>der</strong> roten Früchtchen produzieren wir ÖsterreicherInnen<br />
selber. Die Nachfrage nach Sommergemüse in den<br />
kalten Wintermonaten bewirkt eine Zunahme <strong>der</strong> beheizten<br />
Gewächshausflächen auch in Österreich. Laut Statistik Austria<br />
werden in Österreich 98,8 % <strong>der</strong> Tomaten in Glashäusern o<strong>der</strong> im<br />
Folienanbau produziert. Der Trend ist: Nährlösung statt Mutter<br />
Erde, „Wasserbomben“ statt geschmackvolle Tomaten. Freilandtomaten<br />
spielen gesamtwirtschaftlich gesehen keine Rolle<br />
mehr (1,2 %). Extremer Nachteil <strong>der</strong> heimischen Glashausproduktion<br />
ist <strong>der</strong> überaus hohe Energieverbrauch. Die Produktion<br />
von Obst und Gemüse im beheizten Treibhaus verbraucht<br />
10-mal so viel Energie wie <strong>der</strong> Freilandbau. Die Produktion von<br />
Lesen Sie weiter auf Seite 9.<br />
einblicke 01/07. Zeitschrift des <strong>Verband</strong>es <strong>der</strong> <strong>Ernährungswissenschafter</strong> <strong>Österreichs</strong><br />
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