Lieben die ArbeiterInnen die Arbeit? - Wildcat
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ten <strong>die</strong> Ideologie der <strong>Arbeit</strong>erselbstverwaltung rundweg ab. Nun, da sie<br />
endlich an der Macht in Aufsichtsräten und Ministerien beteiligt waren,<br />
konnten sie <strong>die</strong> Wirtschaft nur noch dadurch voran bringen, dass sie sich an<br />
<strong>die</strong> altbewährten Methoden hielten, <strong>die</strong> den Bourgeois seit Jahrhunderten<br />
gute Dienste geleistet hatten.<br />
In den schärfsten Krisen haben <strong>die</strong> Proletarier – egal, was sie vielleicht<br />
dachten oder sagten – nicht versucht, sich selbst zu bestätigen, indem sie<br />
den Wert der <strong>Arbeit</strong> affirmierten. Seit Anbeginn der Klassenkämpfe haben<br />
sie immer für kürzere <strong>Arbeit</strong>szeit und höheren Lohn gekämpft. Wir sollten<br />
auch nicht vergessen, was den Alltag in der Fabrik oder im Büro ausmacht:<br />
Blaumachen, kleine Diebstähle, Bummeleien, Absentismus, Krankmachen,<br />
ja sogar Sabotage und Angriffe auf Vorgesetze. All <strong>die</strong>se Erscheinungen<br />
nehmen nur in Zeiten ausgeprägter <strong>Arbeit</strong>slosigkeit ab. Dass freebie-<br />
Streiks so selten sind (z.B. wenn Transportarbeiter Freifahrten erlauben,<br />
Postangestellte Briefe gratis befördern und Gratistelefonate zulassen), liegt<br />
vor allem daran, dass Streiks zunächst eine Gelegenheit zum Schwänzen<br />
der <strong>Arbeit</strong> sind.<br />
Wir wollen hier nicht so tun, als sei <strong>die</strong> proletarische Wirklichkeit eine<br />
permanente Untergrundrevolte. Die widersprüchliche Rolle des Lohnarbeiters<br />
im Produktionsprozess bringt eine widersprüchliche Haltung zur <strong>Arbeit</strong><br />
mit sich. Der Proletarier legt eine Menge in seine <strong>Arbeit</strong> hinein, unter<br />
anderem deswegen, weil ohne ein Mindestmaß an Interesse niemand eine<br />
Tätigkeit stunden- und jahrelang aushalten kann, und weil <strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong> sowohl<br />
zur Abstumpfung unserer Fähigkeiten und Kenntnisse beiträgt als<br />
auch eine Gelegenheit bietet, <strong>die</strong>se wenigstens zum Teil auszudrücken.<br />
In Zeiten sozialen Aufruhrs zeigen <strong>die</strong> Proletarier entweder eine tiefe<br />
Gleichgültigkeit gegenüber der <strong>Arbeit</strong> (manchmal fliehen sie vor ihr), oder<br />
<strong>die</strong> <strong>Arbeit</strong> wird von neuem gegen sie durchgesetzt. In solchen Phasen<br />
fangen <strong>die</strong> ProletarierInnen an, ihre Existenzbedingungen zu kritisieren,<br />
denn <strong>die</strong> Verweigerung der <strong>Arbeit</strong> ist ein erster Schritt zur Verneinung der<br />
eigenen proletarischen Existenz.<br />
Es stimmt allerdings, dass sie bisher über <strong>die</strong>se Kritik – oder erste Schritte<br />
dort hin – nicht hinausgegangen sind. Das ist das Problem.<br />
32 Beilage zu <strong>Wildcat</strong>-Zirkular 65