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Lieben die ArbeiterInnen die Arbeit? - Wildcat

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waren, sich wie jede andere Macht an der Spitze fest: Sie versprachen viel,<br />

förderten einige und unterdrückten andere. Die Masse der <strong>Arbeit</strong>er, <strong>die</strong><br />

anfangs nicht in der Lage oder bereit gewesen war, <strong>die</strong> Fabriken in ihrem<br />

eigenen Interesse zu betreiben, sah sich neuen Chefs gegenüber, <strong>die</strong> ihnen<br />

mitteilten, dass sie jetzt für sich selbst und den Weltsozialismus arbeiteten.<br />

Sie antworteten so, wie sie das meistens tun: mit individuellem und kollektivem,<br />

aktivem und passivem Widerstand. Einige Streiks, wie z.B. in der<br />

berühmten <strong>Arbeit</strong>erhochburg Putilov-Werke, wurden in einem Blutbad niedergeschlagen.<br />

Das geschah sogar schon vor 1921 und dem Kronstadter<br />

Aufstand (wie <strong>die</strong> nun zugänglichen Archive der Tscheka zeigen).<br />

Die historische Tragö<strong>die</strong> bestand darin, dass ein Teil der <strong>Arbeit</strong>erklasse,<br />

organisiert in einer Partei und im Staat, den anderen Teil zwang, für eine<br />

Revolution zu arbeiten – <strong>die</strong> schon allein dadurch keine mehr war. Die Anarchisten<br />

erkannten <strong>die</strong>sen Widerspruch sofort, wenig später <strong>die</strong> holländisch-deutschen<br />

Linkskommunisten und viel später – wenn überhaupt – <strong>die</strong><br />

italienische Linke. Er verschloss jedenfalls ganz sicher das Tor zu jeder Art<br />

von <strong>Arbeit</strong>erkapitalismus.<br />

Die immer wieder hoch kommende Opposition gegen <strong>die</strong> bolschewistische<br />

Mehrheit (<strong>die</strong> Linkskommunisten, <strong>die</strong> Machnotschina, zu der auch<br />

Fabrikkollektive gehörten, <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong>eropposition, <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong>ergruppe) war<br />

ein Ausdruck <strong>die</strong>ser Unmöglichkeit. Es ist kein Zufall, dass <strong>die</strong> Debatte<br />

darüber, wer in den Fabriken das Sagen haben sollte, ihren Höhepunkt<br />

1920 erreichte, als <strong>die</strong> revolutionäre Welle im Abklingen war. Da war<br />

schon alles gesagt und getan und <strong>die</strong> Spaltung zwischen den Massen und<br />

der Partei war vollständig. Es war aber nur eine negative Spaltung, denn<br />

<strong>die</strong> ProletarierInnen hatten keine Alternative zur bolschewistischen Politik<br />

anzubieten. Mjasnikows <strong>Arbeit</strong>ergruppe war winzig klein, aber immerhin<br />

ein tatsächlicher Ausdruck der Basis, während Kollontais <strong>Arbeit</strong>eropposition<br />

<strong>die</strong> Stimme der Gewerkschaften war, eine Bürokratie gegen <strong>die</strong> andere.<br />

Die Partei war aber wenigstens konsequent. Bereits 1917 hatte Losowski<br />

erklärt: »Die <strong>Arbeit</strong>er dürfen nicht glauben, dass <strong>die</strong> Fabriken ihnen gehören«.<br />

Zu<strong>die</strong>serZeitdrückte das Dekret über <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong>erkontrolle noch ein<br />

gewisses Machtgleichgewicht aus: <strong>die</strong> Militanz der Belegschaften hielt ein<br />

Februar 2003 11

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