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Armut und Ausgrenzung verhindern - Das LINKE CMS

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Kinderarmut in einem reichen Land 28<br />

Ende der »Reformen« oder besser des<br />

Sozialabbaus ist. Dieses <strong>Armut</strong>sgesetz<br />

ist vielmehr ein Zwischenschritt auf dem<br />

Wege vom Sozialversicherungsstaat hin<br />

zum Fürsorge-, Almosen- <strong>und</strong> Suppenküchenstaat.<br />

Skandalöse Steuerpolitik<br />

Im Januar vor zwei Jahren hat die B<strong>und</strong>esregierung<br />

die Mehrwertsteuer von<br />

16 Prozent auf 19 Prozent erhöht. <strong>Das</strong><br />

geht vor allem zu Lasten von Familien<br />

von Geringverdienern <strong>und</strong> Transferleistungsempfänger(inne)n,<br />

weil diese<br />

einen Großteil ihres Einkommens in<br />

den Konsum stecken müssen. Deshalb<br />

trifft sie die Mehrwertsteuer stärker als<br />

Besserverdienende. Verbrauchssteuern<br />

sind eher unsozial, weil sie die Leistungsfähigkeit<br />

<strong>und</strong> die finanzielle Lage der<br />

Steuerpflichtigen nicht berücksichtigen.<br />

Die sogenannte »Reichensteuer« ist<br />

eine Beruhigungspille für die SPD-Basis.<br />

Bürger/innen werden erst ab einem Jahreseinkommen<br />

von 250 000 Euro <strong>und</strong><br />

Verheiratete ab einem Jahreseinkommen<br />

von 500 000 Euro erfasst. Unternehmer,<br />

Freiberufler <strong>und</strong> Selbstständige<br />

sind ausgenommen. Gleichzeitig<br />

öffnet sich die Schere zwischen Arm<br />

<strong>und</strong> Reich weiter: (Kinder-)<strong>Armut</strong> steigt,<br />

(Kinder-)Reichtum auch. Firmenerben<br />

werden seit Anfang des Jahres von der<br />

betrieblichen Erbschaftsteuer befreit,<br />

wenn sie das Familienunternehmen<br />

zehn Jahre lang fortführen <strong>und</strong> die Bruttolohnsumme<br />

in dieser Zeit konstant halten.<br />

Selbst Entlassungen größeren Stils<br />

sind so möglich, wenn die Lohnsumme<br />

aufgr<strong>und</strong> von Inflation <strong>und</strong> dadurch<br />

bedingter Lohn- <strong>und</strong> Gehaltssteigerungen<br />

nicht sinkt. Ausgerechnet die Kinder<br />

der reichsten Familien à la Burda,<br />

Oetker <strong>und</strong> Klatten haben ein Steuergeschenk<br />

der Großen Koalition in Milliardenhöhe<br />

erhalten. Reiche <strong>und</strong> Superreiche<br />

werden immer mehr aus der finanziellen<br />

Verantwortung für das Gemeinwesen<br />

entlassen, wenn sie sich nicht<br />

bereits steuersparend ins Ausland abgesetzt<br />

haben, wie die Beckenbauers, Netzers<br />

<strong>und</strong> Schumachers – von den Massenmedien<br />

gleichwohl immer noch als<br />

»Kaiser« oder »deutsche Helden« gefeiert.<br />

Die der globalen Finanzmarktkrise<br />

offenbar auf dem Fuße folgende Weltwirtschaftskrise<br />

verschärft durch eine<br />

stark wachsende Arbeitslosigkeit die<br />

soziale Schieflage in der B<strong>und</strong>esrepublik<br />

noch. Für die <strong>Armut</strong>sbekämpfung<br />

dürfte nach den riesigen Summen<br />

für die Banken-Rettungs-Pakete in den<br />

Staatshaushalten eher weniger Geld<br />

bereit stehen. Neue, auf Leistungskürzungen<br />

zielende »Reformen« sind deshalb<br />

keineswegs ausgeschlossen. Wenn<br />

die staatlichen Beteiligungen wirkungslos<br />

bleiben <strong>und</strong> die staatlichen Bürgschaften<br />

fällig werden, müssen wahrscheinlich<br />

Arme <strong>und</strong> Mittelschichten die<br />

Zeche durch »Sparprogramme« bezahlen.<br />

Die Verursacher der Krise kommen<br />

nicht nur ungeschoren davon. Obwohl<br />

sie zu den Profiteuren der neoliberalen<br />

»Modernisierung« gehören, wird ihnen<br />

unter die Arme gegriffen.<br />

Kinderarmut verringern<br />

<strong>und</strong> <strong>verhindern</strong> – Maßnahmen<br />

Heutige <strong>Armut</strong> <strong>und</strong> Kinderarmut in der<br />

B<strong>und</strong>esrepublik sind vor allem eine<br />

Folge der Globalisierung <strong>und</strong> der neoliberalen<br />

Umstrukturierungen fast aller<br />

Lebensbereiche. <strong>Armut</strong> kann man deshalb<br />

ohne ihr Gegenstück, den in wenigen<br />

Händen konzentrierten Reichtum,<br />

