Armut und Ausgrenzung verhindern - Das LINKE CMS
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Kinderarmut – Ursachen <strong>und</strong> Folgen 20<br />
Herrschende Politik<br />
macht Kinder arm<br />
Fragt man die B<strong>und</strong>esregierung nach<br />
ihrer Zwischenbilanz zum »Nationalen<br />
Aktionsplan für ein kindgerechtes<br />
Deutschland 2005–2010«, so kann man<br />
nur beruhigt sein. »Die Situation von<br />
Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen in Deutschland<br />
verbessert sich merklich.« <strong>Das</strong><br />
ist das Fazit des Zwischenberichts<br />
zum Nationalen Aktionsplan »Für ein<br />
kindgerechtes Deutschland 2005–2010«,<br />
den der Parlamentarische Staatssekretär<br />
im B<strong>und</strong>esministerium für Familie,<br />
Senioren, Frauen <strong>und</strong> Jugend, Hermann<br />
Kues, im Dezember vergangenen Jahres<br />
vorgelegt hat. Die vielen <strong>Armut</strong>sstudien<br />
von Prognos, UNICEF, dem Deutschen<br />
Kinderhilfswerk oder der Organisation<br />
für wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />
<strong>und</strong> Entwicklung (OECD) sprechen<br />
eine andere Sprache. Davon lässt<br />
sich die Regierung jedoch nicht beirren.<br />
»Wir sind auf dem richtigen Weg«, meint<br />
Kues bei der Vorstellung des Zwischenberichts.<br />
»<strong>Das</strong> Kinderförderungsgesetz<br />
zum Beispiel beseitigt die letzten juristischen<br />
Hürden zum Ausbau der Kinderbetreuung.<br />
<strong>Das</strong> ist ein ganz wesentlicher<br />
Meilenstein für mehr Kinderfre<strong>und</strong>lichkeit!«<br />
Wie materielle <strong>Armut</strong> die Ges<strong>und</strong>heit von Kindern <strong>und</strong><br />
Jugendlichen beeinflusst<br />
⊲ Deutlich höhere Säuglingssterblichkeit nach der Geburt als in den<br />
oberen sozialen Schichten<br />
⊲ Deutlich mehr Kinder, die mit einem Gewicht von weniger als 2500<br />
Gramm geboren werden<br />
⊲ Zweimal höhere Sterblichkeitsrate durch Unfälle als bei Kindern aus<br />
privilegierten Schichten<br />
⊲ Sehr viel häufigeres Auftreten akuter Erkrankungen<br />
⊲ Höhere Anfälligkeit für chronische Erkrankungen. ⋆<br />
⋆<br />
Vgl. Birgit Fischer, Statt eines Vorwortes: Mit einer sozial tief gespaltenen Gesellschaft<br />
ins 3. Jahrtausend?!, a. a. O., S. 16; Andreas Mielck, <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit: Ergebnisse der<br />
sozial-epidemiologischen Forschung in Deutschland, in: Andreas Klocke/Klaus Hurrelmann<br />
(Hrsg.), Kinder <strong>und</strong> Jugendliche in <strong>Armut</strong>. Umfang, Auswirkungen <strong>und</strong> Konsequenzen, Opladen/Wiesbaden<br />
1998, S. 225 ff.; Ministerium für Frauen, Jugend, Familie <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit des<br />
Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.), 7. Kinder- <strong>und</strong> Jugendbericht der Landesregierung NRW,<br />
Düsseldorf 1999, S. 115 f.<br />
<strong>Das</strong>s ganztägige <strong>und</strong> gebührenfreie<br />
Kinderbetreuungsangebote in Deutschland<br />
immer noch Mangelware sind, interessiert<br />
den Staatsekretär nicht. Ihn<br />
interessiert auch nicht, dass im Zusammenhang<br />
mit dem Ausbau der Kinderbetreuung<br />
die Gefahr der Privatisierung<br />
<strong>und</strong> Kommerzialisierung in der Kinder-<br />
<strong>und</strong> Jugendhilfe droht. Kues bleibt<br />
dabei: »Chancengerechtigkeit in der Bildung<br />
für alle Kinder <strong>und</strong> Jugendlichen<br />
steht auf der politischen Tagesordnung<br />
ganz oben.« Dieser Aussage steht das<br />
Schulbedarfspaket entgegen. Schulkinder,<br />
die von Hartz IV leben müssen,<br />
erhalten danach für Schulsachen nur bis<br />
zur zehnten Klasse Geld vom Staat <strong>und</strong><br />
werden so vom Abitur ausgeschlossen.<br />
Im Konjunkturpaket II bleiben außerdem<br />
die unter Sechsjährigen <strong>und</strong> die 14- bis<br />
17-jährigen Kinder <strong>und</strong> Jugendlichen von<br />
jeder Hartz-IV-Erhöhung ausgenommen<br />
(vgl. auch Kapitel 4 über »Willkürlich<br />
festgelegte Regelsätze«). Doch selbst<br />
davon lässt sich die B<strong>und</strong>esregierung<br />
ihre gute Laune nicht verderben. »Hinzu<br />
kommen wirksame <strong>und</strong> verlässliche<br />
Familienleistungen wie das Elterngeld<br />
oder das erhöhte Kindergeld – sie schützen<br />
Familien vor dem Abrutschen in<br />
<strong>Armut</strong>«, heißt es in einer Mitteilung<br />
des B<strong>und</strong>esfamilienministeriums vom<br />
Dezember vergangenen Jahres. <strong>Das</strong> Kindergeld<br />
wurde seit sieben Jahren nicht<br />
mehr erhöht. Seitdem sind die Lebenserhaltungskosten<br />
aber überproportional<br />
gestiegen. Trotzdem warteten die Regierungsparteien<br />
mit der Erhöhung bis zum<br />
Wahljahr 2009. Hartz-IV-Kinder haben<br />
auch davon nichts. Ihnen wird die Kindergelderhöhung<br />
voll auf die Sozialleistung<br />
angerechnet, <strong>und</strong> mehr als die Hälfte<br />
aller Eltern erhalten ein Elterngeld von<br />
weniger als 500 Euro. Vor allem Geringverdienende<br />
<strong>und</strong> Erwerbslose hatten<br />
vom B<strong>und</strong>eserziehungsgeld, das bis vor<br />
drei Jahren gezahlt wurde, weitaus mehr<br />
profitiert als vom jetzigen Elterngeld.<br />
Im vergangenen Jahr ist der dritte<br />
<strong>Armut</strong>s- <strong>und</strong> Reichtumsbericht der B<strong>und</strong>esregierung<br />
erschienen. Doch wie<br />
kann es sein, fragte sich die Regierung,<br />
dass mit dem sogenannten Wirtschaftsaufschwung<br />
die Kinderarmut kaum weniger<br />
wurde? Hat die Regierung nicht alles<br />
Erdenkliche getan, um mehr soziale<br />
Gerechtigkeit zu schaffen? Schon die<br />
rot-grüne B<strong>und</strong>esregierung hatte in<br />
ihrem ersten <strong>und</strong> zweiten <strong>Armut</strong>s- <strong>und</strong><br />
Reichtumsbericht vor acht beziehungsweise<br />
vier Jahren Rezepte zur Bekämpfung<br />
von <strong>Armut</strong> aufgeführt. Vor allem<br />
die rot-grüne Renten- <strong>und</strong> Steuerpolitik<br />
wurde im ersten <strong>Armut</strong>s- <strong>und</strong> Reichtums-