AG 18: Ausdruck und Verstehen

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2 INHALT 3 I. ÄSTHETIK UND SOZIALITÄT: EIN BLICK IN AKTUALITÄT UND GESCHICHTE 3 1. Aktualität 4 2. Geschichte: Warburg - Panofsky 7 3. Habitus: Panofsky - Bourdieu 10 II. IMPLIKATE DES HABITUS-GEDANKENS 10 1. Feld - Ähnlichkeit - Erkenntnisinteresse 11 2. Habitus - Verstehen - Leib 12 3. Exkurs: Körper/Leib 12 4. Habitus - Zeit - Prolepsis 16 III. MIMESIS 16 Vorbemerkung: Mimesis bei Bourdieu 16 1. Mimesis: Historische Anthropologie 19 2. Mimesis: Phänomenologische Anthropologie 20 3. Mimesis: Neurophysiologie 22 IV. DIE EINHEIT DER SINNE: SELBSTÄHNLICHKEIT DER MIMESIS 22 1. Phänomenologie: die Kategorien leiblicher Partizipation 24 2. Empirie: Transmodale Wahrnehmung und soziale Abstimmung 25 3. Rückbezug zur Logik der Praxis Bourdieus 26 V. ÄSTHETIK: INKARNATION UND EXKARNATION 26 1. Ein Blick in die Geschichte früher Hochkulturen 28 2. Gegenwart: Graffitti 30 3. Ästhetik und das Feld des Möglichen 32 LITERATUR
3 I. ÄSTHETIK UND SOZIALITÄT: EIN BLICK IN AKTUALITÄT UND GESCHICHTE 1. Aktualität Die Frage nach dem Zusammenhang von Ästhetik und Sozialität verweist auf vielfältige Denkhorizonte. So eröffnet etwa die ‚Neue-Medien-Diskussion‘ ein sich ständig bewegendes, immer Neues generierendes Denkfeld. Die Frage nach der Ästhetisierung der Gesellschaft in ihren verschiedenen Ausformungen schließt sich an, und selbst im traditionellen Kontext Kunst zeigte sich z. B. die letzte Documenta_11 in einem zutiefst politischen Sinne 1 als Konvergenzprojekt von Ästhetik und Sozialität. Die dort realisierte Arbeit von Thomas Hirschhorn war nachgerade eine sozial-ästhetische Arbeit, in welcher der Versuch gemacht wurde, die Grenze des Feldes Kunst zu öffnen 2 . Hier soll es jedoch nicht um Fragen der Künste und ihrer Felder gehen, sondern darum, das Vermögen, in welchem Ästhetik und Sozialität konvergieren, aufzuweisen. Die Begriffe Ausdruck und Verstehen bilden einen ersten Hinweis darauf. Der Begriff ‚Nonverbale Kommunikation‘ führt weiter in diese Richtung. Scheinbar alltägliche Selbstverständlichkeit erweist sich dieses Vermögen jedoch, wie die meisten Selbstverständlichkeiten, wenn man über sie nachdenkt, als komplexes Phänomen. Die Frage nach dem Verstehen kulturell andersartiger, fremder Ausdrucksformen impliziert aber auch die Möglichkeit des Nichtverstehens und führt weiter zur Frage ‚historischen‘ Ausdrucksverstehens bis hinein in die Bereiche kulturellen und kollektiven Gedächtnisses. Ich setze zur Klärung der Frage nach dem Vermögen, in welchem Ästhetik und Sozialität konvergieren, am Gedanken des Leibes/Körpers als primärer Gegebenheit an. Dieses Vorverständis meint dessen Eingelassenheit in die Welt als primordialer Partizipation und entsprechend inkarnierter Sozialität. Der Grundgedanke, dem ich hier folge, geht darauf hinaus, das Ästhetische, einschließlich der ‚Neuen Medien‘, als Ausdruck und Erscheinung eben dieser, dem Denken voraus- und zugrundeliegenden Beziehung von Leib/Körper und sozialer Welt zu begreifen. Das heißt den ‚blinden Fleck‘ des Denkens im Ästhetischen zu denken, einer Erkenntnisform jedoch, die sich nur im Vollzug zu erkennen gibt. Der Gedankengang führt über den Begriff des Habitus zur Mimesis als implizitem Wissen und dessen Erscheinungen im Sozialen und Ästhetischen. 1 Die vier verschiedenen - nicht nur - vorbereitenden Plattformen als Diskussionsforen, haben die aktuellsten Fragen der globalen gesellschaftlichen Wirklichkeit aufgegriffen. Erst in Plattform 5 erschien die Kasseler Ausstellung als Kontext ‚Kunst‘. 2 Hirschhorns Projekt ist keiner vertrauten Präsentationsform zuzuordnen. Man könnte vom ‚Bataille Monument‘ als einem Kulturprojekt zu Ehren Georges Batailles sprechen. Dazu gehören: Bibliothek, Video etc. in kurzlebigen Bauten, draußen ein in Hirschhornmanier mit Klebeband aus Abfallmaterialen hergestellter Baum. Dem ‚Kultur‘-Projekt scheint jedoch die Wöhler-Siedlung als Ort dieses Projektes zu widersprechen. Sie ist ein Arbeiterquartier mit einem hohen Ausländeranteil. Mit Bewohnern dieses Quartiers hat Hirschhorn das Projekt aufgezogen, die Bauten gezimmert und sie mit einem festen Stundenlohn bezahlt. Manche haben weiter bei der Betreuung des Projektes mitgearbeitet. Hirschhorn selbst versteht sich nicht als Sozialarbeiter, schon gar nicht als Heilsbringer. Er begreift sich als ästhetischer Arbeiter, der sich die Hilfe holt, die er braucht und dafür bezahlt. In diesem sozialen Kontext sieht er sich als Mitverantwortlicher und Ansprechperson für alltägliche Probleme. Ästhetisches Programm ist gleichwohl die Konfrontation mit dem ‚Kulturheroen‘ Bataille. Ob und wie diese soziale Dimension des Projektes mit Batailles Gedanken der ‚Verausgabung‘, ‚Verschwendung‘ zusammenzudenken wären, ist eine neue Frage (Vgl. Documenta 11 Plattform 5: Ausstellungsorte, Ostfildern- Ruit 2002, Vgl. S. Saéz de Guinoa Waltinger, Thomas Hirschhorns Bataille-Monument auf der Documenta 11, kunsttexte.de 3/2002).
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