nicht verstehen (Kapitel 6 über »<strong>Armut</strong><br />

<strong>und</strong> Reichtum – zwei Seiten einer<br />

Medaille«). Wer über den Reichtum<br />

nicht reden will, sollte auch zur <strong>Armut</strong><br />

schweigen. Oder anders ausgedrückt:<br />

Wer die wachsende Kinderarmut mit<br />

Erfolg bekämpfen will, muss die Reichen<br />

stärker zur Kasse bitte. Infrage<br />

kommen die Wiedereinführung der Vermögensteuer<br />

<strong>und</strong> die Erhöhung der<br />

Erbschaftsteuer. Nur dann hat der<br />

Staat genügend Geld, das notwendig<br />

ist, um <strong>Armut</strong> wirksam zu bekämpfen.<br />

Kinderarmut kann man nur durch<br />

eine Beschäftigungs-, Bildungs-, Familien-<br />

<strong>und</strong> Sozialpolitik beseitigen, die<br />

auch Arbeit, Einkommen <strong>und</strong> Vermögen<br />

umverteilt. Durch einzelne Schritte, wie<br />

höhere Transferleistungen an die Eltern,<br />

kann man prekäre Lebenslagen zwar<br />

verbessern, ihre Ursachen aber kaum<br />

beseitigen. Nötig ist ein Wechsel vom<br />

»schlanken« oder besser magersüchtigen<br />

Staat hin zu einem Sozialstaat, der<br />

eingreift <strong>und</strong> gleichzeitig stärker auf die<br />

veränderten Arbeits- <strong>und</strong> Lebensbedingungen<br />

der Eltern ausgerichtet ist.<br />

Die sich heute in allen entwickelten<br />

Industriestaaten verfestigende Massenarbeitslosigkeit<br />

zieht oft einen sozialen<br />

Abstieg nach sich. Dieser verläuft<br />

meist stufenförmig <strong>und</strong> trifft nicht nur<br />

die direkt Betroffenen hart, sondern<br />

auch deren Familien. Vor allem Alleinerziehende<br />

haben das Nachsehen. Deshalb<br />

ist die nachhaltige Verringerung<br />

der Arbeitslosigkeit auch ein Hebel,<br />

um Kinderarmut zu bekämpfen. Eine<br />

konsequentere Beschäftigungspolitik<br />

müsste alle Möglichkeiten nutzen, um<br />

mehr Stellen zu schaffen. Die Palette<br />

reicht von einer Umverteilung der Arbeit<br />

durch Überst<strong>und</strong>enabbau <strong>und</strong> einer<br />

Verkürzung der Wochen- <strong>und</strong> Lebens-<br />

Arbeitszeit über staatliche Investitionsprogramme<br />

bis zu einem öffentlich geförderten<br />

Dienstleistungssektor.<br />

Kinderarmut nimmt vor allem zu,<br />

weil »Normalarbeitsverhältnisse« immer<br />

weniger werden. Deshalb muss man<br />

den Flächentarifvertrag bewahren <strong>und</strong><br />

einen gesetzlichen Mindestlohn einführen,<br />

wie er in den meisten EU-Staaten<br />

längst besteht. Sinnvoll wäre auch,<br />

Arbeitszeitregelungen in Betrieben <strong>und</strong><br />

Verwaltungen einzuführen, die an die<br />

Lebensbedürfnisse der Beschäftigten<br />

<strong>und</strong> ihrer Familien angepasst sind. <strong>Das</strong><br />

Normalarbeitsverhältnis müsste quasi<br />

neu justiert werden: Beschäftigte müssten<br />

zwischen Vollzeitarbeit, Teilzeitarbeit<br />

<strong>und</strong> Arbeitsunterbrechung ohne<br />

Einbußen an sozialer Sicherheit <strong>und</strong><br />

beruflichen Weiterbildungsmöglichkeiten<br />

wechseln können. Arbeitgeber müssten<br />

auf die je nach der Lebenssituation<br />

wechselnden Interessen ihrer Beschäftigten<br />

Rücksicht nehmen. Ein neues, flexibles<br />

Normalarbeitsverhältnis, das an<br />

die veränderten Bedingungen der Globalisierung<br />

angepasst ist, muss genauso<br />

wie das althergebrachte gesellschaftlich<br />

eingebettet <strong>und</strong> sozial flankiert sein.<br />

Dazu gehört auch ein Ausbau der öffentlichen<br />

Infrastruktur mit Ganztagsbetreuung<br />

für Kinder unter drei Jahren <strong>und</strong><br />

die Ganztagsschule. Da sich Kinderarmut<br />

meist auf Frauen- oder Mütterarmut<br />

zurückführen lässt, sind Arbeitsplätze<br />

erforderlich, die eine bessere<br />

Vereinbarkeit von Beruf <strong>und</strong> Familie<br />

ermöglichen. Auf dem Weg dahin kann<br />

man zwei Strategien unterscheiden. Die<br />

simultane setzt auf den Ausbau öffentlicher<br />

Kinderbetreuungseinrichtungen,<br />

die sukzessive Strategie dagegen bevorzugt<br />

ein »Erziehungsgehalt«.<br />

»Umverteilung von oben nach unten!«<br />

<strong>und</strong> nicht »Umverteilung von den Kin-

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