Jenseits von Spiritismus und Spiritualismus? - Karl-May-Gesellschaft
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Für die breite Öffentlichkeit wurde noch vor Erscheinen <strong>von</strong> Droops<br />
Monographie dieses Thema ausgebreitet, als mit der Veröffentlichung<br />
des anonymen Artikels ›Ein spiritistisches Schreibmedium als Hauptzeuge<br />
der »Vorwärts«-Redaktion‹ am 28. März 1909 im ›B<strong>und</strong>‹ Rudolf Lebius<br />
(1868–1946) nicht nur Klara <strong>May</strong> diskreditierte, die <strong>von</strong> seinen sozialdemokratischen<br />
Prozessgegnern Carl Wermuth <strong>und</strong> Hans Weber als<br />
Zeugin benannt worden war, sondern er auch den Schriftsteller als Anhänger<br />
des <strong>Spiritismus</strong> denunzierte. Sowohl vor Gericht als auch in öffentlichen<br />
Erklärungen bestritt <strong>May</strong> seine Beschäftigung mit dem <strong>Spiritismus</strong><br />
nicht, doch wehrte er sich vehement gegen den Vorwurf, ein Spiritist zu<br />
sein, bezeichnete sich hingegen vielmehr als Spiritualisten. Er reagierte<br />
auf den ›B<strong>und</strong>‹-Beitrag am 16. April 1909 mit einer Privatklage »wegen<br />
verleumderischer Beleidigung« 5 beim Großherzoglich Sächsischen<br />
Amtsgericht Weimar gegen seine geschiedene Ehefrau Emma Pollmer,<br />
weil sie den Journalisten mit Material versorgt hatte. In der Klageschrift<br />
erklärte <strong>May</strong> durch seine Anwälte: »Die Behauptungen, Frau Plöhn sei<br />
Spiritistin ja sogar Schreibmedium gewesen <strong>und</strong> ebenso sei <strong>Karl</strong> <strong>May</strong><br />
Spiritist, ist wissentlich unwahr.« 6 Zu einer Hauptverhandlung kam es in<br />
dem Verfahren nicht, da der Schriftsteller im April 1910 seine Klage<br />
zurückzog. Emma unterschrieb ihm zuvor mehrere Erklärungen, die er in<br />
anhängigen Prozessen gegen Rudolf Lebius verwenden konnte.<br />
Unter Ausschluss der Öffentlichkeit erörterte man das <strong>Spiritismus</strong>-<br />
Thema schon 1961 in einem ›<strong>Karl</strong>-<strong>May</strong>-R<strong>und</strong>schreiben‹. 7 »Die dokumentarischen<br />
Fakten zum Thema <strong>Spiritismus</strong> in <strong>May</strong>s Leben sind bislang<br />
noch nicht ausreichend interpretiert worden«, 8 befand Gerhard Klußmeier<br />
1979, auch sei die unter dem Titel ›<strong>Karl</strong> <strong>May</strong> <strong>und</strong> der <strong>Spiritismus</strong>‹ 9 <strong>von</strong><br />
Axel Mittelstaedt ein Jahr zuvor veröffentlichte Darstellung unzureichend.<br />
Erst in einer 2002 veröffentlichten Dissertation <strong>von</strong> Diethard<br />
Sawicki über die Entstehung des Spritismus in Deutschland wurde das<br />
Thema in einer Fallstudie, ›Die Eheleute <strong>May</strong>. Innenansichten aus dem<br />
sächsischen <strong>Spiritismus</strong>‹, 10 wieder aufgegriffen. Detailliert dokumentiert<br />
wurde bislang nur ›<strong>Karl</strong> <strong>May</strong>s Weg zum <strong>Spiritismus</strong>‹, 11 doch wurde dabei<br />
die Suche nach ›Geister-Spuren‹ auf die Zeit beschränkt, als er in Hohenstein,<br />
Blasewitz bzw. in Dresden wohnte. Sie endete demzufolge in der<br />
biographischen Ebene im Jahr 1888. Diethard Sawicki griff in seinem<br />
2005 auf dem Essener Kongress gehaltenen Vortrag 12 das Thema seiner<br />
Dissertation nochmals auf <strong>und</strong> zeigte, welche Beziehungen zwischen den<br />
Themenfeldern Okkultismus <strong>und</strong> <strong>Spiritismus</strong> im deutschen Kaiserreich<br />
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