Urzeit entdecken: Urzeit entdecken: - Gießener Allgemeine
Urzeit entdecken: Urzeit entdecken: - Gießener Allgemeine
Urzeit entdecken: Urzeit entdecken: - Gießener Allgemeine
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Foto: bf<br />
Von Marienkäfern lernen<br />
Ein spannender Blick in die Spitzenforschung in Gießen, die der Stadt<br />
bald ein Fraunhofer-Institut bringen könnte.<br />
Sinnesorgane, die über mehrere Kilometer hinweg<br />
funktionieren; die Fähigkeit, Nahrungsmittel mit körpereigener<br />
Kraft und ohne weitere Hilfsmittel wie<br />
einen Kühlschrank für lange Zeit zu konservieren; ein<br />
fantastisches Immunsystem, das sogar in extremen<br />
Lebensräumen wie Jauchegruben Überlebensfähigkeit<br />
garantiert und noch vieles mehr – all das klingt für<br />
uns Menschen wie Superkräfte aus einem Science-<br />
Fiction- oder Fantasy-Comic. Für Insekten sind diese<br />
Fähigkeiten hingegen Bestandteil des normalen Lebens.<br />
Wäre es also nicht unglaublich praktisch, wenn<br />
der Mensch diese Eigenschaften seiner kleinen Mitlebewesen<br />
für sich nutzbar machen könnte?<br />
Genau daran arbeitet seit 2009 in Gießen die durch<br />
die LOEWE-Initiative des Landes Hessen unterstützte<br />
Fraunhofer-Projektgruppe »Bio-Ressourcen« um Abteilungsleiter<br />
Prof. Dr. Andreas Vilcinskas. Und das mit<br />
so großem Erfolg, dass Gießen Standort des ersten<br />
Fraunhofer-Instituts in Mittelhessen werden soll.<br />
»Mein Lieblingsspruch lautet: Von Insekten lernen<br />
heißt siegen lernen«, sagt Vilcinskas und begründet:<br />
»Insekten sind mit 1,2 Millionen Arten die erfolgreichste<br />
Tiergruppe auf der Erde. Ihre Diversität manifestiert<br />
sich auf molekularer Ebene, und unser Ziel ist,<br />
diese zum Wohle der Menschheit nutzbar zu machen.<br />
Zum Beispiel, um neue Substanzen zu finden,<br />
aus denen man Antibiotika gewinnen kann«, spricht<br />
der Biologe eines der Forschungsfelder seines Projekts<br />
an. Denn neben dem Pflanzenschutz (im Biologie-<br />
Farbencode auch Grüne Biotechnologie genannt) und<br />
der Industrie (Weiße Biotechnologie) gilt ein Fokus<br />
der Medizin (Rote Biotechnologie).<br />
Der Wissenschaftler erläutert die Vorgehensweise der<br />
Projektgruppe am Beispiel des Asiatischen Marienkäfers<br />
(Foto oben), der in Gießen erfolgreich erforscht<br />
und nutzbar gemacht werden konnte. Zu Beginn<br />
einer jeden Untersuchung steht eine These: »Der Asiatische<br />
Marienkäfer ist eine invasive Art und breitet<br />
sich im Gegensatz zu unserem heimischen Marienkäfer<br />
weltweit aus – er muss also ein Top-Immunsystem<br />
haben.« Diese Hypothese konnte eindrucksvoll bestätigt<br />
werden. In der Hämolymphe (dem Blut) des Asiatischen<br />
Marienkäfers konnte eine extrem starke Wirkung<br />
gegen Bakterien nachgewiesen werden, die bei<br />
heimischen Marienkäferarten nicht vorkommt. Die<br />
dafür verantwortliche Substanz wurde aus dem asiatischen<br />
Insekt isoliert, charakterisiert und synthetisch<br />
hergestellt. Das sogenannte Harmonin zeigte im Labor<br />
eine vielversprechende Wirkung gegen die Erreger<br />
der Tuberkulose und der Malaria. Um aus solchen<br />
Substanzen nun Medikamente entwickeln zu können,<br />
ist es wichtig zu wissen, wie diese hergestellt<br />
werden. Und deshalb erforschen die <strong>Gießener</strong><br />
Wissenschaftler jetzt, wie sich die Marienkäfer als